Skiplinks / Sprungmarken
INTERVIEW
Von Steffen Rüth
Eigentlich wollten Peter, Flo und Rüde in diesem Jahr die
Band ruhen lassen. Doch dann kam den Sportfreunden eine
ausgesprochen reizvolle Anfrage in die Quere. Und so übten sie
eisern ein halbes Jahr, bevor sie an einem Wochenende im Januar ihr
"Unplugged in New
York"-Album aufnahmen – wenn auch mitten in
München. Wir sprachen mit Schlagzeuger Flo Weber, 35, im
Münchner Café am Nordbad.
Haben durch "Unplugged" viel dazugelernt: Sportfreunde Stiller
1LIVE: Flo, warst du schon mal in New York?
Flo: Noch niemals. Die anderen beiden auch noch nicht.
1LIVE: Warum habt ihr euer Album dann "Unplugged in New York" genannt?
Flo: Das kam dann durch die Filmkulisse. Es war ja immer klar, dass wir nicht nach New York gehen. In den Abbey-Road-Studios in London wären wir aber fast gewesen, auch auf einem Donau-Dampfschiff, einem alten Schwimmbad in Nürnberg und dem Theater eines Luxusdampfers. Wir haben uns eben sehr viel vorgenommen.
1LIVE: Und das Studio in München passte perfekt?
Flo: Wir wollten ein richtiges Spektakel mit allem Drum und Dran bieten und nicht nur ein Projekt, das ausschließlich auf die Musik bezogen ist. Nachdem wir uns 25 verschiedene Locations angeguckt hatten, wies uns ein Regisseur darauf hin, dass in den Bavaria-Filmstudios diese New-York-Kulisse steht. Ein Teil der Deko war also schon da, viele kleine Details sind aber von uns. Die Laternen, der Plattenladen, diese gesamte "Acoustic Avenue", in der wir spielen, das sind alles unsere Ideen.
Flo Weber musste sich für die Unplugged-Aufnahmen ganz schön zügeln
1LIVE: Welche Unplugged-Alben waren Vorbild für euch?
Flo: Neben dem wirklich einfallsreichen "Rock'n'Roll Realschule" von den Ärzten natürlich das von Nirvana. Das ist genial aufgebaut mit den Plastikblumen auf der Bühne und der totalen Reduktion der Musik. Aber wir wussten: Wenn wir einfach nur unsere Musik reduziert spielen, ist das zu wenig. Dazu fehlt uns dieser Kultstatus. Also mussten wir schauspielern.
1LIVE: Wollt ihr eine Unplugged-Tour machen?
Flo: Nein, wollen wir nicht. Die Leute sind ein wenig satt, was die Sportis angeht. Und wir selbst, wir fühlen uns überspielt. Bei der letzten Tour stagnierte alles ein bisschen. Und obwohl wir jetzt glücklich sind mit der Platte, wollen wir Ruhe geben und dann wirklich endlich die Pause machen.
1LIVE: Ihr geltet als leidenschaftliche, aber nicht sehr virtuose Band. Habt ihr durch die Unplugged-Arbeit viel dazugelernt?
Flo: Interessant war die Auseinandersetzung mit der Thematik an sich. Damit, was "unplugged" eigentlich ist. Nur leiser spielen? Wir haben dann ein paar Regeln aufgestellt, zum Beispiel nur akustische Gitarren zu benutzen. Denen mussten wir dann Töne entlocken. Beim Schlagzeug habe ich andere Stöcke benutzt, "hot rods" heißen die. Ich musste meine Lautstärke zügeln, und die Stöcke fühlten sich einfach anders an. Je mehr Instrumente - Bläser, Streicher, Backgroundchöre - dazu kamen desto mehr Mut haben wir gefasst. Peter hat sich auch beim Gesang helfen lassen, hat Unterricht genommen. Auch Rüde ist zwei Mal pro Woche zum Unterricht gefahren, um Kontrabass zu lernen. Was das Technische betrifft, haben wir viel gelernt.
"Unsere Musik ist nicht so zeitlos wie manche Schlager"
1LIVE: Udo Jürgens singt sogar mit euch im Duett - allerdings virtuell von einer Videoleinwand aus. Warum war er nicht da?
Flo: Wir haben ihn angefragt, ob er mit uns auf die Bühne kommt und "Ich war noch niemals in New York" singt. Er hatte keine Zeit, war aber dann gerne bereit, mit uns einen Einspieler zu drehen. Der Udo. Ein sehr freundlicher, erhabener Mensch ist das. Er hat, weil es eine andere Tonart ist, seinen Text neu eingesungen. Wir haben ihn dann gefilmt und alles dazu geschnitten.
