zur serie

serie zur nachkriegszeit
oper und theater unter einem dach.  
home

Schauspiel in Frankfurt bis 1945

1782 bekam Frankfurt am Main mit dem Bau des "Comoedienhauses" ein erstes festes Schauspiel- und Operngebäude, davor waren es wandernde Theatergruppen, die während ihrer Gastspiele meist eigene Bühnen mitbrachten oder in Behelfsräumen spielten. Der Bau dieses Theaterhauses fiel in eine Zeit des Aufbruchs, in der das Großbürgertum begann sich dem Geist der Aufklärung und des Humanismus zu verschreiben und die ersten bedeutenden Werke deutscher Dramatiker veröffentlicht wurden.

das alte Comoedienhaus wurde 1782 eröffnet, fast einhundert Jahre haben Oper und das Schauspiel dann in diesem schlichten Zweckbau am heutigen Rathenauplatz unter einem gemeinsamen Dach gespielt. Hier konzertierte Mozart, Schiller gab die Uraufführung von "Kabale und Liebe" und auch Goethe war im Frankfurter Stadtschauspielhaus zu Gast. Unzählige Opern, Operetten und die damals noch weniger gefragten Schauspielaufführungen machten Frankfurt zu einem der ersten Plätze für die darstellende Kunst. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war die Einwohnerzahl der Stadt so drastisch gestiegen, dass das kleine Haus nur noch selten freie Plätze anzubieten hatte. Auch die gespielten Stücke wurden bühnentechnisch immer aufwendiger und so begann man sich nach einer neuen Spielstätte umzusehen. Der letzte Vorhang senkte sich am 30. Oktober 1902, neun Jahre später wurde Frankfurts erstes Theater abgerissen.

 

vier Jahre nach der Besetzung Frankfurts durch die Preußen 1866 gründete sich eine Initiative zum Bau eines repräsentativen Opernhauses. Neben der Platznot des alten Schauspielhauses fürchtete man wohl den möglichen Abstieg der freien Stadt Frankfurt zu einer preußischen Provinzstadt, so setzte das Bürgertum alles daran, durch Prunkbauten solcher Art kräftig in das Ansehen der Stadt zu investieren. 1872 begannen am Bockenheimer Tor nahe dem noblen Westend die Bauarbeiten. 6,8 Millionen Goldmark, darunter viele Spenden aus der wohlhabenden Bürgerschaft, verschlangen die achtjährigen Bauarbeiten, bei denen die Kosten geradezu explodierten und dessen Ende der ausführende Architekt Richard Lucae nicht mehr erlebte. Am 20. Oktober 1880 wird das Opernhaus endlich eröffnet, bei der Einweihung bemerkte der angereiste Kaiser Wilhelm I., dass sich "wohl nur Frankfurt solch einen Bau leisten könne, das könnte ich mir in Berlin nicht erlauben." Die Stadt am Main besaß nun eines der schönsten Opernhäuser der Welt.

das die Finanzlage der Stadt um die Jahrhundertwende wirklich ausgezeichnet gewesen sein muß, zeigte nur zwanzig Jahre später der Beginn der Bauarbeiten an einem weiteren Prunkobjekt, der das alte Comoedienhaus am Rathenauplatz ablösen sollte. In Renaissanceformen mit Jugendstilelementen entstand ab August 1899 in Nähe des Mains ein aufsehenerregender Theaterbau mit Parkett und drei Rängen für 1166 Zuschauer. Das Frankfurter Neue Schauspielhaus, das für 2,3 Millionen Mark Baukosten am 1. Oktober 1902 eröffnet wurde, entwickelte sich in den kommenden Jahren zu eine der bedeutendsten Bühnen, Frankfurt galt bis zur Ausrufung des "Dritten Reichs" neben Berlin als lebendigste Theaterstadt Deutschlands, die Besucherzahlen stiegen stark an. Neben dem Theaterbau links sieht man auf diesem Foto die Terrassen und Säulengänge des Wein- und Bierrestaurants "Faust" mit dem großen Wirtschaftsgarten, -vor allem im Sommer ein beliebter Treffpunkt.

