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Medieninformation, 11.03.2011

Antrag auf Erweiterung des Instituts für Transurane: 180 kg Plutonium genehmigt, zusätzlich 300 kg angereichertes Uran beantragt

BUND und BI fordern die öffentliche Auslegung und Erörterung aller Unterlagen

Karlsruhe/Linkenheim-Hochstetten/Eggenstein-Leopoldhafen. Nach Ablehnung des Bauantrags des Instituts für Transurane (ITU) durch den Gemeinderat von Linkenheim-Hochstetten im Februar liegen dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Regionalverband Mittlerer Oberrhein und der BI Müll und Umwelt Karlsruhe e.V. inzwischen Unterlagen vor, die die Brisanz des Antrags nachweisen.
Die Unterlagen beweisen, dass das ITU nach der bestehenden Genehmigung vom 23.10.1997 u.a. mit 180 kg Plutonium und 50 kg Uran 235 mit einer Anreicherung von bis zu 93 % experimentieren darf. Im so genannten „Flügel M“, des ITU, der neu gebaut werden soll, ist der Umgang mit zusätzlichen radioaktiven Stoffen geplant. Dazu gehören - zusätzlich zur Altgenehmigung - nun noch 80kg hoch angereichertes und 300 kg schwach angereichertes Uran wie auch 450 kg Thorium 232. All diese (und auch die andern angeführten Stoffe) sind sowohl giftig als auch radiologisch gefährlich. Ihr Umgang bedarf deshalb einer zusätzlichen Genehmigung. Alle bisherigen Genehmigungen sind ohne jegliche öffentliche Beteiligung erteilt worden. Dies muss nun beim Neubau anders laufen, vor allem deshalb - wie aus den Baugesuchunterlagen ersichtlich ist - weil der Flügel M ein Laborneubau mit Spaltstofflager werden wird, also ein hochbrisanter Neubau, an den höchste Sicherheitsanforderungen zu stellen sind[1][1]. „Es ist skandalös, dass bei diesem hoch brisanten Neubau der Schutz vor einem Flugzeugabsturz nicht als so genannter „Auslegungsstörfall“ berücksichtigt werden soll“, so Hartmut Weinrebe, Regionalgeschäftsführer des BUND.

BUND Regionalverband Mittlerer Oberrhein und die BI Müll und Umwelt zeigen anhand der vorliegenden Unterlagen auf, dass bisher die Aktivitäten des ITU verschleiert wurden. Während sich das ITU in der Öffentlichkeit als Atomdetektiv darstellen lässt, gehört tatsächlich das Experimentieren mit großen Mengen an Kernbrennstoffen zu seinen wesentlichen Aktivitäten. „Hier geht es darum, die Grundlage für den Bau von neuen Atomkraftwerken zu legen“, erläutert Harry Block Emissionssprecher des BUND in Karlsruhe. Die Detektive spüren also den Gefahren nach, die sie selbst generieren. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht zu erfahren, wie sich im Alt- und Neubau die sicherheits-technische Auslegung der heißen Zellen darstellt, die Störfallanalyse aussieht und die Auslegungsstörfälle gehandhabt werden. Dies ist nicht nur für die Bewohner von Linkenheim wichtig, sondern für die gesamte Region, die im Falle eines schweren Störfalls radioaktiv verseucht würde.

Offen gelegt werden muss, wie der Kontrollbereich im gesamten Flügel M aussieht:

-          Welche Abschirmungen sind vorgesehen?

-          Wie erfolgt die Sicherheitskontrolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

-          Wie ist die geplante Objektsicherungszentrale ohne Betreten des Kontrollbereichs geregelt?

-          Wie erfolgen die radioaktiven Materialtransporte?

-          Wie viele Strahlenschutzbeauftragte gibt es?

-          Wer ist/stellt das Überwachungsgremium?

-          Da der Kontrollbereich des ITU über die Flügel A, B, E sowie F und G verlassen werden kann, wie wird da eine exakte Kontaminationszuweisung möglich?

-          Wie sieht die Kritikalitätsalarmanlage aus?

-          Wie wird die Abluft und Fortluft überwacht?

-          Wer betreibt die Umgebungsüberwachung und wie?

-          - Wer führt die Dekontamination im Falle einer   Überschreitung der Werte durch?

-          Wie wird eine Kontamination der Umwelt und der Mitarbeiter verhindert?

-          Wie spiegeln sich die nun bekannt gewordenen Aktivitäten des ITU in bestehenden Katastrophenschutzplänen wider?

Dies kann nur durch eine öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen für den Neubau inklusive aller bestehenden Genehmigungen in Verbindung mit einer öffentlichen Erörterung geschehen. „Die Gefahren, die vom ITU ausgehen müssen als Ganzes betrachtet und bewertet werden. Die schon jetzt genehmigten 180 kg Plutonium dürfen nicht unter den Tisch gekehrt werden“, so Horst Babenhauserheide, Sprecher der BI Müll und Umwelt Karlsruhe.

