Die etwa 250 m lange Verbindung zwischen Marktplatz und Haagtor gehört zu den prominenten Tübinger Straßen. Sie ist die wichtigste Verbindung zwischen dem Markt vor dem Rathaus mit der Außenwelt und wird an den Markttagen Montag, Mittwoch und Freitag auch entsprechend befahren.
Ihren Namen hat sie von der schützenden Hecke (dem Haag) auf der Nordseite des Schlosshanges bekommen. Heute wird ihr Image im wesentlichen durch Kneipen, Antiquitäten - Läden und Musik bestimmt. Parken im Parkhaus König, Toiletten am Haagtorplatz und am Marktplatz, Kartoplan-Ausschnitt.
An Sommerabenden kann sogar richtige Stimmung in dieser Kneipenstraße aufkommen. Wer sie als trinkfester Tübinger ohne Kneipenbesuch durchgehen muss, wird eine 'Tour der Leiden' durchmachen. Und wer sie zu viel genießt, wird dann am nächsten Tag auch etwas leiden müssen. Und dies nicht nur beim jährlichen Haaggassenfest. Brenner-Besen, Haaggasse 22 Mayerhöfle in der Haaggasse 8 Die Zahl der Kneipen ist groß, die Auswahl vielfältig, die Änderungen sind häufig. Seit 2006 gibt es nun die Besenwirtschaft der Familie Brenner in der Haaggasse 22 und auch das Mayerhöfle (Haaggasse 8) hat wieder geöffnet. Inge Schettler, die Tochter der berühmten, verstorbenen Wirtin, führt das Lokal weiter. Und ein ganz wichtiger Platz für das Tübinger Musikleben ist immer noch der Jazzkeller. Leider schlägt sich der Blues des Jazzkellers auch gelegentlich auf die Stimmung der Geschäftsleute und Bewohner der Haaggasse nieder. Der Beginn der Haaggasse wird vom Rathaus geprägt, das sich hier sogar von der transparenten Seite zeigt. Bemerkenswert ist die Südseite des Rathauses. Da sie wenig sichtbar ist, wurde sie nie renoviert. Und so kann man an ihr immer noch die Originalbemalung (Grisaillen, Malereien grau in grau) bewundern. Viele Touristen gehen durch die Haaggasse, allerdings meist nur einige Meter, von der Stiege zum Schloss bis zu Tübingens guter Stube, dem Marktplatz. Ansonsten gehört sie eher nicht zu den Trampelpfaden dieser Stadt. Ortsfremden sei angesichts der steilen Stiege verraten, dass wenige Meter weiter, beim Haus Haaggasse 19, ein wesentlich angenehmerer Weg zum Schloss führt. Wer beim Brunnen den Kapitänsweg hoch- oder runtergeht, schont sich die Knie, an heißen Sommertagen ist es dort immer noch angenehm kühl. Liebespaare lieben die Ruhe auf den vielen Bänken. Und der Blick vom Kapitänsweg (benannt nach einem urigen Metzgermeister, der immer eine Kapitänsmütze trug) auf die Häuser der Haaggasse ist einzigartig. Die Haaggasse ist durch den Club Voltaire über viele Jahre ein beliebter, soziokultureller Treffpunkt. Das 1496 errichtete Gebäude ist seit 2005 im Besitz des Vereins Haaggasse 26b e.V. Es wurde seit dem auch sukzessive denkmalgerecht und ehrenamtlich von Vereinsmitgliedern saniert. Jeden Dienstag findet die Programmreihe "Club Zátopek" statt und Der Faire Kaufladen hat hier mit seinen Veranstaltungen Untertages Asyl gefunden. Ärzte und Psychotherapeuten bieten hier Beratung an, es gibt Fachgeschäfte, vom alternativen Lebensmittelladen (Kornblume) bis zum Fahrradgeschäft (FahrRadLaden am Haagtor), aber im wesentlichen ist die Haaggasse eine Wohnstraße, vom Studentenwohnheim (Haaggasse 36) bis zum Stadtpalais. Der Charme dieser Straße ist nicht leicht