DIE GROSSE CHANCE
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Mondscheiner. (Bild: SonyBMG)

MusicBlog: Das was sie sind

5. Juli: Man soll bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Viel wichtiger jedoch: Man soll weitermachen, wenn es am schlimmsten ist. Mondscheiner haben sich das zu Herzen genommen. Und starten jetzt durch.


Als ich Mondscheiner das erste Mal getroffen habe, hab ich mir gedacht: Oh Schreck! Die üblen Jungs aus Clockwork Orange leben jetzt also in Wien. Als ich jedoch keinen Baseballschläger ausfindig machen konnte, war mir klar, dass ich da was verwechselt habe. Manuel, Boris, Stefan und Heimo haben definitiv bessere Manieren als die Droogs. Und einen subtileren Schick. Eher so auf Dandy. Oscar Wilde hätte jedenfalls seine Freude mit dieser Band gehabt. Ihm zufolge ist ja Eigenliebe der Beginn einer lebenslangen Romanze. So gesehen dürfen sich Mondscheiner auf eine erfolgreiche Zukunft freuen. Jedenfalls tun Bohemians like them einer vermeintlichen Weltstadt wie Wien ganz gut.


Ö3 MusicBlog

von Clemens Stadlbauer aus der Ö3 Musikredaktion. Der Alltag hinter den Schlagzeilen. Was im Radio keinen Platz mehr hat, aber trotzdem interessant ist. Hintergründe und Einblicke. Ganz privat. Mit Meinung. Aber Achtung: It's only Rock'n'Roll.

Gestern waren sie bei Gustav Götz im Treffpunkt zu Gast. Um ihre neue Single "Das Was Wir Sind" vorzustellen (erscheint diesen Freitag, Album dann im Herbst). Eine außergewöhnliche Nummer mit großem Hitpotenzial. So nebenbei wurde am Tag des ersten Semifinales auch über Fußball geplaudert. Ihre Prognose: Deutschland wird Weltmeister. Tja. Willkommen im Club der Fußballexperten. Ich hab mich da auch leicht verhaut. Daher tippe ich jetzt auf Portugal. Und freue mich dann, wenn Frankreich ins Finale einzieht.


Mondscheiner. (Bild: SonyBMG)


Mondscheiner gibt es schon seit vier Jahren. In der Wiener Musikszene seit Anfang an ein Geheimtipp. Was zwar ehrt. Wenn man aber von seiner Musik leben will, doch auf Dauer irgendwie zu wenig ist. Also wollte man einen geheimen Abgang machen und wieder herkömmlichen Berufen nachgehen. Doch dann die Besinnung. Das was wir sind wird nie zu wenig sein. Hat man sich gedacht. Und gleich darüber gesungen. Eine durchwegs positive Message. Niemals aufgeben. Dranbleiben. Weitermachen. Wird schon. Solch aufbauende Worte klingen in der heutigen Rockmusik leicht gewöhnungsbedürftig. I'm a Loser Baby, why don't you kill me. So gehört sich das. Stattdessen. Solange wir verstehen und beginnen, die Dinge zu sehen. Wird alles gut.


Erzählpop nennen Mondscheiner das auf ihrer Homepage. Wobei die Band dieses Genre mittlerweile selbst revidiert. Weil sie doch recht anständig in die Gitarren hauen. Also Erzählrock, wenn schon. Ganz ohne Musik erzählen sie hingegen gerne die Entstehungsgeschichte ihres ungewöhnlichen Namens. Es war bei einer Party in den späten Achtziger Jahren. Plötzlich kein Alkohol mehr. Dafür die große Krise. Bis zwei Moonshiners zum Schnapsbrennen begonnen haben. So nennt man Leute, die illegal Alkohol herstellen und diesen verchecken. Seitdem heißt die Band Mondscheiner. Ich wünsche ihnen, dass sie eines Tages von ihrer Musik leben können. Denn Arbeit ist bekanntlich der Fluch der trinkenden Klassen. Schon wieder Oscar Wilde. Auch so ein Dandy.


Clemens Stadlbauer Portaitfoto (Bild: Stadlbauer)

Steckbrief Clemens Stadlbauer

Clemens Stadlbauer, geboren 1963 in Steyr/OÖ, aufgewachsen in Linz. Studium der Theaterwissenschaft und Publizistik in Wien und Los Angeles. Wichtigste berufliche Stationen: Redakteur und Chefredakteur bei einem Privatradiosender und Magazinen, seit 1998 Musikredakteur beim Hitradio Ö3. Veröffentlichungen: Die größten Pechvögel des Jahrhunderts (1999), Die Glücksfalle (2002), Der letzte Handyaner (2002) (gemeinsam mit Andrea Fehringer und Gerald Reischl). 2004 ist "Quoten Killer", sein erster Roman, erschienen.



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