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M. TULLI CICERONIS
IN L. CATILINAM ORATIO TERTIA
HABITA AD POPULUM |
M. TULLIUS CICERO
DRITTE REDE GEGEN L.CATILINA
VOR DEM VOLK GEHALTEN |
(3,1) Rem publicam,
Quirites, vitamque omnium vestrum, bona, fortunas, coniuges liberosque
vestros atque hoc domicilium clarissimi imperi, fortunatissimam pulcherrimamque
urbem, hodierno die deorum immortalium summo erga vos amore, laboribus,
consiliis, periculis meis e flamma atque ferro ac paene ex faucibus
fati ereptam et vobis conservatam ac restitutam videtis. |
1. Den Staat, Quiriten,
und euer aller Leben, Vermögen, Wohlstand, eure Gattinnen und
Kinder, und diesen Sitz des ruhmvollsten Reiches, diese hochbeglückte
und herrliche Stadt seht ihr am heutigen Tag, durch die hohe Liebe
der unsterblichen Götter für euch, durch meine Anstrengungen,
Ratschläge und die von mir bestandenen Gefahren aus Mord und
Brand, beinahe aus dem Rachen des Schicksals gerissen, gerettet und
euch wieder geschenkt. |
(3,2)
Et si non minus nobis iucundi atque inlustres sunt ii dies, quibus
conservamur, quam illi quibus nascimur, quod salutis certa laetitia
est, nascendi incerta condicio, et quod sine sensu nascimur, cum voluptate
servamur, profecto, quoniam illum, qui hanc urbem condidit, ad deos
immortalis benivolentia famaque sustulimus, esse apud vos posterosque
vestros in honore debebit is, qui eandem hanc urbem conditam amplificatamque
servavit. Nam toti urbi, templis, delubris, tectis ac moenibus subiectos
prope iam ignis circumdatosque restinximus, idemque gladios in rem
publicam destrictos rettudimus mucronesque eorum a iugulis vestris
deiecimus. |
Wenn die Tage der Rettung für
uns nicht minder erfreulich und festlich sind als die Tage der Geburt,
weil das frohe Bewusstsein der Erhaltung etwas sicheres, das Los der
Geburt aber unsicher ist, und weil wir ohne Gefühl für uns
selbst geboren werden, aber die Wonne der Rettung empfinden, so hat,
da wir den Stifter dieser Stadt durch dankbaren Nachruhm zu den unsterblichen
Göttern erhoben haben, derjenige gewiss Anspruch auf euer und
eurer Nachkommen ehrendes Andenken, der eben diese Stadt, nachdem
sie gegründet und emporgewachsen war, gerettet hat. Denn den
um die ganze Stadt, um Tempel, Heiligtümer, Wohnungen und Mauern
fast schon gelegten und ringsum vorbereiteten Brand haben wir gelöscht;
wir sind es auch, die die gegen die Republik schon gezückten
Schwerter zurückgestoßen, und ihre Spitzen von eurem Nacken
abgewendet haben. |
(3,3) Quae
quoniam in senatu inlustrata, patefacta, comperta sunt per me, vobis
iam exponam breviter, ut et quanta et quam manifesta et qua ratione
investigata et comprehensa sint, vos, qui et ignoratis et exspectatis,
scire possitis. |
Weil dies nun im Senat
durch mich ans Licht gebracht, entdeckt und erkundet wurde, will ich
es euch, Quiriten, in
Kürze darstellen, damit ihr, die ihr es noch nicht wisst und
voll Erwartung seid, euch überzeugen könnt, wie wichtig
die Sache ist, wie offenbar und auf welchem Weg sie ausgeforscht und
entdeckt wurde. |
Principio, ut Catilina paucis ante diebus
erupit ex urbe, cum sceleris sui socios huiusce nefarii belli acerrimos
duces Romae reliquisset, semper vigilavi et providi, Quirites, quem
ad modum in tantis et tam absconditis insidiis salvi esse possemus.
Nam tum, cum ex urbe Catilinam eiciebam - non enim iam vereor huius
verbi invidiam, cum illa magis sit timenda, quod vivus exierit - ,
sed tum, cum illum exterminari volebam, aut reliquam coniuratorum
manum simul exituram aut eos, qui restitissent infirmos sine illo
ac debilis fore putabam. |
Von Anfang an, seit Catilina
vor wenigen Tagen aus der Stadt entwichen war, nachdem er die Genossen
seines Frevels, die tätigen Häupter in diesem verbrecherischen
Krieg zurückgelassen hatte, habe ich, Quiriten,
unablässig darüber gewacht und dafür gesorgt, wie wir
uns bei so mächtigen und geheimen Nachstellungen retten könnten.
2. Damals nämlich, als ich den Catilina
aus der Stadt vertrieben (denn ich fürchte jetzt das Gehässige
dieses Ausdrucks nicht mehr, da ich eher den Vorwurf zu fürchten
habe, dass er lebend entkommen sei) - damals vielmehr, als ich wünschte,
dass er entfernt würde, glaubte ich, dass entweder die übrige
Bande der Verschwörer mit ihm fortziehen oder dass die Zurückbleibenden
ohne ihn kraftlos und schwach wären. |
(3,4) Atque
ego, ut vidi, quos maximo furore et scelere esse inflammatos sciebam,
eos nobiscum esse et Romae remansisse, in eo omnis dies noctesque
consumpsi, ut, quid agerent, quid molirentur, sentirem ac viderem,
ut, quoniam auribus vestris propter incredibilem magnitudinem sceleris
minorem fidem faceret oratio mea, rem ita comprehenderem, ut tum demum
animis saluti vestrae provideretis, cum oculis maleficium ipsum videretis.
