Temeschburg - die Hauptstadt Ungarns (3)

Nach dem Aussterben der Árpáden-Dynastie bestieg Karl Robert als erster Vertreter des Hauses Anjou den ungarischen Thron. Er geriet bald in einen schweren Konflikt mit dem ungarischen Adel. Um die siebenbürgischen und Banater Adligen auf seine Seite zu gewinnen, besuchte er 1307 zum ersten Mal Temeschburg. Bei dieser Gelegenheit erteilte er seine Anweisungen über die Art und Weise, in der eine neue königliche Festung erbaut werden sollte.

Die Begh (Bega - damals als Kleine Temesch bekannt) verzweigte sich bei Temeschburg in drei Arme, der mittlere davon floss ungefähr da, wo sich heute die Alba-Iulia-Straße (gewesene Peterwardeiner Gasse - später Rudolfgasse) befindet. Bekanntlich stand die Temeschburger Festung aus der Zeit der Árpáden zwischen dem mittleren und dem westlichen Arm (ungefähr da, wo jetzt die Staatsoper steht). Karl Robert ließ diese Festung aus Erde stehen und erbaute zwischen dem mittleren und dem östlichen Arm eine neue Festung aus Stein (ungefähr dort, wo heute das Modehaus „Modex" steht). So kam es, dass es eine Zeit lang zwei Temeschburger Festungen gab.

An dieser Stelle soll die von Karl Robert errichtete Burg gestanden haben

Auf der schon erwähnten „Insel" ließ der König sein königliches Kastell errichten. Dieser Bau, an dem acht Jahre lang gearbeitet wurde, war laut Dr. Iliesiu einer der stärksten Wehrbauten des Mittelalters. Er soll an dem Ort gestanden haben, wo später das Hunyadi-Kastell errichtet wurde. Mihai Opris beschreibt das Kastell als einen viereckigen Hof, in dessen Mitte das Hauptgebäude stand, das auf der Nordseite mit einem Donjon (Wohn- und Wehrturm) hatte. Karl Robert besichtigte in den Jahren 1313, 1314 und 1315 persönlich die Bauarbeiten, die von italienischen Baumeistern ausgeführt wurden, bis er schließlich 1316 die Hauptstadt Ungarns nach Temeschburg und auch selbst hierher zog. Temescher Comes war in jenem Jahr laut Dr. Iliesiu (nach J. N. Preyer) der adlige Walache Nicolae Teutul.

Als ungarische Hauptstadt erlebte die Temeschburger Festung ihre Blütezeit. Dies verschlang aber eine riesige Summe von Geld, zu deren Beschaffung der König laut Dr. Iliesiu auch die Kassen der Kapitularvikare leerte und sogar von der orthodoxen Kirche Steuern kassieren ließ.

Es herrschten aber in Temeschburg nicht nur Prunk und Luxus, sondern auch ein unmoralisches Leben, das besonders der König in vollen Zügen genoss. Während die Königin Maria, Prinzessin von Teschen todkrank im Bett lag, brachte er seine Liebhaberin Elisabeth Csáki aufs Schloss. Darüber war nicht nur der Adel empört, sondern die Kirche drohte ihm auch mit der Exkommunikation. Um diesen Skandal zu beenden, ließ der Papst Elisabeth Csáki mit Jakus, dem Preßburger Comes, verheiraten. Die Königin starb auf dem Schloss am 15. Dezember 1317 und wurde in Karlsburg (heute: Alba Iulia) bestattet. Die zweite Frau des Königs, die 14-jährige Beatrice, starb 1319 ebenfalls in Temeschburg und wurde in Großwardein (heute: Oradea) bestattet. Man begründete die Todesfälle im königlichen Haus mit dem Banater Klima. Seine dritte Frau Elisabeth, die Tochter des polnischen Königs Wladislaw, heiratete Karl Robert 1321 in Ofen (Buda) und brachte sie nach Temeschburg, wo sie ihre ersten Ehejahre verbrachten. Hier kam bald der Thronfolger auf die Welt, aber auch er verstarb im Alter von einem Jahr.

Karl Robert berief in dieser Zeit deutsche Ansiedler, um in der Umgebung Städte zu gründen. Laut Karl Kraushaar sollen zu jener Zeit dreihundert Orte mit katholischen Pfarreien entstanden sein, was aber Dr. Iliesiu aus seiner Sicht sehr bedauerte. Dr. Iliesiu stellte auch die Stiftung einer Minoritenkirche seitens des Königs in Frage. Er behauptet, dass die spätere Vermutung, daß der einjährige Thronfolger in dieser Kirche bestattet wurde, nur ein falscher Beweis sei, der die Existenz einer ungarischen Bevölkerung belegen sollte. Kraushaar schreibt aber, daß Karl Robert daselbst 1325 ein Minoritenkloster mit einer Kirche gestiftet hat. Auch Opris glaubt, dass es die Kirche in der Temeschburger Festung zu jener Zeit gegeben hat. Er behauptet sogar, dass es dokumentarisch belegt sei, dass eine Sankt-Georgs-Kirche und das Minoriten- und Dominikanerkloster 1323 errichtet worden seien. Die Behauptung Dr. Iliesius, dass es keine Beweise für eine Minoritenkirche oder ein -kloster gibt, wird von diesen zwei angesehenen Autoren widerlegt.

Aber Dr. Iliesiu behauptete 1943 auch, daß es in „unserer rein rumänischen Gegend" damals auch keine katholische Pfarreien gegeben habe, die Kraushaar (wie oben) auf dreihundert beziffert, sondern nur katholische Pfarrer, die „die Rumänen [eigentlich Walachen] zum Katholizismus konvertieren sollten". Karl Roberts Ansiedlungen von Deutschen werden auch von Opris vermutet. Auf der von ihm erwähnten „Insel", die später „Kleine Palanka" genannt wurde, soll „das Straßennetz relativ geordnet" gewesen sein, was zur Hypothese führt, dass diese das Ergebnis einer Kolonisation sei.

Bemerkenswert ist, dass während der ganzen Zeit, in der die Hauptstadt Ungarns Temeschburg war, die zivile Siedlung als „Dorf" bezeichnet wurde; als „civitas" wird sie erst seit 1342 in den Urkunden geführt. Aber noch 1325 zog König Karl Robert nach Visegrád und erklärte diese Stadt zur neuen Hauptstadt Ungarns. Nach kurzer Zeit kehrte er nach Ofen (Buda) zurück, und mit ihm kehrte auch die Hauptstadt wieder heim.

Fortsetzung                                                                                                             Anton Zollner