Kreationismus oder Schöpfungsmythos vs  Naturalismus oder Darwins Lehre

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Kreationismus (v. lat. creare = erschaffen) bezeichnet ein religiöses Weltbild, wonach die Entstehung des Universum als Schöpfungswerk Gottes zu erklären sei. Kreationismus ist somit eine besondere Ausprägung des Schöpfungsglaubens, wie er in verschiedenen Religionen vorkommt und bei Naturvölkern in vielen Varianten verbreitet ist.

Spezifische Eigenart des Kreationismus gegenüber anderen Ausprägungen des Schöpfungsglaubens ist, dass der Kreationismus seine Erklärung der Weltentstehung explizit als Alternative zu den Erklärungen der Naturwissenschaften versteht; da die Annahme der Existenz eines Gottes nicht falsifizierbar ist und aus wissenschaftlicher Sicht auch keinen Erklärungswert hat, wird der Kreationismus zu den Pseudowissenschaften gerechnet. Ein Schöpfungsglaube ohne kreationistischen Anspruch andererseits gilt nicht als Pseudowissenschaft, da die Existenz eines Gottes von den Naturwissenschaften weder bejaht noch verneint, sondern schlichtweg nicht benötigt wird.

Grundhaltung

Im wissenschaftlichen Diskurs wird unter einem kreationistischen Ansatz insbesondere eine Hypothese verstanden, die die Evolutionstheorie oder Teile davon in Frage stellt. Diese Bezeichnung wird oft als disqualifizierendes Attribut verwendet.

Neben Darwinismus und Evolutionstheorie werden auch Abiogenese, Makroevolution, und Mikroevolution von manchen Vertretern des Kreationismus in Frage gestellt. Uneinheitlich ist die Haltung zur Urknalltheorie. "Junge-Erde-Kreationisten" müssen sie konsequenterweise verwerfen, islamischen Kreationisten dient sie dagegen als Beleg dafür, dass die Theorien der Marxisten und Materialisten von der Ewigkeit der Materie unhaltbar seien. Manche Kreationisten sind auch Geozentriker, und eine extreme Minderheit (Flat Earth Society) betrachtet die Erde heute noch als flach.

Neben der Entstehung verlangt auch die weitere Entwicklung des Universums nach der Auffassung vieler Ausrichtungen des Kreationismus den fortgesetzten Eingriff einer höheren Instanz. Damit lehnt der Kreationismus auch hier das naturalistische Weltbild ab, nach dem allein naturwissenschaftlich erfassbare Vorgänge zur Erklärung der Welt und des Weltalls ausreichen.

Da die Erklärung der Welt als Schöpfung die Existenz eines Schöpfers impliziert, handelt es sich bei den Kreationisten weltanschaulich gesehen meist um Theisten.

Verbreitung

Kreationisten innerhalb des Christentums sind innerhalb des letzten Jahrhunderts vielfach in Auseinandersetzungen mit naturwissenschaftlich gepr�gten Ansichten bekannt geworden, insbesondere in den USA. Aber auch innerhalb des Judentums, insbesondere des orthodoxen, ist der Kreationismus eine akzeptierte Anschauung.

In der islamischen Welt wurde die Evolutionstheorie seit dem sp�ten 19. Jahrhundert rezipiert. Naturwissenschaftliche Lehrmeinungen, wie sie in Europa durch die Aufkl�rung weiten Bev�lkerungsschichten bekannt wurden, sind dort oft nur einer Minderheit bekannt. Deshalb dauerte es l�nger, bis sich in islamischen L�ndern ein "wissenschaftlicher Kreationismus" herausbildete. Er wird heute vor allem in der T�rkei im Umfeld der Anh�ngerschaft von Said Nursi (1876?-1960) gepflegt. Die Hauptvertreter sind zur Zeit Fethullah G�len (1941-) und Harun Yahya (eigentlich Adnan Oktar, 1956-). Das Bilim Araştırma Vakfı (Stiftung f�r wissenschaftliche Forschung) von letzterem organisierte Konferenzen mit f�hrenden westlichen Kreationisten. Islamische Kreationisten orientieren sich an der "Intelligent Design"-Theorie, da es keinen der Genesis vergleichbaren "Sechs-Tage"-Sch�pfungsbericht im Koran gibt. Durch das Internet finden ihre Thesen weite Verbreitung, vor allem in Indonesien und Malaysia sowie der westlichen Diaspora. In den arabischen L�ndern und im Iran scheint das Interesse eher gering zu sein. Wie im westlichen Kontext wird die Evolutionstheorie in der islamischen Welt f�r eine materialistische Lebenseinstellung sowie deren soziale und politische Folgen verantwortlich gemacht.