Itaque, ut comperi legatos Allobrogum belli Transalpini et tumultus
Gallici excitandi causa a P. Lentulo esse sollicitatos eosque in Galliam
ad suos civis eodemque itinere cum litteris mandatisque ad Catilinam
esse missos comitemque eis adiunctum esse T. Volturcium atque huic
esse ad Catilinam datas litteras, facultatem mihi oblatam putavi,
ut, quod erat difficillimum quodque ego semper optabam ab dis immortalibus,
tota res non solum a me, sed etiam a senatu et a vobis manifesto deprenderetur. |
Da ich nun sah, dass diejenigen, von denen
ich wusste, dass sie von der größten Leidenschaftlichkeit
des Verbrechens entflammt seien, sich unter uns befinden und zu Rom
zurückgeblieben sind, so war ich Tag und Nacht damit beschäftigt,
zu erfahren und zu sehen, womit sie umgingen und was sie trieben,
damit, weil mein Vortrag bei der unbegreiflichen Größe
des Verbrechens vor euren Ohren zu wenig Glauben fand, ihr dann endlich
für eure Rettung von Herzen besorgt sein möchtet, wann ihr
die Missetat mit eigenen Augen gesehen hättet. Als ich daher
in Erfahrung gebracht hatte, dass Publius
Lentulus die Gesandten der Allobroger
zu verleiten gesucht hatte, einen Krieg jenseits der Alpen und einen
Aufruhr in Gallien anzustiften,
und dass sie nach Gallien
an ihre Mitbürger und zugleich für die Durchreise an Catilina
schriftliche Aufträge erhalten hatten und dass als Begleiter
ihnen Titus Volturcius
beigegeben und diesem auch Briefe für Catilina
anvertraut wurden, so glaubte ich, eine Gelegenheit gefunden zu haben,
dass die ganze Sache, was sehr schwierig war und was ich mir immer
von den unsterblichen Göttern erbat, nicht allein von mir, sondern
auch vom Senat und von
euch offen entdeckt werden könne. |
(3,5) Itaque
hesterno die L. Flaccum et C. Pomptinum praetores, fortissimos atque
amantissimos rei publicae viros, ad me vocavi, rem exposui, quid fieri
placeret ostendi. Illi autem, qui omnia de re publica praeclara atque
egregia sentirent, sine recusatione ac sine ulla mora negotium susceperunt
et, cum advesperasceret, occulte ad pontem Mulvium pervenerunt atque
ibi in proximis villis ita bipertito fuerunt ut Tiberis inter eos
et pons interesset. Eodem autem et ipsi sine cuiusquam suspicione
multos fortis viros eduxerant, et ego ex praefectura Reatina compluris
delectos adulescentis quorum opera utor adsidue in rei publicae praesidio
cum gladiis miseram. |
Daher berief ich gestern die Prätoren
Lucius
Flaccus und Gaius Pomptinus,
sehr entschlossene und Vaterlands liebende Männer, zu mir, unterrichtete
sie von der ganzen Sache und erklärte ihnen, was nach meinem
Beschluss geschehen sollte. Sie aber, erfüllt von edlen und rühmlichen
Gesinnungen gegen die Republik, übernahmen den Auftrag ohne Weigerung
und ohne alles Zögern, verfügten sich, als es Abend wurde,
insgeheim zu der Mulvischen Brücke und verteilten sich in zwei
Abteilungen so in den nächsten Landhäuser, dass der Tiber
und die Brücke zwischen ihnen lag. Eben dahin nahmen sie aber
auch, ohne dass bei jemandem Verdacht erregte, viele tapfere Männer
mit; auch hatte ich mehrere auserlesene Jünglinge aus der Statthalterschaft
Reate, deren Dienste ich in öffentlichen Angelegenheiten beständig
gebrauche, mit Schwertern bewaffnet ihnen zur Deckung gesandt. |
(3,6) Interim
tertia fere vigilia exacta, cum iam pontem Mulvium magno comitatu
legati Allobroges ingredi inciperent unaque Volturcius, fit in eos
impetus; ducuntur et ab illis gladii et a nostris. Res praetoribus
erat nota solis, ignorabatur a ceteris.
Tum interventu Pomptini atque Flacci pugna, quae erat commissa, sedatur.
Litterae, quaecumque erant in eo comitatu, integris signis praetoribus
traduntur; ipsi comprehensi ad me, cum iam dilucesceret, deducuntur.
Atque horum omnium scelerum improbissimum machinatorem, Cimbrum Gabinium,
statim ad me nihil dum suspicantem vocavi; deinde item arcessitus
est L. Statilius et post eum Cethegus; tardissime autem Lentulus venit,
credo quod in litteris dandis praeter consuetudinem proxima nocte
vigilarat. |
Als indessen die dritte Nachtwache beinahe
verflossen war, und die Gesandten der Allobroger
mit großem Gefolge und mit ihnen Volturcius
bereits die Mulvische Brücke zu betreten anfingen, wurden sie
angegriffen: sie und unsere Leute zogen die Schwerter. Die Prätoren
allein wussten um die Sache, den anderen was sie unbekannt.
3. Dann wurde durch das Dazwischentreten des Pomptinus
und Flaccus
dem schon begonnenen Gefecht Einhalt geboten. Alle Briefe, die sich
bei dem Gefolge fanden, wurden mit unverletzten Siegeln den Prätoren
übergeben. Die Gefangenen wurden mit Einbruch der Morgendämmerung
vor mich gebracht. Nun ließ ich sogleich den Cimber
Gabinius, diesen höchste ruchlosen Urheber aller verbrecherischen
Pläne, der noch nichts ahnte, zu mir rufen. Dann wurde gleichfalls
Lucius Statilius,
und nach ihm Gaius
Cethegus zu mir geholt. Am spätesten kam Lentulus,
wahrscheinlich, weil er wegen der Abfassung der Briefe in der letzten
Nacht gegen seine Gewohnheit zu wenig geschlafen hatte. |
(3,7) Cum summis
et clarissimis huius civitatis viris, qui audita re frequentes ad
me mane convenerant, litteras a me prius aperiri quam ad senatum deferri
placeret, ne, si nihil esset inventum, temere a me tantus tumultus
iniectus civitati videretur, negavi me esse facturum, ut de periculo
publico non ad consilium publicum rem integram deferrem. Etenim, Quirites,
si ea, quae erant ad me delata, reperta non essent, tamen ego non
arbitrabar in tantis rei publicae periculis esse mihi nimiam diligentiam
pertimescendam. |
Obwohl nun die größten und angesehensten
Männer Roms, die auf die Nachricht hiervon morgens früh
in großer Zahl sich bei mir einfanden, meinten, die Briefe sollten
von mir eröffnet werden, bevor man sie dem Senat
vorlege, damit man nicht, wenn nichts entdeckt würde, sagen könne,
ich hätte ohne Grund einen solchen Lärm unter der Bürgerschaft
erregt, erklärte ich doch, ich könne mich bei einer Gefahr
für den Staat nicht entschließen, die Sache anders als
ganz unberührt dem Rat des Staates vorzulegen. Denn wenn sich
auch das, was mir hinterbracht worden war, nicht bestätigt hätte,
so glaubte ich doch, bei einer so dringenden Gefahr für den Staat
den Vorwurf einer übertriebenen Sorgfalt nicht scheuen zu dürfen.
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(3,8) Senatum
frequentem celeriter, ut vidistis, coegi. Atque interea statim admonitu
Allobrogum C. Sulpicium praetorem, fortem virum, misi, qui ex aedibus
Cethegi, si quid telorum esset, efferret; ex quibus ille maximum sicarum
numerum et gladiorum extulit. Introduxi Volturcium sine Gallis; fidem
publicam iussu senatus dedi; hortatus sum, ut ea, quae sciret, sine
timore indicaret. Tum ille dixit, cum vix se ex magno timore recreasset,
a P. Lentulo se habere ad Catilinam mandata et litteras, ut servorum
praesidio uteretur, ut ad urbem quam primum cum exercitu accederet;
id autem eo consilio, ut, cum urbem ex omnibus partibus, quem ad modum
descriptum distributumque erat, incendissent caedemque infinitam civium
fecissent, praesto esset ille, qui et fugientis exciperet et se cum
his urbanis
ducibus coniungeret. |
Ich versammelte, wie ihr gesehen habt,
schnell den Senat, der
sich zahlreich einfand. Inzwischen sandte ich sogleich auf die von
den Allobrogern mir
gegebene Weisung den Prätor
Gaius Sulpicius,
einen entschlossenen Mann, in die Wohnung des Cethegus,
um dort, was er an Waffen fände, zu holen. Er nahm da eine sehr
große Menge von Dolchen und Schwertern weg. 4. Ich ließ
nun Volturcius
ohne die Gallier vorfordern,
leistete ihm mit Genehmigung des Senats
im Namen des Staates für seine Sicherheit Gewähr und ermahnte
ihn, was er wisse, ohne Furcht anzuzeigen. Nachdem er sich von seinem
großen Schrecken mit Mühe erholt hatte, gab er an, er habe
Aufträge und Briefe von Publius
Lentulus an Catilina.
