Abhöraffäre

Rumänien immer tiefer im politischen Morast

International
Rumäniens vom Amt suspendierter Präsident Basescu empfängt den amerikanischen Assistenzsstaatsekretär Philipp Gordon.
Rumäniens vom Amt suspendierter Präsident Basescu empfängt den amerikanischen Assistenzsstaatsekretär Philipp Gordon.Bild: Reuters
Der zurückgetretene rumänische Innenminister Ioan Rus ist laut durchgesickerten Abhörprotokollen unter Druck gesetzt worden, die Wählerlisten des Impeachment-Referendums nachträglich zu ändern. Bukarest steht in schiefem Licht.
Rudolf Hermann, Prag

Zwei vor Wochenfrist zurückgetretene rumänische Politiker, Innenminister Ioan Rus und sein für administrative Belange zuständiger Vize Victor Paul Dobre, sind vonseiten der regierenden Sozialliberalen Union (USL) offenbar massiv unter Druck gesetzt worden, die Wahllisten für das Impeachment-Referendum gegen den suspendierten Präsidenten Basescu nachträglich so anzupassen, dass eine Stimmbeteiligung von über 50 Prozent erreicht worden wäre und das Resultat damit offizielle Gültigkeit erlangt hätte. Dies geht aus Telefonabhörprotokollen hervor, die an rumänische Medien durchgesickert sind. Demnach soll Dobre von einem Freund die Empfehlung erhalten haben, sich von «dieser organisierten kriminellen Gruppierung» zu distanzieren (womit wohl die USL-Führung gemeint war). Rus wiederum soll gesagt haben, er werde keinen einzigen Namen zu den Wahllisten hinzufügen oder von ihnen entfernen, weil er seine Zeit nicht im Gefängnis verbringen wolle.

Manipulation verlangt?

Die Anzapfung der Telefone von Rus und Dobre erfolgte laut einem Bericht der englischsprachigen Bukarester Zeitung «Nine o'clock» mit Bewilligung des Obersten Gerichts. Ende letzter Woche wurden Ermittlungen gegen Dobre wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet. Dieser hatte nach dem Referendum gegenüber dem Verfassungsgericht offenbar zunächst die Zahl der registrierten Wähler mit 18,3 Millionen angegeben, später aber eine Mitteilung geschrieben, in der es hiess, das Ministerium könne nicht für die Richtigkeit der verwendeten Wählerlisten garantieren.

Das Verfassungsgericht sah sich darauf ausserstande, die Regularität der Durchführung der Volksbefragung zu bestätigen. Die Unsicherheit, ob der suspendierte Präsident Basescu in sein Amt zurückkehren kann oder neue Präsidentenwahlen ausgeschrieben werden müssen, hält damit weiterhin an.

Dobre machte laut den durchgesickerten Telefonabhörprotokollen geltend, der Druck seitens der USL auf ihn sei konkret vom Abgeordneten Radu Fenechiu ausgeübt worden. Fenechiu ist ein Vizepräsident der Nationalliberalen, die zusammen mit den Sozialdemokraten den Kern der USL bilden. Laut der Zeitung «Romania Libera» erklärte Fenechiu aber lediglich, dass er allgemein einen Rücktritt Dobres befürwortet habe, weil dieser unprofessionell gearbeitet habe.

Besorgtes Ausland

Die politische Krise in Rumänien zieht auch international immer weitere Kreise. Am Montag tauchte auf Anweisung Hillary Clintons Philip Gordon, ein Europa-Spezialist und hoher Vertreter des amerikanischen Aussenministeriums, in Bukarest auf, um sich aus erster Hand über die Entwicklung zu informieren. Dies wurde von Beobachtern als ernsthaftes Zeichen amerikanischer Besorgnis interpretiert. Auf der Ebene der europäischen Politik rief Wilfried Martens, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, die Regierung in Rumänien auf, dem Bukarester Verfassungsgericht umgehend die von diesem angeforderten Wählerlisten des Referendums zuzustellen. Mit jeder Verzögerung stelle sich die Frage eindringlicher, was die tatsächlichen Ziele von Ministerpräsident Ponta seien.

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