Chronik 1893

1893  Gründung des "Fußballvereins Stuttgart" 
Der Rudersportdress diente auch den jungen Rugbyspielern des am 9. September 1893 gegründeten Stuttgarter FV 93 zum Vorbild: Weiße Hose, weißer Sweater mit gelbem Stern auf der Brust, weiße Rudermütze, blau eingefasst mit gelbem Stern. Die 93er Gründungsversammlung der 20 Mitglieder fand in der Gaststätte "Zum Becher" in der Kernerstraße 8 statt. Der Zweck des Vereins ist die körperliche Ausbildung seiner Mitglieder durch Pflege und Verbreitung des Rugby-Fußballs und verwandter Spiele, Veranstaltung von Wettkämpfen und Hebung der Kameradschaft durch gesellige Zusammenkünfte."

In diesem Gründungsjahr der 93er sieht man beim Wettspiel des "English FC" gegen JC Alemannia" die ersten Tornetze in Berlin. Eine Sensation auch für den lokalen Berichterstatter. "Um noch einmal auf die Tornetze zu kommen, so bilden diese zweifellos den besten Schutz gegen das Eindringen des Publikums ins Goal."

In Stuttgart wie anderswo verstanden sich die jungen, von Schülern, Studenten und Kaufleuten getragenen Sportgründungen als Gegner des an den Schulen herrschenden Verbindungswesens, wie es in den Statuten des ebenfalls 1893 gegründeten "Straßburger Football-Club" besonders deutlich zum Ausdruck kommt: "Zum Abschluss führt die Zugehörigkeit zu einer Schülerverbindung sowie das kommentmäßige Kneipen nach dem Spiel."

Unter Fußball verstand man zu Gründerzeiten oft das Spiel mit dem eiförmigen Rugbyball, wie er heute noch in den USA im Nationalspiel "American Football" verwendet wird. 

Der Stuttgarter FV 1893 konzentrierte sich über viele Jahre bis 1908 auf das Rugbyspiel. Und dabei waren sich die alten 93er mehr als nur Mannschaftspartner. Sie waren Freunde und blieben es weit über ihre aktive Zeit hinaus. Der zunehmenden Mitgliederzahl entsprechend traf man sich im Gartensaal des Restaurants "Röthle" in der Archivstraße und beim "Kräpfebäck" in der Cannstatter Fabrikstraße (wo die 93er ihre nach jedem Spiel vom Wasen zurückgeschleppte Rugby-Goalstangen unterbrachte), später dann im "Schwarzen Ochsen" oder im "Kernerhaus"

Gründungsmitglieder:

Alexander, Karl und Alfred Gläser, E. Betting (welcher auch der erste Kapitän der Mannschaft war), K. Ehmann, Th. Haas, M. Fleischacker, die beider Gebrüder Grau, M. Maull, Th. Schätzle, O. Eggerth.

Ferner die Passiven:

C. Kaufmann, A. Riese, A. Salomon


Gründung des Stuttgarter Fußballvereins 1893

Der 9. September 1893 darf als Geburtstag des FV 93 gelten. Die Gründungsversammlung fand in der kleinen Gaststätte „Zum Becher" bei Gastwirt Fetzer in der Kernerstr. Nr. 8 statt. Es soll festgehalten werden: Der FV 93 bildete keine Absplitterung vom Cannstatter FC; seine Anfänge gehen vielmehr auf eine durchaus selbständige, neue Vereinsgründung zurück. Es bestand zwischen den beiden nunmehr in Cannstatt beheimateten Vereinen in der Folge auch keinerlei ungesunde Rivalität. Im Gegenteil, man spielte bis 1897 einträchtig nebeneinander auf dem Wasen, man half sich gegenseitig gelegentlich mit Spielern und Schiedsrichtern aus, und als der CFC Ende der neunziger Jahre den Wasen endgültig räumen musste und davon in eine schwere Krise geriet, bot ihm der FV 93 eine Zuflucht auf seinem Spielplatz im Stöckach an!
Mit einem Mitgliederstamm von 20 Mann begann der Stuttgarter Fußballverein 1893 seine Tätigkeit. Über den Zweck des Vereins gibt 5.1 der Ursatzung folgenden Aufschluss:
„Der Zweck des Vereins ist die körperliche Ausbildung seiner Mitglieder durch Pflege und Verbreitung des Rugby-Fußballs und verwandter Spiele, Veranstaltung von Wettkämpfen und Hebung der Kameradschaft durch gesellige Zusammenkünfte."
Der erste Sportdress der 93er war geradezu romantisch: Weiße Hose, weißer Sweater mit gelbem Stern auf der Brust, weiße Mütze (!) blau eingefasst, mit gelbem Stern, nach Art der Rudermützen.
Im Gartensaal des Restaurants Röthle in der Archivstraße wurden die Versammlungen abgehalten. Außerdem galt die Gaststätte und Bäckerei „Zur goldenen Kanone" von Krapf - dem Krapfebäck - in der Fabrikstraße in Cannstatt als Vereinslokal, denn dort hatten die 93er ihre Goalstangen untergebracht, die vor dem Spiel auf den Wasen geschleppt und nachher wieder zurücktransportiert werden mussten.
Fußbälle, Sweater, Fußballstiefel mussten von der Firma Steudel aus Berlin bezogen werden, da es in jener Zeit in Stuttgart noch kein Geschäft gab, das Sportartikel führte. Was war es jedes Mal für ein Ereignis, wenn der Postbote das Paket mit dem in Berlin bestellten neuen Ball brachte! Klopfenden Herzens standen die Jungen dabei, wenn das Kleinod seiner Hülle entkleidet wurde und der neue Ball ans Tageslicht kam! Wie ein kostbarer Schatz wurde er betrachtet und gehütet.
Lehrer Kaufmann übernahm die Leitung des Vereins. Er und die andern Gründungsmitglieder haben es verdient, dass ihre Namen, soweit sie uns noch bekannt sind, für die Nachwelt festgehalten werden. Mancher ist den alten VfBlern noch
in frischer Erinnerung:

