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Zur Geschichte der Papierherstellung in Heidenheim



Die Geschichte der Papierherstellung in Heidenheim reicht mindestens bis zum Jahr 1530 zurück. Damals ließ die Stadt eine Papiermühle an der Brenz errichten und übergab sie dem gelernten Papiermacher Gabriel Banach. Möglicherweise stand jenes Gebäude schon an dem Platz, wo spätestens seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts die Heidenheimer Papiermühle lokalisiert ist: Auf dem Gelände der heutigen Ploucquetstraße 19.

Auf Banach folgte der Papierer Hans Stainer als Eigentümer, der das Unternehmen 1557 an Bartholo-mäus Burger verkaufte. Die von Burger hergestellten Papiere trugen als Wasserzeichen einen springenden Hirsch und die Großbuchstaben „BB“ oder eine Schlange. 40 Jahre lang führte Burger sein Unternehmen sehr erfolgreich, dann wird 1597 Lienhard Rau als Papiermühleneigentümer in den Schriftquellen genannt. Nur bis zum Ende des Jahrhunderts blieb Rau, dann zog er nach Urach um.

Ab 1601 entrichtete der Papierer und nebenamtliche Bürgermeister Paul Metschger der Stadt die jährlich fällig werdende Grundsteuer aus der Papiermühle. Sein Betrieb florierte: Die Heidenheimer Papiere wurden selbst in der herzoglichen Kanzlei in Stuttgart geschätzt. 1608 kaufte er von der Stadt einen Platz zur Erbauung eines neuen Hauses bei der Papiermühle.

Der 30-jährige Krieg und besonders die Schlacht von Nördlingen 1634 hatten auch für Heidenheim schlimme Folgen, was sich vielleicht am eindrucksvollsten daran ablesen lässt, dass sich die Einwohnerzahl um die Hälfte, auf etwa 500 Personen, bei Kriegsende verringert hatte. Es verwundert nicht, dass die ungeschützt vor der ummauerten Stadt gelegene Papiermühle niedergebrannt wurde. Erst 1697 ließ sie Herzog Eberhard Ludwig wieder aufbauen und verkaufte sie an den hiesigen Ochsenwirt und Stadtrat Matthäus Rau. Gleichzeitig erhielt dieser das Privileg, als Einziger in der ganzen Herrschaft Heidenheim, sowie in den Städten und Ämtern Göppingen, Heubach, Schorndorf, Lorch, Adelberg, Winnenden, Murrhard und Blaubeuren Hadern, d.h. Lumpen, sammeln zu dürfen. Sie bildeten den Rohstoff für die Papierherstellung. Als einzige Abgabe hatte Rau jährlich 25.000 Bogen weißes Schreibpapier an die Kanzlei nach Stuttgart zu liefern.

1726 verkaufte Matthäus Rau, immer noch Ochsenwirt und dazu inzwischen auch noch Bürgermeister, die Papiermühle an seinen Sohn, den gelernten Papiermacher Johann Christoph Rau. Dieser starb 1746 und seine Witwe veräußerte den Betrieb ein Jahr später an den Papierer Christoph Rau aus Urach. 1785 übergab Vater Christoph Rau die Papiermühle an den Sohn Christian Friedrich Rau, der als Gesellschafter den Papierer Heinrich Voelter in die Firma aufnahm. Besagter Heinrich Voelter war der Sohn des gleichnamigen Heidenheimer Knabenschullehrers und Reformpädagogen. Er heiratete eine Tochter seines Mitgesellschafters Rau und wurde Vater des nachmaligen Papierfabrikanten Christian Voelter und des Erfinders Heinrich Voelter, der die erste industriell nutzbare Holzschleifmaschine konstruierten würde.

Am 31. Oktober 1821 brannte die Papiermühle ab. Ein Jahr später war sie mit Steinen aus der ruinösen Burgruine Hellenstein wieder aufgebaut. 1847 brachte Heinrich Voelter von Friedrich Gottlob Keller aus Sachsen dessen bahnbrechende Erfindung des Holzschliffs für die Papierherstellung nach Heidenheim mit. Voelter entwickelte Kellers Idee weiter und schuf den so genannten „Defibreur“ (Zerfaserungsapparat). Damit konnte ein Holzschliff erzeugt werden, der so fein war, dass Holz nunmehr den Hauptrohstoff für die Papierproduktion bildete. Nachdem 1864 die Papiermühle erneut niederbrannte, verlegte Voelter den gesamten Betrieb nach Gerschweiler bei Giengen. Seitdem stellte man in Heidenheim kein Papier mehr her.

Dennoch blieb Heidenheim bis heute mit der Papierfertigung in Gestalt der Firma J. M. Voith höchst erfolgreich und prägend verbunden. Schon 1837 hatte der Mechanikus Johann Matthäus Voith wesentliche Teile für eine Papiermaschine in Voelters Betrieb geliefert. 1859 entwickelte er den „Raffineur“, einen Mahlapparat zur Verfeinerung grober Holzstofffasern. „Der Weg zur industriellen Papierherstellung ist geebnet. Zwölf Jahre später entsteht in Heidenheim die erste Papiermaschine der Maschinenfabrik J.M. Voith.“

Der Sohn Friedrich Voith, studierter Ingenieur, führte die Firma seit 1867 zielgerichtet auf den Weg zum industriellen Großunternehmen und damit – auf lange Sicht – zum heutigen Global Player. Die Technologie für die Papierherstellung spielte dabei nunmehr fast eineinhalb Jahrhunderte lang mit eine tragende Rolle. Jüngstes Beispiel hierfür ist das am 11. Mai 2006 eingeweihte Paper Technology Center der Firma J.M. Voith AG am Stammsitz Heidenheim.

Text: Helmut Weimert