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Notizen zum Faust

um 1480: Georg (später fälschlich Johannes) Faust in Knittlingen (Enzkreis) geboren.

1503: Nostradamus wird geboren. Es gibt einige "Ahnlichkeiten seiner Biographie mit der Fausts.

1506/07: Faust ist Rektor der Lateinschule zu Kreuznach.

ab 1507: Aufenthalt in Heidelberg, eventuell Studium.

Faust hielt sich unter anderem in Erfurt (1513), Bamberg (1520), Ingolstadt (1528) und Nürnberg (1532) auf, hatte Kontakte zu humanistischen Gelehrtenkreisen und offenbar Kenntnisse im Bereich der Naturphilosophie der Renaissance (magia naturalis). Schon zu Lebzeiten setzte die Sagenbildung um ihn ein, im Besonderen wurden Zaubersagen auf ihn übertragen, in denen er vor allen Dingen als Totenbeschwörer auftritt.

um 1538: Georg Faust stirbt in Staufen im Breisgau. Sein plötzlicher und vielleicht gewaltsamer Tod gab Anstoß zu der Sage, der Teufel habe ihn geholt.

Das Menschen sich dem Teufel verschreiben ist ein häufiges mittelalterliches Motiv; neu am Faust-Motiv ist aber, daß der Grund nicht in Reichtum und Lebensgenuß zu suchen ist, sondern im Erkenntnisdrang. Faust folgt als wandernder Gelehrter, der er offenbar war, der Lehre des Paracelsus, der im Licht der Natur (neben dem Licht des Glaubens) eine zweite Offenbarung Gottes sieht, die der Mensch mit Sinnen und Geist im Anschauen der Welt zu erfassen fähig ist. Schon Paracelsus wurde angedichtet, er habe einen Teufel bei sich, auch er wurde zur Sagengestalt. Von Faust wurde nach seinem Tode behauptet, er sei in Leipzig auf einem Faß aus einem Wirtshaus geritten und habe in Erfurt Studenten die Gestalten Homers leibhaftig vorgeführt.

1572: Vermutlich erste schriftliche Aufzeichnung der Geschichte Fausts.

1575: Der Nürnberger Christoph Roßhirt veröffentlicht vier Geschichten Fausts, die in die Faustsage eingehen. Faust trägt hier zum letzten Mal den korrekten Vornamen Georg.

1575: Wolfenbütteler Handschrift der Faust-Sage, eine Auftragsabschrift des älteren Originals

[Titelblatt] 1587: Johann Spies (1540 -- 1623) gibt in Frankfurt am Main das anonym verfaßte Volksbuch Historia von D. Johann Fausten heraus. Als möglicher Verfasser wird gelegentlich der Direktor des Ratsgymnasiums zu Speier Andreas Frei genannt. Gleiche ältere Quelle wie die Wolfenbütteler Handschrift. Wichtigste Motive sind Fausts Erkenntnisstreben um jeden Preis, das zum Teufelspackt führt. Studenten führt er die leibhaftige Helena vor. Er verliebt sich in Helena, erbittet diese vom Teufel und zeugt einen Sohn mit ihr. Am Ende wird Faust von Reue gepackt, seinem Schüler Wagner vermacht er Bücher und Vermögen, der Teufel holt Faust, Helena und der Sohn verschwinden. Wagner kommt zu hohen Ehren, dies allerdings erst im 1593 veröffentlichten Wagnerbuch, einer Fortsetzung der Historia, in der der Schüler das Erbe des Meisters antritt, wie Faust es bereits im Spies-Buch verfügt.

1588: Im Frühjahr erteilt der Bischof Aylmer die Genehmigung, eine englische Übersetzung des Spies--Buches unter dem Titel Ballad of the life and death of Dr. Faustus, greatest congerer in London zu drucken. Das älteste erhaltene Exemplar mit dem Vermerk newly imprinted stammt aus dem Jahre 1592, inwieweit es Veränderungen der 1588er Übersetzung gab ist nicht bekannt.

