Leben und Werk des Erfinders der Kunstwabe
Fritz Kaiser
Man war in dem verhängnisvollen Jahr 1933, als
die Pfälzer Imker zum erstenmal im Rahmen einer Festversammlung ihres berühmten
Landsmannes gedachten. 75 Jahre waren damals vergangen, seit auf
der Wanderversammlung deutsch-österreichischer Bienenwirte in Stuttgart
im Jahre 1858 die ersten Kunstwaben von ihrem Erfinder Johannes
MEHRING aus Frankenthal ausgestellt worden waren. Hören Sie einige Sätze
aus einem Bericht über die Mehring- Feier des Jahres 1933: "Die Feier wurde gegen 8.30 Uhr durch die gemeinsame Besichtigung einer von Bildhauer Theobald HAUCK aus Maxdorf künstlerisch gestalteten Gedenkplatte aus hartem Sandstein eingeleitet, die an dem ehemaligen Hause MEHRINGs, Kirchenstraße 12, zwei Tage vor der Feier eingemauert worden war, um für die Zukunft die Bedeutung MEHRINGs auch sichtbar zum Ausdruck zu bringen. Die Gedenkplatte stellt eine Mittelwand dar, auf der vier Bienen sitzen, die eine Tafel mit der Inschrift halten: |
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Hier wohnte der Erfinder der Kunstwabe JOHANNES MEHRING Schreinermeister und Bienenzüchter (1816-1878)
An der Besichtigung der
Gedenktafel beteiligte sich unter Führung Frankenthaler Imkerfreunde eine
große Anzahl de Festteilnehmer; war doch jeder gespannt, die Wirkungsstätte
dieses Mitbegründers der neuzeitlichen Imkerei kennenzulernen.
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Mehring-Haus im 2. Weltkrieg zerstört Soweit der Bericht aus dem
Jahre 1933. 75 Jahre nach der Erfindung der Kunstwabe, 55 Jahre nach dem
Tod MEHRINGS im Jahre 1878. |
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Soweit der Bienenpfarrer
GERSTUNG. Hier war die Familie Mehring wohl seit vielen Generationen ansässig, was eine Urkunde aus dem Jahr 1729 vermuten läßt: Es ist da von einer Amtshandlung die Rede, bei der "die alten Bürgermeister Johannes Mehring und Martin Kraft an die neue Bürgermeister Johan Wilhelm Merkel und Valentin Schuk an Baarren Gold geliefert und eingehändigt" Im Jahre 1786 zählte Kleinniedesheim 54
Häuser mit 300 bis 400 Einwohnern. Die Gemarkung umfaßte 1206 Morgen
Ackerland und 140 Morgen Weinberge. Ein Wald von Obstbäumen, hauptsächlich
Kirschbäumen, gab der in die Rheinebene eingebetteten Gemeinde einen
freundlichen Rahmen. Hier wurde Johannes MEHRING am 4. Juli 1815 geboren. Sein
Vater Johann Mehring und seine Mutter Katharina geborene Schmahl waren wenig begüterte Ackersleute, die mit Fleiß
und Sorgfalt ihr kleines Anwesen am Dorfrand von Kleinniedesheim betreuten.
Besonders der Viehstand gedieh unter geschickter Pflege gut, was abergläubischen Leuten Anlaß gab, die Mutter für
eine Hexe zu halten. Ein Erbstück dieser klugen Frau ist sicher der scharfe
Verstand MEHRINGs, der in jeder seiner zahlreichen Veröffentlichungen
erkennbar ist. In der Volksschule seines Heimatortes, wo sich der Junge durch seine Fähigkeiten
auszeichnete, wurde das Kind in seinem Wunsch bestärkt, Lehrer zu werden.
Tatsächlich besuchte Johannes MEHRING eine Präparandenanstalt; die Ausbildung
schloß er aber nicht ab. Schreinerlehre in Worms, Wanderschaft -Bienenidyll in der Heimat
Die Eltern brachten den Sohn dann nach Worms zu einem Schreinermeister; diese
Lehre schloß er ab und ging als Geselle in die Fremde, wie es damals üblich war.
Nach Jahren erst tauchte Johannes MEHRING wieder in der Heimat auf. Am 3.April 1845 heiratete er die
Lehrerstochter Barbara Wehe aus Oppau, kaufte das Anwesen Kirchenstraße 12 in
Frankenthal und betrieb dort sein Handwerk. Über den jungen Ehejahren lastete ein
schweres Leid: Sechs Kinder wurden geboren, keines überlebte das Säuglingsalter.
