Wirkungspotential verschiedener Getreideherbizide gegenüber Klettenlabkraut

Zusammenfassung

In einem Klimakammerversuch wurde die Wirkung verschiedener Getreideherbizide gegenüber Klettenlabkraut (Galium aparine) getestet. Alle Mittel wurden in halber, einfacher und doppelter Standarddosis eingesetzt. Gute Ergebnisse erzielten vor allem Präparate mit einem speziellen Wirkstoff gegen Klettenlabkraut wie Starane 180, Starane XL, Primus und Duplosan KV sowie Kombinationspräparate mit zwei Wirkstoffen (Platform S, Basagran DP). Schwächere Wirkungen erzielten reine Kontaktherbizide (Oratio, Lotus) und ausgesprochene Breitband-Herbizide (Zoom, Artus, Biathlon). Bei Halbierung der Standarddosis ließ die Wirkung bei einigen Präparaten stark nach (Oratio, Hoestar Super, Primus, Basagran DP). Im Praxiseinsatz empfiehlt sich auf Flächen mit stärkerem Klettenlabkrautbesatz demnach der Einsatz bzw. die Zumischung eines speziellen Klettenlabkrautmittels in an die jeweilige Situation angepaßter Aufwandmenge.

Summary: Effectiveness of cereal herbicides against Cleavers (Galium aparine)

The efficacy of various cereal herbicides against cleavers (Galium aparine) was checked under climatic test chamber conditions. All herbicides were applied at half, single and double standard rate.
The best results were achieved by products with an active ingredient specially for controlling cleavers like Starane 180, Starane XL (a.i fluroxypyr), Primus (a.i. florasulam) and Duplosan KV (a.i. mecoprop-p) as well as products which combined two active ingredients like Platform S (mecoprop-p + carfentrazone) and Basagran DP (bentazon + dichlorprop-p).
In contrast products with a single foliar active ingredient like Oratio (carfentrazone) and Lotus (cinidon-ethyl) and distincted broad-spectrum herbicides like Artus (carfentrazone + metsulfuron), Biathlon (tritosulfuron) and Zoom (dicamba + triasulfuron) showed a lower performance against cleavers.
The effectiveness of several products decreased considerably by applying the halved standard rate (Oratio, Hoestar Super, Primus, Basagran DP).
For practical use the following recommendation can be derived by this results: At a higher density of cleavers a product with an active ingredient specially for controlling cleavers should be used in tank mixture with an broad-spectrum herbicide. The application rate has to be adjusted to the prevailing situation.

Hier finden Sie eine Fotodokumentation der Versuchsergebnisse. 

Klettenlabkraut (Galium aparine) ist das wichtigste Unkraut im Ackerbau. Es besitzt ein sehr hohes Schadenspotential hinsichtlich Ertragsleistung und Erntequalität. Außerdem kann sich bei einer unzureichenden Bekämpfung schnell ein hohes Samenpotential im Boden aufbauen. Die Bekämpfungsschwelle liegt im Getreidebau bei 0,1 Pfl./m². Eine optimale Bekämpfung in Getreide entlastet auch Folgekulturen wie etwa Raps, Rüben oder Kartoffeln, in denen die Klettenlabkrautbekämpfung schwieriger und aufwändiger ist.

In einem Klimakammerversuch wurden wichtige Getreideherbizide auf ihre Leistungsfähigkeit gegen Klettenlabkraut verglichen. Der Vergleichstest unter künstlichen Bedingungen wurde als Dosis-Wirkungsprüfung angelegt. Die Dosisstufen 50, 100 und 200 % der Standardaufwandmenge orientierten sich dabei nicht an der registrierten, sondern an der praxisüblichen Aufwandmenge. Die Wirkung wurde durch Wiegen der Frischmasse drei Wochen nach Behandlung bestimmt.

Aufgrund der unbeeinträchtigten Wachstumsbedingungen konnte kein Herbizid eine volle Bekämpfungsleistung erzielen. Das Klettenlabkraut konnte sich noch während der Wirkungsphase regenerieren oder es kam zu einem Wiederaustrieb bereits stark geschädigter Pflanzen. Diese Regenerierungsmöglichkeiten würden in der Anbaupraxis durch die Konkurrenz der Kultur stark behindert oder unterbunden. Der Versuch gibt aber dennoch einen deutlichen Hinweis auf das Leistungspotential verschiedener Herbizide.

Die Biathlon-Behandlung zeichnete sich durch eine sehr langsame Wirkung aus. Nur die Doppeldosis konnte eine nennenswerte Ausbleichung und Wachstumsminderung erzielen. Bei der Standarddosis konnte sich das Klettenlabkraut wieder weitgehend regenerieren. Dies führte zur abgesichert schwächsten Wirkung im Vergleich der getesteten Herbizide.