BUND und BI weisen auf ihre Beteiligung am öffentlichen Erörterungstermin für die Verglasungsanlage der WAK hin, mit der sie dazu beitrugen, dass die Anlage in wesentlichen Punkten sicherer gebaut und betrieben wurde. Dies belegt, wie sinnvoll, wie wichtig die Öffentlichkeitsherstellung bzw. -beteiligung ist.

BUND und BI fordern ferner die Erstellung – sofern noch nicht geschehen – und die Auslegung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die neben dem Luft- und Bodenpfad vor allem auch den Wasserpfad darstellt und Abwehrmaßnahmen gegen mögliche Verunreinigungen erläutert. Denn der Neubau liegt im Bereich des Zuflusses der Wasservorkommen der Gemeinde Linkenheim. Die Grundwasserfließrichtung geht genau zu den Brunnen des Wasserwerks Linkenheim. Bisher sind schon mehrfach Verschmutzungen mit Pestiziden im Brunnenwasser festgestellt worden, bei denen davon auszugehen ist, dass sie vom Forschungszentrum verursacht wurden.

BUND und BI verweisen darauf, dass ihre Forderung nach Öffentlichkeitsbeteiligung, von der Landesregierung unterstützt werden müsste.

Denn Ministerpräsident Stefan Mappus und Innenminister Heribert Rech betonten am 1. März 2011, in Stuttgart: „Die Landesregierung bringt im Bundesrat eine Entschließung mit dem Ziel ein, die Öffentlichkeit bei Großprojekten schon im Vorfeld stärker zu beteiligen und auch im Verfahren selbst vollständige Transparenz zu garantieren. Mit der Initiative setzen wir in die Tat um, was wir unter anderen im Sieben-Punkte-Programm der Landesregierung für die Zeit nach der Faktenschlichtung unter Leitung von Dr. Heiner Geißler bereits vorgesehen haben.“

Obwohl dieses Bauprojekt in seinen räumlichen Dimensionen möglicherweise kein Großprojekt im Sinne von Herrn Mappus und Herrn Rech ist, hat es jedoch für die Bevölkerung durch die möglichen Auswirkungen eine enorme Bedeutung. Darüber sollte sie informiert und deshalb einbezogen sein.

 

Die Pressemitteilung enthält 7059 Zeichen (mit Leerzeichen).

 

Ansprechpartner:

  • Harry Block, +49 721 68065077
  • Horst Babenhauserheide, +49 721 842160
  • Hartmut Weinrebe, +49 721 358582

Hintergrundinformation. Genehmigungssituation des ITU

Derzeit besteht der Forschungskomplex auf dem KIT Campus Nord aus den vier Laborflügeln A, B, F und G sowie mehreren Flügeln für die Verwaltung und technische Einrichtungen.

In den vorhandenen Laborflügeln des Instituts wird bereits mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen zu Forschungszwecken umgegangen. Diese Verwendung von radioaktiven Stoffen erfolgt insbesondere auf Grundlage folgender atomrechtlicher und strahlenschutzrechtlicher Genehmigungen:

• Genehmigung gem. § 9 AtG vom 28.07.1965 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen und zum Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen in den Laborflügeln A, F und G, zuletzt geändert durch die Änderungsgenehmigung vom 19.09.1984.

• Genehmigung gem. § 9 AtG vom 03.10.1966 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen in Laborflügel B, zuletzt geändert durch Nachtrag 1 vom 24.01.1978.

• Genehmigung gem. § 3 StrISchV vom 23.10.1997 zum Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen in den Laborflügeln A, F, G und B, AZ.

 

 

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Hartmut Weinrebe

Regionalgeschäftsführer

 

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Landesverband Baden-Württemberg e.V.

Waldhornstraße 25 || 76131 Karlsruhe || Fon: +49 721 358582 || Fax: +49 721 358587

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[1][1] „Die bereits erteilte Genehmigung gem. § 9 AtG vom 28.07.1965 in der Fassung vom 19.09.1984, AZ 97-3416.19.1 zur Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen in den Laborflügeln A, F und G soll dahingehend geändert werden, dass nunmehr auch in dem neu zu errichtenden Laborflügel M die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen stattfinden darf. Insofern ist Verfahrensgegenstand ein Antrag auf Änderung der Genehmigung nach § 9 AtG vom 28.07.1965 in der Fassung vom 09.09.1984, A2 97-3416.19.1.

Der entsprechende genehmigungsrechtliche Änderungsantrag ist mit Datum vom 23.09.2010 bei der zuständigen atomrechtlichen Genehmigungsbehörde, dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden-Württemberg, gestellt worden.

Die beantragte Änderungsgenehmigung nach § 9 A1G soll sich gem. § 7Abs 2 StrlSchV auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen im geplanten Laborflügel M erstrecken.“



Ortsverbandstreffen

Das nächste Treffen des Ortsverbands findet am Montag, 18. April, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle in der Waldhornstrasse 25 statt.
Mitglieder und weitere Interessierte sind herzlich willkommen.



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