Temeswar
- die Hauptstadt des Banats
Temeswar, die Hauptstadt
des historischen Banats, hatte im Laufe der Zeit viele Namen: Temeschburg,
Temeswar bzw. Temesvar oder aber Timisoara. Im Sprachgebrauch ihrer deutschen
Bewohner wird die Stadt geläufig als Temeswar bezeichnet. Selbst schon
in "Wallensteins Lager" im 5. Auftritt von Friedrich Schiller hieß es die
Marketenderin sei bis "... hinauf nach Temeswar" gekommen. Den Namen verdankt
Temeswar dem Fluß Temesch, dessen Flußbett aber fast 10 km abseits der
Stadt liegt. Durch die Stadt fließt vielmehr der Begakanal. Durch die Kanalisierung
wurde die Bega schiffbar gemacht, was für die wirtschaftliche Entwicklung
der Stadt eine große Bedeutung hatte.
Urkundlich wird die "Temesch-Festung"
erstmals im Jahre 1171 erwähnt. Im 14. Jahrhundert war sie Residenz der
ungarischen Könige. Karl I. von Anjou machte dieTemesch-Burg zu seiner
Residenz und regierte zwischen 1316 und 1323 von hier aus das Ungarische
Reich . Im 16. Jahrhundert wurde Temeswar von den Osmanen besetzt, 1716
wurde die Stadt zurückerobert und mit dem Vertrag von Passarowitz (1718)
fiel sie an Österreich, bis sie 1920 nach dem Friedensvertrag von Trianon
an Rumänien fiel. Die Stadt setzt sich aus der ehemals befestigten Innenstadt
und vier durch Parkanlagen voneinander getrennten Vorstädten (Josefstadt,
Elisabethstadt, Fabrikstadt und Mehala) zusammen. Das Stadtbild ist von
der Wiener Architektur des 18. und 19. Jahrhunderts geprägt. Dies führte
dazu, daß man Temeswar des öfteren und sicherlich nicht zu unrecht als
"Klein-Wien" bezeichnete. Selbst die Namen der Stadtteile erinnern an das
große Vorbild.Dank der zahlreichen und gepflegten Parkanlagen, die sich
innerhalb des Stadtgebiets befinden, ist Temeswar auch als Stadt der Blumen
und Parkanlagen bekannt.Temeswar ist ein bedeutendes Wirtschaftszentrum:
Textilien, Maschinen, Elektrogeräte und Chemikalien werden hier hergestellt.
Die Stadt ist Sitz der Westuniversität (mit der Sternwarte), der Technischen
Universität und der Universität für Medizin und Pharmazie. Temeswar hat
mehrere Theater: die Staatsoper, das Rumänische Nationaltheater, das Deutsche
Staatstheater sowie das Ungarische Staatstheater und eine Philharmonie.
Und nicht zuletzt sind die zahlreichen Kirchen verschiedener Konfessionen
wie der Römisch-Katholische Dom, die Orthodoxe Kathedrale der Metropolie
des Banats und das Römisch-Katholische Bischofspalais erwähnenswert.
Erste deutsche Siedler
in Temeswar
Nachdem Prinz Eugen von Savoyen
am 17. Oktober 1716 die Festung Temeschburg von der türkischen Besatzung
befreit hatte, wurde das Banater Land als eigenes kaiserliches Staatsgut,
als selbständige Domäne der Verwaltung der Wiener Hofkanzlei unterstellt
und Graf Mercy zum Gouverneur des Banats ernannt.
Prinz Eugen verfügte, daß
nur deutsch-katholische Bürger in die Stadt aufgenommen werden dürfen.
Die Ansiedlung Temeswars
hatte wenig mit den drei Schwabenzügen zu tun. Österreich hatte gleich
nach der Befreiung des Banats dessen administrative und politische Verwaltung
nach Temeswar verlegt. Nach Abzug der Türken waren insgesamt 645 Personen
(466 Raizen, 144 Juden und 35 Armenier) zurückgeblieben. In den folgenden
Jahren strömten scharenweise deutschsprachige Einwanderer aus Österreich
und Deutschland in die Stadt: Beamte aus Wien und aus der Umgebung Wiens,
Militärs und Geistliche, Handwerker und Kaufleute aus Österreich und Deutschland,
und allmählich wurde die Stadt aus Schutt und Asche planmäßig nach Wiener
Vorbild aufgebaut.
