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GRU Bericht 23.03.1945

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Stellungnahme Kurtschatov 30.03.1945

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Bericht des Volkskommissariat für Verteidigung der UdSSR, November 1944

Spionageberichte im russischen Präsidialarchiv – Die GRU-Dokumente

Einer der erstaunlichsten Funde waren die russischen Spionageberichte über die deutschen Bomben. Es dauerte ungefähr ein Jahr, bis wir sie in der Hand hielten, doch das Warten hatte sich gelohnt. Da berichtet ein deutscher Spion im November an die sowjetische Militäraufklärung über die Vorbereitungen zum Test eines neuen Bombentyps mit verheerenden Wirkungen, im März liefert er gleich den Bauplan der Bombe mit.

Prof. Daschitschew, langjähriger außenpolitischer Berater von Generalsekretär Gorbatschow, bestätigt kurz nach dem Erscheinen des Buches HITLERS BOMBE die Authentizität des Dokuments. Er hatte Ende Januar 1945 als junger Nachrichtenoffizier im Stab der 4. Ukrainischen Armee offiziell die Meldung aus Moskau entgegengenommen. Darin hieß es, dass Spionageberichte über die Entwicklung und Einsatzplanungen von deutschen Atombomben gegen die sowjetischen Armeen vorliegen.

HITLERS BOMBE S. 267

"... Von Erich Schumann wissen wir, dass er das Problem der Ingangsetzung einer thermonuklearen Reaktion im Prinzip als gelöst ansah. Das von Trinks’ Gruppe entwickelte Zündführungsprinzip sollte in der Lage sein, eine solche Reaktion auszulösen.

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, wurde all dies von Schumann und Trinks nach dem Krieg in geheimen Patentschriften dargelegt. Diese Schriftstücke sind zentral für das Verständnis dessen, was 1945 gestestet wurde. In den entscheidenden Punkten, wenn auch nicht in allen, stimmen die in den Patentschriften dargelegten Funktionsprinzipien mit der dem GRU-Bericht vom 23. März 1945 beigefügten Konstruktionsbeschreibung überein. Der GRU-Informant kannte einen möglichen Bauplan, aber nicht den Bauplan. Mit der Erklärung der Funktionsweise der Bombe war er überfordert. Wir können als sicher annehmen, dass es mehrere Konstruktionspläne gab. Allein die Gruppe Schumann/Trinks hatte ein halbes Dutzend Anordnungen konzipiert.

Trotzdem war zu klären, ob eine nach seinen Beschreibungen konstruierte Bombe theoretisch überhaupt funktionieren konnte.1 Folgende Konstruktionselemente werden genannt: eine Hochspannungsentladungsröhre, die ihren Strom über Generatoren bezog, eine Kugel aus metallischem U235, Verzögerer, ein Schutzkasten mit Cadmiumschicht, gewöhnlicher Sprengstoff, Detonationsanlagen und ein Stahlmantel.

Unterstellen wir zunächst einmal, es hätte sich um eine reine Kernspaltungsbombe gehandelt. Die synchrone Zündung der Sprengladungen sollte die Urankugel in der Mitte der Bombe verdichten und die Neutronenquelle aktivieren. Der von ihr ausgelöste Neutronenstrom sollte auf den Spaltstoff einwirken. Die explodierenden Sprengladungen wirkten wie »ein zum Zentrum gerichteter Schlag«, der das U235 »über die kritische Masse« brachte. Heute würde man dazu sagen, das Material wurde komprimiert.2

Interessant an dem Entwurf ist, dass nicht die primitive Kanonenrohranordnung, bei der zwei unterkritische Massen zusammengeschossen werden, sondern die elegantere Implosionsanordnung gewählt wurde. Dabei wird eine Urankugel durch zeitgleiches Zünden mehrerer Sprengladungen bis zur Kritikalität verdichtet.

