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EP gibt grünes Licht für Islands EU-Beitritt

Veröffentlicht 08. Juli 2010 - Aktualisiert 26. Juli 2010
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Das Europäische Parlament hat die Aussicht auf den Beitritt Islands in der nahen Zukunft willkommen geheißen, aber rief das Land auch dazu auf, sämtlichen Walfang als Grundvoraussetzung zu beenden. Dies entgeht einem Beschluss vom Mittwoch (7. Juli).

MdEPs unterstützten die jüngste Entscheidung der EU-Chefs, Beitrittsgespräche mit dem nordischen Land zu eröffnen, welches nach dem Zusammenbruch seines Bankensystems während der globalen Finanzkrise nun hofft, der Union bis 2012 beizutreten.

Der Beschluss, der vom rumänischen Europaabgeordneten Cristian Dan Preda (Europäische Volkspartei) ausgearbeitet wurde, weist auf die „starke demokratische Kultur“ des Landes hin und sagt, der Beitritt Islands würde es der EU ermöglichen, eine aktivere Rolle in der Arktis zu spielen.

Islands Mitgliedschaft des Europäischen Wirtschaftsraums bedeutet, dass viele seiner Gesetze bereits mit denen der EU übereinstimmen. Jedoch werden Verhandlungen zu einer Reihe an Fragen geführt werden müssen: insbesondere Landwirtschaft, Fischerei, Steuern, Wirtschafts- und Währungspolitik, sowie Außenpolitik.

Die Organisation und das Funktionieren des Finanzaufsichtssystems, „die wichtigste Schwäche der Wirtschaft des Landes“, würden besonders wesentliche Reformen benötigen, so die Abgeordneten.

Öffentliche Unterstützung fällt in Island

Die Abgeordneten hatten kürzlich eine Abnahme in der öffentlichen Unterstützung für den EU-Beitritt bemerkt und baten deshalb die isländischen Behörden, eine Debatte zu beginnen über die Reservationen der Bürger zur EU-Mitgliedschaft.

Bei einer Rede im Europäischen Parlament gab Erweiterungskommissar Štefan Füle zu, den Beitrittsgesprächen könnten Hürden bevorstehen.

„Ich teile Ihre Sorge über die Herausforderungen, die aus dem Mangel an nationalem Konsens stammen und aus dem relativ niedrigen Level an öffentlicher Unterstützung für den Beitritt.“

„Aber wir können nicht einfach so tun, als hätte die Straße zum Beitritt nicht einige Herausforderungen in sich. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Fragen des Walfangs und der Fischerei sowohl für Island als auch für die EU-Länder delikat sind.“

Was die umstrittene Frage der Rückzahlung an die britische und niederländische Regierung angeht, die 400.000 ihrer eigenen Bürger kompensierten, nachdem diese ihre Ersparnisse während der Finanzkrise 2008 bei einer gescheiterten isländischen Bank verloren hatten, entschied das Parlament, diese Frage müsse „bilateral“ gelöst werden.

Dies stimmt mit Füles Position überein, der im März sagte, dass die mögliche Rückerstattung von 3,9 Milliarden Euro and Großbritannien und die Niederlande ein bilaterales Thema sei, das den Beitrittsaussichten des Landes nicht schaden solle (EurActiv 09.03.10).

Die  Walfangfrage

Obwohl sie seinen Beitritt unterstützten, riefen Europaabgeordnete Island auch dazu auf, seine lange Tradition des Walfangs aufzugeben, die das EU-Gesetz bricht sowie ein Fangverbot, das die Internationale Walfangkommission (IWC) 1986 verhängte.

In der EU sind alle walfischartigen Tiere (Wale, Delphine und Tümmler) vom Gesetz beschützt. Trotz des Einspruchs mehrerer Länder und Umweltschutzaktivisten erlaubt Island den kommerziellen Walfang in seinen Gewässern bei einer Quote von 150 Finnwalen in der Periode von 2009 bis 2013.