Der Bau der Temeschburger
Festung von 1723-1765 war das größte Banater Bauvorhaben des 18. Jahrhunderts.
Modernste Erkenntnisse der Festungsbaukunst, zu deren Entwicklung auch
Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci beigetragen haben, sind hier verwirklicht
worden. Die Festung hatte drei Tore, das Wiener, das Peterwardeiner und
das Siebenbürger Tor (die aber im Laufe der Zeit auch andere Namen trugen)
und neun befestigte Basteien. Die Basteien wurden 1730 fertiggestellt.
Im Jahr 1781 wurde Temeswar
zur königlichen Freistadt erhoben.
Für alle Arbeiten und Bauten
auf dem Gebiet Temeswars, wie auf dem Gebiet des gesamten Banats, kamen
die Pläne noch viele Jahrzehnte von den Fachleuten aus Wien: die Nivellierung
der Stadtfläche, das Anlegen von Wasserleitungen, die Erweiterung der Festungsmauern
sowie die Pläne für die Neubauten. Viele dieser prachtvollen Altbauten
sind heute noch erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Lediglich die
Siebenbürger Kaserne, welche in der Zeitspanne von 1719 bis 1723 erbaut
wurde und mit ihren 483 m Länge das längste Gebäude Europas war, wurde
1964 während der kommunistischen Diktatur abgerissen.
Noch im 18. Jahrhundert
wurden die beiden Innenstädter Plätze mit den künstlerisch wertvollen Denkmälern,
der Domplatz mit der Dreifaltigkeitsstatue und der Prinz-Eugen-Platz mit
der Pestsäule, ausgestattet. Beide wurden von dem Wiener Bildhauer des
Barock Raphael Donner entworfen.
Die Deutschen stellten in
der Zeitspanne von 1716 bis 1944 (von der Ansiedlung bis zur Flucht im
Herbst 1944) stets die Mehrheit der Stadtbevölkerung. Nach der Übernahme
des Banats durch die Rumänen 1920 lag der Anteil der rumänischen Bevölkerung
bei 10%. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es durch staatlich gelenkten
Zuzug von rumänischen Zuwanderern und durch die Auswanderung der Deutschen
zu einer Mehrheit der Rumänen.
Kulturelle Einrichtungen
in Temeswar
Sakraleinrichtungen
Als eine der ersten kirchenpolitischen
Maßnahmen der österreichischen Herrschaft erfolgte die Wiedereröffnung
der altehrwürdigen Tschanader Diözese, die im Jahre 1030 gegründet wurde
und bei der ersten Christianisierung dieses Gebietes eine bedeutende Rolle
spielte. Unmittelbar nach der Vertreibung der Türken 1716 tauchte der Plan
auf, ein gesondertes Temeschburger Bistum zu errichten. Nachdem die Zahl
der deutschen Ansiedler, die von heimatlichen Priestern begleitet wurden,
sich vermehrt hatte, war die Entstehung eines deutschsprachigen Bistums
zu erwarten. Im Einklang mit dem Streben nach einem gesonderten "Banater
Bistum" beabsichtigte man, den Bischofssitz in die Metropole des Banats,
nach Temeschburg, zu verlegen. So wurde 1730 Temeschburg neuer Bischofssitz.
Nach dem Zusammenbruch der
Österreich-Ungarischen Monarchie wurde das Tschanader Bistum im Jahre 1920
zerschnitten. Dies hat der Wiedereinführung der deutschen Sprache in den
kirchlichen Anstalten wieder Raum geschaffen und der erdrückenden Madjarisierung
ein Ende gesetzt. Das bei Ungarn verbliebene Reststück behielt den historischen
Namen Tschanad. Temeswar blieb bis 1930 Bischofssitz, und wurde dann Sitz
des neu errichteten selbständigen Temeschburger Bistums, als Dr. Augustin
Pacha das Amt des Bischofs feierlich übernahm. Mit diesem Bischof hatten
die Banater Schwaben erstmals einen Vertreter aus ihren eigenen Reihen
in einem der höchsten kirchlichen Ämter.