Von dem Schreinermeister MEHRING - sprachen die Nachbarn voller Achtung. Die von ihm hergestellten Möbelstücke,
in die er sein Signum "J M" einschnitzte, waren sorgfältig gearbeitet, gediegen.
Im Jahre 1849, also im Alter von 34 Jahren, errichtete MEHRING hinter dem Haus in der Kirchenstraße einen
Bienenstand. Hier verweilte er oft viele Stunden, beobachtend und
reflektierend bei seinen Bienen. |
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Einen deutlichen Einblick in das Bienenidyll in der Frankenthaler Kirchenstraße gewährt ein am 1.2. 1860 von MEHRING geschriebener Artikel: "Der Totenkopf als Honigdieb. " | |
Danach brachte am 24. August des Jahres 1859 der Lehrling Meister Mehring die Nachricht, Speckmäuse beunruhigten die Bienen in der Abenddämmerung. Der in vielen Handwerkskünsten perfekte Meister verfertigte einen kammartigen, mit vielen Zinken versehenen Spieß, den er mit einem drei Fuß langen Stiel versah. | |
So bewaffnet, ging der Lehrling in den
folgenden Tagen bei Eintritt der Dämmerung auf Posten. Dem Jungen gelang
es auch mehrmals, das in einen Bienenstock eindringende Untier zu spießen,
aber immer wieder riß es aus. Doch hören wir, wie MEHRING den Fortgang
des Abenteuers mit eigenen Worten anschaulich schildert:
"Am 26. August
gegen Abend saß ich Geschäften halber in einer munteren Gesellschaft
bei einem Glas Wein, als mir bei einbrechender Dämmerung mein auf den
Anstand gegangener Lehrling einfiel. Ich eilte sogleich nach Hause. Kaum
dort angekommen, hörte ich den Ruf: Geschwind, geschwind, die Speckmaus
ist in einen Stock hineingeschlüpft! Wie das Wetter war ich die 17 Stufen
zählende Treppe hinaufgestiegen und befand mich zur Seite des
bezeichneten Stockes, welcher stark vorlag, aber ziemlich ruhig war. Schon
glaubte ich, daß mein Lehrling sich getäuscht hätte, als es mit
einem Mal am Flugloch Leben gab, welches rasch in ein furchtbares Gewühl
ausartete."
In Stuttgart 1858 erste Kunstwabe vorgestellt Im Jahre 1858 präsentierte
der Schreinermeister und Bienenzüchter aus der Pfalz auf der
Stuttgarter Wanderversammlung der staunenden Imkerwelt die ersten
ausgebauten Kunstwaben! Wie kam es dazu? Darauf schrieb der
Baron am 10.4. 1857 an den Schriftleiter der Eichstädter
Bienenzeitung, daß ihn die Herstellung künstlicher Waben
sehr interessiere, um so mehr, da er selbst an die Anfertigung solcher
gedacht habe, aber nicht aus Wachs, sondern aus Kautschuk. Er möchte nämlich
Waben erfinden, aus denen man dann den Honig auspressen könne wie das
Wasser aus einem Schwamm.
J. Mehring aus
FrankenthaI in Rheinbayern"
In den folgenden Jahren Herstellungsmethode entwickelt Daran lag
allerdings MEHRING nichts, wollte er seine Erfindung doch selbst
gewinnbringend auswerten. Deshalb sandte er dem Redakteur zwar eine ganze
Reihe von Artikeln, die Kunstwaben erwähnte er darin jedoch mit keiner
Silbe.
So einfach man
pressen könne, so schwierig sei das Bilden der Tafeln und das Ebenen. Der
Pfarrer aus Oberbayern empfahl deshalb, die Wachstafeln bei einem
Wachszieher herstellen zu lassen, da diese Leute eine große Fertigkeit
besäßen und glatte Wachstafeln in kürzester Zeit und papierdünn
anfertigen könnten. Durch die
vielen brieflichen Zuschriften, welche fortlaufend wegen der künstlichen
Wabenangelegenheit bei mir einlaufen, hat es sich herausgestellt,
daß dieser Gegenstand eine ganz außergewöhnliche Teilnahme gefunden
hat; denn nicht nur von den äußeren Grenzmarken Deutschlands, sondern
auch aus dem Ausland inden werte Briefe ihren Weg in meine
bescheidene Wohnung.