1588 -- 89: Christopher Marlowe (1564 -- 1593) schreibt das erste Faust-Drama, eng angelehnt an das Spies-Buch: The Tragical History of Doctor Faustus. Den Anfang bildet der Faust-Monolog, in dem Faust sich der Magie verschreibt.

1599: Der Schwabe Georg Rudolf Widmann überarbeitet und erweitert den Spies-Text, sein Buch erscheint in Hamburg.

1604: Erste Ausgabe des Marloweschen Dramas (A-Text).

1608: Älteste belegte Aufführung des Faust-Stückes in Graz durch englische Kommödianten, orientiert an Marlowes Drama, aber ergänzt durch eine damals übliche Clownsfigur. Dieses Stück wird übernommen von deutschen Wandertruppen und wird ein beliebter Bestandteil des in Deutschland gespielten Repertoires, der Faust-Stoff wird um neue Szenen erweitert und dann Grundlage für das spätere Puppenspiel, in dem Kasperle als Gegenfigur des Doktor Faust auftritt.

1612: Zweite Ausgabe des Marloweschen Dramas (B-Text).

1674: Der nürnberger Arzt J. Nikolaus Pfitzner überarbeitet und kürzt das Widmann-Buch. Erstmals taucht als Nebenmotiv eine schöne arme Magd auf, welche bei einem Krämer in der Nachbarschaft dient, in die Faust sich verliebt.

1725: Neue Fassung des Pfitzner-Buches durch einen Christlich Meinenden, bereinigt von den barocken Moralpredigten. Der Geist heißt erstmals Mephistopheles. Die arme Magd bleibt erhalten, ist aber weiterhin Nebenmotiv. Vordergründig bleibt das Helena-Motiv, nicht mehr so gewichtig ist das Motiv des ruhelosen Wissenschaftlers und Suchers. Dieses Buch wurde in den folgenden Jahrzehnten immer wieder aufgelegt.

1746: Älteste belegte Aufführung des Puppenspiels. Das Puppenspiel ermöglichte den starken Ausbau phantastischer geisterhafter Szenen und Gestalten.

1756: Johann Friedrich Löwen (1727 -- 1771) schreibt das Gedicht Die Walpurgis-Nacht - ein Gedicht in drey Gesängen, in dem Faust (erstmals) zu dieser Feier der Hexen und Zauberer geführt wird.

1759: Lessing (1729 -- 1781) arbeitet an einem Faust-Drama, das jedoch Fragment bleibt. Erstmals wird Faust gerettet, weil im Sinne der Aufklärung Streben nach Wissen nicht Maßlosigkeit und Aufbegehren gegen Gott bedeutet. Faust ist bei Lessing eine zwar verirrte, aber im Grunde gute Gestalt.

1772 -- 75: Goethes (1749 -- 1832) sogenannter Urfaust, erhalten durch eine private Abschrift des Fräuleins Luise von Göchhausen. Goethe kannte von Kind an das Puppenspiel, in seiner Jugend las er Lessings Fragment und vermutlich ebenfalls sehr früh das 1725er Faust-Buch. Am 14. Januar 1772 hatte Goethe an der Hinrichtung Susanna Margaretha Brandts teilgenommen; die 24jährige hatte ihr unebeliches Kind erdrosselt.

1776 und 1778: Friedrich Müller (oder Maler Müller, 1749 -- 1825) verfaßt die beiden Dramenfragmente Situation aus Fausts Leben. Dramatischer Entwurf und Fausts Leben dramatisiert. Faust ist erstmals der titanische Mensch des Sturm und Drang.

[Radierung von J.H. Lips (1789)] 1790: Goethe veröffentlicht Faust, ein Fragment. Der Text des Urfaust ist vor allem sprachlich geschliffen aber kaum erweitert. Die Arbeit am Faust nimmt Goethe dann erst wieder am 24. Juni 1797 auf; Freunde, vor allem Schiller, hatten ihn immer wieder dazu gedrängt.

1791: In Friedrich Maximilian von Klingers (1752 -- 1831) Roman Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt erscheint Faust als Erfinder der Druckkunst und wird, nachdem der Teufel ihm die Schlechtigkeit der Menschen vorgeführt hat, zum Weltverbesserer und Sozialrevolutionär. Klinger war mit Goethe befreundet.