Der Einfluß des süddeutschen
Barock hatte seinerzeit auch das Banat mit aller Macht ergriffen. Die Pläne
für den Aufbau aller katholischen Kirchen im Banat zur damaligen Zeit stammten
vom Wiener Hofbauamt. Der Dom in Temeswar, dessen Grundsteinlegung 1736
im Auftrag des Kaisers Karl VI. stattfand, ist das größte und bedeutendste
Banater Werk barocker Sakralarchitektur. Der oberste Leiter des Hofbauamtes
war Joseph Emanuel Fischer von Erlach. Im Jahre 1754 wurde der halbfertige
Dom für den Gottesdienst bereitgestellt. Die endgültige Fertigstellung
des Doms erfolgte erst 20 Jahre später, 1774 während der Theresianischen
Herrschaft.
Der Dom hat einen kreuzförmigen
Grundriß mit einem Zentralschiff. Das Hochaltarbild stammt aus der Hand
des Malers Michael Unterberger, damaliger Direktor der Wiener Akademie
der Bildenden Künste. Weitere acht Altäre vervollständigen die Innenansicht
der Kirche. Die erst vier und dann sechs Glocken, die der Dom bekommen
sollte, wurden von Josef Steinbeck zu Ofen gegossen. Die beiden Uhrwerke
der Seitentürme stammen von dem bekannten Temeswarer Uhrmacher Josef Martin
Kidl. Die Orgel, die mit einem elektrischen Motor versehen ist, stammt
aus Temeswar. Die außergewöhnliche Akustik des Doms wird häufig für Orgelkonzerte
und Konzertaufnahmen genutzt.
Theaterwesen
In Temeswar war von Anfang
an der Boden für das Theater günstig. Die große Zahl von Beamten und deren
Angestellte aus Wien sowie die Offiziere der Garnison aus Österreich und
Deutschland brachten ein großes Kulturbedürfnis mit sich. Wurden anfangs
Wiener Wandertruppen und Stegreifkomödianten nach Temeswar verpflichtet,
so wurde schon 1757 die Absicht über das Errichten eines eigenen Gebäudes
für das deutsche Theater, ein "Komödienhaus" am Domplatz, geäußert.
Das Theater fand 1776 in
dem 1761 erbauten Rathaus an der Stelle der heutigen Lenau-Schule sein
erstes Heim. Die Innenräume des Hauses wurden gänzlich für Theaterzwecke
hergerichtet und fortan fanden "regelmäßige" Aufführungen statt. Zum größten
Teil wurden Stücke von deutschen Klassikern in den Spielplan aufgenommen.
Bemerkenswert ist, daß in
Temeswar seit 1772 regelmäßig wöchentliche Veranstaltungen stattfanden.
Es ist bekannt, daß der Walzerkönig Johann Strauß Sohn des öfteren in Temeswar
gastierte und 1796 die Erstaufführung der "Zauberflöte" von W. A. Mozart
in Temeswar stattfand. So manche berühmte Schauspielerkarriere nahm hier
ihren Anfang.Im
September 1871 wurde der Grundstein für ein neues Theater gelegt. Am 22.
September 1875 wurde das neue Temeswarer "Franz-Josef-Theater" eröffnet.
Ein strahlendes Bauwerk im italienischen Renaissancestil, welches das Stadtzentrum
beherrschte, war entstanden (von dem Wiener Atelier Fellner und Helmer
entworfen). Im Gebäude des Theaters befand sich das "Grand Hotel", ein
großer Festsaal bekannt als "Redouta", ein luxuriöses Restaurant, ein Kaffeehaus
und ab 1902 ein Sommergarten. Das Theater mußte aber 1880 nach einem Brand
völlig neu saniert werden. Infolge der massiven Madjarisierung wurde das
früher hochangesehene Deutsche Theater in Temeschburg 1899 geschlossen.
Nach über 50 Jahren am 27.
Juli 1953 wurde die festliche Wiedereröffnung des Deutschen Staatstheaters
(DSTT) mit dem Stück "Die Karlsschüler" von Heinrich Laube, einst Direktor
des Wiener Burgtheaters, er selbst in der männlichen Hauptrolle, gefeiert.