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MEHRINGs unerschöpflicher Einfallsreichtum Es wundert uns nicht, daß er auch hier Lösungen fand, die seinen unerschöpflichen Einfallsreichtum erkennen lassen, deren Anwendung aber heute nicht mehr zulässig wäre: |
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Bei Bekannten in Kleinniedesheim kaufte er Kirschen, in einem Jahr bis zu einem Wert von 200 Gulden; den Absud reicherte er mit Zucker an und versorgte damit seine Bienen. Zu diesem Zweck baute er besondere Futterkammern in seine Bienenkästen ein. Weiterhin kaufte er Malzprodukte, verwandelte mit Hilfe des Ferments Diastase die Stärke in Malzzucker und reichte diese "Süßen" seinen hungrigen Bienenvölkern. | |
Wahrscheinlich waren es die Bienen selbst, die MEHRING auf diese Idee gebracht hatten, nachdem sie in der angrenzenden Malzfabrik Schmitt fündig geworden waren. Da er diese Surrogate auch zur herbstlichen Einfütterung verwendete, kann man MEHRING ruhig zusammen mit DATHE und FREUDENSTEIN zu den Pionieren der Zuckereinfütterung zählen. Seine Fütterungsmethoden
sind übrigens Gegenstand eines Briefes, den er an Freifrau von Berlepsch
gerichtet hat! Dr. REIDENBACH aus Zweibrücken, der 1933 eine sehr sorgfältige
Arbeit über MEHRING geschrieben hat, veröffentlichte den Inhalt dieses
Briefes in der Pfälzischen Bienenzeitung. Ich zitiere daraus. "Herr
Baron von Berlepscb nennt meinen Honig Kunsthonig; möchte wissen, ob
Freifrau von Berlepsch diejenige Milch auch Kunstmilch nennt, welche durch
Stallfütterung erhalten wird? Meine Frau nicht, sie meint: Jede Milch,
die aus dem Euter einer Kuh kommt, sei Kuhmilch." An anderer
Stelle des Briefes heißt es: "Denn: Wenn ich nicht füttere, so
habe ich per Jahr etwa einen Zentner ,Gottbeschersel' zu verkaufen; bei
meiner Fütterung dagegen 18 bis 20 Zentner." |
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Mitarbeiter der Eichstätter Bienenzeitung Den zuverlässigsten Einblick in die Gedankenwelt MEHRINGs gewähren seine zahlreichen Veröffentlichungen. In einigen Fällen handelt es sich dabei um umfangreiche Artikel; meistens jedoch sind es kurze Beiträge im Stil von Leserbriefen, in denen Beobachtungen oder Erfahrungen mitgeteilt werden. Manche Berichte sind reine Werbetexte, in denen der Hersteller von Bienenzuchtgeräten seine Neuanfertigungen erklärt und empfiehlt. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß die annähernd 40 Veröffentlichungen der Jahre 1858 bis 1872 in der weit verbreiteten Eichstätter Bienenzeitung erfolgten und nicht in der Pfälzischen Bienenzeitung! |
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MEHRINGs erster Artikel erschien in der Märznummer des
Jahres 1858 unter der Überschrift "Eine auf der Tat ertappte
Bienendiebin". Hier schildert er das Verhalten einer Hausmaus, die während der Sommermonate fortgesetzt vom Flugbrett eines Volkes Bienen holte. Er begnügte sich nicht mit der Schilderung der Beobachtung. Ihn interessierte es, ob sich die Bienen einer Maus erwehren konnten. Deshalb fing er die Maus lebendig, hielt sie mit einer Flachzange am Schwanz fest und setzte sie auf das Flugbrett. |
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Die Maus wehrte
sich so geschickt, daß 12 Bienen mit ihrem Leben bezahlen mußten, ehe es
einer gelang, dem Räuber einen Stich an der Nase beizubringen. Man
erkennt die Experimentierlust MEHRINGs, eine entscheidende Voraussetzung
für seinen Erfolg. Über
die Befruchtung von Bienenköniginnen (1858) Unregelmäßige
Eiablage einer Königin (1861) Warum werden ungewöhnlich viele Völker
im Winter mutterlos? (1862)
Verzeichnis der hergestellten Geräte Im Jahre 1866 veröffentlichte
MEHRING ein Verzeichnis von Geräten, die bei ihm gefertigt und größtenteils
vorrätig gehalten wurden. Er führt 18 Geräte an, darunter Gliederstöcke,
Berlepschbeuten, Schwarmtrichter, Schwarmschachteln, Schwarmkatheter zum
Herausnehmen von Bienenvölkern aus hohlen Bäumen, Wabengabeln und Lötapparate.
