Die "Alemagna" bzw. Zillertalautobahn


Es gab einmal eine "Zillertal Autobahn AG" mit dem Ziel, den österreichischen Abschnitt der "Alemagna"-Autobahn zu planen. Die "Alemagna" sollte eine direkte Autobahnverbindung zwischen den Großräumen München und Venedig bilden. Hauptargument für den Bau war stets, dass der Weg von Venedig nach München über die Brennerautobahn einen Umweg von rund 170 km bedeutet.
In Italien wurde die Strecke bis etwas nördlich von Belluno auch fertig gestellt, wobei im letzten Abschnitt einige beachtliche Großbrücken errichtet wurden.
Ende der 60er-Jahre war die weitere Strecke wie folgt geplant (Trasse 1): Cadore-Tal, Cortina d'Ampezzo, Schluderbach, Höhlensteintal, Toblach, Pustertal, Bruneck, Tauferer Tal, am Beginn des Ahrntales Tunnel durch die Zillertaler Alpen, Zillertal, Anbindung an die Inntalautobahn A12 bei Jenbach. Es gab auch Überlegungen, nördlich des Inntales in direkter Linie über den Achenpass und Tegernsee eine Autobahn bis zur deutschen A8 bei Holzkirchen zu führen.

In Österreich führte die "Alemagna" den Titel "Zillertalautobahn"
Grafik aus einer Studie von DI Dr. Engel, Mai 1970

Die 3 Trassenvarianten im Grenzbereich zwischen Venezien und Südtirol
Grafik aus: Luis Trenker, Sexten darf nicht zubetoniert werden!, 1979, S. 28

 
Da die ersten Pläne im Touristenzentrum Cortina d’Ampezzo auf heftigen Widerstand stießen, wurde eine Variante (Trasse 3) weiter östlich über Auronzo, den Kreuzbergpass und Sexten nach Toblach geplant. Naturgemäß stieß dieser Plan in Sexten - am Fuße der Drei Zinnen - ebenfalls auf strikte Ablehnung. Schließlich erdachte man ein Variante (Trasse 2) über Auronzo und Misurina, da hier keine bedeutenden Touristenorte liegen.

In den übrigen betroffenen, vornehmlich vom Tourismus lebenden Gemeinden formierte sich jedoch heftiger Widerstand gegen die Autobahn. In Sexten engagierte sich vor allem der bekannte Bergsteiger und Filmer Luis Trenker gegen die Autobahn.

Vor allem im Zillertal sah man die wirtschaftliche Existenz bedroht, so dass für den österreichischen Abschnitt ebenfalls eine Alternativtrasse östlich des Zillertales über Gerlos nach Wörgl erdacht wurde. Dafür wären zwei zusätzliche lange Tunnel nötig gewesen. Doch auch diese Trasse wäre durch Tourismusgebiete verlaufen und verursachte damit Ablehnung.

Die Trassenvariante östlich des Zillertales
Grafik aus: Luis Trenker, Sexten darf nicht zubetoniert werden!, 1979, S. 128

Da in Österreich dieses Projekt ab Mitte der 70er-Jahre nicht mehr durchsetzbar war, begnügte man sich in Italien damit, nur den Südabschnitt bis Toblach im Pustertal zu bauen. Damit wäre es jedoch notwendig gewesen, die Querverbindung (E66) von der Brennerautobahn in Südtirol bei Brixen/Franzensfeste bis zur Tauernautobahn in Kärnten bei Spittal/Drau zumindest zu einer kreuzungsfreien Fernstraße auszubauen. 


Grafik aus "Der Kurier", 10.08.1995

Auch dagegen regte sich Widerstand - vor allem in Osttirol und Kärnten, wo bislang mit keiner neuen Transitstrecke gerechnet wurde.
1992 wurden die Zuge der baldigen Fertigstellung des Abschnitts Vittorio Veneto bis Pian di Vedoia der A27 (Eröffnung 1994) neue Pläne für den Weiterbau erstellt. Die Strecke sollte nun wie folgt verlaufen: Cadore-Tal, östlich von Cortina d'Ampezzo durch Marmarole (Tunnel) und Monte Popena (Misurina-Tunnel), Höhlensteintal, Toblach, Pustertal, Bruneck, Tauferer Tal, Tunnel (Länge 8,4 km) durch die Zillertaler Alpen. Die etwa 120 km lange Strecke wäre extrem aufwändig (Tunnelanteil 21,5 km = 17,8%; Brücken 31,6 km = 26,1%). Ein Kilometer wurde 1992 mit Baukosten von umgerechnet etwa 13 Mill. Euro veranschlagt.
Infos dazu (in Italienisch):  http://digilander.iol.it/ZANCHETTIN/l'autostrada_di_alemagna.htm

Grafik mit Trassenverlauf:  http://digilander.iol.it/ZANCHETTIN/nuova_pagina_7.htm

Erst im Mai 2000 wurde in Oberitalien die Volksbewegung "pro Alemagna-Autobahn Venedig-München" gegründet. Sie übergab am 22. Mai dem Präsidenten der Kommission für Transporte im Europäischen Parlament einen Vorschlagsentwurf für die Weiterführung der Autobahn Venedig-München. Sowohl in Nord- als auch in Südtirol wurde inzwischen politisch eindeutig gegen diese Autobahn Stellung bezogen. Auch im Alpenschutzabkommen wurde vereinbart, keine neuen Transitrouten durch die Alpen zu errichten. Da es in den betreffenden Gebieten auch in der Bevölkerung kaum Befürworter geben dürfte, ist selbst die Realisierung des Südabschnittes bis in das Südtiroler Pustertal in absehbarer Zeit unwahrscheinlich.

Aktuelle Infos dazu:  http://members.aon.at/lienz.gegenverkehr/alemagna.htm
und   http://members.aon.at/lienz.gegenverkehr/fadalto.htm

zuletzt geändert: 01.01.2004


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