Ex-Sicherheits-Chef belastet frühere Telekom-Spitze

Im Spitzelskandal um die Deutsche Telekom wächst der Druck auf Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und den früheren Konzernchef Kai-Uwe Ricke. Der ehemalige Konzernsicherheitschef belastet einem Magazinbericht zufolge die Manager.

Gegen beide und sechs andere Verdächtige hat die Bonner Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet. Der ehemalige Telekom-Sicherheitschef Klaus Trzeschan habe beide Manager bei einer konzerninternen Anhörung belastet, berichtet der "Spiegel" in der jüngsten Ausgabe. Die Ermittlungsaufträge seien von Ricke und Zumwinkel erteilt worden, habe der Ex-Sicherheitschef in der Anhörung erklärt, die der Staatsanwaltschaft vorliege.

Wie der "Spiegel" weiter berichtet, soll ein Teil der Spitzeldienste im November 2006 von einer gemeinsamen Kostenstelle Zumwinkels und des frisch angetretenen Telekom-Chefs René Obermann abgebucht worden sein. Freigegeben worden sei das Geld offenbar von dem damals gemeinsamen Büroleiter der beiden Manager. Obermann sagte dem "Spiegel", er habe die Rechnung nie gesehen. Ein Sprecher Zumwinkels habe gesagt, ein Aufsichtsratsvorsitzender habe keine Vollmachten für Konten des Unternehmens.

Obermann bestreitet Verwicklung

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Obermann bestritt eine Beteiligung an Spitzeleien vehement. "Wenn jemand behauptet, ich sei in diese Affäre verwickelt, ist das eine Sauerei", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe haben wir sofort reagiert und personelle sowie organisatorische Konsequenzen gezogen", sagte Obermann. Der Konzern habe erstmals im August 2007 von der möglichen Bespitzelung eines Journalisten erfahren.

Anwälte sollen nach Angaben des "Spiegel" die Telekom gewarnt haben, zu früh Aufsichtsrat, Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit über den Skandal um ausgespähte Daten von Journalisten zu informieren. Trotz der Bedenken habe die Telekom am 21. Mai bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige eingereicht. Davor habe der Konzern unter dem Codenamen "Phylax" interne Untersuchungen gestartet.

Netzagentur schaltet sich ein

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Der neue Aufsichtsratschef Ulrich Lehner sagte dem "Focus", er hätte sich einen besseren Start in sein neues Amt gewünscht: "Wir müssen das professionell und ohne Zorn und Eifer abarbeiten. Es handelt sich ja erst mal um unbewiesene Vorwürfe." Aufsichtsratsmitglied Lothar Schröder forderte Konsequenzen aus der Affäre, bei der offenbar Kontakte von Aufsichtsräten zu Journalisten ausgeforscht wurden: "Das stellen wir ab", sagte er. "Die sollen sich so etwas nie wieder trauen." Dem Magazin "Euro am Sonntag" sagte Schröder, er rechne mit harten Datenschutz-Auflagen der Bundesnetzagentur für das Unternehmen.

Die Netzagentur als zuständige Regulierungsbehörde hatte angekündigt, sie werde die Telekom in den nächsten Tagen zu Angaben über personelle und organisatorische Konsequenzen aus der Affäre auffordern. Es handle sich dabei um einen in der Praxis der Behörde ausgesprochen seltenen Vorgang.

Schäuble fordert strengeren Datenschutz

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte die deutschen Unternehmen auf, dem Datenschutz höhere Beachtung zu schenken. Der "Bild am Sonntag" sagte er, die Bürger müssten darauf vertrauen können, dass der Schutz von Daten auch in Unternehmen höchste Priorität habe.

Schäuble will an diesem Montag mit der Telekom sowie anderen Unternehmen und Verbänden der Branche über die Affäre reden. Die Bundesregierung will die Branche zu einer Selbstverpflichtung zur Einhaltung des Datenschutzes bewegen. Mehrere Unternehmen wollen dem Treffen aber fernbleiben. Schäuble sprach von einem Angebot. Die Branche sei "gut beraten, wenn sie es annimmt".

Zu der verlangten Selbstverpflichtung der Branche sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem Berliner "Tagesspiegel": "Eine Selbstverpflichtung braucht es in Fällen, wo es keine gesetzliche Verpflichtung gibt. Das ist in diesem Fall ganz anders."

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FTD.de, 31.05.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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