Manfred Gerlach
Manfred Gerlach, der zunächst als Justizangestellter am Amtsgericht seiner Heimatstadt Leipzig, später in Borna, arbeitete, schloss 1954 ein Jura-Fernstudium mit dem Diplom ab und promovierte 1964 an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg. 1984 wurde er zum Professor ernannt.

Bereits mit 16 Jahren hatte er sich in Leipzig der LDPD angeschlossen. Er engagierte sich zunächst in der Jugendpolitik, u. a. in der kommunistisch gesteuerten FDJ, und galt deshalb der SED im Gegensatz zu anderen Liberaldemokraten als vertrauenswürdig, so dass diese seine politische Karriere förderte. Diese führte ihn über das Leipziger Bürgermeisteramt und die DDR-Volkskammer in den Vorstand der LDPD, deren Generalsekretär er 1954 wurde. Hier betrieb er einen starken Anpassungskurs an die SED und unterstützte deren Gleichschaltungsmaßnahmen gegenüber den Liberaldemokraten. Kurz darauf jedoch begann er mit ersten vorsichtigen Absetzbewegungen vom starren SED-Kurs, u. a. führte er auf LDPD-Seite die aufsehenerregenden, letztlich aber folgenlosen Gespräche von Garmisch und Weimar mit nordrhein-westfälischen FDP-Politikern.

Der weiterhin von der SED geförderte Gerlach wurde 1967 Parteivorsitzender der LDPD und unterstütze in dieser Funktion 1972 die Enteignungen der letzten DDR-Privatunternehmen durch die SED. Nachdem allerdings die Publikation eines Buchmanuskriptes durch Erich Honecker persönlich untersagt war, versuchte Gerlach seit Beginn der 1980er Jahre seiner Partei ein neues Profil mit mehr Eigenständigkeit zu geben und an die liberalen Ursprünge anzuknüpfen, u. a. indem die LDPD als einzige Partei der DDR Kontakte mit einer Westpartei, der FDP, unterhielt.

Nach dem Amtsantritt von Gorbatschow 1985 strebte Gerlach die Übernahme von dessen Öffnungspolitik auch für die DDR an und fuhr die politische Linie eines begrenzten Konflikts mit der SED. Sein nunmehr auch öffentliches Eintreten für mehr Liberalität und Pluralität verschafften ihm Mitte 1989 eine große Popularität in der DDR, die aber durch sein zögerliches Verhalten während der demokratischen Revolution Ende 1989 wieder verspielt wurde. Inzwischen als Nachfolger von Egon Krenz im Staatsrat zum Staatsoberhaupt der DDR aufgerückt, machte Gerlach erst im Februar 1990 an der LDPD-Spitze Platz für jüngere und weniger belastete Kräfte.

1990 war er Mitglied des Bundes Freier Demokraten, danach der FDP. Als Folge gegen ihn vorgebrachter Vorwürfe der Denunziation und eines in diesem Zusammenhang stehenden juristischen Ermittlungsverfahrens, trat er 1993 aus der liberalen Partei aus. Politisch trat er später sporadisch im Umfeld der PDS auf.

Allgemein gilt Gerlach als eine Symbolfigur für den ambivalenten Charakter der LDPD zwischen 1952 und 1989, als sie eine äußerlich an die SED angepasste und deren Politik offiziell unterstützende Partei war, bei der sich aber im Inneren und an der Basis viel Widerspruchsgeist regte und in der viele auf bessere Zeiten in einem wiedervereinigten Deutschland hofften.