Karl Friedrich Drais von Sauerbronn: Erfinder des Zweirades
Karl Friedrich Drais von Sauerbronn (1785 - 1851)
Die Familie Drais von Sauerbronn geht auf ein lothringisches
Adelsgeschlecht zurück. Im frühen 18. Jahrhundert war ein
Drais von Sauerbronn in Diensten der Markgrafschaft Baden.
Dessen Enkel Karl Wilhelm von Drais, der Vater des
Erfinders, trat 1777 ebenso in markgräflich badische
Dienste. 1784 heiratete er die Freifrau Ernestine Christine
von Kaltenthal . Ihr Sohn Karl Friedrich erblickte am 29.
April 1785 das Licht der Welt. Am gleichen Tag wurde dieser
in Gegenwart "erlauchter Taufzeugen, darunter Markgraf Karl
Friedrich selbst mit den Erbprinzen Karl Ludwig und dessen
Gemahlin Amalie, Prinzessin von Hessen, sowie sämtlicher
Prinzen des Hauses" getauft.
Der spätere Großherzog von Baden war also Taufpate des
neuen Erdenbürgers und hat diesen zum Forstdienst bestimmt.
Nach dem Besuch des Karlsruher Gymnasiums, dessen Lehrer
sein technisches Interesse weckte, wurde der junge Karl
Friedrich von Drais Forstanwärter bei seinem Onkel in
Pforzheim. Die Zeit bis zu seinem Forstexamen im Jahre 1807
überbrückte Drais mit dem Studium der Mathematik, Physik und
Baukunst an der Universität Heidelberg. 1808 wurde der junge
Student als Forstinspektor dem Forstbezirk Offenburg
zugeteilt. Unter dem Einfluss des greisen Großherzogs und
auf Ersuchen seines Vaters beförderte man ihn 1810 noch zum
Großherzoglich badischen Forstmeister. Schon ein Jahr später
erhielt Drais bei vollen Bezügen auf unbestimmte Zeit
Urlaub, da er offenbar mehr Begabung für Erfindungen als für
den Forstberuf zeigte. Nachdem sich Drais am Anfang seiner
Erfindertätigkeit vorwiegend mit mathematischen Problemen
beschäftigt hatte, entwickelte er 1813 ein Gefährt, das
großes Aufsehen erregte. Anlass war die erste von fünf
schlechten Ernten im Jahre 1812 gewesen, die die Haferpreise
ansteigen ließ. Drais baute eine vierrädrige "Fahrmaschine
ohne Pferde", die durch den "insitzenden Menschen, vermöge
des einfachen und desto dauerhaften Maschinenwerks"
angetrieben wurde. Diese Erfindung stellte er zunächst dem
Großherzog und im Dezember 1813 dem Zaren Alexander von
Russland vor, der zu dieser Zeit bei seiner Schwiegermutter,
der Markgräfin Amalie, in Karlsruhe wohnte.
Die Vorführung fand wahrscheinlich in dem der Markgräfin
gehörenden Erbprinzengarten zwischen Kriegsstraße und St.
Stephan statt. Der Zar fand Gefallen an dem neuen Gefährt.
Weniger günstig äußerten sich Weinbrenner und Tulla in ihrem
Gutachten zu der neuen Erfindung: "Wir können ... der von
Draisischen Fahrmaschine gar keinen wesentlichen Zweck
beilegen, weil jedermann, der Füße hat, dieselben für seine
Ortsveränderung weit besser auf eine natürliche Art
gebrauchen kann ...". Sein Antrag auf ein "Monopol" zur
Herstellung dieser Fahrmaschine wurde daher abgelehnt. Drais
ließ sich dadurch aber zunächst nicht beirren, sondern
führte eine verbesserte Version des Fahrzeugs 1814 auf dem
Wiener Kongress vor.
Drais von Sauerbronn auf der Laufmaschine
Nach seiner vierrädrigen Fahrmaschine stellte Drais 1817 ein
neues Gefährt vor: das Zweirad. Auf diesen Vorläufer unseres
heutigen Fahrrads setzte man sich rittlings und stieß sich
mit den Füssen vom Boden ab. Über dem Vorderrad war ein
Lenkstange als umgekehrte Deichsel angebracht. Um die
Nützlichkeit seiner Erfindung zu demonstrieren, fuhr Drais
von Mannheim zum Relaishaus bei Schwetzingen und zurück in
weniger als einer Stunde. Die Pferdepost brauchte damals für
diese Strecke vier Stunden. Nach neuesten Forschungen war
Drais wiederum durch eine von einer Naturkatastrophe
ausgelöste Hungersnot, die 1816/17 ein Pferdesterben
verursachte, zu dieser Erfindung angeregt worden. Oberst
Tulla, der erneut ein Gutachten abgab, fand dennoch wenig
Positives an dem neuen Verkehrsmittel. Trotzdem erteilte
Großherzog Karl dem Freiherrn 1818 das Privileg, für zehn
Jahre auch kommerziell seine Erfindung auswerten zu dürfen,
und verlieh ihm den Titel eines Professors der Mechanik.
