Chronik des Höhlenforschungstauchens in Deutschland:
Diese kurze Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
und berücksichtigt momentan noch schwerpunktmäßig den süddeutschen
Raum. Die Jahreszahlen geben manchmal nur den ungefähren Erforschungszeitraum
an, da einige Forschungstouren und Ergebnisse stellenweise noch nicht vollständig
publiziert sind. Sollte jemand noch zusätzliche Daten haben, die hier
keine Berücksichtigung gefunden haben bin ich für eine Mail jederzeit
dankbar.
Noch einmal herzlichen Dank an Andreas Wolf (Verein für Höhlenkunde
München), der mich mit neuer Information zur Forschungsgeschichte
der Frickenhöhle versorgt hat.
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Um 1880: Ein Helmtaucher taucht im Quelltrichter des Blautopf.
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1886: Ein Helmtaucher erkundet den Eingangsbereich des Aachtopfes.
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1904: Einer der ersten in Deutschland dokumentierten Tauchversuche
in einer Höhle wird von Karl Massatsch und Erich Stockmeyer in der
Falkensteiner Höhle unternommen (in Apnoe).
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1953: Klaus Böhm durchtaucht den 1. Siphon der Falkensteiner
Höhle. Die Falkensteiner Gruppe um Walter Eisele und Friedrich Bänisch
treibt die Erforschung voran.
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1957: 2 Münchner Taucher tauchen im Blautopf und beschreiben
erstmals die Düse am Grund des Quelltrichters.
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1959: Hans Matz und Martin Kolb durchtauchen den 1. Siphon der Wulfbachquellhöhle
(in der Badehose!) und den 2. und 3. Siphon in der Falkensteiner Höhle.
Manfred Keller gelingt die Durchtauchung des 1. Mordlochsiphons. Die Höhlenforschungsgruppe
Eschenbach/Göppingen räumt mehrere Verstürze ab und erforscht
die 2 Hauptgänge der Höhle. G. Wellhöfer betaucht den Labyrinthsiphon
in der Wimsener Höhle bis zu einer Auftauchstelle.
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1960: Die Höhlenforschungsgruppe Eschenbach/Göppingen
beginnt unter der Leitung von Manfred Keller mit der Erforschung des Blautopfes
und vermißt die Höhle bis auf 105m Gesamtlänge vom Eingang.
Außerdem durchtaucht die Gruppe die ersten beiden Siphone im Forellenloch.
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1961: Hartmut Bender taucht im Ostsee der Kluterthöhle. Jochen
Hasenmayer, S. Liebold und H. Matz durchtauchen den Labyrinthsiphon in
der Wimsener Höhle.
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1963: Ein tödlicher Unfall ereignet sich in der Aachquellhöhle.
September: Hans Dauer und Norbert Schuch durchtauchen erstmals den
Burgrainer Syphon und dringen fast 200m weit in bis dahin unbekannte Gangstrecken
vor.
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1964: 4 Tübinger Studenten werden in der Falkensteiner Höhle
vom Hochwasser eingeschlossen und können nach 66 Stunden von Höhlentauchern
befreit werden.
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1965: Die Höhlenforschungsgruppe Eschenbach/Göppingen
hat das Mordloch auf eine Gesamtlänge von 2410m erkundet. Jochen Hasenmayer
erforscht die Wulfbachquellhöhle bis Siphon 4, wo ihn ein Versturz
zur Umkehr zwingt. Zusammen mit Alexander Wunsch durchtaucht er die Mordloch
Endsiphone und erforscht die Brunnensteighöhle bis zum 20. Siphon.
Der Thiergartener Bröller wird bis zu einer unschlufbaren Spalte erforscht.
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1966: Schurr, Holder, Erz, Kienzle, Thomanetz u. Lesicki von der
Höhlenforschungsgruppe Eschenbach/Göppingen haben das Forellenloch
bis zu einer Unterwasserengstelle im 7. Siphon erforscht und vermessen.
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1967: Jochen Hasenmayer und Alexander Wunsch durchtauchen 2 kurze
Siphone im Großen See und Westsee 2 der Kluterthöhle.
7. Januar: Norbert Schuch und Siegfried Weindel durchtauchen zum erstenmal
vollständig den 140 m langen Styxsyphon und erreichen nach ca. 80m
einen weiteren Syphon.
26. November: Wiederum mit Unterstützung durch den Münchener
Höhlenverein, erfolgte der bis dahin weitreichendste Tauchvorstoß.
