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Zur aktuellen Situation der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Vermutlich war es eine defekte Elektrokabelverbindung, die das verheerende Feuer in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar ausgelöst hat. Die korrodierte Klemmverbindung einer Aluminium- und einer Kupferleitung  hat längere Zeit hinter einer Wandverkleidung im Dachgeschoß geschmort, bevor die Brandmelder Alarm schlugen. Erst im Februar 2005 hat das Bundeskriminalamt in einem Gutachten das Ergebnis seiner Untersuchungen mitgeteilt.


Die Schadensbilanz stellt sich heute im einzelnen folgendermaßen dar:

Gebäude
Die Restaurierung des Historischen Bibliotheksgebäudes ist abgeschlossen. Einer der schönsten Bibliothekssäle in Deutschland ist wiederhergestellt. Der Rokokosaal einschließlich der ersten Galerie ist mit den restaurierten originalen Kunstwerken und größtenteils mit den originalen Büchern bestückt worden. Auf der ersten Galerie sind bis zum Abschluss der Buchrestaurierung im Jahr 2015 zunächst andere historische Buchbestände aufgestellt. Insgesamt stehen im Historischen Bibliotheksgebäude jetzt wieder 50.000 Bücher.
Die zweite Galerie und der Spitzboden des Gebäudes waren völlig verbrannt – zusammen mit den dort aufgestellten Buch – und Kunstbeständen. Diese beiden Etagen wurden neu errichtet. Zugleich wurde das verbrannte Deckengemälde „Genius des Ruhms“ von Johann Heinrich Meyer nach Annibale Carracci als Kopie direkt auf die Decke gemalt. Dadurch ist das Raumerlebnis für den Besucher, wenn er von der Hauptebene des Rokokosaales in die Höhe blickt, nahezu das gleiche wie früher. Heute präsentieren sich die Regale wieder in dem hellen Blauton, den Anna Amalias Baumeister 1766 hatte auftragen lassen.

Bücher
Von den verbrannten 50.000 Bänden sind vermutlich drei Viertel langfristig wiederzubeschaffen. Der Erwerbungsprozeß wird sich aber über Jahrzehnte hinziehen und von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln abhängen. Ca. 22.000 Werke des historischen Buchbestands sind bis jetzt wieder erworben worden, sei es durch gezielte antiquarische Käufe (ca. 12.000 Titel) oder Geschenke von Privatpersonen oder Institutionen (ca. 10.000 Titel). 5.300 Titel sind mit den Verlusten bibliographisch identisch. Von Klassikerausgaben wie der »Historia naturalis« des älteren Plinius (erschienen 1525 in Venedig bei Sessa und Serena) über Leichenpredigten wie etwa derjenigen auf Jacob Heinrich Born (erschienen 1775 in Leipzig bei Breitkopf) bis hin zu verbrannten Drucken aus dem Umkreis der Fruchtbringenden Gesellschaft wie den seltenen »Frauenzimmer Gesprechspielen« des Georg Philipp Harsdörffer, genannt der Spielende (in acht Bänden, erschienen in den Jahren 1644 bis 1649 bei Wolfgang Endter in Nürnberg) konnten Ersatzexemplare von Antiquariaten und auf Auktionen erworben werden. Eine große Hilfe ist die im Netz zugängliche Verlustdatenbank, aus der jedermann ersehen kann, welche Buchtitel verloren gegangen sind. Diese Datenbank wird auch mit dem Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher (ZVAB) abgeglichen, um die auf dem Markt verfügbaren Titel leichter auffinden und ggf. bestellen zu können. Insgesamt zählt der Bibliotheksbestand jetzt 1.000.000 Bände.
62.000 Bände konnten in der Brandnacht und den Tagen danach beschädigt geborgen werden. Inzwischen sind fast alle Bücher aus der Gefriertrocknung aus dem Zentrum für Bucherhaltung, Leipzig, zurückgekehrt: trocken, aber sonst in ihrem Zustand so, wie sie geborgen wurden. Sie sind in einem Ausweichmagazin zwischengelagert und derzeit einer genauen Einzelanalyse unterzogen. Die Schäden wurden nach verschiedenen Kategorien im OPAC dokumentiert, damit wir in der Lage sind, für einzelne Material-, Technik- und Zustandsgruppen Aufträge auszuschreiben. Parallel dazu arbeitet unsere eigene Werkstatt an Musterrestaurierungen. Im Hinblick auf die Restaurierungsmethoden ist noch Entwicklungsarbeit zu leisten, da es für schwere Brandschäden keine standardisierten Verfahren gibt. Die Kommunikation mit der Fachöffentlichkeit z.B. auf dem Restaurierungskongress im Juni 2005 in Leipzig ist ein wichtiges Arbeitsfeld. Ein Forschungsprojekt, das die Fachhochschule Köln durchführt, hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Stoffe aus Löschmitteln und Rauchgasen in das Papier eingedrungen sind und dort weitere Reaktionen auslösen können, ein anderes mit dem Zustand des Papiers nach der Durchfeuchtung und Gefriertrocknung. Etwa 19.000 Bände konnten bereits wieder in den Bibliotheksbestand eingeordnet werden.

Kunstwerke
Die 37 verbrannten Ölgemälde, hauptsächlich Fürstenporträts des 16. bis 18. Jahrhunderts, sind nicht zu ersetzen. Einzig für das Deckengemälde von Johann Heinrich Meyer „Genius des Ruhms“ nach Annibale Carracci ist eine Kopie an derselben Stelle hergestellt worden. An weiteren Kunstwerken des Rokokosaals sind Löschwasser- und Bergungsschäden entstanden, die behoben werden können.