„Der tollste Job überhaupt“
Rotes Wien. Bürgermeister Michael Häupl sieht sich nicht als der „Königsmacher“ der SPÖ, versteht Strache und will für Ordnung sorgen.
Maria Zimmermann Seit 15 Jahren ist Michael Häupl Bürgermeister. Und er will es noch länger bleiben. Auch wenn die absolute rote Macht bei der Wahl 2010 verloren gehen dürfte.
Herr Bürgermeister, was ist das typisch Wienerische an Ihnen?
Häupl: Gelegentlich grantig, meistens sehr froh. Wenn es notwendig ist, polternd, aber im Grunde harmoniebedürftig.
Macht sie die Kostenexplosion am Flughafen Wien für das Projekt Skylink (830 statt 366 Mill. Euro Kosten) gerade besonders grantig?
Häupl: Das ist sehr unerfreulich.
Sie sagten zuletzt, das Debakel gehe Sie nichts an. Dabei hält Wien wie Niederösterreich 20 Prozent an der Flughafen AG, die Vorstände werden politisch besetzt. Wie kann Sie das nichts angehen?
Häupl: Ich halte mich genau ans Aktienrecht. Es gibt eine Organ-, keine Eigentümerverantwortung. Ich sehe es in erster Linie als Aufgabe des Vorstands, Ordnung zu schaffen. Und der wurde vom Aufsichtsrat gewählt, nicht von mir.
Sie sind ja der starke Mann in der SPÖ und . . .
Häupl: Aber gehen S’, ich bin der bescheidene Bürgermeister einer mittelgroßen europäischen Stadt.
Also kein Königsmacher?
Häupl: Aber keine Spur! Ich bin ein treuer Diener meiner Freunde.
Wie sind Sie denn da mit ihrem Freund Faymann zufrieden?
Häupl: Ich bin mit der Bundesregierung generell zufrieden. Tarifreform, Gratiskindergarten. Die haben eine Menge zusammengebracht. Das ist schon sehr o. k.
Auch Faymanns Führungsstil?
Häupl: Herummeckern kann man immer. Dieselben, die vorher meckerten, dass gestritten wird, meckern jetzt über den Kuschelkurs. Ich halte das für vernachlässigbar.
Was macht Werner Faymann besser als Alfred Gusenbauer?
Häupl: Faymann scheut sich unter anderem nicht, Leute zu loben.
Sind Sie für Heinz Fischer oder Erwin Pröll als Bundespräsident?
Häupl: Die Frage verstehe ich ja überhaupt nicht. Natürlich ist der Erwin Pröll mein persönlicher Freund, ebenso wie Heinz Fischer. So wie ich bei der Nationalratswahl SPÖ gewählt habe, werde ich auch bei der Bundespräsidentenwahl den amtierenden Präsidenten wählen. Ich wünsche mir sehr, dass Heinz Fischer wieder antritt.
Es gibt jetzt wieder eine Diskussion übers Mehrheitswahlrecht. Wie stehen Sie dazu?
Häupl: Was soll ich als Wiener Bürgermeister dazu sagen? (lacht) Ich trete dafür ein, dass am Ende des Wahltags klare Entscheidungsverhältnisse da sind. Das ist es, was auch die Leute wollen. Ein rein proportionales Wahlrecht freut die Opposition. Aber ob es die Wähler freut, weiß ich nicht. Kein Problem damit, dass ein Mehrheitswahlrecht derzeit ausschließlich den immer kleiner werdenden Exgroßparteien helfen würde, ihre Macht zu erhalten?
Häupl: Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben. Dann müssen halt die Großparteien schauen, dass sie wieder größer werden.
Schaut derzeit nicht gut aus. Die SPÖ hat zuletzt immer nur verloren. Was ist denn da los?
Häupl: Das können Sie die ÖVP genauso fragen.
Aber jetzt sitz ich bei Ihnen.
Häupl: Na gut. Wir sind aber immer noch nicht dort angelangt, wo wir vor einem Jahr im Umfragetief standen. Bei der EU-Wahl hatte die SPÖ klar ein Mobilisierungsproblem. Das werde ich bei der Wien-Wahl nicht haben.
Haben Sie nicht manchmal Albträume von 1996, als die FPÖ Nummer zwei wurde und die Wiener SPÖ unter 40 Prozent rutschte?
Häupl: Gar nicht. Ich habe überhaupt nie Albträume. Aber natürlich müssen wir hart arbeiten, um die Menschen zu überzeugen, dass sie zur Wahl hingehen.
FPÖ-Chef Strache würde auch gern Bürgermeister werden.
Häupl: Das verstehe ich. Das ist der tollste Job überhaupt.
Um die FPÖ zurückzudrängen, setzen Sie derzeit vor allem auf das Einhalten der „Wiener Hausordnung“, auf Recht und Ordnung light. Aber wie wollen Sie eine Wahl mit einer stark steigenden Kriminalität im Rücken gewinnen?
Häupl: Da soll niemand etwas versprechen, was er nicht halten kann. Da ist der Strache der Schelm! Es heißt nicht umsonst Bundespolizeidirektion. Für die Kriminalitätsbekämpfung ist das Innenministerium zuständig. Wenn die Republik nicht in der Lage ist, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, dann sollen sie die Wiener Polizei mir geben. Ich bringe das in Ordnung.
Wie wollen Sie denn die Jungwähler überzeugen, die zuletzt in Scharen zur FPÖ wanderten?
Häupl: Bei der letzten Wien-Wahl hat die Hälfte der Jungwähler SPÖ gewählt. Aber auch da ist das Kernproblem die Mobilisierung. Vor allem bei den männlichen Lehrlingen. Wenn da 60 Prozent nicht wählen gehen und vom Rest 80 Prozent FPÖ wählen, dann darf ich die 60 Prozent Nichtwähler nicht aus den Augen verlieren.
Stimmt es Sie hoffnungsfroh, dass Sie selbst als Schüler bei einer schlagenden Verbindung waren und heute SPÖ-Politiker sind?
Häupl: Ich hatte als 19-Jähriger ein Damaskuserlebnis und habe diese Truppe verlassen. Natürlich bin ich zuversichtlich, dass viele junge Männer, die FPÖ wählten, nächstes Mal SPÖ wählen.