Theodor Fontane

Theodor Fontane wird am 30. Dezember 1819 in Neuruppin, einer kleinen märkischen Stadt nordwestlichvon Berlin, geboren. Seine Eltern, Louis Henri Fontane und Emilie Labry, stammen von Hugenotten ab, die Ende des 17. Jahrhunderts Frankreich wegen ihres Glaubens verlassen mußten und in Brandenburg Zuflucht fanden. Sie taufen ihren ersten Sohn »Henri Théodore«; ins Kirchenbuch wird er zugleich als »Heinrich Theodor« eingetragen, und der zweite Vorname wird zum Rufnamen. Den Stolz auf die hugenottische Familientradition wird auch der spätere Schriftsteller bewahren, der seinen Namen, im Gegensatz zur heutigen Gewohnheit, französisch (also ohne Endungs-e) ausspricht.

Fontanes Vater Louis Henri besitzt die Neuruppiner »Löwen-Apotheke« in Fontanes Geburtshaus. Das Geschäft geht jedoch nicht sehr gut, und als Fontanes Geschwister Rudolf, Jenny und Max geboren werden, wird die finanzielle Lage so prekär, daß der Vater die Apotheke im Jahr 1826 verkauft und mit der Familie nach Swinemünde an der Odermündung übersiedelt.

Da die Mutter dagegen ist, daß Theodor die Swinemünder Stadtschule besucht, wird er zu Hause von den Eltern, später von Privatlehrern unterrichtet. 1832 besucht er kurze Zeit ein Gymnasium, doch der Vater gibt ihn noch vor Ende des ersten Schuljahrs in eineBerliner Realschule und läßt ihn bei seinem Halbbruder August und dessen Frau Philippine, genannt »Tante Pinchen« wohnen. Voll Bedauern über seine bruchstückhafte Schulbildung wird Fontane viele Jahre später schreiben: »Das berühmte Wort vom 'Stückwerk' traf auf Lebenszeit buchstäblich und in besonderer Weise auf mich zu«.

Nach dem Ende der Schulzeit wählt Fontane den Beruf des Vaters und wird Apotheker. An professionelle Schriftstellerei denkt er noch lange nicht; seine literarische Produktion erstreckt sich auf wenige Gedichte und Aufsätze über historische Themen. Die Apothekerlehre kommt seinen literarischen Ambitionen zugute, und zwar aus zwei Gründen: Erstens lassen sich beim monotonen und langwierigen Anrühren der Rezepturen recht gut Gedichte und sogar kleinere Prosastücke verfassen, die er dann in seiner Freizeit zu Papier bringt. Zweitens unterhält der Apotheker, wie es damals nicht selten war, einen Lesezirkel: Neuerscheinungen des Buchmarkts und vor allem Zeitschriften liegen in seiner Apotheke aus. Am interessantesten für den jungen Fontane ist die von Karl Gutzkow herausgegebene Zeitschrift Der Telegraph für Deutschland, eines der wichtigsten Organe des »Jungen Deutschland«.

Während der Lehrzeit entstehen die Dichtung Heinrichs IV. erste Liebe und die Erzählungen Du hast recht getan und Geschwisterliebe. Nur die letztere ist überliefert, denn sie wird im Berliner Figaro in Fortsetzungen abgedruckt – damit wird Theodor Fontane im Jahr 1839 nicht nur fertiger Apothekergehilfe, der Zwanzigjährige ist auch zum ersten Mal als Schriftsteller öffentlich in Erscheinung getreten.

Fortsetzung (2)
Zu Seite   2 3 4 5 6 7 8 9 Zur CD-ROM HOME