Und als in dem Stück der Satz zu hören war "Wer berufen ist, einem großen
Volke Dichter und Prophet zu sein, muß auch Schweres auf sich nehmen!",
herrschte betroffenes Schweigen im Saal. Da hörten die jahrelang Geschundenen,
wohin sie wirklich gehörten! Zu einem großen Volke! Dieser Satz war ein
Trost, wie es damals kaum einen besseren gab, ein Hoffnungsschimmer. Und
da dämmerte allen Beteiligten, welch kostbares Gut ihnen mit diesem Theater
anvertraut wurde. Das Deutsche Staatstheater befindet sich heute nicht
mehr im Hauptgebäude, sondern in der gewesenen Redouta, mit dem Eingang
in der Alba-Iulia-Straße. Es teilt sich diesen Raum mit dem Ungarischen
Staatstheater.
Schulwesen
Spätestens im Frühjahr 1717
haben die Franziskaner in ihren Klöstern mit dem deutschen Elementarunterricht
begonnen. Als Temeswar 1778 Komitatshauptort wurde, war die Umgangs- und
Schriftsprache in den Ämtern die deutsche, im Theater wurden deutsche Schauspiele
aufgeführt, die Zeitungen erschienen durchwegs in deutscher Sprache. Der
Sankt-Georg-Platz war der Mittelpunkt der kirchlichen Macht. Hier richteten
die Jesuiten im Jahr 1725 das erste Gymnasium der Stadt ein und 1733 begann
der Bau des Seminargebäudes, wo dann das Theologische Seminar eingerichtet
wurde. In dem Seminargebäude wurde 1845 die erste laizistische Hochschule
Temeswars eingrichtet: die Fakultät für Philosophie und Recht. Sie wurde
aber 1848 wegen des Anti-Metternichschen Geistes, der sich hier entwickelt
hatte, wieder eingestellt.
Im Jahr 1838 gründete Franz
Stiber in Temeswar die Deutsche Handelsschule. Die anfangs private Schule
wurde 1899 von der Stadt übernommen und erhielt 1919 ihr neues Gebäude
gegenüber dem Capitol-Kino, heute Sitz des Stadtrats.Nach den Ereignissen
von 1848 meldete das selbstbewußte Temeswarer Bürgertum den Anspruch auf
eine voll ausgebaute höhere Lehranstalt an. Die Grundsteinlegung des Realgymnasiums
fand 1871 an der Stelle, wo sich heute die Lenau-Schule befindet, statt;
die Hausweihe und der Einzug erfolgten 1878. Nach der Dreiteilung des Banats
wurde die Schule 1919 in "Deutsches Staatsgymnasium" umbenannt. Im Jahr
1942 bekam die Realschule den Namen "Nikolaus Lenau" und trägt mit einer
vorübergehenden Unterbrechung auch heute noch diesen Namen.
Bischof Bonnaz gründete
zwischen 1880 und 1889 auf dem Gebiet eines ganzen Wohnviertels in der
Josefstadt einen monumentalen Gebäudekomplex bestehend aus: dem Mutterhaus
des Instituts der Armen Schulschwestern, der Notre-Dame Klosterkirche und
mehreren Schulgebäuden. Die Notre-Dame Klosterschule bestand aus: dem Kindergarten,
der Volksschule, dem Mädchengymnasium, der Fortbildungsschule, der Lehrerinnenbildungsanstalt
und der Übungsschule für die Lehrerinnenbildungsanstalt.Durch den Zusammenbruch
der Donaumonarchie und den Friedensvertrag von Trianon (1920) erhielten
die Deutschen im Banat viele durch die Madjarisierung verlorene Rechte
zurück. Die Wiedereinführung der deutschen Unterrichtssprache in den Volksschulen
aller deutschen Gemeinden war die wichtigste Errungenschaft.Im Jahre 1920
gründete Pfarrer Josef Nischbach in der Fabrikstädter Tigerstraße die Deutsche
Katholische Lehrerbildungsanstalt, welche 1926 in das Gebäude der Banatia-Schule
einzog.
Am 15. August 1925 wurde
der Grundstein der Banatia-Schule gelegt. Ein Jahr später am 29. August
1926 wurde die Schule feierlich eröffnet. Ein gewaltiger dreistöckiger
sehr representativer Großbau in neuhellenistischem Stil war entstanden.