zu entdecken. Vieles sieht immer noch vergammelt aus. Es wurde und wird zwar renoviert, aber Läden sind und bleiben geschlossen, der Schmutz bleibt auf der Straße liegen, von Mauern bröckelt der Verputz ab, Graffitis verunzieren auch hier die Gebäude. Es fehlen die Eye - Catcher, die wirklich prominenten An- und Aussichten, obwohl es durchaus reizvolle Blicke sowohl zum Schloss, wie auch zu den Kliniken gibt. Aber um diese zu entdecken, braucht es schon etwas Zeit und diese nehmen sich die tagsüber durchgehenden und durchfahrenden Tübinger und Gäste nur selten. Auf den ersten Blick fehlen auch die attraktiven Auslagen. Oft sind die Fenster der Läden nur klein und lassen keine besondere Gestaltung zu. Aber wer genauer hinsieht, wird eine Änderung zum Besseren in den letzten Jahren beobachten. Immer schon ein Schwerpunkt in der Haaggasse waren - neben den vielen Kneipen - die Antiquitätenläden und Kunstläden. Leider haben diese nicht wesentlich und nachhaltig die Szene geprägt. Viele Fehler wurden und werden gemacht. Die Öffnungszeiten sind oft unberechenbar, Preise sind entweder nicht angegeben oder erscheinen überhöht und sind deshalb für viele Tübinger nicht attraktiv. Es fehlten die regelmäßigen Sondermärkte in der Straße, die das Leben in den festen Läden beflügeln. Die Aktivitäten auf diesem Gebiet sind auf die beliebten Flohmärkte am Samstag außerhalb der Altstadt ausgewichen. 2011 hat man zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einen Antiquitätenmarkt versucht, nach meiner Einschätzung auch erfolgreich. Die Geschäftsleute der Haaggasse sind oft unzufrieden, denn einige Läden stehen schon lange leer. Es wird die Stadt zu Hilfe gerufen, doch was soll die Stadt tun? Die Haaggasse in eine reine Fußgängerzone umzuwandeln, halte ich für unrealistisch. Denn sie ist wie gesagt die Hauptverkehrsader zur Versorgung des Zentrums der Altstadt. Und der Straßenverkehr bietet ja auch Chancen. Wie könnte hier sonst eine Fahrschule (Fahrschule Claudia Arnold) überleben? Wie kann man sonst mit dem eigenen Kombi Kleinmöbel aus dem Antik-Laden abholen? Der wahre Reiz der Geschäfte der Haaggasse liegt in ihren Innenräumen. Wer diese kennt, kommt immer wieder. Von außen können sie zuwenig Wirkung entfalten. Und wie lockt man nun die Besucher in die Geschäftsräume? Mit offenen Türen, geheimnisvollem Licht, faszinierenden Düften, mit interessanten Tönen! Warum nicht auch - wie beim Bazar - mit einem Gespräch zwischen Tür und Angel oder einer Tasse Kaffee oder Tee? Seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen, gemeinsam mehr für die Haaggasse zu tun. Es würde mich freuen, wenn durch Kooperation diese Straße attraktiver wird. Sie könnte besser als bisher zum gelungenen Stadtbild Tübingens beitragen. Ich hoffe, dass die Anstrengungen 2011 (Pressemitteilung) Wirkung zeigen werden. Wenn die für Tübingen so wichtige Balance zwischen erschwinglichen Mieten und prosperierender Wirtschaft auch hier wieder gefunden wird, wenn die notwendige Mischung zwischen Erhalten und Erneuern weiterhin gelingt, wird man den Blues der Haaggasse wieder nur noch in den Kneipen und im Jazzkeller singen. |
In Tübingen
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© (P) 2011 Otto Buchegger Tübingen tuepps.de/haaggasse.html |