Christoph Palm: Rahmenbedingungen so verbessern, dass Amokläufe weniger wahrscheinlich werdenKonkrete Handlungsempfehlungen und weitergehende Handlungsfelder
Stuttgart. „Um Amokläufe unwahrscheinlicher werden zu lassen, bedarf es mehr als Türknäufe und eines der strengsten Waffengesetze der Welt“, so der Vorsitzende des Sonderausschusses Christoph Palm MdL. Dem Sonderausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen – Jugendgefährdung und Jugendgewalt“ war es in seiner grundlegenden und konsensualen Arbeit ein wichtiges Anliegen, dass nicht kleinteilige Einzelempfehlungen das Ergebnis seiner Arbeit dominieren, sondern grundsätzliche Projekte. Es solle nachhaltig und langfristig der Gefahr von Amokläufen bzw. Jugendgewalt entgegengewirkt werden, erklärte Palm weiter. In die Entwicklung der acht weiterreichenden Handlungsfelder sowie der 39 einfachen Handlungsempfehlungen sind die Ratschläge der 16 Experten eingeflossen, die vom Sonderausschuss angehört wurden. Die vom Sonderausschuss in seinem Abschlussbericht vorgelegten Empfehlungen haben insgesamt ein Finanzvolumen von gut 30 Mio. Euro, die jährlich im Landeshaushalt veranschlagt werden sollen. Er beinhaltet auch eine abschließende Bewertung der vom Expertenkreis der Regierung vorgelegten Handlungsempfehlungen. Insgesamt schlägt der Sonderausschuss die Schaffung von rund 250 zusätzlichen Stellen für Beratungslehrkräfte und Gewaltpräventionsberater sowie zusätzliche 100 Stellen für Schulpsychologen vor. Bereits zum kommenden Schuljahr 2010/11 sollen 30 weitere Schulpsychologen eingestellt werden. „Baden-Württemberg knüpft damit bundesweit mit das dichteste und professionellste Netz der schulpsychologischen Beratung in einem Flächenland“, so Christoph Palm. Mit der Einrichtung eines „Kompetenzzentrums des Landes“ werde für die nachhaltige Qualität der schulpsychologischen Beratung eine wesentliche Grundlage gelegt, erläuterte Palm. „Von zentraler Bedeutung ist für den Sonderausschuss die Einführung eines Gewaltpräventionsprogramms nach dem norwegischen Psychologen Dan Olweus. Baden-Württemberg setzt damit auf das weltweit am besten evaluierte Anti-Gewalt-Programm, das nachhaltig und flächendeckend seine Wirkung entfalten soll“, betonte Palm.
Der
Öffentlichkeit vorgestellt wurden die Vorschläge vom Vorsitzenden des Gremiums,
dem CDU-Abgeordneten Christoph Palm, gemeinsam mit den Obleuten der vier Landtagsfraktionen
Sabine Kurtz (CDU), Katrin Altpeter (SPD),
Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) und Hagen Kluck (FDP/DVP) am
Dienstag, 9. März 2010, in Stuttgart. Der Ausschuss war am 22. April
2009 vom Landtag einstimmig eingesetzt worden. Der Sonderausschuss hat nach
übereinstimmender Einschätzung der Fraktionen seinen Auftrag voll erfüllt. Im
Landtag wird der rund 880 Seiten umfassende Abschlussbericht in der Plenarsitzung
am kommenden Donnerstag, 11. März 2010, dem Jahrestag des Amoklaufs,
beraten.
"Dem
Sonderausschuss war von Beginn an klar, dass es realistischerweise nicht möglich
sein wird, künftig Amokläufe völlig zu verhindern, so wünschenswert dies
natürlich wäre", erklärte Ausschussvorsitzender Christoph Palm.
"Zielsetzung des Sonderausschusses war es vielmehr, Wege aufzuzeigen, um
die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass Amokläufe zukünftig
weniger wahrscheinlich werden. Mit den vorliegenden Handlungsempfehlungen und
Handlungsfeldern setzt der Sonderausschuss an den tiefgründigen Ursachen an, in
der Hoffnung, dass dies gelingen kann", so Palm weiter.
