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Hansemann, David *

Lebensdaten:
*12.7.1790 Finkenwerder +4.8.1864 Schlangenbad

Bank:
Disconto-Gesellschaft

Geschäftsinhaber: 1851-1864

Der Gründer der Disconto-Gesellschaft gehört zu den facettenreichsten Persönlichkeiten der deutschen Wirtschafts- und Finanzgeschichte im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Erst in fortgeschrittenem Alter begann David Hansemann, sich aktiv dem Bankgeschäft zuzuwenden. Bis dahin war er vor allem Kaufmann und Politiker gewesen.
Er wurde als jüngster Sohn einer kinderreichen Pfarrersfamilie geboren. Bereits mit 14 Jahren verließ er das Elternhaus und wurde kaufmännischer Lehrling. Als Handlungsgehilfe und Reisender für die Tuch- und Wollfabrik J. H. EIbers in Monschau und anschließend in seiner Tätigkeit für die Firma H. Eller und Orth in Elberfeld sammelte er die Kenntnisse, die es ihm ermöglichten, sich im Jahre 1817 selbständig zu machen. In Aachen gründete er mit seinen Ersparnissen in Höhe von 1000 Thalern ein Kommissionsgeschäft in Wolle. 1821 vermählte er sich mit der aus einer französischen Hugenottenfamilie stammenden Fabrikantentochter Fanny Fremery. Seine finanzielle Unabhängigkeit erlaubte es ihm, sich mehr und mehr öffentlichen Angelegenheiten zu widmen. Nach seiner Wahl in den Gemeinderat der Stadt Aachen sowie in die Aachener Industrie- und Handelskammer begann er, sich zunehmend mit sozialen Problemen zu beschäftigen. Dank seiner Initiative entstand 1824/25 die Aachener Feuerversicherungs-Gesellschaft, ein gemeinnütziges Unternehmen, das nicht nur dem Versicherungsbedürfnis breitester Kreise entgegenkam, sondern auch einen großen Teil seiner Gewinne der Arbeiter- und Jugendfürsorge zuführte.
Im Rahmen seines sozialen Wirkens gründete Hansemann 1834 den Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit, dem später Prämien- und Sparkassen, Abend- und Sonntagsschulen sowie Kinderhorte angegliedert wurden und dem stets seine besondere Anteilnahme galt. Sein rastloser Geist wandte sich bald neuen großen Aufgaben zu. Neben Friedrich Harkort und Friedrich List war er entscheidend an der Entwicklung des Eisenbahnwesens in Deutschland beteiligt. Von 1835 bis 1843 stand er als Präsident an der Spitze der von ihm mitbegründeten Rheinischen Eisenbahngesellschaft. Er bemühte sich vor allem auch um den Bau der Bahn zwischen Köln und Minden, die 1847 bis Hannover verlängert und dort an die bereits fertiggestellte Strecke Hannover-Berlin angeschlossen wurde. So war die erste Eisenbahnlinie zwischen den westlichen Provinzen des Landes Preußen und der Hauptstadt Berlin zu einem großen Teil der Initiative David Hansemanns zu verdanken. Die Kapitalbeschaffung für diese Projekte brachte ihn erstmals in engere geschäftliche Verbindung mit bekannten Kölner Bankiers.
Als Vertreter des liberalen rheinischen Bürgertums, zu dessen führenden Persönlichkeiten David Hansemann gehörte, trat er immer häufiger auch publizistisch hervor. 1845 war er Mitglied des Rheinischen Provinziallandtags, wo er u.a. für die volle Gleichberechtigung der Juden sowie die Beseitigung der Adelsprivilegien eintrat. 1847 wurde er als Abgeordneter in den Vereinigten Landtag in Berlin delegiert. Den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn bedeutete im Frühjahr 1848 die Berufung zum Preußischen Finanzminister im Kabinett Camphausen. Dieses Amt behielt er auch unter dem Ministerpräsidenten Auerswald bei, mußte jedoch nach erneuter Kabinettsumbildung - als er mit seinen Reformplänen der Justiz-, Agrar- und Gemeindeverfassung zunehmend ins Kreuzfeuer der feudalen Reaktion geraten war - im September 1848 zurücktreten. Kurze Zeit später wurde er aufgrund seiner großen Erfahrungen auf finanzpolitischem Gebiet zum Chef der Preußischen Bank ernannt. 1852 lehnte er ein weiteres Mandat für das preußische Herrenhaus ab und zog sich wie viele Altliberale jener Zeit aus dem politischen Leben zurück. "Er war ein Bourgois entschieden westlicher Prägung, nach Ethos, Leistung und Denkgewohnheiten der Exponent einer bürgerlichen Führungsgruppe, in der die preußische Junkerpartei mit gutem Gespür ihren gefährlichsten Gegner sah." (Erich Angermann)
Inzwischen hatte Hansemann aber begonnen, sich ganz einer neuen Aufgabe zu widmen: der Gründung der Direction der Disconto-Gesellschaft in Berlin, die am 15. Oktober 1851 ihre Geschäftstätigkeit aufnahm. David Hansemann hatte erkannt, daß die herkömmlichen Finanzierungsformen nicht ausreichten, um den wachsenden Kapitalbedarf der Industrie und des Verkehrswesens zu befriedigen.
1856 wurde die Disconto-Gesellschaft von einer Kreditgenossenschaft in die leistungsfähigere Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien umgewandelt. Damit war die Voraussetzung für ihre weitere Entwicklung zu einem der bedeutendsten Kreditinstitute Deutschlands geschaffen, das einen neuen Banktyp verkörperte und bald auch außerhalb Preußens die Konkurrenz mit der internationalen Haute Finance aufnehmen konnte.
Mit der Führungsrolle der Disconto-Gesellschaft beim sogenannten Preußenkonsortium (das der Finanzierung der preußischen Mobilmachung diente) konnte Hansemann sein Institut ab 1859 im Emissionsgeschäft positionieren. Besondere Sorgfalt widmete er auch dem Depositengeschäft. Neben dem von Anfang an gepflegten Handels- und Diskontkredit nahm die Bank nach der Umwandlung von 1856 auch den Effektenhandel in eigener Rechnung auf.
Erst um die Jahrhundertwende mußte sie ihre Führungsrolle auf vielen Gebieten an die Deutsche Bank abtreten, mit der sie schließlich 1929 fusionierte.
Viele der von Hansemann entwickelten bankpolitischen Methoden und Grundsätze wurden richtungweisend für das gesamte deutsche Bankwesen.
David Hansemann blieb zu seinem Tod, seit 1857 gemeinsam mit seinem Sohn Adolph, Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft.