Mahmud Ahmadinedschad

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24.09.2009
 

Uno-Vollversammlung

Ahmadinedschad sorgt mit Israel-Hassrede für Eklat

Irans Präsident Ahmadinedschad vor der Uno: Kein Wort zum Atomprogramm
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AP

Irans Präsident Ahmadinedschad vor der Uno: Kein Wort zum Atomprogramm

Mahmud Ahmadinedschad hat die Uno-Vollversammlung empört. Weil Irans Präsident in seiner Rede gegen Israel hetzte, verließen mehrere Delegationen den Saal. Im Streit um sein Atomprogramm ist Ahmadinedschad zusehends isoliert: Auch Russland erwägt nun Sanktionen gegen das Regime in Teheran.

New York - Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat mit seiner israelfeindlichen Rede für Aufregung in der Uno-Vollversammlung gesorgt. Er nannte das Vorgehen gegen die Palästinenser "Völkermord" und warf den Israelis vor, die internationale Politik zu dominieren. Sie würden "eine neue Form der Sklaverei" aufbauen wollen. Dabei würden sie versuchen, die USA und die Europäer für ihre Zwecke einzuspannen.

Ganz offensichtlich mit Blick auf die USA prangerte Ahmadinedschad zudem jene an, "die mehrere tausend Kilometer vom Nahen Osten entfernt sind" und ihre Truppen in die Region sendeten, "um Krieg, Blutvergießen und Terror zu verbreiten".

Israel hatte die Sitzung am Mittwochabend in New York boykottiert. Zahlreiche andere Teilnehmer, darunter die deutsche, britische, französische, italienische, dänische und ungarische Delegation, verließen den Saal aus Protest noch während der Rede des iranischen Präsidenten. Auch die Delegationen aus Argentinien, Costa Rica, Australien und Neuseeland zogen sich zurück.

Auf den Streit um das Atomprogramm seines Landes ging Ahmadinedschad dagegen mit keinem Wort ein. Er versicherte nur allgemein, Teheran wolle sich "konstruktiv" daran beteiligen, internationale Probleme und Herausforderungen anzugehen. Die umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen nannte er "glorreich und voll demokratisch".

Deutsche Delegation nennt Ahmadinedschad-Rede "inakzeptabel antisemitisch"

Ahmadinedschad hatte schon im Vorfeld seines New-York-Besuchs für Protest gesorgt, als er bei einer Versammlung in Teheran erneut den Holocaust leugnete. Um das hermetisch abgesperrte Uno-Gebäude gab es den ganzen Tag über Protestdemonstrationen von Menschenrechtsgruppen.

Eine Sprecherin der deutschen Uno-Botschaft sagte, man habe die Israel-Passage als "inakzeptabel antisemitisch" empfunden und habe daher mit vielen anderen europäischen Kollegen den Saal verlassen. "Es ist enttäuschend, dass Herr Ahmadinedschad einmal mehr hasserfüllte, beleidigende und antisemitische Rhetorik gewählt hat", erklärte der Sprecher der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen, Mark Kornblau.

Unterdessen steigt im Streit um das iranische Atomprogramm der Druck auf Teheran: Russlands Staatschef Dmitri Medwedew schloss nach einem Treffen mit US-Präsident Obama Sanktionen gegen Iran überraschend nicht mehr aus. Medwedew deutete an, entsprechende Maßnahmen könnten nötig sein, falls der Iran sein Nuklearprogramm nicht einschränke.

"Sanktionen führen nur selten zu produktiven Ergebnissen, aber in manchen Fällen sind sie unvermeidbar", so der russische Präsident. Obama und Medwedew betonten gleichwohl, dass dem Verhandlungsweg zunächst Vorrang eingeräumt werde. Sollte sich der Iran dabei aber nicht bewegen, so Obama, blieben "schwerwiegende zusätzliche Sanktionen eine Möglichkeit". Diesbezüglich seien Medwedew und er der gleichen Meinung, betonte der US-Präsident.

Sechser-Gruppe erhöht Druck auf Teheran

Die fünf Uno-Vetomächten und Deutschland erwarteten bei den Gesprächen am 1. Oktober in Genf "ernsthafte Antworten" von Teheran, erklärte der britische Außenminister David Miliband im Namen der Sechser-Gruppe in New York. "Das iranische Atomprogramm sorgt weiter für eine ernsthafte Beunruhigung der internationalen Gemeinschaft." Deshalb müsse der Iran endlich alle offenen Fragen beantworten. Die USA und andere westliche Staaten fürchten, dass Teheran unter dem Deckmantel der friedlichen Kernkraftnutzung heimlich am Bau von Atombomben arbeitet.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte nach einem Treffen der Sechser-Gruppe, diese sei sich einig in ihrem Willen, Iran unter Druck zu setzen. Nur so könne erreicht werden, dass Teheran seinen Verpflichtungen nachkomme. Im Vorfeld des Treffens am 1. Oktober hatte Iran zuletzt mehrmals sein Recht auf ein eigenes Atomprogramm betont.

Am Mittwoch hatte US-Präsident Barack Obama in seiner Rede vor der Uno die Weltgemeinschaft zu einer neuen Ära der Zusammenarbeit aufgerufen. Die USA seien zwar bereit, Führung zu übernehmen, es müssten aber alle handeln. "Genauso wie kein Land sich von der Welt abschotten kann, kann kein Land, egal wie groß, egal wie mächtig es ist, diesen Herausforderungen alleine begegnen." Die USA wollten gemeinsam mit anderen die Probleme lösen.

Gaddafi reißt Uno-Charta ein

Der schwedische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratspräsident Frederik Reinfeldt begrüßte den Willen der USA, sich wieder stärker in internationalen Organisationen zu engagieren. "Das öffnet die Tür zu einer neuen, vielversprechenden Ära der internationalen Zusammenarbeit." Wie Obama und der britische Premier Gordon Brown rief auch Chinas Staatspräsident Hu Jintao zu einer atomaren Abrüstung auf. Er verlangte die Zerstörung aller Nuklearwaffen und ein striktes Verbot für künftige Produktionen. Brown sagte: "Globale Probleme müssen global gelöst werden."

Der russische Staatspräsident Dmitrij Medwedew forderte, vor allem den Mittleren Osten zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen. Den angekündigten Verzicht der USA auf das umstrittene Raketenabwehrprojekt in Europa nannte er "einen konstruktiven Schritt in die richtige Richtung". Derweil hatte am Mittwoch schon der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi für Aufregung gesorgt, als er dem Sicherheitsrat "Terrorismus" vorwarf und vor aller Augen ein Exemplar der Uno-Charta einriss und später zu Boden warf.

Am Donnerstag sollte bei den Vereinten Nationen das Thema atomare Abrüstung im Mittelpunkt stehen. Obama wollte dazu als erster US-Präsident eine Sitzung des Sicherheitsrats leiten. Zudem war eine zweitägige Konferenz von rund hundert Außenministern aus aller Welt geplant. In der Vollversammlung standen unter anderem Reden von Vertretern Israels, Afghanistans und des Iraks auf dem Programm.

anr/AP/AFP/dpa/Reuters

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