W�hrend wissenschaftlich t�tige Vertreter des Kreationismus nach eigener Aussage naturwissenschaftliche Methoden akzeptieren und anwenden, stehen sie einem absolut gesetzten wissenschaftlichen Naturalismus als Weltanschauung und insbesondere als einzig akzeptable Pr�misse wissenschaftlicher Thesen kritisch gegen�ber. Sie sehen das als eine unzul�ssige Vermischung von Naturwissenschaft und Weltanschauung, die die wissenschaftliche Objektivit�t einschr�nkt. Insbesondere in den USA versuchen inzwischen fundamentalreligi�se Gruppen gezielte Lobbyarbeit zu betreiben und es gelang, Politiker f�r ihre Zwecke zu gewinnen. Die Gegner des Kreationismus sehen das wiederum als au�erwissenschaftliche Einmischung in wissenschaftliche Belange.

Richtungen des Kreationismus

Es gibt innerhalb des Kreationismus ein weites Spektrum von Ansichten.

Theistische Evolution

Die theistische Evolution sieht Gott als Sch�pfer, der das Leben mittels Evolution erschuf, wobei es unterschiedliche Auffassungen dar�ber gibt, wie stark er in diesen Prozess eingreift und eingegriffen hat. Vertreter dieser Richtung akzeptieren die meisten Ergebnisse der modernen Naturwissenschaft, daher verstehen sie sich selbst nicht als Kreationisten im hier dargestellten Sinn und werden auch von Gegnern des eigentlichen Kreationismus nicht als solche bezeichnet, sondern nur von Kreationisten. Diese Position wird von der katholischen Kirche vertreten und ist allgemein unter Christen weit verbreitet.

Intelligent Design (ID)

Vertreter dieser Richtung akzeptieren nach eigener Aussage wissenschaftliche Methodik, stellen aber Thesen wie die Evolutionstheorie oder Abiogenese in Frage, weil sie diese nicht als befriedigende Erkl�rungen f�r gewisse wissenschaftliche Beobachtungen ansehen. Ihre alternative These ist, dass sich das Leben nur durch einen intelligenten Designer entwickelt haben k�nne. Es sei nach heutigen Erkenntnissen unm�glich, dass gewisse Entwicklungen in der Evolution "rein zuf�llig" geschehen seien (wobei es unter Intelligent Design-Vertretern verschiedene Auffassungen zur Reichweite evolutiver Prozesse gibt). Es gibt u. a. wahrscheinlichkeitsbasierte Argumentationen zu diesem Punkt. Daraus folgern sie, dass sich das Leben nicht anhand von Gesetzm��igkeiten entwickelt habe, sondern das explizite Eingreifen einer Intelligenz den Ansto� gegeben habe beziehungsweise ma�geblich gewesen sei. Argumente daf�r seien in der Mikrobiologie, der mathematischen Logik und der Linguistik zu finden.

Die Argumentationsstrategie der ID-Vertreter besteht in der Regel darin, zu versuchen, alle naturalistischen Erkl�rungen zu bestreiten und Intelligent Design als einzige Erkl�rungsm�glichkeit darzustellen. W�hrend die meisten Argumente der ID-Vertreter im Gegensatz zur heute vorherrschenden naturalistischen Sichtweise stehen, gibt es aber auch ein ID-Argument, das die G�ltigkeit heutiger naturwissenschaftlicher Theorien erst voraussetzt. Dieses bezieht sich auf die von Naturwissenschaftlern diskutierte, bisher noch umstrittene, Feinabstimmung von Naturkonstanten, welche irdisches intelligentes Leben demnach erst erm�gliche.

Kritiker des Intelligent Design weisen darauf hin, da� seine Vertreter f�r die Entstehung und Existenz eines intelligenten Designers keine Erkl�rung anbieten und sich daher die Situation durch seine Einf�hrung verschlechtern statt verbessern w�rde. Zudem sei nach gegenw�rtigem Forschungsstand das Univerum wahrscheinlich gro� genug oder sogar unendlich gro�, so dass die von den ID-Vertreter behaupteten Unwahrscheinlichkeiten, selbst wenn es sie g�be, auch durch ein anthropisches Prinzip erkl�rt werden k�nnen. Ebenso k�nne eine eventuell vorhandene Feinabstimmung der Naturkonstanten auch durch Viele-Welten-Modelle erkl�rt werden, so dass die Schlussweise der ID-Vertreter keinesfalls zwingend w�re.

