Presseaussendung


Österreichisches Kreditwesen steht trotz jüngster Stabilisierung mittelfristig vor Strukturwandel

14. 12. 2009


Das entschiedene Handeln der Geld- und Fiskalpolitik hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die weltweite Wirtschaftslage und mit ihr auch die Lage auf den internationalen Finanzmärkten im Verlauf des Jahres 2009 entspannt hat. „Es besteht jedoch kein Grund, in der jetzigen Situation überoptimistisch zu werden. Das weltweite Finanzsystem steht noch vor großen Herausforderungen, die es rasch zu lösen gilt, zumal Teile der jetzigen Erholung lediglich auf kurzfristigen Effekten beruhen“ so Gouverneur Nowotny anlässlich der Präsentation der 18. Ausgabe des Finanzmarktstabilitätsberichtes der OeNB. Zudem haben die guten Jahre vorhandene Strukturschwächen des österreichischen Bankwesens überdeckt, die es aber mittelfristig zu beheben gilt.

 

Finanzierungsbedingungen bleiben schwierig

Die österreichische Wirtschaft konnte zwar im zweiten Halbjahr zu positivem Wachstum zurückkehren, in den Unternehmensbilanzen waren die Spuren der Krise aber in zunehmendem Ausmaß erkennbar. Dies zeigen sowohl rückläufige Unternehmensgewinne als auch der deutliche Rückgang der Außenfinanzierung, der nicht nur von der nach wie vor ausbleibenden Finanzierung über börsennotierte Aktien, sondern zunehmend auch von der Abschwächung der Bankkredite getrieben ist. Die Abschwächung der Bankkredite an den Unternehmenssektor dürfte sowohl angebots- wie auch nachfrageseitige Ursachen haben. Die Finanzierungsbedingungen haben sich dank niedrigerer Zinsen, der Unterstützung durch die Wirtschaftspolitik sowie geringerer Risikoprämien zuletzt wieder verbessert, der Zugang zu Finanzierungsmitteln gestaltete sich aber für viele ohnedies vom Konjunktureinbruch betroffene Unternehmen schwierig.

 

Die privaten Haushalte setzen angesichts der eingetretenen Kursverluste am Kapitalmarkt seit Beginn der Krise vor allem auf sichere Anlageformen, insbesondere Einlagen. Gleichzeitig kam es seit dem Jahresende 2008 zu einem deutlichen Rückgang von Fremdwährungskrediten bei privaten Haushalten (-2.3 Mrd. EUR), deren Niveau mit rund 36 Mrd EUR jedoch nach wie vor hoch bleibt. Auch bei den Haushalten bleiben aufgrund des durch die Wirtschaftskrise stark eingebrochenen Verbrauchervertrauens die Kreditnachfrage schwach und die Finanzierungsbedingungen schwierig.

 

Österreichische Banken profitieren von besseren Rahmenbedingungen – Kreditausfälle steigen jedoch weiterhin deutlich an

Zwar hat sich international die Rentabilität des Bankensektors in den letzten Monaten stark verbessert, da ein Gutteil dieser Verbesserungen angesichts gestiegener Handels- und Provisionserträge allerdings auf das Kapitalmarktgeschäft zurückzuführen ist, kann noc nicht von einer nachhaltigen Verbesserung der Rentabilitätssituation gesprochen werden. Auch die österreichischen Banken konnten ihr operatives Ergebnis steigern – das unkonsolidierte Betriebsergebnis stieg im dritten Quartal 2009 gegenüber dem Vorjahr um rund +14% auf 4,9 Mrd EUR. Für diese Entwicklung sind jedoch nicht nur die Handelserträge, sondern auch das stabile Zinsgeschäft verantwortlich – das Nettozinsergebnis stieg im Jahresvergleich um 9% an. Noch deutlicher zeigte sich die gute operative Ertragslage im Zentral- und Osteuropageschäft. Insbesondere die abgestimmte Vorgehensweise von IMF, EU und anderen internationalen Finanzinstitutionen gemeinsam mit betroffenen Aufsichtsbehörden und in Zentral- und Osteuropa (CESEE) aktiven ausländischen Kommerzbanken hat sich in der Region als stabilisierender Faktor erwiesen und zu einem verantwortungsvollen Handeln aller Beteiligten beigetragen.

 

Die guten operativen Erträge konnten bislang in Summe sowohl im Inland als auch im Ausland die zum Teil stark steigenden Wertberichtigungen auf Kredite kompensieren. „Sowohl in Österreich, als auch in CESEE besteht aber noch ein beträchtlicher Wertberichtigungsbedarf.“ betonte Direktor Ittner. Ein weiterer deutlicher Anstieg der Wertberichtigungsquote von Tochterbanken in CESEE, die sich in den letzten Quartalen bereits um rund 65% auf 4,6% im dritten Quartal 2009 erhöht hat, aber auch in Österreich, wo sie im dritten Quartal 2009 auf 2,6% gestiegen ist, stellt somit eines der primären Risiken für den österreichischen Bankensektor dar. Der anhaltend hohe Fremdwährungskreditanteil im CESEE-Portfolio der österreichischen Banken erhöht dieses Risiko zusätzlich. Da die oben erwähnten Unterstützungen von supranationalen Institutionen zeitlich begrenzt sind, wird der Beherrschung dieses Risikos über die nächsten Jahre Priorität einzuräumen sein.

 

Die regelmäßig durchgeführten Stress Tests deuten für die österreichischen Banken insgesamt jedoch auf eine vertretbare Risikotragfähigkeit hin, wenngleich die Krise einzelne Institute stärker trifft als andere. „Unsere Stress Tests zeigen aber auch, dass die Notwendigkeit besteht, mittelfristig die Eigenkapitalausstattung weiter zu stärken. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Höhe des Eigenkapitals.“ betonte Direktor Ittner.

 

Der österreichische Versicherungssektor hat zwar von der Erholung der Kapitalmärkte ebenfalls profitiert, gleichzeitig entwickelte sich die Prämieneinnahmen jedoch angesichts der realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen verhalten. Die Nachfrage nach österreichischen Investmentfonds hat sich nach deutlichen Rückgängen wieder stabilisiert.



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Oesterreichische Nationalbank

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Mag. Günther Thonabauer

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