Die Höhlentaucher Hasenmayer, Schuch und Wunsch drangen jenseits des
Styxsyphones ca. 340m in eine langegezogene Kette weiterer Syphone vor,
deren Ende nicht erreicht wurde.
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1968: Ein Mitglied der Höhlenforschungsgruppe Eschenbach/Göppingen
verunglückt im Blautopf tödlich.
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1970: Jochen Hasenmayer dringt im Aachtopf bis 400m vom Eingang
vor. Über die weitere Erforschung ist leider wenig publiziert. Mitte
der 80-er Jahre beginnt Harald Schetter mit der Weiterforschung.
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1971: Jochen Hasenmayer und Alexander Wunsch haben die stark verschlammten
Siphone des Elsachbröllers durchtaucht und den Klammgang erreicht.
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1975: Jochen Hasenmayer betaucht den Schluchtsiphon in der Wimsener
Höhle 400m weit.
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1977: 4 Sporttaucher werden im Mordloch von Hochwasser eingeschlossen,
können jedoch nach 2 Tagen befreit werden. Jürgen Zerweck und
Manfred Bartsch stoßen durch den Eisele Versturz in der Falkensteiner
Höhle bis zum 4. Siphon bei 3400m vor.
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1979: Wolfgang Morlock durchtaucht den 1. Siphon im Hölloch.
Tödlicher Unfall eines Tauchers in der Aachquellhöhle.
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1980: Jochen Hasenmayer erreicht in einer Mammuttour in der Falkensteiner
Höhle bei ca. 5000m vom Eingang den 26. Siphon.
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1983: 2 Sporttaucher ertrinken im Blautopf.
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1984: Axel Gnädinger durchtaucht den Schwarzen Siphon in der
Roter-Brunnen-Höhle
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1985: Axel Gnädinger überwindet den Versturz im Siphon
4 der Wulfbachquellhöhle, durchtaucht weitere 6 Siphone und trifft
bei 1100m auf einen neuen Versturz. Jochen Hasenmayer erreicht im Blautopf
nach 25-jähriger Forschungstätigkeit bei 1250m eine große
Überwasserhalle, den "Mörikedom". Er entwickelt eine neue, heftig
umstrittene Theorie über das Alter der Verkarstung und das Vorhandensein
großer Heißwasserressourcen in Süddeutschland.
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1986: Die Höhlenforschungsgruppen Stuttgart, Kirchheim und
Ostalb haben im Mordloch mehrere Seitengänge erkundet und die Höhle
auf 4320m vermessen.
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1987: Jürgen Bohnert, Andreas Kücha und Kai Neumann von
der Höhlen-INGO vermessen das Forellenloch neu und erforschen den
7. Siphon bis zu einem Unterwasserversturz.
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1988: Andreas Kücha durchtaucht den 1. Siphon in der Schwarzbachquellhöhle.
In den darauffolgenden Wintern wird die Höhle von Tauchern der Höhlenforschungsgruppen
Kirchheim und Ostalb weitererforscht.
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1989: A. Bayer, M. Mayberg und B. Rinne erreichen im Elsachbröller
das Ende des Klammganges, einen Endversturz, dessen Existenz bisher noch
nicht publiziert war. Jochen Hasenmayer wird durch einen Dekompressionunfall
im Wolfgangssee querschnittsgelähmt.
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1990: Josef Schneider erreicht im Büchelbrunner Bröller
im 5. Siphon eine Wassertiefe von 25m. Jürgen Bohnert und Andreas
Kücha tauchen erstmals mit Preßluftgeräten im 20. Siphon
der Brunnensteighöhle und folgen einem großen Unterwassergang
Richtung Westen .
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1991: Wolfgang Morlock taucht den 1. Siphon im Kesselbröller
an.
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1993: Im französischen Mouthe an der Source de Doubs treffen
sich mehrere deutsche Höhlentaucher und gründen das Speleo Aquanauten
Team (SAT). Zweck des Zusammenschlusses ist, das bisher vorherrschende
Einzelgängertum der deutschen Höhlentaucher zu durchbrechen und
die Zusammenarbeit untereinander zu fördern.
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1995: 2 Höhlengänger werden in der Falkensteiner Höhle
von Hochwasser eingeschlossen, können jedoch von Höhlentauchern
nach 1 Tag befreit werden. Die Höhlenforschungsgruppen Kirchheim und
Ostalb können 3 Verstürze in der Wulfbachquellhöhle abtragen
und entdecken ca. 5 km Neuland. Der Kesselbröller wird von Matthias
Leyk, Marcel Hüttemann und Thomas Unger auf eine Gesamtlänge
von 509m erforscht und vermessen. Hermann Maier durchtaucht unterstützt
von Mitgliedern des Höhlenvereins Sonthofen den 3. Siphon im Hölloch.