Bei den Gliederstöcken handelt es sich um Bienenwohnungen, "bei
welchen jede einzelne Biene, jedes Bienenei und die Königin, sowohl bei
Tage als auch bei Nacht, besehen werden kann, ohne dem Stock im Geringsten
zu schaden oder mit den Bienen selbst in Berührung zu kommen". Mit
den Lötapparaten nebst Lot lieferte MEHRING Geräte zum Einlöten der
Mittelwände in die Rähmchen. J. Mehring, Schreinermeister Diese Anzeige erfolgte wenige
Monate nach Bekanntgabe der Erfindung der Honigschleuder durch den österreichischen
Major Franz von HRUSCHKA auf der Wanderversammlung in Brünn im September
des Jahres 1865! 1 Gliederstock zur entwickelsten Beobachtung. -1 Schwarmschachtel. -1 Sammlung von Kunsttafeln mit allen Stadien des Baus. -1 Partie neuer Kunsttafeln nebst der Form zur Anfertigung derselben. -Mehrere Kästchen zum gefahrlosen Zusetzen und ein Kästchen zum Transport der Königinnen. -2 Stück elegante und bequeme Bienenbrillen. -1 Katheter zum Herausholen von Schwärmen aus hohlen Bäumen. -1 praktische Rauchpfeife. -1 Zigarrenhalter für Nichtraucher, 1 Drohnenfalle, 1 Partie Weiselhäuschen, 1 Wabengabel, mit der keine Bienen gedrückt werden, 1 Fütterungsapparat, der die Gefahr der Raubbienen beseitigt, 1 Klötzchen zur Abhaltung der Sonnenstrahlen, 4 ausgebaute Aufsatzgläser, 1 neuer Bienenfeind, Honig- und Wachsproben. - Wie schon an anderen Orten, war MEHRING auch in Karlsruhe eine Prämiierung seiner originellen Ausstellungsstücke sicher. Man drängte sich um den angesehenen Pfälzer, dessen Artikel von bester Qualität waren; außerdem konnte man bei MEHRING immer etwas Neues finden. Die Leser der Eichstätter Bienenzeitung nahmen im Jahre 1869 eine völlig neue Aktivität des Pfälzers zur Kenntnis. In einer großen Anzeige kündigte MEHRING ein neues Bienenbuch an. Das neue
Einwesensystem |
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Auf dem Höhepunkt seines Ansehens MEHRING stand zu diesem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt seines Ansehens. Der Erfinder der Kunstwabe, der zahlreiche Ehrungen im In- und Ausland entgegengenommen hatte, trat mit einer revolutionären Idee über das Wesen des Bienenstaates an die Öffentlichkeit! |
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Ein Bienenvolk sei nicht eine große Herde von Einzelwesen, sondern ein tief ineinandergreifender tierischer Gesamtkörper, den man als "Bien" bezeichnen müsse. Seine neue Auffassung nannte er das "Einwesensystem" im Gegensatz zu den bestehenden Vorstellungen von den dreierlei Wesen Königin, Drohnen und Arbeitsbienen. Das alte sogenannte "Dreiwesensystem" könne trotz aller Anstrengungen eine Reihe von Vorgängen im Bienenvolk nicht erklären. |
Seinen "Bien" verglich
er mit einem Wirbeltier. Die älteren Bienen, die Trachtbienen, die ausfliegen
und Honig und Pollen sammeln, entsprächen den Gliedmaßen eines Wirbeltieres;
die Königin sei das weibliche Geschlechtsorgan, die Drohnen stellten männliche
Geschlechtsorgane dar, und die jungen Bienen, die fortwährend die eingetragenen
Süßen in Honig umwandelten, seien die Eingeweide.
Selbst die gefüllten Honigwaben seien Teile dieses Wesens, wie ja auch die
Schmalzlappen in den Lenden eines Schweins Teile des Tierkörpers wären.
MEHRING konnte mit dieser "Modellvorstellung", wie wir heute sagen, für
wesentliche Merkmale des Bienenstaates treffende Erklärungen finden, wie zum
Beispiel die gegenseitige Abhängigkeit der zahlreichen Bewohner eines Volkes
oder die Arbeitsteilung unter den Bienen. Aber auch für schwierige Einzelfragen
aus der Ethologie der Honigbienen fand er überraschende Lösungen. So bedürften
die jungen Bienen wie die Eingeweide eines höher organisierten Warmblütlers
nicht der nächtlichen Ruhe und Erholung, die wir als "Schlaf"
bezeichnen; dagegen fänden die alten Bienen wie die Gliedmaßen eines
Wirbeltieres zur Nachtzeit ihre Ruhe.