Dieser solle sich der Waffenhilfe der Sklaven bedienen und baldmöglichst
mit seinem Heer gegen die Stadt rücken , und zwar in der Absicht,
dass er, wenn sie die Stadt von allen Seiten entsprechend der Verabredung
und Verteilung der Rollen in Brand gesteckt und eine unendliche Zahl
von Bürgern ermordet hätten, er bei der Hand wäre,
um die Fliehenden aufzufangen und sich mit diesen Anführern in
der Stadt zu vereinigen. |
(3,9)
Introducti autem Galli ius iurandum sibi et litteras a P. Lentulo,
Cethego, Statilio ad suam gentem datas esse dixerunt, atque ita sibi
ab his et a L. Cassio esse praescriptum, ut equitatum in Italiam quam
primum mitterent; pedestris sibi copias non defuturas. Lentulum autem
sibi confirmasse ex fatis Sibyllinis haruspicumque responsis se esse
tertium illum Cornelium, ad quem regnum huius urbis atque imperium
pervenire esset necesse: Cinnam ante se et Sullam fuisse. Eundemque
dixisse fatalem hunc annum esse ad interitum huius urbis atque imperii,
qui esset annus decimus post virginum absolutionem, post Capitoli
autem incensionem vicesimus. |
Nun wurden die Gallier
vorgeführt, die aussagten, sie hätten von Lentulus,
Cethegus
und Statilius
eine eidesstattliche Versicherung und Briefe an ihr Volk empfangen
und es sei ihnen von diesen und von Lucius
Cassius die Vorschrift erteilt worden, sobald als möglich
Reiterei nach Italien zu schicken; an Fußtruppen würde
es ihnen nicht fehlen. Lentulus
aber habe ihnen aus den sibyllinischen
Orakelsprüchen und den Antworten der Opferschauer
die Versicherung gegeben, er sei jener dritte Cornelius,
an den die königliche Herrschaft und der Oberbefehl über
diese Stadt notwendig kommen müsse: Cinna
und Sulla
seien vor ihm dagewesen. Der selbe habe auch geäußert,
dieses Jahr sei zum Untergang dieser Stadt und des Reiches vom Schicksal
bestimmt; es sei das zehnte seit der Lossprechung der vestalischen
Jungfrauen, und das zwanzigste seit dem Brand des Kapitols.
|
(3,10)
Hanc autem Cethego cum ceteris controversiam fuisse dixerunt, quod
Lentulo et aliis Saturnalibus caedem fieri atque urbem incendi placeret,
Cethego nimium id longum videretur.
Ac ne longum sit, Quirites, tabellas proferri iussimus, quae a quoque
dicebantur datae. Primo ostendimus Cethego: signum cognovit. Nos linum
incidimus; legimus. Erat scriptum ipsius manu Allobrogum senatui et
populo sese, quae eorum legatis confirmasset, facturum esse; orare,
ut item illi facerent, quae sibi eorum legati recepissent. Tum Cethegus,
qui paulo ante aliquid tamen de gladiis ac sicis, quae apud ipsum
erant deprehensa, respondisset dixissetque se semper bonorum ferramentorum
studiosum fuisse, recitatis litteris debilitatus atque abiectus conscientia
repente conticuit. Introductus Statilius cognovit et signum et manum
suam. Recitatae sunt tabellae in eandem fere sententiam; confessus
est. Tum ostendi tabellas Lentulo et quaesivi, cognosceretne signum.
Adnuit. "Est vero", inquam, "notum quidem signum, imago
avi tui, clarissimi viri, qui amavit unice patriam et civis suos;
quae quidem te a tanto scelere etiam muta revocare debuit." |
Cethegus
aber sei mit den übrigen nur darüber im Streit gewesen,
dass Lentulus
und andere im Sinne gehabt hätten, das Blutvergießen und
der Brand in der Stadt solle an den Saturnalien
beginnen; dem Cethegus
sei diese Frist zu lang vorgekommen.
5. Nun - um mich kurz zu fassen - Quiriten,
ließ ich die Briefe vorlegen, die, wie die Aussage lautete,
von jedem abgegeben worden waren. Zuerst zeigten wir dem Cethegus
sein Siegel: Er erkannte es an. Wir schnitten den Faden auf und lassen.
Da stand von seiner Hand geschrieben an den Senat
und an das Volk der Allobroger,
er werde tun, was er ihren Gesandten zugesichert habe: er bitte auch,
sie möchten halten, wozu ihre Gesandten sich verpflichtet hätten.
Cethegus
hatte einen Augenblick vorher etwas wegen der Schwerter und Dolche,
die man bei ihm vorgefunden hatte, erwidert und gesagt, gute Eisenwaren
seien immer seine Liebhaberei gewesen; aber nun nach Verlesung des
Briefes war er ganz entmutigt, niedergeschlagen, durch sein Gewissen
überführt und verstummte plötzlich. Jetzt wurde Statilius
hereingeführt: Er erkannte sein Siegel und seine Handschrift
an. Die Briefe von ungefähr gleichem Inhalt wurden verlesen;
er gestand. Dann zeigte ich die Schriften dem Lentulus
und fragte, ob er das Siegel anerkenne; er bejahte es. "Das ist
ja", sagte ich, "ein bekanntes Siegel, das Bild deines Ahnherrn,
dieses hochberühmten Mannes, der sein Vaterland und seine Mitbürger
einzig liebte; schon dieses stumme Bild hätte die ich von einem
so großen Frevel zurückhalten sollen!" |
(3,11) Leguntur
eadem ratione ad senatum Allobrogum populumque litterae. Si quid de
his rebus dicere vellet, feci potestatem. Atque ille primo quidem
negavit; post autem aliquanto, toto iam indicio exposito atque edito,
surrexit, quaesivit a Gallis quid sibi esset cum eis, quam ob rem
domum suam venissent, itemque a Volturcio. Qui cum illi breviter constanterque
respondissent, per quem ad eum quotiensque venissent, quaesissentque
ab eo, nihilne secum esset de fatis Sibyllinis locutus, tum ille subito
scelere demens, quanta conscientiae vis esset, ostendit. Nam, cum
id posset infitiari, repente praeter opinionem omnium confessus est.
Ita eum non modo ingenium illud et dicendi exercitatio, qua semper
valuit, sed etiam propter vim sceleris manifesti atque deprehensi
impudentia, qua superabat omnis, improbitasque defecit. |
Es wurde nun auf die selbe Weise sein Schreiben
an den Senat und das
Volk der Allobroger
vorgelesen. Ich erlaubte ihm zu reden, wenn er hierüber etwas
zu sagen habe. Der leugnete anfangs. Einen Augenblick nachher, als
die ganze Aussage schon vorgelegt und erhoben war, stand er auf, und
fragte die Gallier, was
er mit ihnen zu schaffen habe, warum sie in sein Haus gekommen seien,
ebenso auch den Volturcius.
Als diese ihm kurz und standhaft antworteten, durch wen und wie oft
sie zu ihm gekommen waren, und ihn fragten, ob er nichts von den sibyllinischen
Sprüchen mit ihnen geredet habe, verriet er plötzlich, durch
seinen Frevel der Besinnung beraubt, wie groß die Macht des
Gewissens ist. Denn obwohl er es hätte leugnen können, gestand
er doch plötzlich gegen aller Erwartung. So verließ ihn
nicht allein sein Talent und seine Redefertigkeit, worin er immer
stark war, sondern auch, weil er von dem Eindruck der Entdeckung des
offenbaren Verbrechens überwältigt war, jene Unverschämtheit
und Frechheit, worin er es allen zuvortat. |
(3,12) Volturcius
vero subito litteras proferri atque aperiri iubet, quas sibi a Lentulo
ad Catilinam datas esse dicebat. Atque ibi vehementissime perturbatus
Lentulus tamen et signum et manum suam cognovit. Erant autem sine
nomine, sed ita: "Quis sim, scies ex eo, quem ad te misi. Cura,
ut vir sis, et cogita, quem in locum sis progressus. Vide, ecquid
tibi iam sit necesse, et cura, ut omnium tibi auxilia adiungas, etiam
infimorum." Gabinius deinde introductus, cum primo impudenter
respondere coepisset, ad extremum nihil ex eis, quae Galli insimulabant,
negavit. |
Volturcius
aber verlangte plötzlich, man solle den Brief vorzeigen und öffnen,
den, wie er behauptete, Lentulus
ihm an Catilina
gegeben habe. Da wurde Lentulus
aufs heftigste erschüttert. Doch erkannte er seine Hand und seine
Siegel an. Der Brief war übrigens ohne Namen, aber folgenden
Inhalts: "Wer ich bin, wirst du von dem erfahren, den ich dir
sende. Sei ein Mann und bedenke, wie weit du gegangen bist, und erwäge,
was dir jetzt zu tun ist. Suche dir von allen ohne Unterschied, auch
von den geringsten Leuten, Hilfe zu verschaffen!" Hierauf wurde
Gabinius
vorgeführt, und nachdem er anfangs unverschämte Antworten
gegeben hatte, leugnete er am Ende nichts mehr von dem, wessen die
Gallier ihn beschuldigten.