Die Vertreter des Intelligent Designs sind ein Anziehungspunkt f�r andere Kreationisten und werden von diesen oft f�r eine religi�se Agenda missbraucht, die sie selbst nicht vertreten. Auf der anderen Seite werden sie von Seiten der etablierten Wissenschaft oft pauschal als fundamentalistische Kreationisten betrachtet. Einer der bekanntesten Vertreter des Intelligent Design ist der Biochemiker Michael J. Behe aus Pennsylvania, Autor von Darwin's Black Box. Ein anderer ist der Jurist Phillip Johnson vom Discovery Institute in Seattle, das vorwiegend durch Spenden christlich-fundamentalistischer Organisationen finanziert wird.

Neben der rein wissenschaftlichen Diskussion, ob die Entwicklung eines bestimmten Systems wirklich im Rahmen der Evolutionstheorie bisher nicht erkl�rt sei, wird auch grunds�tzlich kritisiert, dass der �Designer� eine Art L�ckenb��errolle einnehme. Nicht erkl�rte Ph�nomene auf eine (�berm�chtige) Intelligenz zur�ckzuf�hren, sei nicht Ziel und Inhalt einer wissenschaftlichen Theorie, sondern eine bequeme Scheinl�sung f�r jede beliebige Schwierigkeit. Weiterhin sei die Theorie aufgrund der Transzendenz (Au�erweltlichkeit) des Designers nicht verifizierbar. Ferner erf�llt die Intelligent Design Theorie nicht grundlegende Anforderungen wie Falsifizierbarkeit oder Voraussagef�higkeit, um als wissenschaftliche Theorie zu gelten.

Dem Intelligent Design wird vorgeworfen, kreationistisches Gedankengut unter einem anderen Namen zu verbreiten, nachdem Klagen von Kreationisten in einigen US-Bundesstaaten gegen die Verbreitung von Wissenschaft, die ihren spezifischen religi�sen Vorstellungen widersprachen, scheiterten. So urteilte 1987 ein Gericht im US-Gliedstaat Louisiana, Kreationismus diene religi�sen, nicht etwa wissenschaftlichen Zielen. In den USA herrsche strikte Trennung von Religion und Staat. Intelligent Design k�nne als Versuch der Kreationisten angesehen werden, eine f�r das US-System n�tige Wissenschaftlichkeit vorzut�uschen. So spricht man im ID statt von Gott stets neutral von einem h�hreren Wesen oder einer h�heren Instanz. Die Neue Z�rcher Zeitung titelte in diesem Zusammenhang mit der Talibanisierung des Biologie- und Wissenschaftsunterrichts.

Junge-Erde-Kreationisten

Die am weitesten vom naturalistischen Weltbild abweichende Gruppe sind die Kurzzeitkreationisten. Unter ihnen finden sich in erster Linie (aber nicht nur) evangelikale und fundamentalistische Christen, die f�r eine w�rtliche Bibelauslegung einstehen wollen. Sie interpretieren den Sch�pfungsbericht in der Bibel als Tatsachenschilderung und formulieren daraus ein Gegenmodell zu Evolutionstheorie, Urknalltheorie etc., f�r das sie wissenschaftliche Best�tigungen zu erarbeiten suchen.

Dabei werden Fakten wie Fossilienfunde und biologische oder morphologische Verwandtschaften nicht bestritten, aber in andere Zusammenh�nge gebracht und anders interpretiert, als das in der Naturwissenschaft �blich ist. Diese Gruppe stellt viele g�ngige Thesen in Biologie und Geologie in Frage, und weist auf einige angebliche Schwachstellen der heutigen wissenschaftlichen Modelle hin. Es liegt in der Natur der Sache, dass es massive Kontroversen zwischen dieser Gruppe und Vertretern der Evolutionstheorie gibt. Zumal es sich nicht nur um die unterschiedliche Interpretation von Fakten handelt, sondern auch um darunterliegende entgegengesetzte philosophische Weltanschauungen.

In Deutschland geh�rt die Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" zu den bekanntesten Vertretern dieser Gruppe.

(Der Erzbischof James Ussher (1581-1656) berechnete den Zeitpunkt der Sch�pfung f�r den 23. Oktober 4004 vor Christi Geburt, 14.30 Uhr.)