Island will, dass die IWC ihr Verbot des Walfangs aufhebt, doch die Forderung ist auf Widerstand unter anderem durch Großbritannien und Deutschland gestoßen. In seinem Beschluss hat das Parlament Island aufgefordert, seine Reservationen zu dem Verbot abzulegen.

Stellungnahmen: 

EU-Erweiterungskommissar ŠtefanFüle hat seine Sorge ausgedrückt, dass die niedrige öffentliche Unterstützung für EU-Mitgliedschaft die Beitrittsverhandlungen mit dem Land behindern könnte.

In einer Rede im Europäischen Parlament am Mittwoch (8. Juli) sagte er den MdEPs: „Ich teile Ihre Sorge über die Herausforderungen, die aus dem Mangel an nationalem Konsens stammen und aus dem relativ niedrigen Level an öffentlicher Unterstützung für den Beitritt.“

Füle sagte, die Verhandlungen würden wahrscheinlich in diesem Monat beginnen, wenn die EU-Außenminister bei einem Treffen am 26. Juli einem Verhandlungsrahmen für nötige Reformen in Island zustimmen. „Alle Vorbereitungen laufen für einen frühen Start der Verhandlungen.“

„Aber wir können nicht einfach so tun, als hätte die Straße zum Beitritt nicht einige Herausforderungen in sich. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Fragen des Walfangs und der Fischerei sowohl für Island als auch für die EU-Länder delikat sind.“

Der Kommissar sagte, es bestünden „Gründe zur Hoffnung“, dass Island bald eine Einigung mit Großbritannien und den Niederlanden finden wird zur Rückerstattung der Schulden, die mit dem Zusammenbruch der Icesave Bank 2008 in Verbindung stehen.

Der rumänische Europaabgeordnete Cristian Dan Preda (EVP), der Berichterstatter zu Island, sagte: „Island ist ein Land mit einer starken demokratischen Tradition und arbeitet im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums bereits sehr eng mit der EU zusammen. Ich hoffe, die Verhandlungen werden von beiden Parteien auf konstruktive Art geführt werden und dass sie Island die Möglichkeit geben werden, sich dem europäischen Modell noch mehr anzunähern.“

Preda sagte auch, der Prozess müsse auf Verdienst basieren und sollte eine demokratische Debatte zwischen den verschiedenen Sektoren der isländischen Zivilgesellschaft beinhalten.

Der niederländische Europaabgeordnete Hans van Baalen (ALDE), der Schattenberichterstatter, war kategorisch zu der Frage der Rückerstattung an Großbritannien und die Niederlande. „Ich heiße den Beginn der Verhandlungen willkommen und glaube, dass Island einen bedeutsamen Beitrag an die EU leisten wird, aber wir müssen es klar stellen, dass Island die Fragen bezüglich von Icesave klären muss, wenn die Verhandlungen Erfolg haben sollen.“

Nächste Schritte: 
  • Bis Ende 2010: formelle Beitrittsgespräche werden wahrscheinlich während der belgischen Ratspräsidentschaft eröffnet werden
  • 2012: Island hofft, seine Beitrittsverhandlungen zu beenden und der EU beizutreten
Hintergrund : 

Island wurde von der Finanzkrise schwer getroffen. Seine Probleme erreichten ihren Höhepunkt im September 2008, als alle drei seiner großen Banken – Glitnir, Landsbanki und Kaupthing – unter die Kontrolle der isländischen Finanzaufsichtsbehörde gestellt wurden.

Seither hat Island auf EU-Mitgliedschaft als Lösung eines Teils seiner Probleme gedrängt. Das nordische Land, das bereits ein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EEA) ist, bewarb sich am 16. Juli 2009 offiziell um Mitgliedschaft (siehe EU-Island LinksDossier).

Unterstützung für Islands Beitritt ist weit verbreitet unter den Mitgliedsstaaten, trotz der leidenden Wirtschaft des Landes. Bei dem Europäischen Gipfel am 17. Juni entschlossen die Staats- und Regierungsoberhäupter, die Beitrittsgespräche mit dem Land zu eröffnen (EurActiv 15.06.10).

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