|
(3,13) Ac
mihi quidem, Quirites, cum illa certissima visa sunt argumenta atque
indicia sceleris, tabellae, signa, manus, denique unius cuiusque confessio,
tum multo certiora illa: color, oculi, voltus, taciturnitas. Sic enim
obstupuerant, sic terram intuebantur, sic furtim non numquam inter
sese aspiciebant, ut non iam ab aliis indicari, sed indicare se ipsi
viderentur. |
Mir, Quiriten,
erschienen nun als ganz sichere Beweise und Anzeichen des Frevels
nicht allein jene Briefe, Siegel, Handschrift, endlich das Geständnis
eines jeden, sondern als noch viel sicherer die Farbe, die Blicke,
die Miene, das Schweigen. Denn sie waren so bestürzt, sie blickten
so auf den Boden, sie sahen einander manchmal so verstohlen an, dass
sie nicht mehr von anderen verraten zu sein, sondern sich selbst zu
verraten schienen. |
Indiciis expositis atque editis, Quirites,
senatum consului, de summa re publica quid fieri placeret. Dictae
sunt a principibus acerrimae ac fortissimae sententiae, quas senatus
sine ulla varietate est secutus. Et quoniam nondum est perscriptum
senatus consultum, ex memoria vobis, Quirites, quid senatus censuerit,
exponam. |
6. Nachdem die Anzeichen vorgelegt und
erhoben waren, Quiriten,
fragte ich den Senat,
was man in dieser das Gesamtwohl des Staates betreffenden Sache zu
tun gedenke. Von den ersten Männern wurden nachdrückliche
und mutvolle Abstimmungen gegeben, denen sich der Senat
ohne irgendeinen Widerspruch anschloss. Weil der Senatsbeschluss noch
nicht schriftlich abgefasst ist, will ich euch, Quiriten,
aus dem Gedächtnis mitteilen, was der Senat
beschlossen hat. |
(3,14) Primum
mihi gratiae verbis amplissimis aguntur, quod virtute, consilio, providentia
mea res publica maximis periculis sit liberata. Deinde L. Flaccus
et C. Pomptinus praetores, quod eorum opera forti fidelique usus essem,
merito ac iure laudantur. Atque etiam viro forti, conlegae meo, laus
impertitur, quod eos, qui huius coniurationis participes fuissent,
a suis et a rei publicae consiliis removisset. Atque ita censuerunt,
ut P. Lentulus, cum se praetura abdicasset, in custodiam traderetur;
itemque uti C. Cethegus, L. Statilius, P. Gabinius, qui omnes praesentes
erant, in custodiam traderentur; atque idem hoc decretum est in L.
Cassium, qui sibi procurationem incendendae urbis depoposcerat, in
M. Ceparium, cui ad sollicitandos pastores Apuliam attributam esse
erat indicatum, in P. Furium, qui est ex eis colonis, quos Faesulas
L. Sulla deduxit, in Q. Annium Chilonem, qui una cum hoc Furio semper
erat in hac Allobrogum sollicitatione versatus, in P. Umbrenum, libertinum
hominem, a quo primum Gallos ad Gabinium perductos esse constabat.
Atque ea lenitate senatus est usus, Quirites, ut ex tanta coniuratione
tantaque hac multitudine domesticorum hostium novem hominum perditissimorum
poena re publica conservata reliquorum mentis sanari posse arbitraretur. |
Zuerst wurde mir in sehr ehrenvollen Ausdrücken
Dank bezeugt, dass durch meinen Mut, meine Klugheit und Vorsorge die
Republik aus so großen Gefahren gerettet worden sei; dann wurden
die Prätoren Lucius
Flaccus und Gaius Pomptinus
mit vollem Recht gelobt, wegen der entschlossenen und treuen Dienste,
die sie mir geleistet hatten; auch meinem wackeren Amtsgenossen
wurde ein Lob erteilt, weil er die Teilnehmer der Verschwörung
von seinen und den öffentlichen Beratungen fern gehalten hatte.
Nun beschlossen sie ferner, dass Publius
Lentulus, nachdem er die Prätur
niedergelegt hatte, in Gewahrsam gebracht, und dass gleichfalls Gaius
Cethegus, Lucius
Statilius, Publius
Gabinius, die alle zugegen waren, in Gewahrsam genommen werden
sollten. Derselbe Beschluss wurde gegen Lucius
Cassius gefasst, der den Auftrag zur Brandstiftung in der Stadt
für sich verlangt hatte. Gegen Marius
Caeparius, von dem angezeigt war, dass ihm zur Aufwiegelung der
Hirten Apulien angewiesen worden war, gegen Publius
Furius, der zu den Ansiedlern gehört, die Lucius
Sulla nach Faesulae
verpflanzten hatte, gegen Quintus
Annius Chilo, der mit diesem Furius
in Gemeinschaft beständig bei jenen Versuchen, die Allobrogern
zum Abfall zu verleiten, gebraucht worden war, gegen Publius
Umbrenus, einen Freigelassenen, von dem bekannt war, dass er zuerst
die Gallier zu Gabinius
hingeführt hatte. So mild dachte der Senat,
Quiriten, dass er glaubte,
er könne nur durch die Strafe von neun ganz schlechten Menschen
aus einer so ausgebreiteten Verschwörung, aus einer so großen
Masse und Zahl einflussreicher innerer Feinde den Staat retten und
die Gemüter der übrigen bessern. |
(3,15) Atque
etiam supplicatio dis immortalibus pro singulari eorum merito meo
nomine decreta est, quod mihi primum post hanc urbem conditam togato
contigit, et his decreta verbis est: "quod urbem incendiis, caede
civis, Italiam bello liberassem." Quae supplicatio si cum ceteris
supplicationibus conferatur, hoc interest, quod ceterae bene gesta,
haec una conservata re publica constituta est. Atque illud, quod faciendum
primum fuit, factum atque transactum est. Nam P. Lentulus, quamquam
patefactis indiciis, confessionibus suis, iudicio senatus non modo
praetoris ius, verum etiam civis amiserat, tamen magistratu se abdicavit,
ut, quae religio C. Mario, clarissimo viro, non fuerat, quo minus
C. Glauciam, de quo nihil nominatim erat decretum, praetorem occideret,
ea nos religione in privato P. Lentulo puniendo liberaremur. |
Ferner wurde auch den unsterblichen Göttern
für ihre besondere Gnade unter meinem Namen ein Dankfest
zuerkannt, Quiriten,
ein Glück, das mir zuerst seit Erbauung der Stadt im Friedenskleid
widerfuhr: und zwar wurde es mit den Worten zuerkannt, weil ich die
Stadt vom Brand, die Bürger vom Mord, Italien von einem Krieg
gerettet hätte. Wenn man dieses Dankfest
mit anderen Dankfesten
vergleicht, Quiriten,
so mag wohl der Unterschied der sein, dass die bisherigen wegen guter
Verwaltung, dieses allein wegen Rettung des Staates angeordnet wurde.