Seit
Anfang Mai 2009 fanden Palm zufolge insgesamt zwölf Sitzungen statt, davon fünf
öffentlich. In den öffentlichen Sitzungen wurden insgesamt 16 namhafte
Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis angehört. Außerdem
informierte sich der Sonderausschuss vor Ort in Winnenden über die Umstände der
Tat und bezog auch sachkundige Vertreter von Verbänden und Organisationen als Gesprächspartner
in seine Arbeit mit ein. Diese Sachverständigen wurden zu einer gesonderten
Anhörung eingeladen und gaben Stellungnahmen zu den Themenfeldern des
Sonderausschusses ab. Wichtig und aufschlussreich für die Arbeit des
Sonderausschusses waren auch Gespräche, die mit Jugendlichen in einem
Stuttgarter Jugendhaus geführt wurden, und die Eindrücke, die bei einer
"LAN-Party" im Landtag – begleitet von Medienpädagogen der Bundeszentrale
für politische Bildung – von Ausschussmitgliedern gesammelt werden konnten. Gegenstand
der Gespräche mit Jugendlichen waren in Anlehnung an die Themenfelder des
Sonderausschusses die Themen Gewaltprävention, Medien und Gewalt,
Elternkompetenzen, Waffenrecht und Sicherheit an Schulen. "Der Sonderausschuss
wollte nicht nur über Jugendliche sprechen, sondern auch mit Jugendlichen direkt
ins Gespräch kommen. Die sehr offene und lebhafte Diskussion zeigte, wie sehr
die aufgegriffene Thematik die Jugendlichen beschäftigt. Auf der LAN-Party
konnten sich die Abgeordneten einen realistischen Einblick in die virtuelle Spielewelt der Jugendlichen verschaffen und mit
Medienpädagogen und jugendlichen Spielern über Mediennutzungszeiten und -inhalte,
Altersfreigaben und Gewalt in Computerspielen austauschen", berichtete
Palm.
Wie Palm betonte,
konnte der Sonderausschuss bei seiner Arbeit an die Empfehlungen des von der
Regierung eingesetzten Expertenkreises Amok anknüpfen. Der von dem ehemaligen
Stuttgarter Regierungspräsidenten Dr. Udo Andriof geleitete Expertenkreis hatte
seinen Abschlussbericht mit 83 Empfehlungen Ende September 2009 vorgelegt.
Die
Ergebnisse des Sonderausschusses
"Der
Sonderausschuss gelangte während seiner Arbeit zu der Erkenntnis, dass einzelne
isolierte Maßnahmen nicht ausreichend sein können, sondern dass tief greifende
Präventionsmaßnahmen erforderlich sind. Im Kern steht die Erkenntnis, dass ein
enges Miteinander von Schulen, Eltern und Gesellschaft notwendig ist, damit an
den Schulen des Landes eine Kultur des Vertrauens, der Anerkennung und des
Zuhörens gelebt werden kann. Deshalb hat der Sonderausschuss nicht nur 39
landespolitisch relevante Handlungsempfehlungen erarbeitet, sondern
daran anknüpfend auch acht weitergehende Handlungsfelder aufgezeigt",
erklärte Palm. "Dabei konnte über die Parteigrenzen hinweg, aufbauend auf
den 83 Empfehlungen des Expertenkreises Amok, Einigkeit in rund 73 % der Fälle
(Handlungsempfehlungen und Handlungsfelder) erzielt werden".
Der
Vorsitzende des Sonderausschusses fasste zunächst die 39 Handlungsempfehlungen
zusammen, orientiert an den fünf Themenfeldern des Sonderausschusses:
1.
Gewaltprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
2. Zugang
zu Waffen
3.
Gewaltdarstellung in Medien, u. a. in Computerspielen
4.
