Auch die VVN forderte am Samstag vor dem Innenministerium in München schärferes Vorgehen gegen Neonazis
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Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat einen länderübergreifenden Vorstoß für ein NPD-Verbot angekündigt. Als Anlaß nannte Seehofer in Bild am Sonntag den offenbar von Neonazis verübten Mordversuch am Passauer Polizeichef Alois Mannichl. »Wir müssen der rechtsextremistischen Krake jetzt Paroli bieten«, erklärte Seehofer. Die Innenminister Bayerns und von Rheinland-Pfalz würden demnächst Vorschläge für eine Bundesratsinitiative vorlegen. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) unterstützte Seehofers Vorstoß.
Vorschläge für Gesetzesänderungen stellte der Berichterstatter aus dem ersten NPD-Verbotsverfahren, Exverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch, am Samstag in der Süddeutschen Zeitung vor. Jentsch bezeichnete die gesetzliche Regelung zum Parteienverbot als »Instrument, das schlecht gewartet ist.« Er trat für Vereinfachungen ein und wies darauf hin, daß bei zwei der acht Richter des Zweiten Senats die Amtszeit 2010 ende. Diese dürften für ein laufendes Verfahren nicht durch neue Richter ersetzt werden. Gleichzeitig verlange aber das Gesetz sechs Richterstimmen für ein Parteiverbot. Es bestehe daher die Gefahr, daß bis zu einer Entscheidung über einen neuen Verbotsantrag der Senat auf sechs Richter reduziert sei und dann einstimmig entscheiden müsse. Dies sei eine unangemessen hohe Hürde.
Daher stellt Jentsch das Erfordernis der Drei-Viertel-Mehrheit für Parteiverbote als »eine ungewöhnlich hohe Meßlatte« in Frage. Die einfache Mehrheit müsse ausreichen. Zumindest müsse der Gesetzgeber dafür sorgen, daß der Spruchkörper für die Dauer des Prozesses mit acht Richtern Bestand habe. »Dies kann erreicht werden, wenn Richter, die im Verlauf des Verfahrens ausscheiden müssen, bezüglich dieses Verfahrens im Amt bleiben«, regte Jentsch an.
Der Staat müsse vor einem neuen Verbotsantrag seine V-Leute aus den Führungsgremien der NPD abziehen. Zudem seien die Quellen offenzulegen, damit das Gericht die Beweismittel einschätzen könne. Jentsch deutet aber an, daß sich das Verfassungsgericht damit zufrieden geben könnte, »brisante Quellen nur dem Gericht, aber nicht dem Antragsgegner und der Öffentlichkeit zu offenbaren.« Hierzu gebe es noch keine gefestigte Rechtsprechung.
Trotz dieser Hinweise eines maßgeblichen Juristen zeigte sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) skeptisch. »Wir dürfen nicht ein Verbotsverfahren gegen die NPD beantragen, ohne sicher zu sein, daß wir es auch gewinnen können«, erklärte er in Bild am Sonntag.
Dagegen forderte der DGB ein härteres Vorgehen gegen die NPD. Ein Verbot sei »überfällig«, betonte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Sonntag gegenüber ddp. Es sei ein Skandal, daß die NPD »ihre verfassungsfeindliche Propaganda durch die Wahlkampfkostenerstattung auch noch mit Steuergeldern finanzieren kann.« Dies sei »steuerbegünstigter Nationalsozialismus.« Der DGB werde nicht lockerlassen, um die »nationalistische und antisemitische Ideologie sichtbar zu machen.« So werde der DGB den am 13. Februar 2009 in Dresden von den Rechtsextremen geplanten Auftakt zum Europawahlkampf verhindern und unter dem Motto »GehDenken« gegen Nationalismus demonstrieren.
Schon vorher wird sich auf Antrag der Fraktion Die Linke der Innenausschuß des Bundestages in seiner ersten Sitzung nach der Weihnachtspause mit dem Thema befassen. Die Linke hat von der Regierung einen Bericht über die Auswertung des Materials angefordert, das die Verfassungsschutzämter bei der Beobachtung der NPD zusammengetragen haben. Ferner beantragt die Linke den sofortigen Rückzug der V-Leute aus der NPD, damit ein neues Verbotsverfahren erfolgversprechend durchgeführt werden kann.