bis zum Jahre 1905 entstand in einer der letzten Baulücken gegenüber dem Hauptbahnhof das Schumanntheater. Der am 5.Dezember gleichen Jahres eröffnete Kolossalbau mit zeitgemäßer Jugendstilfassade kostete seinen Besitzern, der Zirkusfamilie Albert Schumann stolze zwei Millionen Mark. Das prunkvolle Äußere des Gebäudes setzte sich im Haus fort, aufwendiger Skulpturenschmuck, Wand- und Deckengemälde, mehrere Restaurationsbetriebe, sogar ein Wassergraben zierten das Hausinnere. Im überkuppelten Manegensaal, der 4000 Zuschauern Platz bot, fanden überwiegend Zirkus- und Varietévorstellungen statt, später Operettenaufführungen, doch auch politische Versammlungen bewegten dort die Frankfurter. Es gab kaum eine große Attraktion, die in den Jahren bis zum zweiten Weltkrieg nicht in diesem "Weltstadt-Etablissement" aufgetreten wäre. Das letzte Kapitel war weniger festlich, nach der Zerstörung am 22.3.1944 stand die schöne Fassade zunächst noch fast unversehrt, die Restaurantanlage der Ruine wurde bis 1958 von der US-Armee genutzt. Rücksichtslos wurde das einst weltberühmte Schumann-Theater schließlich im Herbst 1961 abgerissen und bis November 1967 durch einen nüchternen Zweckbau ersetzt.

der Kontrast zum eher volkstümlichen Schumann-Theater war das vielleicht innovativste Theater jener Zeit, das Neue Theater an der Mainzer Landstraße 55, bis September 1911 durch private Spenden erbaut und betrieben durch seinen legendären Direktor Arthur Hellmer. Jede Woche gab es eine Premiere, oft fanden hier Uraufführungen moderner Autoren statt, die dem Theater eine herausragende Stellung im Deutschen Reich verschafften. Das 770 Plätze fassende Haus war ständig ausverkauft, die gute Finanzlage ermöglichte die Aufführung zugkräftiger Stücke und das Engagement der besten Schauspieler. Doch auch als Talentschmiede war das Neue Theater bekannt, Schauspieler wie Hans Albers, Theo Lingen, Heinrich George, Marianne Hoppe und unzählige weitere junge Darsteller spielten hier ihre ersten Rollen. Das Ende für das Privattheater kam 1934, die braunen Machthaber unterstellten es den bereits gleichgeschalteten Städtischen Bühnen und nannten es "Kleines Haus". Der über lange Jahre so erfolgreiche Direktor Arthur Hellmer wurde seines jüdischen Glaubens wegen aus Frankfurt fortgejagt. 1944 wurde auch dieses Gebäude durch einen Bombenangriff zerstört. Nach dem Krieg entstand hier das Verbandshaus der Chemischen Industrie.


Foto:Eschen

im Juni 1932, zu Goethes hundertstem Todesjahr, begann das Frankfurter Schauspielhaus auf dem Römerberg eine Reihe von Freilichtaufführungen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im folgenden Jahr wurden diese bereits als "reichswichtig" eingestuft und offiziell als "Römerberg-Festspiele" geführt. Sie hatten schnell internationalen Ruf, wurden begeistert aufgenommen und brachten dem Regime durchaus die gewünschte Außenwirkung. Jeden Sommer wurden Tribünen für rund 1500 Zuschauer aufgestellt, weitere 1000 konnten aus den Fenstern der umliegenden Häuser die monumentalen Aufführungen in der mittelalterlichen Atmosphäre des Römers und der alten, verwinkelten Gassen der Altstadt beobachten (Bild links, Aufführung des "Faust" 1935). Unzählige Statisten aus der Frankfurter Bevölkerung nahmen an über 350 Aufführungen in acht Jahren teil. Im August 1939 erloschen die Scheinwerfer für immer, fünf Jahre später stand dort kaum noch ein Haus .

der Erfolg der Römerberg-Festspiele stand im Gegensatz zur Entwicklung der Städtischen Bühnen Frankfurt während der Naziherrschaft. Schon zur Machtergreifung wurden die verschiedenen Häuser unter einem Generalintendanten gleichgeschaltet, die ehemaligen Direktoren abgesetzt. Spielplan und Besetzungslisten wurden partei-ideologisch ausgerichtet und sollten nun der Propaganda dienen. Die Ränge des Schauspielhauses litten stark an Besucherschwund, das Frankfurter Theaterpublikum hatte wenig Lust sich die mäßigen Belehrungsstücke der neuen Machthaber anzuschauen, aber auch die Konkurrenz durch Radioübertragungen, Kino und Sportveranstaltungen wurde deutlich spürbar. Das traurigste Kapitel dieser Zeit aber war das Schicksal vieler, in der Glanzzeit der zwanziger Jahre noch umjubelter jüdischer Schauspieler und Opernsänger. Sie wurden entlassen, nicht wenige in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet. Weitere Mitglieder der Städtischen Bühnen starben auf den Schlachtfeldern des zweiten Weltkrieges.