Kontroversen zwischen Kreationismus und Evolutionstheorie

Da Kreationisten sich nicht auf einen naturwissenschaftlich akzeptierten Sch�pfungsglauben beschr�nken, sondern ihr Weltbild als "wissenschaftlich �berpr�fbar" propagieren, tritt der Kreationismus in direkte Konkurrenz zur Evolutionstheorie. Da es aus Sicht der Mehrheit der Naturwissenschaftler keine Hinweise auf die Richtigkeit des kreationistischen Weltbildes gibt, wird dieses als (bereits widerlegte) Hypothese bezeichnet. Die Evolutionstheorie hingegen beinhalte eine so gro�e Zahl von empirisch und deduktiv belegten Hypothesen und k�nne in so viele etablierte Theorien widerspruchsfrei integriert werden, dass sie selbst als "Theorie" bezeichnet wird. Kreationisten wiederum verweisen auf die (aus Sicht der Mehrheit der Naturwissenschaftler stetig schrumpfende und schon jetzt unbedeutende) Menge ungel�ster Detailfragen und bezweifeln auf dieser Basis teilweise das Gesamtkonzept der Evolution (Junge-Erde-Kreationisten), teilweise speziellere Annahmen der Evolutionstheorie (ID).

Grundlegende Gegens�tze

Die Gegens�tze zwischen Kreationismus (hier dargestellt am Beispiel der Junge-Erde-Kreationisten, da sie die Evolutionstheorie am radikalsten ablehnen) und dem naturalistischen Weltbild stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:

  • Das gesamte Dasein entstand in sechs Tagen und war am siebten vollendet (Kreationismus). - Das Universum begann vor mehreren Milliarden Jahren und ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht "fertig" (naturalistisches Weltbild)..
  • Alle Grundtypen von Lebewesen entstanden unmittelbar aus dem Sch�pfungswillen eines Gottes (Kreationismus). - Das Spektrum der Arten hat sich in einem langen Entwicklungsprozess durch Fortpflanzung der besser Angepassten und Aussterben der schlechter Angepassten aufgef�chert. Hinter dem allgemeinen Gesetz ist kein "Wille" erkennbar (naturalistisches Weltbild). (Die Zusammenfassung der Lebewesen zu Arten ist in Evolutionstheorie und Kreationismus unterschiedlich.)
  • Der Mensch ist Gott ebenbildlich und herrscht �ber die Sch�pfung im Sinne eines H�ters der Sch�pfung (Kreationismus). - Der heutige Mensch ist ein Zwischenergebnis der Evolution, nicht ihr Abschluss. Er war bisher beispiellos erfolgreich, doch kann sein Erfolgsmodell kippen. Es kann aber auch in eine neue, selbstgesteuerte Evolutionsphase �bergehen (naturalistisches Weltbild).

Kreationisten bringen lange Listen von Argumenten vor, die ihrer Meinung nach gegen Evolution sprechen. Unten sind einige Beispiele genannt. Diese Beispiele f�r kreationistische Argumentationen haben nach Meinung von Wissenschaftlern (Evolutionsbiologen, Physiker, Chemiker, Geologen, etc.) folgende Merkmale gemeinsam:

1. Sie st�tzen nicht direkt den Kreationismus, sondern streben eher danach, naturwissenschaftliche Theorien im Allgemeinen und/oder die Evolutionstheorie im Besonderen f�r falsch zu erkl�ren.

2. Die unten vorgestellten Argumente gelten ihrerseits aus wissenschaftlicher Sicht entweder als widerlegt (siehe beispielsweise "Ursuppe"), aus dem Zusammenhang gerissen (siehe beispielsweise "Erdalter") oder als unfalsifizierbar und damit pseudowissenschaftlich (siehe beispielsweise "Erdmagnetismus").

Kreationisten wenden zwar ein, dass man eine Theorie nicht an deren unf�higsten Vertretern messen solle, tolerieren aber diese "unf�higen Vertreter", statt sich einer wissenschaftlichen Selbstreinigung zu unterziehen. Sie weisen nicht nur auf die angeblich vielfach mangelnde Falsifizierbarkeit von evolutionstheoretischen Erkl�rungsans�tzen hin, sondern auch darauf, dass der Rationalismus die Existenz eines Sch�pfers dogmatisch ausschlie�e und daher Falsifizierbarkeit f�r die Beantwortung der betrachteten Fragestellung ein nur bedingt zweckm��iges Kriterium sei. Au�erdem sei selbst im Rationalismus eine einzelne Falsifikation nicht als Gegenbeweis f�r eine Theorie zu betrachten.

Hauptkonfliktfelder

Sowohl Evolution als auch Kreationismus subsumieren jeweils eine breite Palette von Hypothesen f�r die Entwicklung des Lebens auf der Erde. So seien auch kreationistische Hypothesen mit kreationistischen und evolutionsspezifische mit evolutionsspezifischen Theorien untereinander ganz oder teilweise unvereinbar.

Fossilien und Makroevolution

Kreationismus

Kreationisten weisen immer wieder darauf hin, dass es trotz der gro�en Variationen von verschiedenen Gruppen keinen Fund gebe, der die �berbr�ckung zwischen ihnen f�lle. Fossilien wie der Archaeopteryx stellten keine �bergangsformen dar, sondern von Gott eigens erschaffene Arten.