Artus verursachte einen raschen nekrotischen Absterbeprozess bei allen Dosierungen. Diese Kontaktwirkung durch Carfentrazon konnte aber nur bei der Doppeldosis aufrecht erhalten werden. Auch bei der Standardaufwandmenge kam es zu einem stärkeren Wiederaustrieb der geschädigten Pflanzen. Letztlich erreichte die Standarddosis eine mittlere Wirkung, die abgesichert besser als bei Biathlon und schwächer als bei den weiteren Herbiziden war.

Die Wirkstoffausstattung von Zoom mit Dicamba + Triasulfuron ermöglichte eine rasche und weitgehend aufwandunabhängige Wachstumsbehinderung des Klettenlabkrautes. Diese Wirkung blieb im Verlauf des Versuches relativ stabil erhalten. Ein vollkommenes Absterben der Einzelpflanzen wurde kaum erreicht.

Bei Lotus trat der Abbrenneffekt durch Cinidon-ethyl über alle Aufwandmengenstufen ein. Bei der Standard- und Halbdosierung konnten einzelne Pflanzen dann aber einen deutlichen Wiederaustrieb erreichen. Dieser Effekt war bei dem weiteren reinen Kontaktherbizid – Oratio - vergleichbar festzustellen. Oratio zeigte gegenüber Lotus eine deutliche Dosis-Wirkungsreaktion.

Bei Hoestar Super war das typische Wirkungsbild eines Sulfonylharnstoffherbizids zu beobachten. Der Wachstumsstillstand konnte bei der Standarddosierung von einigen Pflanzen und bei der Halbdosierung von der Mehrzahl der Pflanzen durchbrochen werden. Die Herbizide Zoom, Lotus, Oratio und Hoestar Super erreichten bei der Standarddosierung ein vergleichbares Wirkungsniveau von ca. 70 – 75 %.

Das Wirkungsbild von Primus war dem von Hoestar Super sehr ähnlich. Platform S erzielte dagegen durch die Wirkstoffkombination aus „Kontaktbrenner“ und Wuchsstoff eine schnelle Totalwirkung, die im weiteren Verlauf durch die Regeneration einzelner Pflanzen abgeschwächt wurde. Duplosan KV erreichte als klassisches Wuchsstoffherbizid eine weitestgehend aufwandunabhängige Wirkung. Dies traf auch für die beiden Fluroxypyr-Präparate Starane XL und Starane 180 zu.

Die Präparate Primus, Platform S, Duplosan KV und Starane XL erzielten ein gutes Wirkungsniveau im Bereich von ca. 80 – 85 %. Mit einem gewissen Abstand konnten die Herbizide Starane 180 und Basagran DP die relativ beste Wirkung von knapp 90 % bei der Standarddosierung erreichen. Bei Basagran DP war ein deutlicher Wirkungsabfall der Halbdosierung zu beobachten.

Im Gesamtvergleich der geprüften Herbizide zeigte sich ein Wirkungsvorteil für Präparate mit einer speziellen Wirkstoffausstattung zur Klettenlabkrautbekämpfung (Fluroxypyr, Mecoprop-P, Florasulam und Amidosulfuron) und Kombipräparaten wie Basagran DP und Platform S gegenüber einfachen Kontaktherbiziden (Oratio, Lotus) oder Breitbandherbiziden mit einer begrenzten Klettenlabkrautpotenz (Zoom, Artus, Biathlon).

Bei einigen Präparaten wurde auch das Risiko einer pauschalen Aufwandmengenreduzierung deutlich. Die halbe praxisübliche Aufwandmenge führte bei Oratio, Hoestar Super, Primus und Basagran DP zu einem deutlichen Wirkungsverlust. Aufgrund des begrenzten Leistungsniveaus sollten in der Praxis bei einem stärkeren Klettenlabkrautbesatz Präparate wie Biathlon, Artus, Zoom, Lotus und Oratio mit entsprechend leistungsfähigen Herbiziden (z.B. Biathlon + Primus, Artus + Duplosan KV, Zoom + Oratio, Lotus + Basagran DP) kombiniert werden. Auch leistungsstarke Herbizide wie Hoestar Super oder Primus müssen in der Aufwandmengengestaltung an die jeweiligen Anwendungsbedingungen angepasst werden.

Juli 2005
Klaus Gehring, Stefan Thyssen
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Pflanzenschutz
Tel.: 08161/71-5651 • Fax: 08161/71-5735