Hotel BISS: Abschied von Neudeck. Das Grundstück geht an den Höchstbieter. Hotel BISS kann dort nicht verwirklicht werden.

Die CSU-/FDP-Politiker des Haushaltsausschusses des Bayerischen Landtags haben am 24.05.2011 mit ihrer Mehrheit entschieden, dass das ehemalige Münchner Frauengefängnis Am Neudeck für 16 Millionen Euro an den kommerziellen Immobilieninvestor „REC 24 Real Estate AG“ verkauft wird.

Wir sind sehr traurig, dass dieses einzigartige soziale Projekt, das eine solide Finanzierung vorweisen konnte und in dem viele Jahre konkrete Arbeit, das Engagement, die Spenden und die Begeisterung so vieler Menschen stecken, ausgerechnet von einer Partei zertreten wurde, die “christlich” und “sozial” in ihrem Namen trägt.

Von der Entscheidung der CSU/FDP-Politiker im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags profitiert nur eine Gruppe von Investoren, alle anderen haben verloren: die vielen jungen Menschen in schwierigen sozialen Verhältnissen, die im Hotel BISS einen erstklassigen Ausbildungsplatz gefunden hätten. Mit ihnen haben aber nicht nur BISS und sein Netzwerk verloren, sondern auch die Politik, die nicht mehr die Zukunft gestalten will, sondern dies den Investoren mit dem meisten Geld überlässt. Das soziale und finanzielle Engagement von Zehntausenden bayerischen Bürgern wurde mit Füßen getreten und einem wegweisenden Projekt der Todesstoß versetzt.

Wir sind auf unserem Weg durch die parlamentarischen Instanzen in Bayern von den regierenden Politikern – mit Ausnahme des früheren Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein – schlecht behandelt worden. Wir haben die Arroganz der Macht zu spüren bekommen und erlebt, wie Regeln missachtet oder zu unserem Nachteil ausgelegt wurden. Zum letzten Mal bei der entscheidenden Sitzung am 24. Mai 2011, als auf Initiative des Haushaltsausschussvorsitzenden (CSU) über die Petitionen zweier Unterstützer von Hotel BISS sowie den Antrag der Grünen erst verhandelt wurde, nachdem vorher in einer nichtöffentlichen Sitzung der Verkauf mit der CSU/FDP-Mehrheit bereits beschlossen worden war.

Die Veräußerung des Grundstücks an die Stiftung BISS zum Verkehrswert wäre nach Ansicht von Rechtsexperten im Rahmen des Bayerischen Haushaltsrechts möglich gewesen. Es hätte aber für die CSU/FDP-Regierungsmehrheit ein Umdenken erfordert. Das ist nicht geschehen, und wir konnten es nicht herbeiführen. Der Jurist und “Süddeutsche Zeitung” Chefredakteur Heribert Prantl schrieb dazu in der SZ vom 26. Mai 2011: “… Der Haushaltsausschuss hat den Mehrwert exzellenter sozialer Arbeit nicht erkannt oder nicht geschätzt; er hat ihn jedenfalls nicht gewürdigt. Er hat nicht getan, was menschlich geboten, sozialpolitisch notwendig und juristisch möglich war: Die Grundstücksverkehrsrichtlinien erlauben es der Politik, von den üblichen Zuschlagskriterien in besonderen Ausnahmefällen Abstand zu nehmen – dann, wenn man die Wertschöpfung für die Gesellschaft für höher erachtet, als den kurzfristigen finanziellen Gewinn.”

Wir müssen uns jetzt erst einmal sammeln. Wir wollen jedoch keine Chance ungenützt lassen, das Projekt dennoch zu realisieren. Deshalb werden wir noch bis Herbst abwarten, ob uns jemand eine Alternative zum Grundstück Am Neudeck anbieten kann, die wir dann prüfen.

Wir brauchen ein Gebäude bzw. ein Grundstück in München innerhalb des Mittleren Rings, auf dem das Hotel BISS mit mindestens 50, höchstens 80 Hotelzimmern und ca. 15 altengerechten Wohnungen realisiert werden kann. Es darf nicht zu klein sein, weil wir die Auszubildenden in unterschiedlichen Abteilungen beschäftigen wollen; es darf nicht zu groß sein, weil wir sonst ein “großes Schiff” hätten, das bewegt werden muss, und dabei die Gefahr droht, dass die Anliegen der Azubis im Tagesgeschäft untergehen.

Sollten wir nichts finden, müssen wir Hotel BISS abwickeln. Das heißt, die Spenden, die “Nur für Hotel” gespendet wurden, werden wir zurücküberweisen und die Spenden, die für “Hotel BISS/ BISS e.V.” gespendet wurden, für BISS-Projekte einsetzen. Die meisten Spenden wurden für “Hotel BISS/Qualifizierung und Ausbildung” gespendet. Dieses Geld werden wir nach sorgfältiger Prüfung Projekten zukommen lassen, bei denen wir die Chance sehen, dass die Vorstellungen, die wir für unsere Auszubildenden bei Hotel BISS hatten, verwirklicht werden können.

Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam für eine andere Politik in Bayern arbeiten und einsetzen. Das Land braucht keine in Routine erstarrten Politiker, die sich nur bewegen, wenn es um den Machterhalt geht. Es braucht Politiker, an deren Taten man erkennt, dass es ihnen um Inhalte und um das Wohl und den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft geht.

Wir danken allen unseren treuen Unterstützern und Befürwortern von ganzem Herzen und bitten, sich nicht entmutigen zu lassen. Zu viele junge Menschen in dieser Stadt und in diesem Land werden keine Chance haben, wenn wir uns nicht alle weiterhin darum bemühen, ihnen Teilhabe zu verschaffen. Wir werden weiterkämpfen für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, und wir brauchen Sie dafür an unserer Seite.

Hildegard Denninger