Dan Gurney: Der ewig spritzige Pionier und Tüftler

Von MSa-Reporter Gregor Messer
Ruhestand? Nicht für Dan Gurney. Der wichtigste Fahrerexport, den der US-Autosport je nach Europa brachte, verfolgt die Szene nach wie vor genau und entwickelt weiter seine spektakulären Alligator-Motorräder. Heute, am 13. April, feiert er seinen 80. Geburtstag.

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Foto: G. Messer

Dan Gurney 2011: Entspannt im Unruhestand. Noch heute tüftelt der ehemalige F1-Pilot an seinem "Alligator"-Motorrad.

Dan Gurney 2011: Entspannt im Unruhestand. Noch heute tüftelt der ehemalige F1-Pilot an seinem "Alligator"-Motorrad.

Weltmeister wurde der Sohn eines Opernsängers von der New Yorker Met nie. Vier GP-Siege schlagen für Daniel «Dan» Sexton Gurney zu Buche, immerhin. Darf man da von einem der Grössten sprechen? Man muss es. Und dennoch, da ist dieses vermeintliche Manko: dass er alle Gaben hatte, ausser der, die richtigen Türen zur rechten Zeit offenzuhalten. Ferrari, BRM, Brabham wurden F1-Weltmeister, als er dort gerade weg war – mit Fahrern, die langsamer waren als Gurney. «Hätte uns Dan nicht verlassen, er hätte die WM dominiert», betont Jack Brabham bis heute.

Gurney hat Naturtalent satt – das er in jedem Rennwagentyp lässig ausspielt. Zwei Jahre nach seinen ersten Rennen öffnet ihm Ferrari-US-Importeur Luigi Chinetti 1958 das Cockpit: fabelhafte Show in Sebring, Weiterempfehlung nach Maranello. Vier Sportwagenrennen fährt Gurney für Ferrari, bevor ihn Commendatore Enzo 1959 vorsichtig in seinen Formel-1-Stall hineinwachsen lässt.

Flucht zu BRM und Porsche

Auch hier fährt der Ami tadellos – und soll künftig nur noch für die Roten starten. Das will Gurney aber nicht und wechselt 1960 für 1500 Pfund Handgeld zu BRM. Ein Riesenfehler; deren P48 ist lebensgefährlich. Bremsversagen in Zandvoort: In den Dünen der Tarzankurve tötet das Salto schlagende Auto einen Jungen. Es ist diese unheilvolle Technik, die in Gurney den Gedanken reifen lässt, eigene Rennwagen zu bauen.

Er haut ab zu Porsche, hat Erfolg: 1962 der erste – und einzige – GP-Sieg für Porsche auf dem Achtzylinder-804. Auch auf der Solitude in Stuttgart siegt Gurney. Aber dieses Rennen zählt nicht zur Weltmeisterschaft. Porsche steigt aus der Formel 1 aus, Gurney steigt um zu Brabham: wieder Premierensieg, wieder in Rouen 1964.

Erfinder der Champagnerdusche

Doch «Big Dan» strebt weiter, will sein eigenes Ding machen. Designer Len Terry baut ihm 1966 den ersten eigenen Eagle-Formel-1-Wagen. 1967 erlebt Gurney dann einen märchenhaften Frühsommer. In Brands Hatch dominiert sein Eagle das Race of Champions, und es folgt mit seinem Partner Ford der grandiose Triumph gemeinsam mit A.J. Foyt in Le Mans im fetten Siebenliter-Mark-IV – ein Sieg für die Ewigkeit.

Denn in jenem Augenblick begründet Dan Gurney spontan die Tradition der Champagnerdusche im Motorsport. «Henry Ford war mit auf dem Podest, seine ganze Entourage, die Stimmung war ausgelassen, wir hatten Ferrari geschlagen. Der Moment war grossartig – ich hab’s einfach laufen lassen.» Nur eine Woche später gewinnt Gurney im Eagle in Spa: der erste – und einzige – GP-Sieg mit der Eigenkonstruktion.

Heute steht die leere Pulle aus Le Mans in seinem Büro. Dort, wo auch der erste Vollvisierhelm zu bestaunen ist, den ein Rennfahrer einsetzte: 1968 trug Gurney den schwarzen Bell-Kopfschutz beim Indy 500 (P2). Nur ein weiteres Relikt dieses so aussergewöhnlichen Rennsportlebens.

Pionier, Tüftler und Visionär

Gurney ist eine Übergrösse im Vollgas-Alltag, der fast alles gelingt. Stets Pionier, mehr aber noch Tüftler und Visionär. 1971 gelingt ihm mit einem kleinen Winkelprofil am Heckflügel ein Quantensprung in der Aerodynamik: mehr Abtrieb bei gleichbleibendem Luftwiderstand. Der «Gurney-Flap» ist auch im modernen Rennwagen-Design einfach nicht wegzudenken.

Zu der Zeit ist er schon lange mit seiner zweiten Frau zusammen: Evi Butz, die schneidige Sekretärin des Porsche-Rennleiters Huschke von Hanstein, bekommt nach einer Besprechung in Zuffenhausen Anfang der 1960er-Jahre, im Stau des verstopften Stuttgarter Pragsattels, Gurneys frontale Charmeoffensive zu spüren.

Früher Rücktritt vom Racing

«Das Leben mit Dan ist wunderbar und abwechslungsreich», schreibt sie in die alte Heimat. Aber auch gefährlich. Doch Gurney kennt die Risiken. Ein Draufgänger ist er nie. 1970 Rücktritt vom Racing, mit erst 39 Jahren. 1999 zieht er sich schliesslich ganz aus dem Renn- und Luftfahrtbusiness zurück.

Doch seit 2001, als er 70 Jahre alt wurde, hat er noch ein eigenes Motorrad entwickelt. Alligator heisst das Ding mit tiefem Sitz und Schwerpunkt. Momentan tüftelt Gurney an einer neuen Motorvariante. Bei 160 PS soll noch längst nicht Schluss sein. «Und jeden Sonntagmorgen reite ich mit den anderen Bike-Hunden aus», erzählt er. Nichts ist eben schöner als der Unruhestand.

Autor: Gregor Messer
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