Sicherheitsmaßnahmen an Schulen
5. Stärkung
des Erziehungsauftrags der Eltern
zu 1
Gewaltprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Der
Sonderausschuss empfiehlt:
1.
Kindertageseinrichtungen
zu Familienzentren ausbauen – Eltern zu Beteiligten und Mitakteuren machen
2.
Mehr
männliche Erzieher und (Grundschul-)Lehrer in der frühkindlichen Bildung als
männliche Vorbilder
3.
Ganztagesschulen
mit attraktiven Angeboten für die Bereiche praktische, kulturelle, soziale und
personale Bildung bedarfsgerecht ausbauen
4.
Kontinuierliches
Fortbildungsangebot für Lehrkräfte zur Stärkung der Erziehungskompetenz und der
Befähigung zur Elternarbeit
5.
Erziehungspartnerschaft
zwischen Schule und Eltern stärken, z.B. durch Familienbesuche der
Klassenlehrer und -lehrerinnen bei ihren Schülerinnen und Schülern, möglichst
einmal pro Schuljahr
6.
Anzahl
der Beratungslehrkräfte bedarfsgerecht erhöhen
7.
Integration
der gesellschaftlichen Angebote (Jugendverband, Vereine, Feuerwehr) im
Schulalltag bedarfsgerecht ausbauen
8.
Anti-Gewalt-Programm
„Dan Olweus“ in allen Schulen verankern und
Schulungen nach „Dan Olweus“ in die pädagogische
Ausbildung aufnehmen
9.
Schulsanktionen
so ausgestalten, dass sie von Schülern nicht auf Jahre hinaus als Kränkung
empfunden werden – „Kein Ausschluss bzw. Abschluss ohne Anschluss“
10.
Versorgung
mit Schulpsychologen verbessern
11.
Schulsozialarbeit
in bewährter Form ausbauen (mehrheitlich beschlossen)
12.
Gewaltprävention
zielgruppenspezifisch ausbauen und jungenbezogene Angebote in der Gewaltprävention
verstärken, auch unter Einbeziehung des Themas Waffen
13.
Anzahl
der Gewaltpräventionsberater an den Schulen bedarfsgerecht ausbauen
14.
Mobile
Jugendarbeit verstetigen
15.
Netzwerke
der Gewaltprävention stärken
zu 2 Zugang zu Waffen
16.
Vollzugsdefizite
bei der Überprüfung der Einhaltung der Aufbewahrungsvorschriften im Zuge einer
umfassenden Evaluation identifizieren und beheben
17.
Schützenvereine
auffordern, ihre Mitglieder bei der Umsetzung der Aufbewahrungsvorschriften zu
beraten
18.
Der
Sonderausschuss fordert die Landesregierung auf, bei den unteren Waffenbehörden
den Ansatz zu befördern, bei der Gebührenerhebung zwischen verdachtsabhängigen
Kontrollen einerseits und verdachtsunabhängigen Kontrollen andererseits zu
differenzieren und bei letzteren nur im Falle von Beanstandungen Gebühren zu
erheben (mehrheitlich beschlossen)
19.
Bundesweit
einheitliche Testverfahren für die psychologischen Eignungstests entwickeln und
anwenden
20.
Modellprojekte
für die Jugend- und Elternarbeit in den Schützenvereinen fordern und fördern
21.
Der
Sonderausschuss fordert die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu
ergreifen, um eine zeitlich begrenzte Strafverzichtsregelung bei der
freiwilligen Abgabe illegaler Waffen
entsprechend der am 31.12.2009
ausgelaufenen Amnestieregelung in § 58 Abs. 8 Waffengesetz (WaffG)
zu erreichen
zu 3
Gewaltdarstellung in Medien, u. a. in Computerspielen
22.
Gemeinsame
Erklärung des Sonderausschusses zur Medienberichterstattung
23.
Gemeinsame Erklärung des Sonderausschusses zum Jugendmedienschutz
24.
Best-practice-Beispiele zur Behandlung von Computerspielen im Unterricht
bereitstellen und multiplizieren
25.