Das geschilderte Konstruktionsprinzip entsprach in seinem Grundmuster, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, der ersten amerikanischen Plutoniumbombe. Bei der Diskussion der Konstruktionsmerkmale lernten wir, dass schon vor 1945 nicht nur die zwei bekannten Prinzipien – Kanonenrohr- und Implosionstyp – zur Debatte standen, sondern dutzende Varianten.3 Das im Bericht vom März 1945 geschilderte Bombenprinzip, eine kugelförmige Masse U235 zu verdichten, war auf der Höhe seiner Zeit. Es genügt, Abbildungen der ersten amerikanischen Implosionsbombe mit dem deutschen Modell zu vergleichen, um die Ähnlichkeit zu erkennen.

So wie beschrieben, hätte eine Atombombe tatsächlich funktionieren können. Diese Konstruktionsbeschreibung lag mehreren Physikern vor, die alle bestätigten, dass der unbekannte Verfasser einen praktikablen Weg gewiesen hatte.4

Allerdings bleiben entscheidende Fragen unklar, so die nach der Art und der Menge der eingesetzten Spaltstoffe. Im ersten Teil des Agentenberichts wird davon gesprochen, dass die Bombe »vermutlich mit U235 ausgerüstet ist«. Wie wir gesehen haben, bestand eines der größten Probleme für die deutschen Wissenschaftler darin, dass sie nicht in der Lage waren, die Uranisotope großtechnisch zu trennen. Ihnen war es zwar gelungen, kleine Mengen Urans schwach anzureichern, doch für eine U235-Bombe benötigte man etwa fünfzig Kilogramm hoch angereicherten Urans. Wir haben bei unserer Recherche keinen Beleg dafür gefunden, dass es gelungen war, eine solche Menge U235 zu gewinnen.

Genau dieser Punkt machte auch Kurchatov stutzig. Er rechnete im Falle der Zündung von fünf bis zehn Kilo­gramm U235 oder Plutonium, genauer hatte er die kritische Masse unter Berücksichtigung von Reflektoren noch nicht bestimmt, mit einem TNT-Äquivalent von zehn- bis fünfzigtausend Tonnen.5 Daher hatte er auch Zweifel, ob die deutsche Konstruktionsbeschreibung in allen Punkten stimmte.

Doch auch mit schwach angereichertem Material (mindestens zehn Prozent Anreicherungsgrad) lässt sich eine Kettenreaktion in Gang setzen.6 Diebner verfügte über angereichertes Uran. Ob dieses aus Hartecks Zentrifugen, den Massentrennern der Reichspost oder einer anderen Anlage stammte, ist zunächst nebensächlich. Mehrere hundert Kilo schwach angereichertes U235, die für die Kon­struktion einer Uranbombe des oben dargelegten Prinzips erforderlich gewesen wären, schließen wir jedoch aus.

Des Rätsels Lösung ist frappierend: Im GRU-Bericht wird gar keine reine Kernspaltungsbombe beschrieben, sondern eine in Anlehnung an die von Schumann/Trinks konzipierte Anordnung zur Auslösung von thermonuklearen Reaktionen. Wir haben es weder mit einer Uranbombe, noch mit einer Wasserstoffbombe zu tun, sondern streng genommen nur mit einem Zünder. Das klingt harmlos, aber dass war es nicht. Der Zündmechanismus sollte nämlich für eine thermonukleare Bombe dienen. Hieraus ergibt sich eine bedrückende Frage: wie nahe waren die deutschen Wissenschaftler einer H-Bombe?7 Die Gruppe um Schumann/Trinks hatte sich, wie wir wissen, ganz auf die Konstruktion eines solchen Zündmechanismus konzentriert. Dank einer ausgeklügelten Zünderanordnung sollte dafür überhaupt kein oder nur sehr wenig Spaltstoff erforderlich sein. Während alle späteren H-Bomben-Entwürfe eine Atombombe als »Zündpille« zur Voraussetzung hatten, glaubten Schumann/Trinks, darauf verzichten zu können. Schumann betrachtete die tonnenschweren Aluminiumkugeln nur als Zwischenlösung. Seine Gruppe, und sicher auch die Forscher der Marine und der Luftwaffe, arbeiteten bereits an eleganteren Lösungen, darunter kleinere zylindrische Anordnungen mit ca. 35 kg Gewicht. ..."