Es galt, die bitteren Folgen einer jahrzehntelangen Zwangsmadjarisierung
zum Besseren zu wenden. Ihr erster Lehrer war Hans Wolf. Gerade vom Studium
aus Deutschland zurückgekehrt wurde er zum Wegbereiter einer äußerst erfolgreichen
Reform des Unterrichtswesens. Es gab eine enge Zusammenarbeit mit der Lehrerinnenbildungsanstalt
in der Notre-Dame Klosterschule. Die Banatia-Schule war in der Zwischenkriegszeit
die größte deutsche Bildungs- und Erziehungsstätte im Südosten Europas.
Sie bekam große finanzielle Unterstützung aus Berlin bis Frühjahr 1942
und wurde 1944 nach der Machtübernahme der Kommunisten geschlossen.
Die Banatia-Schule umfaßte:
die Volksschule, das Knabenlyzeum, die Gewerbeschule, das Handelsgymnsium,
die Lehrerbildungsanstalt und die Übungsschule für die Lehrerbildungsanstalt.
Die Schule hatte mehrere Büchereien und Laboratorien und 1935 war auch
der Turnsaal fertig. Auch ein Internat für die Unterbringung von 300 Schülern
war vorhanden. In dem Gebäude rechts neben der Banatia-Schule war das Priesterseminar.
Heute befinden sich in den Gebäuden der ehemaligen Banatia-Schule die Universität
für Medizin und Pharmazie.Im Jahre 1948 wurden das "Deutsche Lyzeum" und
die "Deutsche Lehrerbildungsanstalt" wiedereröffnet. Diese beiden deutschen
Mittelschulen vermittelten den Banater Schwaben das Zusammengehörigkeitsgefühl,
das zum Überleben als deutsche Minderheit unerläßlich war. Heute ist die
Nikolaus-Lenau-Schule die bedeutendste deutsche Mittelschule des Banats.
Im Herbst des Jahres 1968
gründete der damalige Direktor der Nikolaus-Lenau-Schule, Erich Pfaff,
die deutsche Volkshochschule in Temeswar. Als Gründer war er auch Leiter
und Hauptreferent dieser Institution der Erwachsenenbildung. Die Vorträge
fanden anfangs monatlich, dann vierzehntägig und später wöchentlich im
Festsaal der Lenauschule statt. Die Lenauschule und die Volkshochschule
waren der wichtigste Treffpunkt der deutschen Bevölkerung von Temeswar.
Es war eine Schule der ständig offenen Tür für alle Generationen.
Pressewesen
Die erste Buchdruckerei in
Temeswar wurde 1769 in Betrieb genommen auf Anweisung der Kaiserin Maria
Theresia, "einen anständigen Offerenden ausfindig zu machen [...], der
eine Druckerey in der theutschen Sprache in Temeswar ehebaldigst herzustellen
imstand sein möge". Der aus Preußisch-Schlesien stammende Matthäus Joseph
Heimerl bekam den Zuschlag und setzte seine Druckerei in der Fabrikstadt
in Betrieb. Drei Jahre später (1771) kam die Zeitung "Temeswarer Nachrichten"
heraus und erschien fortan jeden Donnerstag. Es war die erste Zeitung des
Banats. Sie erschien mindestens 6 Jahre lang. Der Buchdrucker Josef Klapka
brachte 1809 einen eigenen Kalender heraus und eröffnete 1815 die erste
Leihbibliothek Temeswars mit einem Bücherbestand von 4000 Bänden und einem
Lesesaal. Ein besonderes Verdienst Klapkas war die Herausgabe der "Banater
Zeitschrift für Landwirtschaft, Handel, Künste und Gewerbe". Von 1841 bis
1849 leitete er noch die Herausgabe des Blattes "Temeswarer Wochenblatt".
Der von Klapka gegründete
"Volks- und Hauskalender" wurde auch nach der Übernahme der Druckerei von
Josef Bendel weiter herausgebracht. Ende des 19. Jahrhunderts nahm der
Tourismus im Banat stark zu und so wurde der Karpatenverein gegründet.
In diesem Zusammenhang erschien 1895 ein in Temeswar gedruckter "Wegweiser",
1896 die erste "Touristenzeitung" und 1897 die erste "Sportzeitung".
In der Zwischenkriegszeit
war die Schwäbische-Verlags-AG Mittelpunkt der deutschen Kultur im Banat.
Sie umfaßte eine Druckerei, eine Buchbinderei und eine Deutsche Buchhandlung.
