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26.04.2009


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Buskampagne Um Himmels Willen!

Eine säkulare Buskampagne findet bei den deutschen Verkehrsbetrieben wenig Anklang: Während in London und Barcelona längst schon Busse verkehren mit atheistischen Sinnsprüchen, sperrt sich Deutschland noch.

Von Jonas Beckenkamp

Bus mit Botschaft

Phillip Möller: "Wir möchten allen Menschen die so denken wie wir, die in ihrer Weltanschauung auf übernatürliche, metaphysische Kräfte verzichten, zeigen, dass sie nicht alleine sind, dass es inzwischen davon ganz schön viele gibt. Und in zweiter Linie wollen wir klarstellen mit unseren Slogans, dass Ethik und Moral nicht von Gott gegeben sind, sondern von Menschen gemacht und für Menschen gemacht, und dass man als nichtgläubiger Mensch genauso gut oder schlecht sein kann wie jemand, der gläubig ist."

Bus mit Botschaft

Bildunterschrift: In Genua stehen Atheisten bestimmt gerne im Stau hinter diesem Bus

Jeder hat sie schon einmal gesehen: Plakate bedruckt mit Sinnsprüchen à la "Gott liebt Sie und hat einen wunderbaren Plan für Ihr Leben". Was es für den Glauben gibt, muss es auch gegen den Glauben geben dürfen. Und zwar am wirkungsvollsten auf Stadtbussen wie in London oder Barcelona, dachte sich Philipp Möller. Deshalb startete der Sprecher der Buskampagne vergangene Woche einen Spendenaufruf. Die Kampagne kostet nämlich um die 3000 Euro pro Bus. In nur einer Woche kamen so über 27.000 Euro zusammen, zwei spendable Ungläubige ließen sogar jeweils 1000 Euro springen. Welcher Slogan letztlich die Busse zieren soll, steht auch schon fest.

Phillip Möller: "Wir hatten drei Vorschläge. Vorschlag A war "Gottlos glücklich", Vorschlag B "Gott ist eine Behauptung" und Vorschlag C "Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott". Wir haben die Spender abstimmen lassen und herausgekommen ist Alternative C, und das ist auch am nächsten an dem Original, was in London durch die Stadt gefahren ist."

Das OK für die Kampagne hatten die Initiatoren vor Beginn des Spendenaufrufs bei den Firmen erfragt, die Werbung auf Stadtbussen schalten - nicht aber bei den Verkehrsbetrieben selbst. Und genau die stellen sich jetzt quer. Die Berliner Verkehrsgesellschaft lehnte ab, ebenso die Kölner Verkehrsgesellschaft. Begründung: Linienbusse sind keine Litfasssäulen für Weltanschauungen. Auch München hält wenig von Atheistenparolen auf öffentlichen Transportmitteln, sagt MVG-Pressesprecherin Bettina Hess.

Bettina Hess: "Wir haben als MVG diese Kampagne abgelehnt, und zwar aus dem Grund, weil wir grundsätzlich Werbugn mit politischer oder weltanschaulicher Aussage, sei es jetzt atheistisch oder theistischer Natur ablehnen, wir lehnen auch gewaltverherrlichende Werbung ab, alles was gegen die guten Sitten verstößt, sexistische Werbugn oder diskriminierende Werbung. Diese Kampagne wird in München nicht stattfinden."

Bus mit Botschaft

Bildunterschrift: Nicht zu übersehen auf Londons Doppeldeckern: die nicht-göttliche Botschaft

In München sind zwar kurze Evangeliumszitate in S-Bahnhöfen zu finden, doch für diesen Bereich ist die Deutsche Bahn zuständig und nicht die MVG. In anderen Städten wie Berlin oder Würzburg hängt aber auch in Straßen- und U-Bahnen immer wieder Werbung für christliche Gruppierungen. Der Buskampagne haben sich bereits mehrere säkulare Initiativen angeschlossen. Einer der Befürworter sind die Brights. Sie konzentrieren sie sich auf ein rein naturalistisches Weltbild und lehnen jede metaphysische Existenz ab. Andreas Müller von den Brights kritisiert die ablehnende Haltung der Verkehrsbetriebe gegenüber der Buskampagne.

Andreas Müller: "Man sieht eben da drin die Einschränkungen von Kirche und Staat, wie wir auch eine Art von Selbstzensur sehen. Auch bei Stellen, die das eigentlich gar nicht müssten, die eigentlich gar nicht darauf angewiesen sind oder die nicht dafür bezahlt werden, Konfessionslose hier auszuschließen wie eben diese Verkehrsbetriebe. Es ist nicht deren Aufgabe, religiöse Gefühle zu schützen, es ist deren Aufgabe, Leute von A nach B zu bringen, und wenn sie dabei Werbung schalten möchten, dann müssten sie das für alle tun, auch für uns natürlich."

Ob also jemals in Deutschland Linienbusse mit glaubenskritischen Slogans fahren, ist derzeit unklar. Die Betreiber der Kampagne versuchen es jetzt in anderen Städten und planen notfalls eine reine Plakataktion. Andreas Müller denkt sogar über rechtliche Schritte nach, um mehr Öffentlichkeit für ein aufgeklärtes Weltverständnis zu erreichen.

Andreas Müller: "Bislang werden wir ein bisschen übersehen, also wir sehen in den Nachrichten alles mögliche über den Papst, über Kirchentage. Von Atheisten hört man jetzt nicht ganz so viel, uns gibt es aber auch und Konfessionslose sind sogar ein Drittel der Bevölkerung und sogar unter den Christen glauben an diese herkömmlichen Dogmen nur ein kleiner Anteil eigentlich. Insofern ist das ganze völlig ungerechtfertigt, welche Macht eigentlich die beiden Kirchen noch haben."

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