Alexander, Karl und Alfred Gläser, E. Betting, der erste Kapitän der Mannschaft, K. Ehmann, Th. Haas, M. Fleischacker, die beiden Brüder Grau, E. Maull, Th. Schätzle, O. Eggerth. Als Passive: C. Kaufmann, A. Riese, A. Salomon.

In der kurze Zeit darauf ins Leben gerufenen Jugendmannschaft spielten unter anderen Paul und Emil Breckle, H. Betting, R. Fastnacht, R. Kunz, E. Zaiser. Etwas muss uns, die wir gewohnt sind, dass gesetzte, im Sportleben erfahrene Männer die Leitung der Sportvereine in Händen halten in Staunen und Bewunderung versetzen: Wie diese durchweg jungen Menschen von damals, Vorstandsmitglieder im Alter von 16 oder 17 Jahren, die vorgenommene Aufgabe meisterten. Über die mangelnde Erfahrung hinweg half ihnen eine unbändige Begeisterung für den Sport, ihre Hingabe an das junge Werk, das sich mehr und mehr festigte, allen Schwierigkeiten trotzte und alle Stürme überstand. Erstaunlich auch und höchster Anerkennung wert bleibt das Wirken des ersten Vorstandes, C. Kaufmann, der als Lehrer trotz unverhohlener Gegnerschaft des größten Teils seiner Zeit- und Berufsgenossen und trotz Ablehnung der „englischen Fußball-Lümmelei" durch weite Kreise der breiten Öffentlichkeit seinen Weg ging und ein Wegbereiter des Fußballsports wurde.

Der Stuttgarter Fußball-Verein 1893 war von Anhängern des runden Leders gegründet worden, und die ersten Wettspiele waren Association-Spiele, kurz Fußballspiele. Dass das erste Treffen gegen den Cannstatter FC am 12. Oktober 1893 mit 5:0 verloren ging, tat der Begeisterung keinen Abbruch. Allerdings wurde auch das Rugby-Spiel gepflegt. Ja, es gab Spieler, die beide Arten meisterhaft beherrschten, z. B. P. Breckle. Was der Chronist über das Nebeneinander der beiden Sportarten berichtet, ist höchst interessant: Dem Fußballmatch folgte das erste Rugbyspiel gegen Cannstatt am 18. November 1893 und ging für die 93er mit 41:0 verloren. Der Cannstatter FC und der FV Stuttgart 1893 riefen gemeinsam den Ludwigsburger Fußball-Club ins Leben. Sie spielten an manchen Sonntagen auf dem kleinen Exerzierplatz im „schwäbischen Potsdam" je ein Association- und ein Rugbyspiel und führten so die Ludwigsburger in die Kunst des Fußballspielens ein. Ebenfalls in Ludwigsburg kam das zweite Wettspiel im Rugby zwischen Cannstatt und dem FV 93 zum Austrag; Cannstatt siegte 38:5.
Die weitere Entwicklung führte jedoch überraschenderweise dazu, daß sich der Stuttgarter Fußball-Verein ausschließlich dem Rugby-Fußball widmete. Durch Philipp Heineken, den alten Rugbypionier, der sich 1894 von dem Cannstatter FC trennte und zum FV 93 übertrat, erhielt Rugby hier mächtigen Auftrieb.
In Heineken fand dieser Sport nicht nur einen begeisterten Anhänger und Verfechter, sondern auch einen ausgezeichneten theoretischen und praktischen Lehrer, der seine Schüler mit den komplizierten Regeln des Rugbyspiels näher´vertraut machte.
93er wurden in der unteren Stadt bald bekannt, und nach dem Zugang von . Heineken, Meis, Letsche, Weißenburger, Gebrüder Löwenstein, Pfänder,Lorenz, Hugo Stahl bestanden für die Aufstellung der ersten Mannschaft keinerlei Schwierigkeiten.


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