1LIVE: Willst du auch mit Mitte 70 noch auf der Bühne stehen und von jungen Bands bewundert werden?
Flo: Sportfreunde mit 70? Hmmm. Ich will so lange Musik machen, wie ich mich wohl dabei fühle und so lange das zu uns passt, was wir machen. Mir ist es dann auch wurscht, ob die Kritiker schimpfen. Ich habe nix dagegen, dass Mick Jagger noch auf der Bühne steht, die machen das gut. Aber ob ich mit 70 dann noch "In all den wunderbaren Jahren" spielen kann? Ich glaube, unsere Musik ist nicht so zeitlos wie manche Schlager.
Spielten ihren Hit "54, 74, 90, 2010" - ganz unplugged - mit einem Leierkasten ein
1LIVE: Ist "54, 74, 90, 2010" aufgrund der nahenden WM wieder ins Programm gerutscht?
Flo: Wir wollten das Lied spielen, für das wir am bekanntesten sind. Wir sind uns bewusst, dass der Song im nächsten Jahr wieder geträllert wird, warum auch nicht, die Zeit war ja wirklich schön. Letztes Jahr hat es einfach nicht gepasst, es war nicht die Stimmung da und wir haben uns nicht danach gefühlt. Aber zu einem Potpourri aus unserem Schaffen gehört das Lied natürlich dazu.
1LIVE: Ihr habt es mit dem Leierkasten gespielt.
Flo: Ja. Uns war wichtig, dass die Nummer ein besonderes Gewand bekommt. Dieser Zirkuscharakter mit der Drehorgel gibt ihm einen lustigen Anschlag, stellt es aber nicht in eine blöde Ecke. Das wirkt nicht bescheuert, hat aber Ironie. Uns wird nie einer das Lied madig machen können.
1LIVE: Hat es euch genervt, dass der Song zum Oktoberfesthit wurde?
Flo: Man braucht schon einen dicken Pelz, um das zu akzeptieren. Aber den haben wir, und aufs Oktoberfest gehe ich gern.
1LIVE: Singst du bei "54" dann mit?
Flo: Höchstens nach drei Maß. Wenn eigene Lieder irgendwo gespielt werden, überkommt mich immer so eine Mischung aus Scham und ganz leichtem Stolz. Aber die Scham überwiegt. Meist gehe ich bei solchen Gelegenheiten aufs Klo.
1LIVE: Was wird 2010 mit der Nummer passieren?
Flo: So einen Hype wie 2006 in Deutschland, den werden wir nicht wieder erleben. Die ganze Infrastruktur, die Medien, alles ist in Deutschland ja viel besser vorhanden. Trotzdem bin ich froh, dass Afrika diese Chance bekommt.
Die Sportfreunde kommen bald wieder zu 1LIVE: Zum Radiokonzert am 24. Mai
1LIVE: Wie lang soll eure Pause denn eigentlich werden?
Flo: Wir wollen uns kreativ aufladen und auch mal Abstand gewinnen von der Öffentlichkeit. Damit die Leute auch mal wieder interessiert sind an uns. In den letzten Jahren haben wir immer wieder unsere Nasen gezeigt, das ist auf lange Sicht nicht clever. Jetzt sammeln wir Erlebnisse und Ideen, um irgendwann wieder neue Lieder schreiben zu können.
1LIVE: Was machst du in den zwei Jahren außer Skifahren und Windeln wechseln bei deiner Tochter?
Flo: Ich schreibe wieder ein Buch. Es hat diesmal aber weder mit Fußball noch mit Musik zu tun. Sondern mit toten Menschen, aber humorvoll. Vielleicht mache ich auch wieder was mit meinem Bruder und unserer gemeinsamen Band Bolzplatz Heroes.
1LIVE: Geht ihr eigentlich noch manchmal zu dritt weg?
Flo: Nicht mehr. Anfangs, als wir alle drei noch in München gewohnt haben, ist das öfter vorgekommen. Rüde und Peter wohnen ja jetzt auf dem Land, Rüde hat zwei Kinder, Peter ist verheiratet, ich habe Freundin und Tochter: Ich kann nicht leugnen, dass ich immer mehr konservative Züge bekomme. Wir haben uns lange genug die Hörner abgestoßen.
Stand: 18.05.2009
1LIVE/WDR ist nicht für die Inhalte fremder Seiten verantwortlich, die über einen Link erreicht werden.