Ferner wurde, was zuerst geschehen musste, getan und vollzogen. Publius
Lentulus nämlich erklärte, obwohl er durch Anzeichen
und eigenes Geständnis überführt war und nach dem Urteil
des Senats nicht allein
die Rechte eines Praetors, sondern auch eines Bürgers bereits
verloren hatte, doch noch, dass er seine Würde niederlege, damit
wir der Bedenklichkeit, die den hochberühmten Gaius
Marius nicht abhielt, den Prätor
Gaius
Glaucia, über den nichts namentlich beschlossen war, zu töten,
bei der Bestrafung des Publius
Lentulus als eines Privatmannes entledigt sein möchten. |
(3,16) Nunc
quoniam, Quirites, consceleratissimi periculosissimique belli nefarios
duces captos iam et comprehensos tenetis, existimare debetis omnis
Catilinae copias, omnis spes atque opes his depulsis urbis periculis
concidisse. Quem quidem ego cum ex urbe pellebam, hoc providebam animo,
Quirites, remoto Catilina non mihi esse P. Lentuli somnum nec L. Cassi
adipes
nec C. Cethegi furiosam temeritatem pertimescendam. Ille erat unus
timendus ex istis omnibus, sed tam diu, dum urbis moenibus continebatur.
Omnia norat, omnium aditus tenebat; appellare, temptare, sollicitare
poterat, audebat. Erat ei consilium ad facinus aptum, consilio autem
neque lingua neque manus deerat. Iam ad certas res conficiendas certos
homines delectos ac descriptos habebat. Neque vero, cum aliquid mandarat,
confectum putabat: nihil erat, quod non ipse obiret, occurreret, vigilaret,
laboraret; frigus, sitim, famem ferre poterat. |
7. Nun, Quiriten,
weil ihr die abscheulichsten Anführer des ruchlosesten und gefährlichsten
Krieges schon gefangen und in eurer Gewalt habt, dürft ihr überzeugt
sein, dass mit Abwendung dieser Gefahr von der Stadt alle Streitkräfte,
Hoffnungen und Macht Catilinas
dahin sind. Indem ich diesen aus der Stadt zu entfernen suchte, sah
ich im Geiste voraus, Quiriten,
dass nach Catilinas
Entfernung weder des Publius
Lentulus Schläfrigkeit, noch des Lucius
Cassius Beleibtheit, noch die reißende Verwegenheit des
Gaius
Cethegus für mich furchtbar sein werde. Er war unter diesen
allen allein zu fürchten, aber nur so lange, als er sich innerhalb
der Mauern der Stadt befand. Er wusste alles; er verstand es, wie
jedem beizukommen war; er vermochte und wagte es, die Leute anzureden,
auszuholen, zu verführen; er besaß Klugheit genug, um eine
Tat auszuführen. Seiner Klugheit fehlte es aber nicht an einer
Zunge, noch an einer Faust. Ferner hatte er zur Ausführung gewisser
Dinge sich bestimmte Leute ausersehen und in Klassen geordnet. Auch
glaubte er nicht, dass es damit getan sei,einen Auftrag nur zu erteilen.
Überall war er selbst dabei, war gegenwärtig, wachsam, tätig:
Kälte, Durst, Hunger konnte er ertragen. |
(3,17) Hunc
ego hominem tam acrem, tam audacem, tam paratum, tam callidum, tam
in scelere vigilantem, tam in perditis rebus diligentem nisi ex domesticis
insidiis in castrense latrocinium compulissem - dicam id, quod sentio,
Quirites - non facile hanc tantam molem mali a cervicibus vestris
depulissem. Non ille nobis Saturnalia constituisset, neque tanto ante
exiti ac fati diem rei publicae denuntiavisset neque commisisset ut
signum, ut litterae suae testes manifesti sceleris deprehenderentur.
Quae nunc illo absente sic gesta sunt ut nullum in privata domo furtum
umquam sit tam palam inventum quam haec in tota re publica coniuratio
manifesto comprehensa est. Quod si Catilina in urbe ad hanc diem remansisset,
quamquam, quoad fuit, omnibus eius consiliis occurri atque obstiti,
tamen, ut levissime dicam, dimicandum nobis cum illo fuisset, neque
nos umquam, cum ille in urbe hostis esset, tantis periculis rem publicam
tanta pace, tanto otio, tanto silentio liberassemus. |
Hätte ich diesen so feurigen, so rüstigen,
so kühnen, so schlauen, für das Verbrechen so wachsamen,
für schlechte Unternehmungen so beschäftigen Menschen nicht
aus seinem Hinterhalt im Innern der Stadt in die Räuberhöhle
des Lagers verscheucht - ich will, was ich denke, Quiriten,
offen sagen - so hätte ich ein so gewaltig drohendes Unglück
nicht leicht von eurem Nacken abgewendet. Er hätte nicht gegen
uns die Saturnalien
gewählt, noch so lange zuvor den Tag des Verderbens und des Untergangs
für den Staat angekündigt, noch es so weit kommen lassen,
dass sein Siegel und seine Schrift als Zeugen seines offenbaren Frevels
entdeckt worden wären. Die Sache hat nun, in seiner Abwesenheit,
einen solchen Gang genommen, dass kein Diebstahl in einem Privathaus
je so deutlich aufgedeckt wurde, wie diese große Verschwörung
gegen den Staat offenbar aufgedeckt und ans Licht gebracht wurde.
Wäre Catilina
bis auf diesen Tag in der Stadt zurückgeblieben (obwohl ich,
solange er hier war, allen seinen Plänen entgegenarbeitete und
mich widersetzte), so hätten wir, um es am gelindesten auszudrücken,
mit ihm einen entscheidenden Kampf wagen müssen, und nie hätten
wir, wenn dieser Feind in der Stadt gewesen wäre, den Staat auf
eine so friedliche, ruhige und stille Weise aus so großen Gefahren
errettet. |
(3,18) Quamquam
haec omnia, Quirites, ita sunt a me administrata, ut deorum immortalium
nutu atque consilio et gesta et provisa esse videantur. Idque cum
coniectura consequi possumus, quod vix videtur humani consilii tantarum
rerum gubernatio esse potuisse, tum vero ita praesentes his temporibus
opem et auxilium nobis tulerunt, ut eos paene oculis videre possimus.
