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11.12.2008    17:13 Uhr
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Fall Zumwinkel

Dornen für die Staatsanwältin

Zu jedem dieser drei Fälle gibt es bei näherer Betrachtung der Personalie Lichtinghagen Parallelen, und doch sind die Bochumer Verhältnisse auch wieder völlig anders. Lichtinghagen verkörpert für ihre meist männlichen Kontrahenten offenbar die nicht mehr steuerbare, stets streitbare Frau. Ein Apparat hat auch eine Seele und vor allem hat er eine Hierarchie, die zumindest respektiert werden möchte. Die Vorwürfe, die ihr gemacht werden, kann nur jemand verstehen, der das Innenleben solcher Einrichtungen kennt.

Alle Beteiligten lehnen übrigens Stellungnahmen ab. Die Staatsanwältin habe, heißt es, die Anklage gegen Zumwinkel zu Gericht gegeben, ohne ihre Dienstvorgesetzten rechtzeitig darüber zu unterrichten. Die erste Anklage im Liechtenstein-Verfahren, die sich gegen einen Homburger Unternehmer richtete, sei von ihr vorschnell erhoben worden. Sie diskutiere die Fälle nicht mehr mit ihren Vorgesetzten. Auch wäre es besser gewesen, so die Sicht des Amtes, wenn zunächst ein Angeklagter aus dem Großraum Bochum auf die Anklagebank gekommen wäre.

Unter Anwälten und auch Staatsanwälten wird heftig diskutiert, ob die Bochumer wirklich für alle Liechtenstein-Verfahren zuständig sind. Außerdem soll ein Vermerk, in dem ihr ein Vorgesetzter angeblich "rechtswidrige Machenschaften" vorwirft, im Düsseldorfer Justizministerium gelandet sein, um den Vorgesetzten bloßzustellen. Zudem sollen Lichtinghagen angebliche Durchstechereien an die Medien vorgehalten worden sein.


Egal ob die Vorwürfe berechtigt sind oder nicht, der Unmut in der Behörde über die Star-Staatsanwältin, die mit den anderen angeblich nicht über ihre Arbeit diskutieren mag, war latent schon eine Weile da. Ihre Lage verschlechterte sich rapide, als sich vor kurzem ihr Abteilungsleiter Eduard Güroff, der im Januar 65 Jahre alt wird, verabschiedete und in den Kosovo wechselte. "Ede", wie sie ihn nannten, hatte seine Hand über sie gehalten.

Behördenkrieg in Bochum

Was eine Versetzung der Staatsanwältin für das Liechtenstein-Verfahren bedeuten würde, ist noch nicht klar. Sicher ist für diesen Fall nur, dass sie nicht mehr die Anklägerin im Prozess gegen Zumwinkel im Januar sein wird. Bei genauerem Hinsehen sind die knapp 800 Liechtenstein-Verfahren eigentlich nur in Bochum gelandet, weil es dort Margrit Lichtinghagen gibt, die zu Beginn ihrer Karriere Sachgebietsleiterin bei der Steuerfahndung Essen war und von den ehemaligen Kollegen der Fahndung immer noch verehrt wird.

Auch die Wuppertaler Steuerfahndung, die von einem untreuen Angestellten der Fürstenbank LGT aus Liechtenstein die DVDs mit den Unterlagen über die reichen Steuerhinterzieher erhielt, hatte bei der Suche nach einer Staatsanwaltschaft eigentlich freie Wahl, auch hier zog wohl der Lichtinghagen-Faktor.

Behördenkrieg in Bochum: Die Büros der beiden anderen Staatsanwälte, die den Liechtenstein-Komplex aufarbeiten, sollen zwischenzeitlich verlegt worden sein. Nur weit weg von Margrit Lichtinghagen ist derzeit die Devise, als habe die Dame eine ansteckende Krankheit.


(SZ vom 12.12.2008/tob)

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Leserkommentare (93)



12.12.2008 18:37:52

Expat: @hellbellt: BRAVO

für Ihren Beitrag v.12.20, auch wenn ich jetzt mit Tomaten beworfen werde.

Als Beamtin hat sich diese Dame gewissen Dienstvorschriften unterworfen, die sie wohl - so entnehme ich das den ihr gemachten Vorwürfen - nicht eingehalten hat. Es wäre ihr ja freigestanden, die Beamtenlaufbahn nicht anzutreten...Wenn man aber Beamtin ist, muß man sich halt auch an die Spielregeln halten.Inwiefern es zum Beispiel notwendig bzw. gerechtfertigt war, zwecks Genuß des bundesweiten Rampenlichts die Presse bei der "Abführung" von Herrn Zumwinkel zu informieren, die mit gezückter Kamera bereitstand, hat sich mir z.B. nie erschlossen.


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