Medienpädagogische
Arbeit zu gewalthaltigen Spielen insbesondere mit Jungen intensivieren
26.
Mehr
Personalstellen für den Arbeitsbereich Internetrecherche (AIR) beim Landeskriminalamt
(LKA) Baden-Württemberg schaffen
27.
Strafverfolgung
im Bereich der Internetkriminalität stärken
28.
Bei
der Weiterentwicklung der Lehramtsstudiengänge auf fachbezogene Angebote zur
Medienbildung achten
29.
Fortbildungsangebote
für Lehrkräfte und Leitungspersonal an Schulen im Bereich Medienpädagogik
bedarfsgerecht ausbauen und weiterentwickeln
30.
Evaluation,
Weiterentwicklung und Bündelung von erfolgreichen Medienkompetenzprojekten
zu 4 Sicherheitsmaßnahmen an Schulen
31.
Lehrer
darauf vorbereiten, wie sie bei direkter Begegnung mit Gewalttätern reagieren
können
32.
Fortbildungsangebote
für Lehrkräfte im Umgang mit Mobbing und aggressiven
Schülern bedarfsgerecht ausbauen
33.
Einheitliche
Vorgaben für Alarmsignale an allen Schulen
34.
Kommunikationssysteme
in Schulen für Meldungen verbessern
35.
Unter
Wahrung der Zuständigkeit der Schulträger: Türen mit Türknaufsystemen
ausstatten (von innen abschließbar)
36.
Angebot
einer sicherheitstechnischen Beratung der Schulträger durch die Polizei
zu 5 Stärkung des Erziehungsauftrags der Eltern
37.
Bedarfsgerechte
niederschwellige Beratungsangebote für Eltern
schaffen – institutionelle Hürden abbauen
38.
Eltern-
und Familienbildung stärker in die örtliche Jugend- und Familienhilfeplanung
einbeziehen
39.
Gemeinsame
Erklärung des Sonderausschusses zur Sozialpsychiatrischen Diagnostik und Beratung
Zu den
acht Handlungsfeldern führte Ausschussvorsitzender Christoph Palm aus:
1.
Ausbau der schulpsychologischen Beratung sowie deren Qualifizierung
·
Ausbau
der schulpsychologischen Beratung durch Erhöhung der Anzahl der Schulpsychologen
um insgesamt 100 Stellen
·
Einstiegsqualifizierung
der Schulpsychologen:
Der Sonderausschuss regt an, dass die Landesregierung die Chancen und Grenzen
für die Einrichtung eines möglichen universitären Studienangebots „Schulpsychologie“
an einer Universität des Landes prüft. Zudem scheint unter qualitativen
Aspekten ein gestufter Ausbau der 100 Stellen für neue Schulpsychologen über
drei Schuljahre angezeigt. Bereits zum Schuljahr 2010/11 sollen in einer ersten
Stufe 30 zusätzliche Schulpsychologen in den Landesdienst eingestellt werden.
Die haushaltstechnischen Voraussetzungen sind dafür umgehend zu schaffen.
·
Kontinuierliche
Qualifizierung der Schulpsychologen:
Der Sonderausschuss Winnenden empfiehlt, die erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen
zu den Schwerpunktthemen wie „Krisenintervention“, „Gewaltprävention“
u. a., an einem zentralen Kompetenzzentrum des Landes zu bündeln. Diese
Einrichtung sollte die aktuelle Forschung zu Amokläufen sowie zur Jugendgewalt
an den Schulen in die Einstiegsqualifizierung sowie die kontinuierlichen
Qualifizierungsprozesse der Schulpsychologen einfließen lassen. Dazu bedarf es
einer passgenauen Ressourcenausstattung.