Evolutionstheorie

Eine Theorie zu dem Umstand, dass gewisse �bergangsformen fehlen, biete das punctuated equilibrium-Modell, das die Evolution nur im kleinen Ma�stab als graduell und in gro�em Rahmen als sprunghaft, mit Phasen der Stasis beschreibt. Diese Theorie folge zwangsl�ufig aus der Populationsdynamik, da Evolution vor allem in kleinen Populationen erfolge und damit geringen Niederschlag in Fossilien finde. Evolutionstheoretiker behaupten zudem, wichtige �bergangsformen w�rden von der kreationistischen Seite einfach ignoriert (Rahonavis). Spontane Artbildung und damit Makroevolution sei bei einem �ber mehrere Jahren isolierten Stamm der Art Drosophila paulistorum(Fruchtfliege) schon im Labor beobachtet worden (Dobzhansky, Pavlovyks, Nature 23, 1971), kann also sehr schnell erfolgen.

Chemische Evolution

Kreationismus

Kreationisten verweisen auf die angeblich geringe Aussagekraft von "Ursuppenversuchen", bei denen sich zun�chst Aminos�uren und aus diesen Proteine gebildet haben sollen. So k�nnten bisher nur 14 der 20 in Lebewesen vorkommenden (essentielle, proteinogene) Aminos�uren �berhaupt in einem einzigen Versuchsaufbau synthetisiert werden. In den simulierten Umgebungen st�nde ein hoher Anteil monofunktionaler Aminos�uren einer H�herentwicklung zu Proteinen entgegen. Das Verh�ltnis zwischen linksh�ndigen und rechtsh�ndigen Aminos�uren entspr�che nicht dem Verh�ltnis in der Natur. Die Evolutionsgeschichtlich nachgelagerten Proteinsynthese-Experimente seien dabei von zu den Aminos�uresynthese-Experimenten deutlich verschiedenen Umweltbedingungen ausgegangen oder h�tten von monofunktionalen Aminos�uren befreite "Ursuppe" verwendet. Es h�tten sich zudem nicht die gew�nschten Proteine (lineare Ketten) gebildet, sondern Proteinoide (dreidimensional vernetzte Molek�le), die die Aufgabe eines Proteins nicht besser als Metallionen erf�llen und sich vor allem nicht in den Code-gesteuerten Zellstoffwechsel integrieren lie�en.

An einer anderen Kategorie von "Ursuppenversuchen" kritisieren Kreationisten, dass die zur Bildung von Nukleins�uren (RNA und DNA) notwendigen Bausteine Zucker und Stickstoffbasen mit ihrer geringen Halbwertszeit von maximal 44 bzw. 100 Jahren in geologischen Zeitr�umen praktisch nicht zur Verf�gung st�nden. Das f�r die Zuckersynthese als wichtig eingestufte Formaldehyd hemme zudem die Synthese von Adenin aus Cyanwasserstoff (HCN) wirksam. Die oftmals hohen Anspr�che and die pr�biotische Umwelt (z.B. periodisch trockenfallende Lagunen) lie�en weitere Zweifel aufkommen, da wechselnde Umweltbedingungen den Zerfall anderer notwendiger Komponenten beschleunige. Wiederum seien bei einigen Experimenten optimierte Ausgangsgemische verwendet worden, deren nat�rliche Entstehung die Kreationisten unter pr�biotischen Bedingungen nicht nachvollziehen k�nnen.

Schlie�lich meinen Kreationisten, die Wahrscheinlichkeit, da� sich die richtigen Stoffe, in der richtigen Reihenfolge (und nicht mit irgendwelchen anderen Verbindungen eingegangenen), auf entsprechend kleinem Raum zusammenf�nden, sei gering. Einige Kreationisten geben Wahrscheinlichkeiten an. F�r einen Stecknadelkopf (�1 mm ) gro�en Raum beispielsweise (10-36).

Evolutionstheorie

Die Argumente bez�glich der unvollst�ndigen Synthese von "Lebensbausteinen" betrachtet die Evolutionstheorie als am Thema vorbei - nat�rlich sei bei so einfachen Experimenten kein besseres Ergebnis zu erwarten, sondern bereits dieses Ergebnis sei eine positive �berraschung gewesen. Das derzeitige einseitige Verh�ltnis zwischen linksh�ndigen und rechtsh�ndigen Aminos�uren sei durch genetische Drift einfach zu erkl�ren.