Nam ut illa omittam, visas nocturno tempore ab occidente faces ardoremque
caeli, ut fulminum iactus, ut terrae motus relinquam, ut omittam cetera,
quae tam multa nobis consulibus facta sunt, ut haec, quae nunc fiunt,
canere di immortales viderentur, hoc certe, Quirites, quod sum dicturus,
neque praetermittendum neque relinquendum est. |
8. Doch dies alles, Quiriten,
ist von mir so ins Werk gesetzt worden, dass wir glauben dürfen,
die Sache sei durch den Wink und Rat der unsterblichen Götter
geleitet und vorgesehen worden. Dies können wir schon darum wahrscheinlich
finden, weil die Führung eines so großen Ereignisses schwerlich
bloß die Sache menschlicher Einsicht gewesen sein kann. Dann
haben aber auch die Götter in den letzten Zeiten uns so offenbar
Hilfe und Beistand geleistet, dass wir sie beinahe mit unseren Augen
sehen konnten. Denn um nichts davon zu sagen, dass man zur Nachtzeit
Fackel und ein Glühen am Himmel sah, und von dem Einschlag der
Blitze, von dem Erdbeben und den übrigen so zahlreichen Vorfällen
unter unserem Konsulat, wodurch die unsterblichen Götter die
jetzigen Ereignisse anzukündigen schienen, so ist doch gewiss
das nicht zu übersehen und unbemerkt zu lassen, Quiriten,
was ich jetzt anführen will. |
(3,19) Nam
profecto memoria tenetis Cotta et Torquato consulibus compluris in
Capitolio res de caelo esse percussas, cum et simulacra deorum depulsa
sunt et statuae veterum hominum deiectae et legum aera liquefacta
et tactus etiam ille, qui hanc urbem condidit, Romulus, quem inauratum
in Capitolio, parvum atque lactantem, uberibus lupinis inhiantem fuisse
meministis. Quo quidem tempore cum haruspices ex tota Etruria convenissent,
caedis atque incendia et legum interitum et bellum civile ac domesticum
et totius urbis atque imperii occasum appropinquare dixerunt, nisi
di immortales omni ratione placati suo numine prope fata ipsa flexissent. |
Es ist euch gewiss noch im Gedächtnis,
dass unter dem Konsulat des
Cotta
und Torquatus
in mehrere Türme auf dem Kapitol
der Blitz einschlug, wo nicht allein Bildsäulen der unsterblichen
Götter von der Stelle gerückt, sondern auch Bilder von Männern
aus dem Altertum umgestürzt wurden und das Erz an Gesetzestafeln
schmolz. Auch Romulus, der diese Stadt gründete, wurde getroffen:
ihr erinnert euch, dass er als säugendes Kind vergoldet auf dem
Kapitol abgebildet
war, wie er nach den Brüsten der Wölfin greift. Als damals
die Opferschauer aus ganz Etrurien zusammenkamen, erklärten sie,
dass Mord und Brand, der Untergang der Gesetze, ein innerer Bürgerkrieg
und der Fall der ganzen Stadt und des Reiches nahe bevorstehe, wenn
nicht die unsterblichen Götter durch alle denkbaren Mittel versöhnt
würden und durch ihr Walten beinahe dem Schicksal selbst eine
andere Wendung gäben. |
(3,20) Itaque
illorum responsis tum et ludi per decem dies facti sunt neque res
ulla, quae ad placandos deos pertineret, praetermissa est. Idemque
iusserunt simulacrum Iovis facere maius et in excelso conlocare et
contra, atque antea fuerat, ad orientem convertere; ac se sperare
dixerunt, si illud signum, quod videtis, solis ortum et forum curiamque
conspiceret, fore, ut ea consilia, quae clam essent inita contra salutem
urbis atque imperii, inlustrarentur, ut a senatu populoque Romano
perspici possent. Atque illud signum conlocandum consules illi locaverunt;
sed tanta fuit operis tarditas, ut neque superioribus consulibus neque
nobis ante hodiernum diem conlocaretur. |
Es wurden also ihren Sprüchen gemäß
damals nicht allein zehntägige Spiele gefeiert, sondern auch
nichts unterlassen, um die Götter zu versöhnen. Sie erteilten
durch den Rat, man solle das Iupiterbild in größerem Maßstab
ausführen und auf einem erhabenen Ort und in einer der vorigen
entgegengesetzten Richtung gegen Osten aufstellen, wobei sie erklärten,
sie könnten hoffen, wenn jenes Bild, das ihr vor euch sieht,
gegen Sonnenaufgang gegen das Forum
und die Kurie hinsähe,
so würden die insgeheim gegen das Wohl der Stadt und des Reichs
entworfenen Pläne ans Licht kommen, so dass der römische
Senat und das Volk sie
durchschauen könnten. Jene Konsuln gaben also diese Aufstellung
des Bildes in Auftrag; aber das Werk ging so langsam von statten,
dass es weder von den vorigen Konsuln, noch von uns bis auf den heutigen
Tag aufgestellt wurde. |
(3,21) Hic
quis potest esse tam aversus a vero, tam praeceps, tam mente captus,
qui neget haec omnia, quae videmus, praecipueque hanc urbem deorum
immortalium nutu ac potestate administrari? Etenim cum esset ita responsum,
caedis, incendia, interitum rei publicae comparari, et ea per civis,
quae tum propter magnitudinem scelerum non nullis incredibilia videbantur,
ea non modo cogitata a nefariis civibus, verum etiam suscepta esse
sensistis. Illud vero nonne ita praesens est, ut nutu Iovis Optimi
Maximi factum esse videatur, ut, cum hodierno die mane per forum meo
iussu et coniurati et eorum indices in aedem Concordiae ducerentur,
eo ipso tempore signum statueretur? Quo conlocato atque ad vos senatumque
converso omnia et senatus et vos, quae erant contra salutem omnium
cogitata, inlustrata et patefacta vidistis. |
9. Wer könnte nun, Quiriten,
der Wahrheit so abgeneigt, so voreilig in seinem Urteil, so verblendet
im Geist sein, dass er leugnte, dass dies alles, was wir sehen, und
vornehmlich diese Stadt durch das Walten und die Macht der unsterblichen
Götter geleitet werde? Denn da der Spruch so lautete, es werde
Mord, Brand und Verderben der Republik bereitet, und zwar durch heillose
Bürger (was damals wegen der Größe des Frevels manchen
unbegreiflich schien), so habt ihr erfahren müssen, dass das
nicht allein von ruchlosen Bürgern ausgedacht, sondern auch unternommen
wurde. Dass aber am heutigen Tag, als am Morgen die Verschwörer
und ihre Verräter auf meinen Befehl in den Tempel der Eintracht
geführt wurden, gerade um diese Zeit die Bildsäule aufgestellt
wurde, ist das nicht so augenfällig, dass es durch das Walten
des allgütigen, erhabensten
Iupiter so angeordnet erscheinen muss? Als jenes Bild aufgestellt
und zu euch und dem Senat
hingewendet war, saht ihr und der Senat,
was gegen das allgemeine Wohl ausgedacht war, ans Licht gezogen und
geoffenbart. |
(3,22) Quo
etiam maiore sunt isti odio supplicioque digni, qui non solum vestris
domiciliis atque tectis, sed etiam deorum templis atque delubris sunt
funestos ac nefarios ignis inferre conati.
Quibus ego si me restitisse dicam, nimium mihi sumam et non sim ferendus:
ille, ille Iuppiter restitit; ille Capitolium, ille haec templa, ille
cunctam urbem, ille vos omnis salvos esse voluit. Dis ego immortalibus
ducibus hanc mentem voluntatemque suscepi atque ad haec tanta indicia
perveni. Iam vero illa Allobrogum sollicitatio, iam ab Lentulo ceterisque
domesticis hostibus tam dementer tantae res creditae et ignotis et
barbaris commissaeque litterae numquam essent profecto, nisi ab dis
immortalibus huic tantae audaciae consilium esset ereptum. Quid vero?
ut homines Galli ex civitate male pacata, quae gens una restat, quae
bellum populo Romano facere posse et non nolle videatur, spem imperii
ac rerum maximarum ultro sibi a patriciis hominibus oblatam neglegerent
vestramque salutem suis opibus anteponerent, id non divinitus esse
factum putatis, praesertim qui nos non pugnando sed tacendo superare
potuerunt? |
Daher verdienen auch jene um so größeren
Hass und Strafe, weil sie nicht nur in eure Wohnungen und Häuser,
sondern auch gegen die Tempel und Heiligtümern der Götter
verderbliche und frevelhafte Brandfackeln zu schleudern versuchten.