2. Gewaltpräventionsprogramm nach
Dan Olweus
Wiederholt
wurde dem Sonderausschuss Winnenden in seinen Anhörungen das Konzept von Dan Olweus zur niederschwelligen
Gewaltprävention empfohlen. Dan Olweus, Psychologe
aus Norwegen, gilt als "Gründervater" der Erforschung von Gewalt an
Schulen. Ziele des Programms sind:
·
unmittelbare
und mittelbare Gewalt zu vermindern oder zu verhindern,
·
bessere
Beziehungen zwischen Gleichaltrigen an den Schulen herzustellen,
·
Bedingungen
zu schaffen, die Opfern wie Gewalttätern ein besseres Zurechtkommen innerhalb
und außerhalb der schulischen Umgebung ermöglichen.
Grundsätzlich
handelt es sich bei dem Interventionsprogramm nach Dan Olweus
um ein Schulentwicklungsprogramm auf mehreren Ebenen (Schulebene, Klassenebene,
Persönliche Ebene).
Der
Sonderausschuss Winnenden befürwortet einen weiteren Ausbau einer Gewaltprävention
nach Dan Olweus. Er regt in dem Zusammenhang an, behutsam
auf die bereits im Land ausgebildeten Strukturen aufzusetzen. Darüber
hinaus ist bei einer Umsetzung des Mehr-Ebenen-Programms nach Einschätzung des
Sonderausschusses die Kontinuität seiner Durchführung von großer
Wichtigkeit.
Schon
heute werden zahlreiche Elemente des Gewaltpräventionsprogramms nach Dan Olweus in Baden-Württemberg erkennbar umgesetzt. Allerdings
scheint es dem Sonderausschuss Winnenden angezeigt, eine flächendeckende
Umsetzung von Gewaltpräventionsprogrammen sowie deren Verankerung in den
Entwicklungsplänen der einzelnen Schulen herzustellen.
3. Stärkung der Medienpädagogik
Nach
Einschätzung des Sonderausschusses erfolgt die Umsetzung bildungspolitischer
Zielsetzungen durch die konzeptionelle und strategische Arbeit im jeweiligen
Schulreferat in Kooperation mit dem Landesmedienzentrum effektiv und effizient.
Zur
Stärkung der Medienpädagogik gibt der Sonderausschuss Winnenden auf Grundlage
der in den Anhörungen vorgebrachten Anregungen nachstehende Empfehlungen, die
in eine gezielte Weiterentwicklung einfließen können:
·
prüfen,
inwieweit einzelne Projekte im Sinne einer erhöhten Wirksamkeit zusammengeführt
werden können;
·
bedarfsgerecht
finanzielle Mittel zur nachhaltigen Verankerung erfolgreicher Projekte wie Media@culture bereitstellen;
·
die
bestehende Organisationsstruktur im medienpädagogischen Bereich evaluieren und
eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung vornehmen;
·
eine
Hotline zu medienpädagogischen Fragestellungen einrichten;
·
ein
Medienportfolio über alle Schularten entwickeln;
·
ein
Ferienkursangebot mit dem Schwerpunkt Medienerziehung prüfen und bedarfsgerecht
entwickeln;
·
durchführen
eines Bildungskongresses zum Schwerpunkt "Medienbildung“;
·
die
medienpädagogische Erziehung und Präventionsarbeit an Schulen bedarfsgerecht
weiterentwickeln;
·
qualitätssichernde Maßnahmen ergreifen, die u. a. den Bereich der Lehrerausbildung
wie der Lehrerfortbildung umfassen.
4.
Sicherheit an Schulen – direktes Alarmierungssystem
Ein
direktes Alarmierungssignal mit Pager könnte nach Auffassung des Sonderausschusses
in der Form aufgebaut werden, dass seitens des Landes ein Signal angeboten wird
und die Schulträger eigenverantwortlich entscheiden können, ob sie es in Anspruch
nehmen wollen.
Alle
Schulen, die ein solches direktes Alarmierungssystem haben, könnten dann unmittelbar
und schnell angesteuert werden.
5. Beratungsmodule
für Rat suchende Eltern in typischen Umbruchphasen des Kinderlebens
Viele
neue Eltern haben zahlreiche Fragen zur Ernährung, Pflege und Erziehung ihres
Babys. Mit dem Landesprogramm „STÄRKE“ erhalten Eltern eine Unterstützung in diesen
Fragen.