Astrobiologen weisen darauf hin, dass in Meteoriten und sogar im interstellaren Raum inzwischen eindeutig komplexe organische Molek�le wie etwa Aminos�uren und andere Lebensbausteine nachgewiesen wurden. Es g�be viele denkbare Modelle zur Entstehung von Leben, bei welchen die Scheinprobleme, die auf einer missbr�uchlichen Anwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung beruhten, vermieden w�rden.

Datierungsmethoden

Kreationismus

Kreationisten weisen auf die angebliche Ungenauigkeit der verschiedenen Datierungsmethoden hin. Grunds�tzlich wird die Postulierung von Ursprungszust�nden und Umgebung infrage gestellt, d.h. es werde mit Idealbedingungen gerechnet. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Eichung der Datierungsmethoden oft an Proben erfolge, deren Alter durch das Evolutionsmodell mitbestimmt w�rde.

Beispielsweise meinen Kreationisten, der Versuch, eine direkte Altersbestimmung von toten Organismen mit Hilfe von Kohlenstoffdatierungen (radiometrische Altersbestimmung) durchzuf�hren, beruhe auf zum Teil unbeweisbaren Grundannahmen. Daher seien die so ermittelten Altersangaben keine tats�chlichen Werte, sondern "Modellalter" (also relativ zur Auslegung und zu den Annahmen). Es sollte nach Berechnungen die modernste dieser Me�methoden eine Altersangabe bis 100.000 Jahre liefern. Es k�nnten aber nur Alter bis zu 60.000 Jahre nachgewiesen werden. Bez�glich der zur Altersbestimmung von Gesteinsschichten eingesetzten Kalium-Argon und der Uran-Blei-Methode weisen Kreationisten auf die verf�lschenden Auswirkungen von Verschmutzungen, Aussickerungen und ungewissen Ausgangszust�nden hin. Teilweise w�rden verschiedene Methoden deutlich verschiedene Daten messen. Bei der f�r den gleichen Zweck eingesetzte Rubidium-Strontium-Methode sei aufgrund der extrem hohen Halbwertszeit eine erh�hte Gefahr von Messfehlern gegeben.

Naturalismus

Physiker, Pal�ontologen und Geologen bezeichnen die Behauptungen bez�glich der Eichung der Datierungsmethoden als unhaltbar und aus der Luft gegriffen. Bez�glich der Kohlenstoffdatierung weisen Evolutionsbiologen darauf hin, dass die Radiokohlenstoffmethode gerade wegen ihrer bekannten Beschr�nkung auf wenige tausend Jahre von Pal�ontologen gar nicht angewandt werde (mit wenigen Ausnahmen, n�mlich f�r sehr junge Fossilien, die noch organischen Kohlenstoff enthalten). Vor allem zur Bestimmung des Erdalters sei sie denkbar ungeeignet, dazu w�rden viele verschiedene Methoden wie zum Beispiel die U-Pb-Methode, Rb-Sr-Methode oder die Sm-Nd-Methode erfolgreich angewendet.

Verf�lschungen der radiometrischen Datierungsmethoden durch Verschmutzungen oder sonstige St�rungen des jeweiligen verwendeten Isotopensystems k�nnten durch Verwendung von Drei-Isotopendiagrammen oder - im Fall der U-Pb-Methode - eines Konkordia-Diagrammes zuverl�ssig ausgeschlossen werden. Im Fall des K-Ar Systems stehe mit der 39Ar-40Ar Messtechnik sogar ein besonders ausgefeilte Technik zur Verf�gung, mit der Verf�lschungen ausgeschlossen werden k�nnten.

Geeicht w�rden die radiometrischen Methoden durch Messung der Zerfallskonstanten der radioaktiven Elemente unter Laborbedingungen. Besonders die Zerfallsraten des Urans seien sehr genau bekannt, da diese beispielsweise notwendig zur Planung und Betrieb von Kernkraftwerken seien.

�berlagernde Erdschichten

Kreationismus

Kreationisten behaupten, es seien Fossilien gefunden worden, die durch mehrere verschiedene Ablagerungsschichten hindurch lagen, obwohl viele Wissenschaftler diese Ablagerungsschichten auch in mehrere verschiedene Erdzeitalter eingeordnet h�tten. ( "Wie solle ein Schwanz eines Dinosauriers 100 Millionen Jahre aus der Erde ragen?" ) Diese Funde k�nnten im Rahmen des Kreationismus als Hinweis auf eine irrt�mliche Datierung der Erdschichten durch die Wissenschaft oder als Hinweis auf eine Flutkatastrophe betrachtet werden.