 

Oper und Theater nach 1945

trotz der aussichtslosen Lage nach den schweren Bombenangriffen 1944, in denen Opernhaus, das Schauspielhaus und das Neue Theater im Westend völlig zerstört wurden und als Spielstätten nicht mehr zu gebrauchen waren, gab es einige Unermüdliche, die der traumatisierten Bevölkerung Ablenkung bieten wollten. Einer von ihnen war der seit langem in Frankfurt tätige Komödiant Toni Impekoven, er konnte die amerikanische Besatzungsmacht im Juli 1945 überzeugen, ihn als Intendanten einzusetzen und erste Aufführungen zu genehmigen. Am 27. August fand im Zirkus Holzmüller im Ostend erstmals nach dem Krieg mit einem Opernkonzert wieder eine offizielle Aufführung des Stadttheaters statt. Weitere Vorstellungen folgten ab 5. September 1945 im ehemaligen Reichssender Radio Frankfurt in der Eschersheimer Landstraße.

am 3. November 1945 siedelte die Oper für sechs Jahre in einen engen Saal der Börse, danach "übernahm" das Schauspiel diesen Notbehelf für weitere zwölf Jahre; -was als Übergangslösung gedacht war, sollte insgesamt achtzehn Jahre Bestand haben!
bild: So sahen Theaterproben in den ersten Jahren aus: in kalten, ungeheizten Räumen von dessen Wänden der Putz fiel und meistens ohne jegliche Requisiten mußten Schauspieler unter widrigsten Bedingungen improvisieren. Eine Aussicht auf schnelle Wiederherstellung geeigneter Spielstätten gab es nicht, es mußten Provisorien gefunden werden.


Foto:Jäger

ein solches war eine leidlich erhaltene Turnhalle in der Veitstraße in Sachsenhausen. Dort entstand das "Kleine Komödienhaus", ab 15. Juni 1946 luden ärmliche Programmzettel zu einer ersten Vorstellung. Die Halle war mit einer winzigen Bühne ausgestattet, im Zuschauerraum standen immerhin rote Plüschsessel, die aus den zerstörten Häusern der Städtischen Bühnen gerettet werden konnten. Für musikalische Untermalung mußten Musiker aus einem Nebenraum sorgen, Tonbänder oder Lautsprecher gab es nicht, einzige technische Raffinesse war ein Einzel-Scheinwerfer, mit dem man die Schauspieler anleuchten konnte. Über fünf Jahre wurde hier gespielt, am 30. Dezember 1951 war die letzte Vorstellung, die Turnhalle existiert noch heute, eine Gedenktafel an einer Mauer der heutigen Walter-Kolb-Straße erinnert an diese abenteuerliche Zeit.

am 19. Juli 1946 spielten die Städtischen Bühnen erstmals im Hof des schwer beschädigten Karmeliterklosters an der Münzgasse, gegeben wurde Shakespeares "Was ihr wollt", es folgten 15 weitere Spielzeiten unter freiem Himmel bis zum Jahr 1960. Die Ruine mit den wildbewachsenen Mauerresten, -Arkaden, auf denen der Wein wuchs und eine Trauerweide in der Bühnenmitte faszinierte das Frankfurter Theaterpublikum: "Wenn das Dichterwort erklingt und die Scheinwerfer über das einfache Bretterpodest huschen, dann triumphieren die Musen und die Geräusche der Großstadt klingen nicht mehr an die Ohren der Verzauberten", schrieb ein Stadtführer jener Zeit begeistert über die Idylle des ehemaligen Klosters. Doch die "Ruinenromantik" der frühen Nachkriegsjahre wich nach zwei umfangreichen Restaurierungen des Klosters in den Jahren 1954 und 1956, der Spielplan hing stark vom Wetter ab und mit der anfänglichen Ruhe war es schnell vorbei. Die nördliche Flugroute des Rhein-Main-Flughafens führte genau über die Innenstadt, der Lärm der Propellermotoren störte zunehmend die Stille hinter den dicken Klostermauern, nicht selten mußte gar der Ablauf einer Freilichtaufführung mit dem Flugplan koordiniert werden, um dem ärgsten Krach zu entgehen. Dem gestiegenen Anspruch der Theaterbesucher konnte das alles wohl nicht mehr genügen, im August 1960 fand im Karmeliterkloster die letzte Vorstellung statt.

eine ausführliche Beschreibung über die Geschichte der Städtischen Bühnen nach dem Krieg findet sich in den Jahresberichten der Stadt 1945-1972 .