Würde ich behaupten, ich hätte ihr Beginnen vereitelt, so
würde ich mir allzu viel anmaßen und unerträglich
erscheinen. Nein, jener Gott, jener Iupiter
hat ihr Beginnen vereitelt. Er hat das Kapitol,
er diese Tempel, er diese Stadt, er euch alle retten wollen. Durch
die Leitung der unsterblichen Götter, Quiriten,
habe ich diesen Plan und diesen Entschluss gefasst und so wichtige
Anzeichen aufgefunden. Ferner wäre gewiss jene Aufwiegelung der
Allobroger, ein Gegenstand
von so großer Wichtigkeit, nicht so geradezu von Lentulus
und den übrigen inneren Feinden des Staates auf eine so wahnsinnige
Weise unbekannten Barbaren anvertraut, noch ein Brief ihnen übergeben
worden, hätten nicht die unsterblichen Götter diesem Menschen
sein so freches Beginnen aus den Händen gerissen. Was sollen
wir ferner dazu sagen, dass Leute aus Gallien,
aus einer nur unvollkommen beruhigten Landschaft, aus dem einzigen
noch übrigen Volk, das im Stande und nicht abgeneigt zu sein
scheint, mit dem römischen Reich Krieg anzufangen, dass diese
die Hoffnung auf Herrschaft und glänzende Unternehmungen, die
patrizische Männer aus freien Stücken ihnen darboten, verschmäht
und euer Wohl ihrer Machtvergrößerung vorgezogen haben?
Glaubt ihr nicht, dass dies eine göttliche Fügung ist, zumal
jene nicht durch Kampf, sondern schon durch Stillschweigen uns den
Vorteil abgewinnen konnten? |
(3,23) Quam
ob rem, Quirites, quoniam ad omnia pulvinaria
supplicatio decreta est, celebratote illos dies cum coniugibus ac
liberis vestris. Nam multi saepe honores dis immortalibus iusti habiti
sunt ac debiti, sed profecto iustiores numquam. Erepti enim estis
ex crudelissimo ac miserrimo interitu, erepti sine caede, sine sanguine,
sine exercitu, sine dimicatione; togati me uno togato duce et imperatore
vicistis. |
10. Da nun, Quiriten,
auf allen Götterpolstern Dankopfer
dazubringen beschlossen wurde, so feiert deshalb jene Tage mit eure
Gattinnen und Kindern. Denn oft schon sind den unsterblichen Göttern
schuldige Ehrenopfer mit Recht gewidmet worden; aber gewiss nie mit
größerem Recht: denn gerettet seid ihr von dem grausamsten
und jammervollsten Verderben, und zwar gerettet ohne Totschlag, ohne
Blut, ohne Heer, ohne Kampf; im Friedenskleid, durch mich allein,
den Führer und Feldherrn im Friedenskleid, habt ihr gesiegt.
|
(3,24) Etenim
recordamini, Quirites, omnis civilis dissensiones, non solum eas,
quas audistis, sed eas, quas vosmet ipsi meministis atque vidistis.
L. Sulla P. Sulpicium oppressit: C. Marium, custodem huius urbis,
multosque fortis viros partim eiecit ex civitate, partim interemit.
Cn. Octavius consul armis expulit ex urbe conlegam: omnis hic locus
acervis corporum et civium sanguine redundavit. Superavit postea Cinna
cum Mario: tum vero clarissimis viris interfectis lumina civitatis
exstincta sunt. Ultus est huius victoriae crudelitatem postea Sulla:
ne dici quidem opus est, quanta deminutione civium et quanta calamitate
rei publicae. Dissensit M. Lepidus a clarissimo et fortissimo viro
Q. Catulo: attulit non tam ipsius interitus rei publicae luctum quam
ceterorum. |
Erinnert euch, Quiriten,
an alle Bürgerzwiste, nicht allein an die, von denen ihr gehört,
sondern auch an die, die ihr selbst noch im Andenken und erlebt habt.
Lucius
Sulla stürzte den Publius
Sulpicius; er vertrieb aus der Stadt den Gaius
Marius, den Beschützer dieser Stadt, und viele tapfere Männer
wurden von ihm teils aus dem Vaterland vertrieben, teils getötet.
Der Konsul Gnaeus
Octavius verdrängte mit bewaffneter Hand seinen Amtsgenossen
aus der Stadt: dieser ganze Platz war mit Haufen von Leichen und Bürgerblut
bedeckt. Nachher gewann Cinna
mit Marius
den Sieg. Damals gingen durch Ermordung der berühmtesten Männer
die glänzendsten Zierden des Staates unter. Für diesen grausamen
Sieg hat nachher Sulla
Rache genommen. Ich brauche nicht zu schildern, wie groß der
Verlust an Bürgern und das Unglück des Staates dadurch wurde.
Marcus
Lepidus geriet in Zwist mit dem hochberühmten und tapferen
Quintus
Catulus: da wurde der Staat nicht sowohl durch seinen, als der
übrigen Männer Untergang in Trauer versetzt. |
(3,25) Atque
illae tamen omnes dissensiones erant eius modi, quae non ad delendam,
sed ad commutandam rem publicam pertinerent. Non illi nullam esse
rem publicam, sed in ea, quae esset, se esse principes, neque hanc
urbem conflagrare, sed se in hac urbe florere voluerunt. Atque illae
tamen omnes dissensiones, quarum nulla exitium rei publicae quaesivit,
eius modi fuerunt, ut non reconciliatione concordiae sed internicione
civium diiudicatae sint. In hoc autem uno post hominum memoriam maximo
crudelissimoque bello, quale bellum nulla umquam barbaria cum sua
gente gessit, quo in bello lex haec fuit a Lentulo, Catilina, Cethego,
Cassio constituta, ut omnes, qui salva urbe salvi esse possent in
hostium numero ducerentur, ita me gessi, Quirites, ut salvi omnes
conservaremini, et, cum hostes vestri tantum civium superfuturum putassent,
quantum infinitae caedi restitisset, tantum autem urbis, quantum flamma
obire non potuisset, et urbem et civis integros incolumisque servavi.
|
Jene Auseinandersetzungen nun, Quiriten,
waren von der Art, dass sie nicht die Vernichtung, sondern nur eine
Änderung der Staatsverfassung bezweckten. Jene Männer wollten
nicht, dass gar keiner Republik sei, sondern sie wollten in der bestehenden
für sich die ersten Stellen haben; nicht, dass diese Stadt in
Flammen aufgehe, sondern dass sie in ihr emporkämen; und doch
waren alle jene Auseinandersetzungen (wovon keine den Untergang des
Staates zum Zweck hatte) von der Art, dass sie nicht durch Wiederherstellung
der Eintracht, sondern durch Blutvergießen unter den Bürgern
entschieden wurden. Aber in diesem einen Krieg, der der gefährlichste
und grausamste seit Menschengedenken ist, wie ihn kein barbarischer
Land je mit seinem Volk führte, ein Krieg, in dem es von Lentulus,
Catilina,
Cassius,
Cethegus
zum Gesetz gemacht war, dass alle, die in der Erhaltung der Stadt
ihr Heil fänden, als Feinde behandelt würden, habe ich mich
so verhalten, Quiriten,
dass ihr alle unverletzt erhalten wurdet, und während eure Feinde
nur so viele von den Bürgern übrig zu lassen gedachten,
als nach dem zügellosen Gemetzel noch zurückbleiben würden,
und so viel von der Stadt, als die Flammen nicht erreichen könnten,
so habe ich sowohl Stadt als Bürgerschaft unverletzt und unversehrt
erhalten. |
(3,26) Quibus
pro tantis rebus, Quirites, nullum ego a vobis praemium virtutis,
nullum insigne honoris, nullum monumentum laudis postulabo praeterquam
huius diei memoriam sempiternam. In animis ego vestris omnis triumphos
meos, omnia ornamenta honoris, monumenta gloriae, laudis insignia
condi et conlocari volo. Nihil me mutum potest delectare, nihil tacitum,
nihil denique eius modi, quod etiam minus digni adsequi possint. Memoria
vestra, Quirites, nostrae res alentur, sermonibus crescent, litterarum
monumentis inveterascent et conroborabuntur; eandemque diem intellego,
quam spero aeternam fore, propagatam esse et ad salutem urbis et ad
memoriam consulatus mei, unoque tempore in hac re publica duos civis
exstitisse, quorum alter finis vestri imperii non terrae sed caeli
regionibus terminaret, alter huius imperii domicilium sedisque servaret. |
11. Für diese große Tat, Quiriten,
verlange ich von euch keine Belohnung meiner Tapferkeit, keine Ehrenzeichen,
kein Denkmal eines Verdienstes, als das ewige Andenken an diesen Tag.