Hier wurden Zeitungen, Zeitschriften, Kalender und Schulbücher in deutscher
Sprache gedruckt.Ab 1919 erschien die Tageszeitung "Schwäbische Volkspresse".
Sie wurde später in "Banater Deutsche Zeitung" umbenannt. Dieses Blatt
war das Sprachrohr der Schwäbischen Volksgemeinschaft im Banat jener Zeit.Ihr
erster Chefredakteur war kein geringerer als Franz Xaver Kappus, bis er
von Ullstein ein Angebot zum Schreiben von Romanen erhielt. Später gelang
es Robert Reiter als Chefredakteur die Tageszeitung umzugestalten. Professionalität,
die bis ins Schriftbild der Zeitung reichte, setzte er durch. Im Jahr 1941
wurde das Blatt in die "Südostdeutsche Tageszeitung" integriert.
Ab 1920 erschien der "Schwäbische
Volkskalender" regelmäßig . Er wurde in den Sommermonaten hergestellt und
erschien zwei Wochen vor Weihnachten auf dem Markt. Weitere Kalender, die
hier gedruckt wurden, sind: "Jahrbuch" und "Schwäbischer Hausfreund".Im
Jahr 1934 kam noch ein Boulevardblatt "Neueste Nachrichten" hinzu, das
täglich einen Fortsetzungsroman enthielt. In dem Schwäbischen Verlagshaus
wurden auch folgende Zeitschriften gedruckt: "Banater Schulbote", "Banater
Deutsche Kulturhefte", "Banater Landwirt" u.a.
Außerdem erschien wöchentlich
das "Sonntagsblatt" unter der Leitung des Pfarrers Msg. Georg Wetzel, welches
inder Druckerei unter dem Josefstädter Katholischen Pfarrhaus gedruckt
wurde. Es war ein konfessionelles Blatt, behandelte aber auch aktuelle
Tagesthemen. Die Druckerei wurde nach 1944 von den Kommunisten erst enteignet
und danach völlig zerstört.Die "Pollerpeitsch" erschien unter der Leitung
von Peter Winkler in schwäbischer Mundart mit Schwänken und satirischen
sowie humoristischen Themen. Sie war vor allem bei den Dorfbewohnern sehr
beliebt und aus keinem Haushalt wegzudenken. Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurde sie nicht mehr toleriert.
Nach 1944 wurde die journalistische
Vertretung aller Deutschen dem neugegründeten "Neuen Weg" in Bukarest anvertraut.
Im Jahre 1957 kam in Temeswar die Erstausgabe der deutschen Zeitung "Die
Wahrheit" heraus.
Sie wurde 1968 in "Neue
Banater Zeitung" umbenannt.
Die Lenauschule hatte ihre
eigene Zeitung, welche unter dem Namen "Die Lenauschule" einmal im Trimester
erschien und von der "Neuen Banater Zeitung" herausgegeben wurde.Nach der
politischen Wende von 1989 wurden der "Neue Weg", die "Neue Banater Zeitung"
und die "Karpatenrundschau" (Tageszeitung der Siebenbürger Sachsen) zusammengelegt.
Sie erscheinen fortan unter dem Namen "Allgemeine Deutsche Zeitung" (ADZ).
Die "Banater Zeitung" erscheint als wöchentliche Beilage der ADZ.
Gesundheitswesen
Schon zu Beginn des zweiten
Schwabenzugs hatte Kaiserin Maria Theresia Richtlinien erlassen, die die
ärztliche Versorgung der Siedler sicherstellen sollten. Demzufolge mußte
jede Gemeinde von einem zuständigen Arzt versorgt werden und eine Apotheke
haben.
In Temeswar wurde 1735 in
der Johannesgasse gegenüber dem heutigen Marktplatz "Timisoara 700" der
Grundstein für das erste Krankenhaus gelegt, das sogenannte "Barmherzigenspital".
Das Krankenhaus wurde von dem Orden des Hl. Nepomuk gestiftet und dem Orden
der Barmherzigen Brüder anvertraut. So kamen 1737 aus Deutschland sechs
Ordensbrüder, welche die Betreuung und Pflege der Kranken übernahmen. Während
der Pestepidemie von 1738-1739 verloren vier von ihnen selbst ihr Leben
und es wurden neun weitere Ordensbrüder aus Deutschland beordert. Das Krankenhaus
hatte auch eine Apotheke "Zum Granatapfel". Bis 1765 war dies die einzige
Apotheke der Stadt und des gesamten Banats. 1748 wurde der Grundstein für
die dazugehörende Kirche gelegt. Die Kirche ist heute ein griechisch-katholisches
Gotteshaus, in dem Krankenhaus ist heute die Augenklinik untergebracht.