Naturalismus

Pal�ontologen weisen darauf hin, da� solche Behauptungen in mehreren Versionen in Kreationistenkreisen kursieren w�rden, und bei n�herer Betrachtung nicht stichhaltig seien. Beispielsweise sei eine h�ufige Version die eines Wal-Fossils, das senkrecht durch mehrere Ablagerungschichten l�ge. In Wirklichkeit l�ge das entsprechende Wal-Fossil jedoch innerhalb einer Ablagerungschicht, die zur Zeit der Ablagerung horizontal gewesen sei und erst sp�ter durch geologische Prozesse etwa 50� aus der Horizontalen gehoben worden sei. Des weiteren seien pl�tzliche meterdicke Ablagerungen, etwa durch vereinzelte lokale �berschwemmmungen auch kein Problem f�r die herk�mmliche Pal�ontologie.

Abgrenzung durch Fachbegriffe

Kreationisten weisen darauf hin, dass viele Fachbegriffe der Wissenschaft bereits eine - ihrer Meinung nach unbewiesene - Evolution als gegeben voraussetzen.

Kreationisten bezeichnen daher �bergangsformen gew�hnlich als Mosaikformen, weil die Vielfalt der in solchen Fossilien vorhandenen Merkmale, eine durch den Begriff angedeutete, eindeutige Zuordnung von Vorfahren und Nachfahren sowie einer Klassifizierung als "h�her entwickelte" oder "primitive" Spezies nicht erlaube.

Die (zum Teil aus der Zeit vor Darwin stammenden und veralteten) wissenschaftlichen Attributierungen "modern", "fortschrittlich", "h�her entwickelt", "primitiv", "urt�mlich", "Ur-", "Archae-", "Pro-", "Proto-" u.v.a. werden als implizite Voraussetzung einer Makroevolution und damit als nicht objektiv kritisiert. Hier einige Beispiele:

  • Die Gruppierung von Organismen in Prokaryoten und Eukaryoten sei irref�hrend, da "pro-" (vor-) eine angeblich nicht belegte Makroevolution unterstelle.
  • Archaeopteryx, werde als "Urvogel" bezeichnet, obwohl er auch sehr "moderne" Merkmale habe.
  • Der Bezeichnung von Organen als rudiment�r (z. B. Wurmfortsatz des Blinddarm), unterstelle eine makroevolution�re Entwicklungsgeschichte und gegenw�rtige Mangelhaftigkeit.

In kreationistischer Literatur findet man daher "evolutionistisch" gepr�gte Begriffe in Anf�hrungszeichen oder nach der Meinung der Kreationisten in neutraler Form.

Evolutionsbiologen weisen darauf hin, es sei �blich, Bezeichnungen f�r Arten und h�here Taxa m�glichst konstant zu halten, um keine unn�tige Verwirrung zu erzeugen. Basilosaurus z.B. sei ein Wal, trage aber dennoch weiterhin den irrt�mlich vergebenen griechischen Namen f�r "K�nigs-Echse". Ideologische Bedenken au�erwissenschaftlicher Minderheiten seien ein wesentlich geringf�gigerer Grund, solche Namen zu �ndern, als objektive Fehlbezeichnungen.

Politische Kontroversen

Vertreter des Kreationismus haben sich insbesondere in den USA politisch engagiert. Die christliche Sch�pfungslehre soll dort nach Ansicht von Kreationisten gleichberechtigt zu naturwissenschaftlichen Lehren wie Urknalltheorie und Evolutionstheorie im Schulunterricht im Fach Biologie behandelt werden. (In �ffentlichen Schulen der USA gibt es keinen Religionsunterricht.)

Jedoch auch in Europa hat sich seit einigen Jahren eine erneute Kreationistendebatte etabliert, die vor allem von Pietisten und Evangelikalen getragen wird. In Deutschland wurde 2003 Wolf-Eckehard L�nnig, Biologe am Max-Planck-Institut f�r Pflanzenz�chtung K�ln und Zeuge Jehovas, untersagt, via Institutswebsite die Intelligent-Design-Idee zu verbreiten. In Italien scheiterte im April 2004 nach Protesten ein Versuch, die Evolutionstheorie aus dem Lehrplan der Mittelstufe zu streichen. Kritiker brachten dies damit in Zusammenhang, dass in den Reihen der Regierungspartei Alleanza Nazionale gegen den Darwinismus als angebliche Grundlage linker Ideologie polemisiert wird. Kritiker sahen darin eine F�rderung kreationistischen Gedankenguts. Die Regierung begr�ndete ihren Vorsto� mit einer Straffung des Lehrplans und wies darauf hin, dass die Evolutionstheorie nach wie vor auf dem Lehrplan der Oberschulen stehe. Daneben sind es in Westeuropa vor allem junge Muslime oder muslimische Organisationen, welche die Evolution mit Augenmerk auf das Bildungswesen in Frage stellen. Dabei unterscheidet sich ihre Argumentation allerdings nicht wesentlich von der christlichen.