Foto:Klar

 

Der Wiederaufbau des Schauspielhauses 1949-51

ehe die Entscheidung über den Aufbau dieses am 29. Januar 1944 zerstörten Hauses (Abb. links und weiter oben) fiel, stand die Theaterbaufrage lange Zeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Über vier mögliche Lösungen wurde debattiert: Wiederaufbau des Opernhauses, des Schauspielhauses, des Neuen Theaters oder Neubau eines Theaters an anderer Stelle. Nach langer Prüfung fiel die Entscheidung auf das frühere Schauspielhaus, weil hier wichtige Einrichtungen in den Kellergeschossen noch vorhanden und die besten Voraussetzungen für eine Erweiterung des Bühnenhauses mit allen notwendigen Funktions- und Magazinräumen gegeben waren. Das frühere Opernhaus schied für den Wiederaufbau wegen der zu hohen Kosten aus, das Neue Theater wegen der ungeeigneten Lage, der Nichtverwendbarkeit für die Oper und den fehlenden Erweiterungsmöglichkeiten. Ein völliger Neubau wurde verworfen, weil damit sowohl das Opernhaus als auch das Schauspielhaus vermutlich dem völligen Untergang geweiht gewesen wären.

im Februar 1948 bildete sich ein Patronatsverein, der den Wiederaubau des Schauspielhauses einleiten wollte. In einer Zeit, wo es an Wohnungen, Schulen und Krankenhäusern mangelte, galt es die städtischen Entscheidungsträger zu überzeugen, "den Wiederaufbau der Städtischen Bühnen mit Rat und Tat auf breitester Grundlage zu fördern, das Frankfurter Theaterwesen ideell und materiell zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass das durch äußere Umstände besonders hart getroffene Theaterleben Frankfurts wieder die Stellung erhält, welche seiner Vergangenheit und der Bedeutung der Stadt entspricht.", so die Satzung. Am 5. August 1948 wurde ein hochrangig besetztes Kuratorium unter dem Ehrenvorsitzenden Oberbürgermeister Walter Kolb berufen, dass sich dafür einsetzen sollte.
mit einer Summe von 9000 Mark aus einem Benefizkonzert wurde der finanzielle Grundstock gelegt, es folgten Tombolas, der symbolische Verkauf von Bausteinen und Zündhölzern, viele weitere Spenden erhöhten rasch den Wiederaufbaufond des Patronatsvereins. Anfang 1949 begann die Enttrümmerung des Innenraumes des Schauspielhauses (Bild links), das haushohe Gewirr aus Eisenträgern und 2000 Kubikmetern Trümmerschutt wurde abgetragen und die Fundamente freigelegt, um statische Untersuchungen einzuleiten. Ein Jahr später waren diese Arbeiten abgeschlossen. Als im Oktober 1949 die Stadtverordnetenversammlung weitere Baumaßnahmen bewilligte, schien der erste Bauabschnitt (Wiederherstellung des Bühnenhauses, Zuschauerraumes und der Eingangshalle) zum Kostenpreis von 1,4 Millionen Mark auf den Weg gebracht.

wie der Blitz aus heiterem Himmel schlug daher am 13. Februar 1950 die Nachricht ein, dass der Magistrat die komplette Schließung der Städtischen Bühnen und die Einstellung jeglicher Bauarbeiten beschlossen hatte. "Allem voran", hieß es in der Begründung, "geht die Sicherung der nackten Existenz unserer Mitbürger, dazu gehören in erster Linie die Beschaffung von Wohnraum, die Wiederherstellung von Schulen, Krankenhäusern. Diese Grundlagen bieten erst die Voraussetzung für die Pflege jedes kulturellen Lebens", -die "Frankfurter Theaterkrise" war geboren. Die Bevölkerung sah das alles anders: Bis zum 10. März 1950 hatten sich bei einer Unterschriftenaktion 50000 Bürger für den Erhalt der Städtischen Bühnen ausgesprochen (Foto links); Schauspieler, Sänger, Intendanten waren in Wohnungen und Betriebe gegangen, die Frankfurter Tageszeitungen halfen kräftig mit: Im Juni 1950 beugten sich die Stadtverordneten -die Krise war abgewendet, alle Parteien genehmigten rund zwei Millionen Mark zur Fortführung der Bauarbeiten, das städtische Theater durfte weiterleben!