Schon Stadtrichter Peter
Solderer, von 1722-1742 im Amt, trat für die Errichtung eines städtischen
Krankenhauses, eines "Bürgerspitals", ein. Der Grundstein dafür wurde 1745
gelegt. In dem Krankenhaus, in dem sich heute die Klinik für Dermatologie
und Onkologie befindet, wurden die Ärmsten kostenlos behandelt und 1789
befanden sich auch 10 Waisenkinder in dem Krankenhaus.In unmittelbarer
Nähe liegt das Militärspital, welches 1766 errichtet wurde. Neben dem Botanischen
Garten befindet sich die Neue Klinik. Auf der anderen Seite des Botanischen
Gartens in Richtung des Marktplatzes "Timisoara 700" wurde 1991 das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus
errichtet. Das Haus ist ein Geschenk der Bundesrepublik Deutschland und
der Landsmannschaft der Banater Schwaben an die Landsleute, die in der
alten Heimat verblieben sind. In dem Gebäude sind ein Alten- und ein Pflegeheim
untergebracht. In der Innenstadt müssen noch die Poliklinik für Zahnmedizin
sowie das Physiotherapeutische Behandlungszentrum und die Herzklinik erwähnt
werden.Auf dem Horaziu-Platz gegenüber dem Zentralpark befinden sich das
Kinderasyl und die Kinderklinik des Weißen-Kreuz-Vereins. Beide Institutionen
wurden 1904 eingeweiht. Den Bau ermöglichte der Präses des Vereins Anton
Sailer (1820-1904). Eine Bronzebüste wurde zu seinem Gedenken vor der Anstalt
aufgestellt (links oben im Bild).
Anton Sailer war auch der
Gründer des Blindenasyls in der Elisabethstadt. Hier befinden sich auch
das Taubstummeninstitut, das Institut für Präventivmedizin, die Klinik
für Orthopädie sowie das sogenannte Begaspital (die heutige Frauenklinik)
und in unmittelbarer Nähe das Entbindungsheim.In der Josefstadt auf der
Vacarescu-Straße ist die Nervenklinik anzutreffen, während in der Fabrikstadt
gleich am Jagdwald das Epidemie-Krankenhaus liegt.
Das neueste und gleichzeitig
das größte Krankenhaus der Stadt ist das Kreisspital. Es wurde 1970-1974
errichtet. Einer seiner Mitbegründer und späterer Direktor war Prof. Dr.
Dr. Ferdinand Nistor-Gallo, einer der größten Förderer des Banater Gesundheitswesens.
Er wurde 1931 in Temeswar geboren. Nach seinem Medizinstudium war er erst
als Landarzt im Banat (Bakowa, Busiasch) tätig, wurde aber bald als Lehrkraft
an die Medizinische Hochschule in Temeswar berufen. Ab 1974 war er Direktor
des Kreisspitals, wo er die erste Dialysestation in Temeswar einrichtete
und die erste Nierentransplantation vorbereitete. Nach der politischen
Wende 1989 brachte er das "Medizinische Mitteilungsblatt" heraus und richtete
die erste Armenküche in Temeswar ein. Seine guten Beziehungen zu Institutionen
in Westeuropa ermöglichten viele Ausstattungsmaßnahmen in Temeswarer Krankenhäusern.
1994 übersiedelte er nach Nürnberg zu seinen Kindern, wo er am 7. August
1996 verstarb. Die Banater Landsleute verloren in ihm viel zu früh einen
banatverbundenen Mediziner und Wissenschaftler.
Vorreiterrolle in Sachen
Technik
Temeswar hatte schon immer
eine Vorreiterrolle in Sachen Technik inne. So wurde 1854 der erste Telegrafendienst,
1881 das erste Telefonnetz eingerichtet und 1897 fanden die ersten Filmaufführungen
statt. Ab 1899 wurde der Personennahverkehr mit elektrischen Straßenbahnen
eingeführt. Bis dahin waren die Straßenbahnen von Pferden gezogen worden.
