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DRI – Erweiterung der Bilddynamik


Problemstellung und Lösungsansatz


von Thorsten Schnebeck


In seiner Reihe von Schritt-für-Schritt-Anleitungen zeigt ebv4linux diesmal, wie mit Hilfe des DRI-Verfahrens Bilder verbessert werden, die unter schwierigen Belichtungssituationen entstehen. DRI steht für Dynamic Range Increase und bedeutet soviel wie Dynamikzuwachs. Die Anleitung stellt die Theorie des Verfahrens vor, zeigt an einem Beispiel die Schritte, die notwendig sind, das Verfahren in GIMP durchzuführen und präsentiert schließlich ein Skript, das den Vorgang hilft zu automatisieren.

Unter der Dynamik bzw. dem dynamischen Tonwertumfang eines Bildes versteht man den Kontrastumfang, also den Wertebereich zwischen hell und dunkel für alle Farbkanäle. Mit den Einstellungen Zeit, Blende und Empfindlichkeit wird eine Digitalkamera so programmiert, dass sie für eine konkrete Belichtungssituation ca. ±4 Blendenstufen auf dem Sensor erfassen kann. Die Belichtungsautomatik versucht die drei Parameter korrekt einzustellen. Dabei wird das vom Objekt reflektierte Licht so auszuwertet, dass dieser Mittelwert dem mittleren Kontrastumfang des Motivs entspricht. Anhand des Histogramms eines Bildes kann man einschätzen, wie ausgewogen eine Belichtung ist. Werfen wir dazu einen Blick auf das Histogramm in Bild 1.

Bild 1: Histogramm einer Nachtaufnahme

Es zeigt auf seiner X-Achse den Wertebereich eines RAW-Bildes in logarithmischer Teilung. Auf der Y-Achse ist die Häufigkeit des jeweiligen Wertes im Bild aufgetragen. Das RAW-Format der hier verwendeten Kamera hat einen Dynamikumfang von 12 Bit pro RGB-Kanal, also gibt es hier 4096 Werte von 0 (entspricht schwarz) bis 4095 (entspricht weiß) auf der X-Achse. Das Histogramm bestätigt unseren visuellen Bildeindruck: Es ist ziemlich dunkel!

Dabei sind die Parameter unterhalb des Histogramms genau so eingestellt, dass kein Bildbereich übersteuert ist. Würde man die Szene gemäß Bild 2 aufhellen, werden zwar mehr Details und Strukturen sichtbar, allerdings zeigt das Histogramm auch eine Übersteuerung der hellen Bereiche, die in der Animation als schwarze Flecken sichtbar werden.

Bild 2: Die aufgehellte Szene zeigt mehr Details. Die hellen Bereiche im Bild sind aber übersteuert.

Hier zeigt sich das Problem. Wird das Bild in einer Form bearbeitet, dass mehr Details sichtbar werden und das Histogramm einen ausgewogenen Verlauf zeigt, führt dieses zu einem Zeichnungsverlust in dem Extrembereichen - im obigen Beispiel in den Lichtern. Zwar ist der Sensor in der Lage gewesen den gesamten Tonwertbereich des Motivs zu erfassen, schließlich kommen beide Bilder aus dem gleichen RAW-Bild, dennoch lässt sich dieser Bereich nicht ohne Verlust abbilden. Die hellen Szenen im Motiv wären besser etwas kürzer, die dunklen Szenen dagegen etwas länger belichtet worden. Dieses Problem ist bei relativ vielen Motivsituation gegeben und oft muss man einem Kompromiss suchen.

Die Animation in Bild 3 verdeutlicht die Problematik an einem neuen Beispiel. Es werden hier unterschiedlichen Belichtungen abgespielt, die jeweils abgestimmt wurden auf die Zeichnung des Himmels, des Holzes der Mühlenflügel und an der Zeichnung des Mauerwerks. Soll letzter erhalten bleiben, zeigt sich der Himmel als eine nahezu weiße Fläche. Die Struktur der Wolken ist fast völlig verloren gegangen. Würden Mauer und Himmel einen geraden Horizont bilden, kann man sich bei der Aufnahme mit einem Grauverlaufsfilter (auch als ND-Filter be behelfen, der den Himmel abdunkelt. In diesem Fall würde ein solches Filter aber den oberen Bereich der Mühle zu sehr abdunkeln.

Bild 3: Belichtungproblematik. Je nach Spotmessung erfolgt eine korrekte Belichtung
nur für den Flügel, den Himmel oder das Mauerwerk.

DRI biete eine Lösung für dieses Problem. Hierbei werden gemäß dem letzten Beispiel die drei Teilbelichtungen so in einer Weise kombiniert, dass jeweils der korrekt belichtete Bereich pro Ebene erhalten bleibt und fehlbelichtete Teile von den anderen Ebenen durchscheinen.

Bild 4 illustriert das DRI-Verfahren. Die Bilder werden nach Helligkeit sortiert in verschiedene Ebenen abgelegt. Dabei enthält die oberste Ebene das hellste Teilbild. Tauscht man die überbelichteten Stellen durch Transparenz aus, erkennt man dort die bessere Belichtung einer unteren Ebene.

Bild 4: Das DRI-Prinzip: Nach dem Übereinanderlegen der verschieden belichteten Aufnahmen
verwendet man nur den Teil einer Ebene, der die maximale Zeichnung besitzt.

Es stellt sich noch die Frage, wie man am besten zu den verschieden belichteten Ebenen kommt. Naheliegend ist es von einem sich nicht bewegenen Motiv mit Hilfe eines Stativs mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen zu machen. Da man zwischen den Aufnahmen nur schwer die Kamera abnehmen und eine Spotmessung auf das jeweilige Motivdetail durchführen kann, sollte man im manuellen Modus eine Belichtungsreihe durchführen. Wichtig ist, dass die einzelnen Aufnahmen deckungsgleich sind. Das Display einer Digitalkamera hilft dabei, den Bereich der Reihe sinnvoll abzuschätzen. Je nach Motiv und Belichtungssituation können fünf bis zehn Aufnahmen durchaus sinnvoll sein. Um die Tiefenschärfe nicht zu verändern, sollte die Reihe nur durch Variation der Belichtungszeit notfalls der Empfindlichkeit (ISO-Wert) erstellt werden.

Eine zweite sehr attraktive Möglichkeit stellt die Verwendung des RAW-Formates moderner Digitalkameras da. Dieses besitzt, wie oben erwähnt, einen erweiterten Dynamikbereich gegenüber dem JPEG-Format. So verfügen die CRW-Dateien der aktuellen Canon Spiegelreflexkameras über einen Tonwertumfang pro Kanal von 4096 Werten gegenüber den 256 Werten einer JPEG-Datei. Dieses entspricht 24 dB mehr Dynamik. Wie im ersten Beispiel gezeigt kann man nun verschiedene Belichtungen aus der RAW-Datei entwickeln. Bezogen auf die RAW-Datei handelt es sich somit eigentlich um eine Dynamikkompression.

Nachfolgend wollen wir am Beispiel der Windmühle mit GIMP Schritt für Schritt das fertige Bild realisieren.

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Publiziert am: 2004-10-31 (22463 mal gelesen)
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