Das Buch stieß allgemein auf Unverständnis, und noch im Jahr des Erscheinens
veröffentlichte der als Bienenforscher angesehene schlesische Pastor SCHÖNFELD eine vernichtende Kritik
in der Eichstätter Bienenzeitung:
Dem Einwesen des Verfassers gab er den Spottnamen "Apis miraculosa
Mehringii" - Mehrings Wunderbiene! Die Idee des Pfälzers nannte er
eine merkwürdige Tollheit. Ein an sich schöner Gedanke wäre auf grob
materielle Art verhunzt worden, daß ein Bienenkenner sich darüber nur wundern
könne, einem Anfänger aber zumute werden müsse, als drehe sich ein Mühlrad
in seinem Kopfe um. "Schade um das schöne Papier und den guten
Druck." In diesem vernichtenden Urteil gipfelte die beißende Kritik
des Pastors Paul SCHÖNFELD.
MEHRING muß von diesem Mißerfolg schwer getroffen gewesen sin. Jedenfalls
stellte er die Mitarbeit in der Eichstätter Bienenzeitung weitgehend
ein. Hatte er doch in diese Schrift seine ganze geistige Energie investiert!
Bereits im Jahre 1861 hatte er an dem Buch gearbeitet, was ein Brief an den
Baron von BERLEPSCH vom 14. 4. 1861 beweist. Dort heißt es:
"Von meiner Selbstansicht über das Bienenwesen erhalten Sie seinerzeit 1
Exemplar als Gegenfreundschaft für Ihr Bienenwerk. Den Mittelweg wird das
Ding nicht gehen; entweder - oder heißt mein Grundsatz. Ich will der
Bienenzucht, dieser spröden Schönen, die Kindlein vom Leibe bringen, daß sie
in ihrer nackten Wirklichkeit dasteht."
Späte Ehrenrettung durch Pfarrer Gerstung
Eine späte Ehrenrettung des
"Einwesensystems" erfolgte im Jahre 1901 durch Pfarrer GERSTUNG. Er
gab den theoretischen Teil der Schrift MEHRINGs neu heraus im Verlag Paul
Waetzel in Freiburg im Breisgau und Leipzig und schrieb in der Einleitung:
"Indem ich den theoretischen 1. Teil des im Jahre 1869 erstmalig
erschienenen hochinteressanten Werkes des schlichten und doch so kenntnisreichen
und so scharf beobachtenden, denkenden und schließenden
Tischlermeisters J. Mehring in Frankenthal in der Rheinpfalz, des ,neuen
Einwesensystems' neu herausgebe, entledige ich mich einer Dankespflicht, welche
mir schon seit Jahren schwer auf dem Gewissen gelegen hat. Habe ich doch Mehring
ein gut Teil der Bausteine zu verdanken, aus denen sich meine organische
Auffassung des "Biens" und seiner Zucht aufbaut."
In den letzten Lebensjahren mied MEHRING das Auftreten in der Öffentlichkeit.
Seine großartige Erfindung der künstlichen Wabenmittelwand breitete sich
jedoch über die ganze Welt aus. Bereits im Jahre 1868 taucht MEHRINGs Name im
Zusammenhang mit seiner Erfindung mehrmals in einem Buch auf, das der Wiener
Arzt Ludwig Josef MELICHER unter dem Titel "Die Bienenzucht in der
Weltausstellung zu Paris im Jahre 1867' schrieb.
Daß schließlich andere den finanziellen Gewinn aus seiner Erfindung zogen, dürfte
ihn nicht sehr bewegt haben. Eigenschaften, die er schätzte, verrät er in dem
Wahlspruch, den er seinem "Einwesensystem" vorangesetzt hat:
Einfachheit und
Wahrheit
sind die Fundamentalgesetze
der Weltenordnung.
J. Mehring
Am 24. November 1878 starb Johannes
MEHRING im Alter von 63 Jahren, nach verläßlichen Angaben an einem
Magenleiden. Seine Frau Barbara Mehring geborene Wehe, die die Sterbeurkunde
unterschrieb, gab als Beruf ihres verstorbenen Gatten "Bienenzüchter"
an.
Kein anspruchsvolles Lehrbuch der Imkerei ist nach seinem Tode geschrieben
worden, in dem nicht erinnert wird an Johannes MEHRING aus Frankenthal, der mit
seiner künstlichen Wabenmittelwand eines der wesentlichen Elemente rationeller
Imkerei erfunden hat.
Anschrift des Verfassers: Dr. Fritz Kaiser Bahnhofstraße 26, 6501 Ober-Olm
Quellenangabe: ADIZ Allgemeine Deutsche Imkerzeitung - Mai 1978 - Herausgegeben vom Delta-Verlag KG - Seite 129 ff