1797: Julius Sodens (1754 -- 1831) Volksschauspiel Doktor Faust

1804: Adelbert von Chamissos (1781 -- 1838) Einakter Faust mit religiöser Grundhaltung.

1808: Goethes Faust I. 1801 hatte Goethe sich das Pfitzner-Buch und andere Faust-Lektüren aus der Weimarer Bibliothek ausgeliehen. Mehr als fünfunddreiß Jahre hat Goethe nun an seinem Faust gearbeitet; der zweite Teil ist bereits geplant.

1811: Goethe erwähnt erstmals die gezeichneten Illustrationen des Peter Cornelius (1783 -- 1867) zu seinem Faust, die 1816 von Ferdinand Ruscheweyh (1785 -- 1845) in Kupfer gestochen werden. Später äußert Goethe sich kritisch zu diesen Illustrationen.

[Mephisto] [Faust und Gretchen] [In Frau Marthes Garten] [Kerkerszene]

1815: Ernst August Klingermanns (1777 -- 1831) Trauerspiel Faust, erschienen unter Klingermanns Pseudonym Bonaventura.

1818: Marlowes Drama erscheint unter dem Titel Doktor Faustus in deutscher Übersetzung.

1821 -- 1826: Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 -- 1837) erschafft mehrere Faustfragmente verschiedener Ausrichtung und Orientierung an Vorbildern, darunter Der verliebte Teufel (1821), Der Dämon (1823), beide angelehnt an Klinger, Skizzen zu einem Faust (auch betitelt Fausts Höllenfahrt oder Höllenpoem, 1825), angelehnt an das Spießsche Volksbuch und Dantes Göttliche Komödie, sowie das umfangreichste dieser Fragmente, die Szene aus Faust (1826), angelehnt an Goethe und vielleicht als Ergänzung dessen Tragödie gedacht.

1829: Christian Dietrich Grabbes (1801 -- 1836) Tragödie Don Juan und Faust.

1830: Ernst August Klingermann bringt Goethes Faust I erstmals auf die Bühne.

1831: Gustav Pfizers (1807 --- 1890) Faustsche Szenen.

1832: Goethes Faust II. Hier sind vor allem Szenen aus dem Volksbuch aufgenommen. Nach sechzig Jahren der Auseinandersetzung mit dem Stoff vollendet Goethe sein großes Faust--Drama

1835: Gustav Schwab (1792 --- 1850) bearbeitet noch einmal die Fassungen von Widmann und Pfitzner in Die deutschen Volksbücher für Jung und Alt wieder erzählt.

1835: Karl Johann Ritter Braun von Braunthals (1802 -- 1866) Drama Faust.

1836: Nikolaus Lenaus (eigentlich Nikolaus Franz Niembsch, Edler von Strehlenau, 1802 -- 1850) episch dramatisches Gedicht Faust.

1846: Karl Simrok faßt einige aufgezeichnete Varianten des Puppenspiels in einem Buch zusammen.

1847: Heinrich Heines (1797 -- 1856) Balett Doktor Faustus nebst einer ausführlichen Erklärung des Fauststoffes und Kritik an Goethes Faust.

1850: Michel Carrés (1819 -- 1872) Bühnenstück Faust et Marguérite, angelehnt an Goethes Faust I.

25. März 1854: Uraufführung des kompletten Faust (also inclusive des zweiten Teiles der Tragödie) von Goethe in Hamburg durch Edmund Anton Wollheim da Fonseca.

1856: Iwan Sergejewitsch Turgenjews (1818 -- 1883) Novelle Faust; in erster Linie eine Hommage an Goethe.