zwischen 1950 und 1951 ist der Theaterplatz eine Großbaustelle, aufwendige Gerüste stehen am Portal und am Bühnenturm, der im Krieg eingestürzt war und dessen ehemalige Kuppel nicht wieder errichtet wurde. Innerhalb der alten Fassade des zerstörten Schauspielhauses entsteht durch Um- und Ausbau in nur 15 Monaten praktisch ein ganz neues Haus. Bemerkenswert ist die Bühne, die aus zwei Drehscheiben besteht, -eine große mit 38 Metern Durchmesser und einer kleinen 16-Meter Scheibe, die innerhalb der großen rotiert. Der Orchestergraben konnte bei Aufführungen des Schauspiels versenkt werden. Nach der Eröffnung am 23. Dezember 1951 wurde das Gebäude als "Großes Haus" Hauptspielstätte für die Oper und zweimal im Jahr Gastgeber für das Schauspiel.

die Gestaltung des Zuschauerhauses und des gesamten Innenausbaues wurde von der Architektengruppe Apel in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt ausgeführt. Aus einer Bauschrift von 1954: "Ihr Bestreben war es, eine Atmosphäre von Sammlung und Konzentration zu schaffen, die sich von den äußeren Eingangsportalen bis in den Zuschauerraum hinein immer mehr verdichtet. So herrscht in der Kassenhalle und im Foyer Weite und Repräsentation, größere Intimität jedoch bestimmen schon die Wandelhallen mit ihren geschwungenen Treppen und der gekehlten Wand, die das Oval des Zuschauerraums begrenzt. In diesem vollends herrscht Stille und Sammlung, nicht zuletzt dank der von Rostrot in sanftes Ocker spielenden Farbtöne von Wänden, Polsterung und Bühnenvorhang. Die Akustik ist als sehr gut anerkannt. Bei dem inneren Ausbau hat man auf die billigere Lösung des vielfach bevorzugten Ein-Rang-Theaters verzichtet, um einen dadurch notwendig entstehenden kinoartigen Eindruck zu vermeiden, und statt dessen in Anlehnung an die einstige Bauform drei Ränge geschaffen (Bild), deren kräftige Schwingung das Oval des Raumes gleichsam zusammenhält."

 

Bau der Theaterdoppelanlage 1959-63

die Arbeitsbedingungen für die Oper hatten sich durch den Wiederaufbau von 1951 stark verbessert, was man von der provisorischen Bühne des Schauspiels im Saal der Börse nicht sagen konnte, aus dieser Not beschlossen die Stadtverordneten 1954 den Bau eines Hauses für das Theater. Die Architektengruppe Apel, Beckert und Becker stellte um 1956 ein Modell vor, dessen Ausgangspunkt das Alte Schauspielhaus war, in das Opernhaus, Schauspiel und eine kleinere Bühne mit insgesamt 2500 Plätzen baulich integriert werden sollten. Die Zusammenfassung von Oper und Theater auf einem Gelände bot den Vorteil gemeinsamer Nebenräume und Werkstätten. In dem Neubau sollten auch die zentrale Verwaltung der Städtischen Bühnen, zwei Gaststätten und umfangreiche Gaderobenanlagen enthalten sein.

ende 1959 begannen die Arbeiten, die Ruinen des alten Bierrestaurants "Faust" und einiger Wohnhäuser an der Neuen Mainzer Straße wurden abgerissen, Säulen und Terrassen des Wirtschaftsgarten beseitigt, Kanäle für Fernheizung und Telefonverteilerschächte gelegt. Dort begann als erster Bauabschnitt die Errichtung der neuen Schauspielbühne mit der Grundsteinlegung am 7. Mai 1960, im Bild der Frankfurter Oberbürgermeister Werner Bockelmann.