In euren Herzen wünsche ich alle meine Triumphe, alle Auszeichnungen
der Ehre, alle Zeugnisse des Ruhms und Zeichen des Verdienstes niedergelegt
und aufbewahrt zu wissen. Nichts Stummes, nichts Schweigendes, ja
nichts von der Art, was auch weniger verdiente Männer erreichen
können, kann mich befriedigen. In eurem Andenken, Quiriten,
werden sich meine Taten erhalten, in euren Reden an Ruhm gewinnen,
in schriftlichen Zeugnissen auf die Nachwelt fortgepflanzt und dauerhaft
werden; und ich glaube, dass dieser Tag, der, wie ich hoffe, unsterblich
sein wird, sowohl für die Rettung des Staates, als zur Verewigung
meines Konsulats für diese Zeit aufbehalten wurde; und dass zu
gleicher Zeit in diesem Staat zwei Bürger auftreten mussten,
von denen einer
die Grenzmarken eures Reichs nicht nach Erdstrichen, sondern nach
Himmelsgegenden bestimmen, der andere den Sitz und die Heimat des
selben Reiches retten sollte. |
(3,27) Sed
quoniam earum rerum, quas ego gessi, non eadem est fortuna atque condicio,
quae illorum, qui externa bella gesserunt, quod mihi cum eis vivendum
est, quos vici ac subegi, illi hostis aut interfectos aut oppressos
reliquerunt, vestrum est, Quirites, si ceteris facta sua recte prosunt,
mihi mea ne quando obsint, providere. Mentes enim hominum audacissimorum
sceleratae ac nefariae ne vobis nocere possent, ego providi, ne mihi
noceant, vestrum est providere. Quamquam, Quirites, mihi quidem ipsi
nihil ab istis iam noceri potest. Magnum enim est in bonis praesidium,
quod mihi in perpetuum comparatum est, magna in re publica dignitas,
quae me semper tacita defendet, magna vis conscientiae, quam qui neglegunt,
cum me violare volent, se ipsi indicabunt. |
12. Weil aber den Taten, die ich vollbracht
habe, nicht das selbe Lob und der gleiche Rang zuerkannt wird, wie
den Taten derer, die auswärtige Kriege geführt haben, weil
ich mit denen leben muss, die ich überwunden und bezwungen habe,
während jene ihre Feinde entweder getötet oder unterdrückt
zurückgelassen haben, so ist es eure Sache, Quiriten,
wenn den anderen ihre Taten zu Recht zum Vorteil gereichen, dafür
zu sorgen, dass mir die meinen nicht dereinst Nachteil bringen. Zwar
können mir selbst, Quiriten,
jene Menschen nicht mehr schädlich werden. Denn eine große
Schutzwehr, die ich mir für immer errungen habe, sind die Gutgesinnten:
groß ist das Ansehen der Staatsverfassung, die mich stillschweigend
immer verteidigen wird; groß ist die Macht des Gewissens, durch
dessen Verletzung diejenigen, die mich dereinst antasten wollen, sich
selbst verraten werden. |
(3,28) Est
enim nobis is animus, Quirites, ut non modo nullius audaciae cedamus,
sed etiam omnis improbos ultro semper lacessamus. Quod si omnis impetus
domesticorum hostium depulsus a vobis se in me unum converterit, vobis
erit videndum, Quirites, qua condicione posthac eos esse velitis,
qui se pro salute vestra obtulerint invidiae periculisque omnibus:
mihi quidem ipsi quid est, quod iam ad vitae fructum possit adquiri,
cum praesertim neque in honore vestro neque in gloria virtutis quicquam
videam altius, quo mihi libeat ascendere? |
Auch habe ich selbst Mut genug, Quiriten,
nicht allein der Frechheit keines Menschen zu weichen, sondern auch
alle Böswilligen stets anzugreifen und herauszufordern. Wenn
nun jeder Angriff der inneren Staatsfeinde von euch abgewendet ist
und sich gegen mich allein kehren wird, so werdet ihr, Quiriten,
zusehen müssen, in welche Lage ihr in der Folgezeit diejenigen
kommen lassen wollt, die sich zu eurer Rettung dem öffentlichen
Hass und allen Gefahren bloßgestellt haben. Was meine Person
betrifft, welchen weiteren Lebensgenuss könnte ich mir noch erringen,
zumal da ich weder in den Ehrenämtern, die ihr verleiht, noch
in dem Ruhm eines Verdienstes eine höhere Stufe erblicken könnte,
zu der ich mich noch zu erheben wünschte? |
(3,29) Illud
perficiam profecto, Quirites, ut ea, quae gessi in consulatu, privatus
tuear atque ornem, ut, si qua est invidia in conservanda re publica
suscepta, laedat invidos, mihi valeat ad gloriam. Denique ita me in
re publica tractabo, ut meminerim semper, quae gesserim, curemque,
ut ea virtute non casu gesta esse videantur. Vos, Quirites, quoniam
iam est nox, venerati Iovem illum custodem huius urbis ac vestrum
in vestra tecta discedite et ea, quamquam iam est periculum depulsum,
tamen aeque ac priore nocte custodiis vigiliisque defendite. Id ne
vobis diutius faciendum sit atque ut in perpetua pace esse possitis,
providebo, Quirites. |
Gewiss werde ich, Quiriten,
das erreichen, dass ich, was sich als Konsul getan habe, als Privatmann
behaupte und ihm Ehre mache, damit der Hass, den ich mir vielleicht
durch die Rettung des Staates auf mich geladen habe, nur die Missgünstigen
kränke, mir aber zum Ruhm ausschlage. Endlich werde ich mich
in Staatsgeschäften so verhalten, dass ich nie vergesse, was
ich geleistet habe, und Sorge trage, dass meine Taten als Wirkungen
meines Verdienstes, nicht des Zufalls erscheinen. Ihr, Quiriten,
begebt euch nun, weil die Nacht schon angebrochen ist, jeder in seine
Wohnung und betet zu jenem Iupiter,
eurem und dieser Stadt Beschützer, und schützt, obwohl die
Gefahr schon beseitigt ist, dennoch eure Häuser, wie ihr es auch
in der vorigen Nacht getan habt, durch Wächter und Wachen. Dass
ihr dies nicht länger tun müsst und in dauerndem Frieden
leben möget, dies, Quiriten,
soll meine Sorge sein. |
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