Kreationistische Tendenzen in der Bev�lkerung

Die Darstellungen der Bibel, wonach das Universum, die Erde und das Leben vor 10.000 Jahren von Gott erschaffen wurden, nimmt - nach einer Umfrage des Schweizer Meinungsforschungsinstituts IHA-Gfk - jeder F�nfte in Deutschland, �sterreich und der Schweiz w�rtlich.

Etwa genauso viele stimmen der Ansicht zu, dass es zwar die Evolution gebe, dass sie aber von Gott gesteuert werde. Eine Evolution, wie Darwin sie beschrieb, bei der Gott keine Rolle spielt, erkennt in Deutschland mit 46 Prozent fast jeder Zweite an, in �sterreich knapp 41 Prozent, in der Schweiz aber nur jeder Dritte (33 Prozent).

Vergleichstabelle


 

  Naturalistische Evolution Theistische Evolution Intelligent Design Alte-Erde Kreationismus Junge-Erde Kreationismus
�berzeugung naturalistische Weltanschauung Deismus / Theismus Theismus Theismus Theismus
ber�hmte Verfechter Carl Sagan Howard Van Till,
Katholische Kirche
Michael Behe,
William Dembski
Robert C. Newman,
Hugh Ross,
Zeugen Jehovas
Studiengemeinschaft Wort und Wissen,
Werner Gitt, Siegfried Scherer, Reinhard Junker, Arthur Ernest Wilder-Smith
Notwendigkeit von Wundern Keine Wunder notwendig Ein bis drei Wunder (Universum, Leben, Seele) Wunder, da Intelligent-Design-Vertreter manche biologischen Fakten nicht anders erkl�ren k�nnen Viele Wunder Viele Wunder
Ursprung des Lebens und der biologischen Vielfalt Abiogenese und Evolution Sch�pfungsbeginn und Makroevolution. verschiedene Meinungen Sch�pfungsbeginn und Mikroevolution Sch�pfungsbeginn und Mikroevolution
Alter des Kosmos Kosmos ist Milliarden Jahre alt Kosmos ist Milliarden Jahre alt keine offizielle Aussage Kosmos ist Milliarden Jahre alt Erde (und gew�hnlich auch Kosmos) Tausende von Jahren alt
Entstehung des Menschen Menschen haben sich aus nichtmenschlichem Leben entwickelt. Menschen haben sich aus nichtmenschlichem Leben entwickelt;

Seele m�glicherweise geschaffen

Abstammungslehre von einzelnen Vertretern anerkannt, irreduzible Strukturen ben�tigen intelligenten Designer Menschen mit K�rper und Seele als besondere Wesen erschaffen. Separate Sch�pfung aller "Arten" Menschen mit K�rper und Seele als besondere Wesen erschaffen. Separate Sch�pfung aller "Arten"
die ersten Menschen Weder Adam noch Eva M�glicherweise weder Adam noch Eva keine offizielle Aussage Adam und Eva waren die ersten Menschen Adam und Eva waren die ersten Menschen
Bedeutung des Genesis Genesis ist ein Mythos und f�r die Beurteilung der Wirklichkeit irrelevant. Genesis vermittelt als Mythos geistliche Wahrheit keine offizielle Stellungnahme Genesis ist eine historische Erz�hlung die teilweise symbolische Sprache verwendet. Genesis ist eine historische Erz�hlung die w�rtlich genommen werden muss.
Stellung der Wissenschaft Theologie ist in Hinblick auf von der Wissenschaft beschriebene Wirklichkeit irrelevant. Wissenschaft befasst sich mit physikalischer Wirklichkeit, Theologie mit geistlicher Wirklichkeit. Wissenschaft darf nicht selbst durch Ausschluss nicht-wissenschaftlicher Erkl�rungen zur Religion werden, Kritik am methodologischen Naturalismus. Im Konfliktfall zwischen Wissenschaft und dem unfehlbaren Wort der Bibel muss sich die Wissenschaft unterordnen. Es gibt keinen Konflikt zwischen operationaler Wissenschaft und dem unfehlbaren Wort der Bibel. Hypothesen �ber die Vergangenheit lassen sich nicht �berpr�fen und k�nnen daher nur vertrauensvoll geglaubt werden.

Diese Tabelle veranschaulicht das Spektrum der unter Kreationismus subsumierten Thesen - vielfach entziehen sich kreationistische Thesen und deren Vertreter jedoch einer derart exakten Kategorisierung."