im zweiten Abschnitt wurden die alten Fassaden des Schauspielhauses abgeschlagen, auch die schönen Türme fielen. Im Bild vom Sommer 1962 läßt sich der Baufortschritt an den beiden Gebäuden gut erkennen.

im dritten Bauabschnitt wurde die Foyeranlage mit einer 120 Meter langen, einheitlichen Glasfassade vor die Rohbauten gesetzt. Eine technisch detaillierte Beschreibung der Baumaßnahmen: .

das Bild zeigt die mit Gerüsten versehene Gesamtanlage zwei Monate vor Ende der Arbeiten (Oktober 1963), hinten das Betongerippe des zu gleicher Zeit entstandenen Hochhauses der Schweizer National-Versicherung .

am 14. Dezember 1963 konnte im Beisein des stolzen Generalintendanten Harry Buckwitz das Schauspiel mit der Premiere von Goethes "Faust I", eine Woche später die kleine Kammerspielbühne mit Wittlingers "Seelenwanderung" eröffnet werden. Für Frankfurts Schauspiel endete ein rund 18-jähriges Provisorium.

über die Baukosten von rund 25 Millionen Mark für das "teuerste Theater der Bundesrepublik", wie damals eine Zeitung kritisierte, wurde noch ein wenig gestritten. Wenn man jedoch bedenkt, "daß einige gute Schauspieler nicht nach Frankfurt kamen, da sie -nach ihrer Meinung- es als eine Zumutung empfanden, in der Börse aufzutreten", so eine weitere Kritik und das Kultur-Dezernat der Jugend gar empfahl: "Denkt einmal nicht nur an die Mopeds, geht auch einmal ins Theater!", hatte sich diese Ausgabe für die Stadt und ihre repräsentative "Theaterinsel" doch allemal gelohnt...!

 

Kunst auf der Theaterinsel

Marc Chagall - "Commedia dell'arte"

im Jahre 1958 trat die Stadt an den "Vater des Surrealismus", den in Rußland geborenen französischen Maler und Illustrator Marc Chagall (1887-1985 ) heran, und konnte ihn zur Arbeit an einem Großgemälde für das Foyer des geplanten Theaterbaus gewinnen. Die Herausforderung war enorm: Der Maler mußte ein monumentales Gemälde für einen Raum konzipieren, der zum Zeitpunkt der Entstehung noch gar nicht gebaut war! Chagall ließ sich die Baupläne mit den exakten Maßen des Eingangsbereiches geben, um ein Format von 4 mal 2,50 Meter festzulegen. Neben der Größe des Bildes waren Auswahl und Anpassung der Ölfarben an die schwierigen Verhältnisse unter dem Kunstlicht des Foyers zu meistern. Die Arbeiten an dem Gemälde dauerten das volle Jahr 1959, seit dem 15. Dezember 1963 hängt das Bild als fester Bestandteil in der neuen Theateranlage.

das Bild zeigt den Künstler Marc Chagall vor seinem Werk, das Ölgemälde soll an das alte italienische Volkstheater erinnern: eine bewegte Welt voll Musik, Akrobaten, einem Liebespaar, einem Blumenstrauß...

Zoltan Kemeny - "Goldwolken"

blick in das Foyer der neuen Theateranlage, unter der Decke hängt die wolkenartige Skulptur des ungarischen Künstlers Zoltan Kemeny (1907-1965). Sie sollte die Monotonie der hohen, schmucklosen Betondecke auflockern und die Raumproportionen des Foyers besser strukturieren. Kemeny: "Diese Deckenplastik soll explosiv wirken, die Fantasie der Besucher anregen und in die Welt des Theaters führen." Den Frankfurtern im Jahr 1963 war das wohl doch etwas zu modern, es gab hitzige Debatten über die "Wolken".

 

 

während die moderne Kunst am Bau diskutiert wurde, war das Schicksal der abgeschlagenen Büsten von Goethe und Schiller besiegelt, beide standen einst weit voneinander auf der alten Fassade, im Sommer 1962 warteten beide Köpfe nun vereint auf den Abtransport von der Baustelle (Bild unten). Abenteuerlich war das Schicksal der Pantherquadriga vom Giebel des alten Schauspielhauses, von der der nächste Teil der Serie über den Wiederaufbau der Alten Oper berichtet.

 
© JHS, 01.06.04
frankfurt baut auf