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1996: Jochen Hasenmayer taucht mit einem selbstentwickelten Höhlen
U-Boot ca. 80m in den Blautopf ein, entdeckt eine Struktur, die er als
"Bachbett" deutet und nach deren Entdeckung seiner Meinung nach "große
Teile der Höhlen- und Landschaftsgeschichte weltweit umgeschrieben
werden müssen", was zu heftigen Auseinandersetzungen mit verschiedenen
Geologen führt.
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1997: Ein Wissenschaftlerteam (Arge Blautopf) erhält die Genehmigung,
im vorderen Bereich der Blautopfhöhle wissenschaftliche Forschungen
anzustellen. Unter anderem ist geplant die Höhle bis in eine Entfernung
von 400 m vom Eingang durch eine exakte Vermessung zu dokumentieren.
Siegfried Geiger und Andreas Kücha betauchen unterstützt
von HFGK/INGO-Tauchern
den Schluchtsiphon in der Wimsener Höhle auf 60 m Wassertiefe.
In der Wulfbachquellhöhle überschreiten Jürgen Bohnert
und Salvatore Busche von der HFGK/INGO die 6000 Meter - Vermessungsmarke.
Damit wird die Höhle zum viertlängsten Karstobjekt in Deutschland.
Weitere Fortsetzungsmöglichkeiten sind vorhanden.
Andreas Wolf und seine Kollegen vom Sonthofener und Münchner Höhlenverein
treiben die Erforschung und Vermessung des Höllochs mit großem
Erfolg voran.
15. September: Weiterer Versuch des Münchener Höhlenverein
in die hinteren Syphonteile der Frickenhöhle über den Styxsyphon
vorzudringen. Bei hohem Wasserstand versperrte nach 145m ein Unterwasserversturz
in 6m Wassertiefe im Styxsyphon den Weiterweg zur anschließenden
Syphonkette. Die Taucher Keim und Wolf müssen unverrichteter Dinge
umkehren. Die Unterwasserforschungen wurden / werden in anderen Höhlenteilen
fortgesetzt.
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1998: Das traditionelle Schwarzbachforschungslager der HFGK/INGO
ist sehr ereignisreich.
Die Gesamtlänge übersteigt nun die 2 Kilometer Marke, immer
noch ist kein Ende abzusehen.
Mit einem großen Eklat endet die diesjährige SAT-Sitzung:
zehn der aktivsten Höhlenforschungstaucher verlassen die Gruppierung,
nachdem es zu Auseinandersetzungen über die zukünftige Richtung
gekommen war. Damit repräsentiert SAT nur noch eine kleine höhlentauchende
Minderheit. Die Majorität der in Deutschland aktiven Höhlenforschungstaucher
denkt an die Gründung einer primär wissenschaftlich ausgerichteten
Nachfolgeorganisation.
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1999: Im Schwarzbach werden von der HFGK/INGO 2,8 km Gesamtganglänge
erreicht. Der neue Vermessungsstand im Wulfbach liegt bei 6,6 km. Die Münchner
und Sonthofener Höhlenforscher erreichen im Hölloch in mehrtägigen
Biwaktouren eine neue Gesamtlänge von 4,8 km. Die Zwischenergebnisse
der Arbeitsgemeinschaft Blautopf werden auf dem Symposium für Verkarstung
in Süddeutschland präsentiert. Es kommt zur Gründung der
Höhlentauchsektion des Verbandes deutscher Höhlen- und Karstforscher,
die sich in Zukunft um die Erarbeitung von Ausbildungsstandards und die
Förderung des Nachwuchses bemühen will. Im Hausener Bröller
wird der Endsiphon durch Forscher der neu fusionierten HFGOK (vormals HFGK/INGO)
vermessen. Im Blautopf erreicht Jochen Hasenmayer mit seinem Höhlen-
U-Boot das Joch, eine Engstelle bei 240 m.
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2000: In der Schwarzbachquellhöhle erreichen HFGOK-Forscher
die 3,1 km Ganglänge. Ein Biwak wird eingerichtet und in einer 52
h Biwaktour werden weitere Fortsetzungen entdeckt, darunter ein bewetterter
Schachtzubringer.
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