Temeswar war die fünfte Stadt der Welt mit einer Straßenbahn (nach Städten
wie New York und Paris), lange bevor es in den großen deutschen Städten
wie München oder Frankfurt überhaupt eine Straßenbahn gab.
Temeswar war die erste Stadt
Europas mit elektrischer Straßenbeleuchtung. Im Frühjahr des Jahres 1882
war es zu einem Eklat zwischen den Stadtvorstehern und den Vertretern der
österreichischen Gasgesellschaft gekommen, die seit 1857 die Stadt mit
Licht versorgt hatte. Die Gesellschaft wollte sich auf uneingeschränkte
Zeit das Alleinrecht der Stadtbeleuchtung sichern, womit die Stadtväter
nicht einverstanden waren. Inmitten dieser Ratlosigkeit traf ein Angebot
aus Wien ein, die Stadt mit elektrischem Licht zu versorgen. Auf dem europäischen
Festland war noch nirgends die elektrische Straßenbeleuchtung eingeführt
und es war auch nicht ohne Risiko, diesen Versuch zu wagen. Doch notgedrungen
nahm die Stadtverwaltung den Antrag an. Am 12. November 1884 flammten zum
ersten Mal die elektrischen Lampen in den Straßen der Stadt auf. Der Versuch
war geglückt und auf dem europäischen Festland war Temeswar die erste Stadt
mit elektrischer Straßenbeleuchtung.
Literaturnachweis:
"Das Banat", von Helmut Schneider,
Konrad-Theiss-Verlag, 1986 Stuttgart
"Temeswar / Bild-Kunst-Monographie",
von Alexandru Cutara, Amarcord Verlag, 1998 Temeswar
"Nikolaus Engelmann / Die
Verteidigung des Bescheidenen / Kirche, Schule und Schrifttum der Banater
Scwaben", von Horst Fassel, Herausgeber: Bundesvorstand der Landsmannschaft
der Banater Schwaben, 1998 München
"Das Banat / Die unvergessene
Heimat der Banater Schwaben", von Peter Mildenberger, Druckhaus Horch GmbH,
2001 Neckarsulm
"Temeswar - Timisoara",
v. Else von Schuster, ADZ-Verlag, 1999 Bukarest
"Allgemeine Deutsche Zeitung"
v. 17.08.1996 Bukarest
"Banater Post" 1996 München
"Temeschburg / Temeswar",
Herausgeber: HOG Temeswar, 1994 Karlsruhe
"Erste deutsche Ansiedler
der Stadt Temeschburg", von Friedrich Lotz
"Die Domkirche in Temeswar",
von Hans Diplich
"Das deutsche Schulwesen
in der Festung Temeschwar", von Anton Peter Petri
"Erste Gegensätze in Klein-Wien",
von Anton Peter Petri
"Temeswarer Nachrichten
/ Die Zeitung des Banats", von Franz Liebhard
"Im Hauskalender 1846 geblättert",
von Luzian Geier
"Die Anfänge der deutschen
Schauspielkunst", von Dr. Stefan Hasenfratz
"Die erste Stadt in Europa
mit elektrischer Straßenbeleuchtung", von Richard Weber
"Die Banatia - bedeutendste
soziale Institution des Banater Deutschtums während der Zwischenkriegszeit",
von Dr. Hans Weresch,
"Zur Geschichte der Diözese
Tschanad-Temeschburg", von Richard Weber, 1994 Karlsruhe
"Die Macht der Muttersprache
- Rückschau auf 40 Jahre Deutsches Staatstheater Temeswar", von Stefan
Heinz-Kehrer
"Die Schwäbische Verlags
AG", von Hans Mokka
Bildnachweis:
Stefan Jäger - Die Einwanderung
der Schwaben ins Banat - Copyright : http://www.alexanderstefi.de/
Der Dom, Foto v. Al. Bialis,
Postkarte
Das Franz-Josef-Theater,
alte Postkarte
Das Lenau-Lyzeum, Foto v.
Richard Weber aus "Temeschburg / Temeswar", der HOG Temeswar, 1994 Karlsruhe
Die Anton-Sailer-Büste,
Foto v. Richard Weber aus "Temeschburg / Temeswar", der HOG Temeswar, 1994
Karlsruhe
Copyright by: http://www.banater-schwaben-berlin.de
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