Drais hatte sich bereits vorher bemüht, das Zweirad überall
schützen zu lassen und bekannt zu machen, etwa durch
Vorführungen in Baden-Baden und Frankfurt sowie in Nancy und
Paris. Aber auch durch zahlreiche nicht lizensierte
Nachbauten fand seine "Laufmaschine" rasche Verbreitung, so
dass schon 1819 Leute auf z. T. eisernen Zweirädern in
England und Amerika fuhren.
Drais in den Revolutionsjahren 1848/49. Er trägt unter seinem Rock die Uniform der damals neu gegründeten Bürgerwehr.
War sein Leben bisher nur turbulent gewesen, so begann für
Drais in Mannheim nach dem Tod des Vaters, der ihm immer
noch ein Halt gewesen war, der soziale Abstieg. 1832 wurde
seine Erfinderpension gekürzt. Dagegen prozessierte er
erfolgreich und brachte damit dem Fiskalanwalt des Hofes
eine Niederlage bei. In der Folgezeit wurde er zum Ziel von
dessen Privatrache, wobei ein gegen ihn wohl inszenierter
handgreiflicher Ehrenhandel zum Verlust seines
Kammerherrenschlüssels führte. Zwei Jahre später machte ihn
der Schriftsteller Karl Gutzkow zum Opfer eines Rufmordes.
Er beschuldigte Drais in einem Buch, er habe mit seinem Atem
ein totes Kind zum Leben erwecken wollen. Damit war Drais
endgültig gesellschaftlich ruiniert. Der Erfinder zog sich
verbittert nach Waldkatzenbach im Odenwald zurück und
entwickelte dort aus seiner vierrädrigen Fahrmaschine eine
Eisenbahndraisine. 1845 zog Drais wieder in seine
"Vaterstadt" Karlsruhe. Hier legte er in der Revolution von
1848/49 seinen Adelstitel ab und bekannte sich zu den
demokratischen Forderungen.
Nach der Niederschlagung der Revolution und der
Wiederherstellung der Monarchie wurde Drais' Pension zur
Abdeckung der Revolutionskosten beschlagnahmt. Am 10.
Dezember 1851 starb er verarmt in Karlsruhe.
Die Weiterentwicklung von der Laufmaschine zum Fahrrad
Die Weiterentwicklung der Laufmaschine zum Fahrrad bewirkte
auch die Rehabilitation des Konstrukteurs der
Basisinnovation. In den 1880er Jahren wurden die ersten
Radsportvereine gegründet, die den Erfinder als Vater ihres
Sports feierten. Der deutsche Radfahrerbund veranlasste 1891
die Überführung der irdischen Überreste des Freiherrn auf
den Karlsruher Hauptfriedhof und errichtete ihm aus
Spendengeldern ein repräsentatives Grabmal. Zwei Jahre
später sammelte man für ein Denkmal, das 1893 in Anwesenheit
des damaligen Stadtrats und des Oberbürgermeisters
Schnetzler eingeweiht wurde.
Der Karlsruher Bicycle Club
In den vierzig Jahren seit Drais' Tod hatte sich das Fahrrad
bereits zum Massen- verkehrsmittel entwickelt. Der erste
Schritt zum Fahrrad war 1864 die Anbringung von Pedalen am
Vorderrad gewesen. Diese Weiterentwicklung stammte wohl von
dem Franzosen Pierre Michaux. Da man den Hinterradantrieb
mit Kette noch nicht kannte, wurde das Vorderrad immer
größer, um eine höhere Übersetzung und somit Geschwindigkeit
zu erreichen: die Hochräder entstanden. In der Fahrradfabrik
des Briten John Kemp Starleys ging schließlich 1885 das
erste stilsetzende Niederrad mit Hinterradkettenantrieb in
Serie. Die Niederräder wurden durch die industrielle
Massenfertigung auch für Arbeiter erschwinglich, die damit
in die Fabrik fuhren. Heute sind weltweit mehrere hundert
Millionen Menschen auf dem Fahrrad unterwegs. Auch Karl
Benz, der Drais als Kind noch gesehen haben könnte, war ein
begeisterter Zweiradfahrer und progressive Technikhistoriker
stellen die Laufmaschine mit dem Automobil in eine
Entwicklungsreihe.
Literaturhinweis:
Hans Erhard Lessing: Automobilität. Karl Drais und
die unglaublichen Anfänge, Leipzig 2003 |