Darüber
hinaus bestehen für typische Umbruchphasen des Kinderlebens (erste Fremdbetreuung,
Kindergarteneintritt, Einschulung, Schulwechsel, Pubertät, Berufswahl) keine
adäquaten Angebote für Rat suchende Eltern. Der Sonderausschuss Winnenden regt
die bedarfsgerechte Entwicklung von Fortbildungsmodulen zur Erziehungsberatung
für diese prägenden Lebensphasen an, die Eltern eine pädagogische sowie entwicklungspsychologische
Orientierung ermöglichen. Darüber hinaus wäre es aus Sicht des
Sonderausschusses Winnenden wichtig, bereits Eltern vor der Geburt ihres Kindes
eine Teilnahmemöglichkeit am Angebot STÄRKE zu schaffen.
6.
Gewaltprävention im Sportjugendbereich – Modellprojekt Biathlon
Nach
Einschätzung des Sonderausschusses machen die baden-württembergischen
Schützenverbände wie auch alle anderen Sportvereine eine gute Jugendarbeit, die
auch den Aspekt der Gewaltprävention berücksichtigt.
Der
Sonderausschuss Winnenden möchte die erfolgreiche Jugendarbeit in den Sportschützenvereinen
stärken, indem insbesondere der Gewaltpräventionsgedanke noch intensiver betont
wird. Ein projekthaftes Angebot in einer Sportart
scheint dabei zielführend. Besonders geeignet ist aus
Sicht des Sonderausschusses die Sportart Biathlon, da neben den
Schützenverbänden des Landes auch die baden-württembergischen Skiverbände
(Winterbiathlon) sowie die Leichtathletikverbände (Sommerbiathlon) in das
Projektvorhaben einzubinden sind.
7.
Vorgezogene Evaluierung zur Umsetzung des neuen Waffenrechts im Land
Zur
verbesserten technischen Sicherung von Schusswaffen und Munition hat der Bundestag
in einer Entschließung vom 18.06.2009 (BR-Drs. 577/09) die
Bundesregierung aufgefordert, die technischen Möglichkeiten zur verbesserten
Sicherung von Waffen und Munition gegen Abhandenkommen oder unberechtigten
Zugriff kurzfristig zu prüfen und die Wirksamkeit der getroffenen Regelungen
bis Ende 2011 zu evaluieren.
Eine
Evaluierung der geplanten Vorschriften kann – wie vom Bundestag beschlossen
–nur durch das BMI erfolgen. Die noch festzulegenden technischen Vorschriften
werden bundesweit Geltung haben; in die Evaluierung müssen die bundesweit
betroffenen Kreise (u. a. Hersteller und Verbände) einbezogen werden. Eine
sachgerechte Evaluierung durch das Land ist nach Einschätzung des
Sonderausschusses in diesem Bereich nicht möglich.
Die
Waffenbehörden haben nach § 36 Abs. 3 WaffG die
Möglichkeit, die sichere Aufbewahrung von Schusswaffen, Munition oder
verbotenen Waffen am Ort der Aufbewahrung zu überprüfen. Die Waffenbehörden
in Baden-Württemberg haben mit diesen Aufbewahrungskontrollen begonnen. Inhalt
und Vorgehen werden zwischen Innenministerium und Regierungspräsidien
abgestimmt.
Der
Sonderausschuss betrachtet es als notwendig, dass möglichst frühzeitig gesicherte
Erkenntnisse über die Effizienz und Effektivität der Aufbewahrungskontrollen
vorliegen. Auf dieser Datengrundlage können gegebenenfalls frühzeitig
bedarfsgerechte Optimierungen der Aufbewahrungskontrollen erfolgen.
