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Quelle: DIF
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Gottfried John
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Gottfried John – Schauspieler
Gottfried John, geboren am 29. August 1942 in Berlin. Der Vater ist unbekannt; Mutter und Sohn werden während des Krieges nach Ostpreußen evakuiert. Nach Kriegsende reisen die beiden von Stadt zu Stadt, bis das Jugendamt der Mutter das Sorgerecht entzieht. John wächst in Heimen auf, bis ihm mit 18 Jahren die Mutter zur Flucht verhilft. Sie leben zwei Jahre lang in Paris, wo John sein Geld als Straßenmaler und auf dem Bau verdient und vom Kino träumt: Seine Idole sind James Dean, Jean-Paul Belmondo und Marlon Brando.
1962 geht John mit der Mutter nach Berlin. Nachdem das Max-Reinhardt-Seminar ihn nicht aufnehmen will, nimmt John Schauspielunterricht bei Marlise Ludwig. Das "Naturtalent" überwindet sein Stottern, fliegt wegen Faulheit mehrmals hinaus und wird wieder zurückgeholt. Noch während der Ausbildung gibt John sein Bühnendebüt am Schiller-Theater und geht 1963 nach der Abschlußprüfung an die Landesbühne Hannover. 1965 arbeitet er mit Joachim Fontheim in Krefeld, wo er den Regisseur Hans Neuenfels trifft. Die beiden Unangepaßten bilden ein gutes Gespann – Neuenfels' Inszenierung von Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" wird Johns erster Erfolg. Er folgt Neuenfels nach Heidelberg und spielt dort u.a. Richard III., Marat, Macbeth, Robespierre – "die Helden, auf die ich innerlich schon so lange vorbereitet war".
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Nach der Trennung von Neuenfels geht John nach München, um im Filmgeschäft Fuß zu fassen. In der Kantine der Bavaria-Film trifft er Volker Vogeler, der ihm die Titelrolle in seinem "kritischen Heimatfilm" "Jaider, der einsame Jäger" (1970) überträgt. "Wortkarg wie ein deutscher Clint Eastwood" (Geschichte des deutschen Films) verkörpert er diesen Heimkehrer aus dem deutsch-französischen Krieg, der aus Not wildert und sich einen Privatkrieg mit dem gräflichen Jäger liefert.
Die Rolle macht den hageren John mit seinem scharf geschnittenen Gesicht zum Prototypen des "einsamen Wolfs" und melancholischen Rebellen. Er erhält die ursprünglich für Klaus Kinski vorgesehene Hauptrolle in Hans W. Geissendörfers Schiller-Western "Carlos" (1970/71), in dem Geraldine Chaplin und Bernhard Wicki seine Partner sind.
Mit "Acht Stunden sind kein Tag" beginnt 1972 Johns langjährige Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder. In der 5-teiligen TV-Serie spielt er den Werkzeugmacher Jochen. "Häßlich ist wieder schön!" titelt ein Boulevardblatt in Anspielung auf seine markante Nase, die er einem Nasenbeinbruch durch einen Mitschüler in seiner Kindheit verdankt.
John wird als "Fassbinder-Star" abgestempelt, Rollenangebote von anderer Seite bleiben daraufhin aus. Er geht 1974 für eine Spielzeit zu Fassbinder ans frankfurter Theater am Turm (TAT), inszeniert dort "Fräulein Julie" und "Gerettet", und hat Gastauftritte u.a. in den Krimi-Serien "Der Kommissar" und "Derrick" sowie in "Fedora" (1977) von Billy Wilder.
Außerdem dreht John weiter mit Fassbinder, so "Die Ehe der Maria Braun" (1978) und "In einem Jahr mit 13 Monden" (1978), in dem er die tragikomische Rolle des jüdischen Immobilienspekulanten Anton Saitz spielt. Über die Rolle des Reinhold in der TV-Verfilmung von Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" (1980) – Freund und Gegenspieler von Franz Bieberkopf (Günter Lamprecht), der dessen Geliebte Mieze (Barbara Sukowa) umbringt – sagt John: "Er ist für mich nicht einfach ein Killer, (...) er ist im Grunde ängstlich und unsicher, wie die meisten, die aggressiv und gewalttätig werden. Er trägt die Gewalt wie einen Panzer um sich." John spielt Reinhold "verklemmt und undurchsichtig, als Schwächling, der sich in die Pose des Angreifers flüchtet, melancholisch und geprügelt, ein Schmalspurmephisto, immer auf der Suche nach Liebe und unfähig, selbst zu lieben." (Illustrierte Wochenzeitung, 8.11.1980).
Mangels Rollenangeboten in Deutschland schafft sich John ein zweites Standbein im Ausland. So spielt er ab Mitte der 1980er Jahre viel in England – u.a. in "Mata Hari" und Erich Stinnes in der TV-Serie "Game, Set and Match".
1995 steht John für Volker Schlöndorffs "Der Unhold" (nach Michel Tourniers Roman "Der Erlkönig") wieder in Deutschland vor der Kamera. John spielt den warmherzigen Oberforstmeister, der den Toren Abel (John Malkovich), den es als französischen Kriegsgefangenen an den Jägerhof Görings verschlägt, in sein Handwerk einführt.
Im selben Jahr verkörpert er den "Bond-Bösewicht mit Tiefgang" General Ourumov in "Goldeneye": "Ich habe mich bemüht, Aufstieg und Fall der Sowjetunion in einer Person zu spielen, mit allen menschlichen Schwächen" (Playboy, 1.12.1995). 1995 übernimmt er auch eine Hauptrolle in der englischen Produktion "Institute Benjamenta", einer kafkaesken Verfilmung von Robert Walsers Novelle "Jakob von Gunten".
In der TV-Reihe "Beckmann und Markowski" spielt John den schrägen Kriminal-Kommissar Beckmann, der alkoholabhängig und spielsüchtig ist. Zwar fällt die erste Folge "Tödliches Netz" beim Publikum durch, mit "Im Zwiespalt der Gefühle" und "Gehetzt" wird die Reihe jedoch erfolgreich weitergeführt: Die Krimis, die die Gattungsunterschiede zwischen Film Noir und deutschem TV-Krimi auflösen sollen, zeigen "die Düsternis einer Welt, in der die Gangster Oberwasser haben und die Ordnungshüter verzweifeln, weil sie das, was sie hüten sollen, nicht mehr wiederfinden" (Die Zeit, 1.7.1999).
Als Caesar in "Asterix und Obelix gegen Caesar" (1998) gelingt John der Wechsel vom Bösewicht ins komische Fach; er ist "der einzige Darsteller, der Uderzos Zeichensprache in seine Körpersprache übersetzt. Der Zeigefinger, der die Ausreden der Untergebenen durchsticht, die Ferse, auf welcher der Feldherr kehrtmacht, um einen taktischen Rückzug anzutreten (...), alles fügt sich zu einer grandiosen Bewegungsstudie." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.3.1999). In dem Schritstellerporträt "Balzac – Leidenschaft eines Lebenskünstlers" (1999) steht John neben Gérard Depardieu und Fanny Ardant vor der Kamera.
Gottfried John lebt mit Ehefrau Barbara in New-Moresnet, Belgien.
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film © 1984ff edition text+kritik im Richard Boorberg Verlag, München.
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*29.08.1942
Berlin
Darsteller, Mitwirkung
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