1862: Friedrich Theodor Vischers (1807 -- 1887) Faust, der Tragödie dritter Teil

1898: Friedrich von Spielhagens (1829 -- 1911) Roman Faustulus

1919: Ferdinand Ernst Albert Avenarius' (1856 -- 1923) Stück Faust

[Gruendgens als Mephisto 1949] 1936: Klaus Manns (1906 -- 1949) Roman Mephisto. Der Protagonist Hendrik Höfgen ist kein Porträt Gustav Gründgens, der im Dritten Reich Theaterintendant in Berlin wurde, sich aber auch für vom Dritten Reich verfolgte eisetzte, und der in Goethes Faust den Mephisto spielte, aber die Figur trägt deutliche Züge desselben, weshalb Klaus Manns Roman bis zum Jahre 1980 in der Bundesrepublik verboten war (in der DDR und der Schweiz erschien er). Höfgens Teufelspakt ist vor allen Dingen ein Pakt mit dem Bösen einer weltlichen Macht, oder allgemeiner gesprochen ein Pakt der Kunst mit der Macht an sich.

1938: Gertrude Steins (1874 --- 1946) Theaterstück Doctor Faustus Lights the Lights (Doktor Faustus lichterloh).

1940: Michail Bulgakows (1891 -- 1940) Roman Der Meister und Margarita.

1945: Paul Ambroise Valérys (1871 -- 1945) dramatische Skizzen Mon Faust.

[Dürers Melencolia I (Ausschnitt)] 1947: Thomas Manns (1875 -- 1955) Roman Doktor Faustus erscheint. Mann überträgt Motive des Faustbuches auf die Biographie des Tonsetzers Adrian Leverkühn, die zum Spiegel der gesellschaftlich-politischen und geistigen Krise in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wird. Durch die drei Ebenen seines Romans -- Erzählte Handlung (Leverkühn) / Erzähler (Zeitbloom) / Schriftsteller (Mann) -- gelingt es Thomas Mann, die beobachtete Zeit aufzufächern und von grundsätzlich verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Der Roman ist sehr zahlreich an Figuren und eingeflochtenen Themen, vor allen Dingen aber nicht nur aus dem Bereich der Musik; eines dieser Themen ist Albrecht Dürer.

1968: Volker Brauns (1939) Stück Hans Faust, später auch unter dem Titel Hinze und Kunze aufgeführt. Der Bauarbeiter Hans Faust, der in der späteren Fassung Hinze heißt, läßt sich mit Mephistopheles in Gestalt eines Parteisekretärs (Kunze) ein.

1979: Ariane Mnouchkine erschafft eine dramatische Bearbeitung von Klaus Manns Mephisto

[Faust Briefmarke]

1979: Die Deutsche Bundespost gibt eine Briefmarke mit Doktor Johannes Faust, Mephistopheles und Humunculusm nach einem Holzschnitt von 1616 als Motiv heraus.

1982: Eberhard Thomas Müller schafft eine eigenwillige Variante des Faust-Dramas unter Verwendung des Goetheschen Textes und Illustrationen von Wilhelm Busch, die ursprünglich nicht den Faust darzustellen gedachten. Es ist bedauerlich, daß Wilhelm Busch (1832 -- 1908) selbst sich niemals diesem großen Thema widmete.

1993: Jens Peter Gieschen und Klaus Meier untersuchen den in Goethes Faust I geschilderten Tathergang unter Zugrundelegung des heutigen deutschen Strafrechts.

1996 und 2000: Kai Meyers (1969) Fantasy-Romane um den Doktor Faustus in (bisher) drei Bänden: Der Engelspakt, Der Traumvater, Die Engelskrieger, in dem Wagner der Ich-Erzähler ist.

2002: Barbara Kindermann schreibt auf ein auf Goethes Drama beruhendes Kinderbuch, das mit Illustrationen von Klaus Ensikat erscheint.

2006: Uraufführung von Pascal Dusapins (1955) Oper Faustus - the Last Night in der Staatsoper zu Berlin.

2007: Roman Möhlmanns Roman Faust und die Tragödie der Menschheit läßt Faust und Mephisto eine Zeitreise durch die gesamte Menschheitsgeschichte unternehmen.

(Diese Liste enthält natürlich nur einen sehr kleinen Teil der vielen Faustbearbeitungen und Variationen.)


Am Mittwoch, 23. Juni 2004 referierte ich im Rahmen der Vortragsreihe Wissenschaft, Technik und Ethik über das Thema Faust als Spiegel der Geschichte.


Goethes Faust aus Spanisch
Kermits Bücherseite

letzte Änderungen: 21.II.2007


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