Dazu
sollen umfassend die Erfahrungen der Betroffenen sowie der durchführenden
Stelle mit den Aufbewahrungskontrollen erfasst werden. Die Waffenbehörden
sollen dazu aufgefordert werden, alle Kontrollen nach § 36 Abs. 3 WaffG, die vom 01.01.2010 bis 30.06.2011 durchgeführt werden, zu
erfassen und dem Landtag bis zum 15.09.2011 über die Erfahrungen der
Waffenbehörden mit den Aufbewahrungskontrollen zu berichten. Der
Sonderausschuss empfiehlt bei der Evaluation insbesondere nachstehende
Erfahrungen aufzunehmen, aufgegliedert nach Stadt- und Landkreisen:
·
Wie
viele Kontrollen (verdachtsunabhängig bzw. verdachtsabhängig) haben die Waffenbehörden
durchgeführt?
·
In
wie vielen Fällen haben Waffenbesitzer gegen die Aufbewahrungsvorschriften
verstoßen?
·
Welche
Arten von Beanstandungen wurden festgestellt?
·
Wie
kooperieren die Schützen bzw. Jagdverbände mit den Kontrollpersonen bei der
Durchführung der Aufbewahrungskontrollen?
·
Zu
welchen Konsequenzen führten die festgestellten Verstöße?
8.
Stärkung der Strafverfolgung im Internet
Die
Strafverfolgungsbehörden gehen ihren Aufgaben vorbildlich nach. Dennoch besteht
nach Ansicht des Sonderausschusses Winnenden aufgrund der geschilderten Maßnahmen
im Bereich der Ermittlungsbehörden ein erheblicher Personalmehrbedarf, um den
beschriebenen Gefahren noch effektiver zu begegnen und die Wirksamkeit der bestehenden
Gesetze zu unterstreichen. Soweit der Polizei Mehrstellen zur Bekämpfung der
Internetkriminalität zur Verfügung stehen (wie vom Expertenkreis Amok
empfohlen), verstärkt sich der Personalmehrbedarf der Justiz nochmals:
Internetkriminalität ist – in wichtigen Teilbereichen – „Holkriminalität“;
zusätzliche polizeiliche Aufklärungsarbeit, insbesondere im Bereich
anlassunabhängiger Ermittlungen, führt zu einem weiteren Anstieg der
Verfahrenszahlen, deren zeitnaher Abschluss bei Staatsanwaltschaften und
Strafgerichten im Sinne einer effektiven Strafrechtspflege unerlässlich, mit
dem gegebenen Personalbestand aber kaum zu leisten ist.
Der
größte Personalmehraufwand dürfte im höheren und gehobenen Dienst der Staatsanwaltschaften
entstehen, da im Bereich der Internetkriminalität insbesondere das Führen der
Ermittlungen eine technisch komplexe und damit zeitaufwändige Aufgabe ist. Mit
einer personellen Verstärkung der Staatsanwaltschaften wird eine steigende
Anzahl von Gerichtsverfahren – vornehmlich bei den Amtsgerichten – einhergehen.
Deshalb hält der Sonderasschuss auch eine personelle Verstärkung der Gerichte
für notwendig.
Weiterhin
sieht der Sonderausschuss Winnenden aufgrund der rasanten technischen
Entwicklung großen Fortbildungsbedarf bei den Justizbehörden, um auf „Augenhöhe“
mit den Straftätern zu bleiben.
Der
Personalmehrbedarf bei den Justizbehörden sollte zeitgleich zur beschlossenen
Personalaufstockung bei den Ermittlungsbehörden gedeckt werden. Die
haushaltstechnischen Voraussetzungen sind umgehend nach Vorliegen des Konzepts
und des Kostenplans zu schaffen.
Umsetzung muss folgen
"Der
Sonderausschuss hat seinen Arbeitsauftrag erfüllt. Was jetzt zu erfolgen hat, ist
die Umsetzung“, sagte Christoph Palm abschließend. Dafür empfehle der Sonderausschuss
dem Landtag, die Landesregierung zu ersuchen, über die Umsetzung der Handlungsempfehlungen
innerhalb vorgegebener Fristen zu berichten.
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