| ***** Vorhang auf für den letzten Akt der märchenhaften Beatles-Story. Als am 27.10.1962 „Love Me Do“ die erste Beatles Platte Platz 27 der britischen Hitparade erreichte, ahnte die Popwelt noch nicht, welcher Orkan über sie einbrechen sollte. Als „Please, Please Me“ im Februar 1963 Nummer 1 in England wurde, war daß der Startschuß zur größten Musikinvasion, die je von Großbritannien ausgegangen ist. Im Kielwasser der Beatles eroberten junge und unbekümmerte Gruppen wie Rolling Stones, Who, Kinks usw. mit ihrer aggressiven Musik die Hitparaden der Welt. Nicht nur, daß diese Gruppe anders spielten, als alles bisher dagewesene. Mit ihrer Musik und ihrem Outfit (lange Haare) verkörperten sie das Lebensgefühl einer anbrechenden Ära und waren nebenbei auch das Sprachrohr der nach dem zweiten Weltkrieg geborenen Generation. Im Gegensatz zum doch recht braven Rock’n‘ roll der 50er Jahre wirkten diese Bands und ihre Musik wild, roh und ungehobelt, und machten nebenbei eine verteufelt gute Musik. Endlich hatte die Jugend ihre Musik, ihre Mode und vor allem ihre Lebensanschauung, mit der sie sich gegen die konservative und spießige Gesellschaft auflehnen konnte. Die Geschichte der Beatles begann in den späten 50er Jahren in Liverpool, als die Schulfreunde John Lennon und Paul Mc Cartney zusammen mit George Harrison, Stu Sutcliffe und Pete Best die Skiffleband The Querryman gründeten, aus denen später die Silver Beatles und dann die Beatles wurden. 1962 ersetzte Ringo Starr Pete Best am Schlagzeug. Bis zu ihrem ersten Hit folgten endlose Tourneen durch englischen Clubs und auf der Reeperbahn (Legendär sind ihre Auftritte im Kaiserkeller und im Starclub), die die Jungs zu versierten Musiker reifen ließen. 1961 nahmen sie als Begleitband „The Beat Brothers“ des damals bekannten Rocksängers Tony Sheridan unter der Regie des deutschen Bandleaders und Produzenten Bert Kaempfert eine LP auf. Als für die Beatles der ganz große Erfolg kam, wurden aus dieser LP das Stück „Skinny Minnie“ ein Hit. Keine andere Gruppe vor und erst recht nicht nach ihnen beeinflußte die populäre Musik so nachhaltig wie die Beatles aus Liverpool. Spielten sie in ihrer Anfangszeit einen Rhythm and Blues Verschnitt, so wurde ihre Musik in den folgenden Jahren immer ausgefeilter und komplexer. Lennon und McCartney experimentierten mit allen Spielarten der populären Musik und verarbeiteten diese Stile unverwechselbar in den typischen Beatlessound ein. Ob Elemente aus Klassik, Soul, New Orleans Jazz oder Indische Musik, nie hatten sie Berührungsängste mit dem Fremden und Ungewohnten. Und keine andere Gruppe der populären Musik hatte international so viele Hits wie die Fab Four. Allein mit ihren Nummer 1 Hits „Please, Please Me“, „From Me To You“, „She Loves You“, „I Wanna Hold Your Hand“, „Can’t Buy Me Love“, A Hard Day’s Night“, „I Feel Fine“, „Ticket To Ride“, „Help“, „Paperback Writer“, „Yellow Submarine“, „Penny Lane“, „All You Need Is Love“, „Hello Goodbye“, „Hey Jude“, „Ob-La-Di, Ob-La-Da“, „Get Back“, „The Ballad Of John And Yoko“, „Come Together/Something“, „Let It Be“ und „The Long And Winding Road“ hatten sie mehr Hits als die meisten Gruppen in ihrer gesamten Karriere. Nachdem sie sich 1967 offiziell von der Bühne zurückgezogen hatten, verkrochen sie sich in den Studios und produzierten Alben, die für die damalige Zeit ungewöhnlich waren. Die Alben „Rubber Soul“ (1965), „Revolver“ (1966), „Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band“ (1967), und „The Beatles“ (1968) – auch besser bekannt als „Das weiße Album“ – zählen aufgrund ihrer Genialität zu den besten Album, die je eine Rockgruppe aufgenommen hat. Mit diesen Alben fanden sie auch eine interessierte Fangemeinde in Intellektuellenkreisen. Mit ihrer Musik, einfach und komplex zugleich, bedienten sie jede Bildungs- und Gesellschaftsschicht. Auch auf anderen Gebieten waren die Fab-Four sehr erfolgreich. Ihre Kinofilme „A Hard Days Night“ und „Help“, zwei herrlich schräge Komödien, waren sehr zur Freude der Kinobesitzer absolute Kassenschlager. In diesen Filmen bewiesen die Jungs eindrucksvoll, daß sie sich selber nicht ganz ernst nahmen. Als am 21.08.1967 ihr Manager Brian Epstein tot in seinem Londoner Haus aufgefunden wurde begann der langsame Abstieg der Beatles. Als neuen Manager verpflichteten sie Allan Klein. Doch der windige Amerikaner verfügte auch nicht im Ansatz über das musikalische Gespür eines Brian Epstein. Mit Klein erlebte die Gruppe ihre ersten Pleiten. Ihr Film „Mystery Magical Tour“ erwies sich als Flop und ihren eigene Plattenfirma Apple-Records warf bei weitem nicht die Gewinne ab, die sich erhofft hatten. Zudem kam es zwischen John Lennon und Paul Mc Cartney immer öfters zu Spannungen. Als John 1969 mit seiner Frau Yoko Ono die Plastic Ono Band gründete und erste Erfolge mit dieser Gruppe erzielen konnte, war das Ende der Beatles nur noch eine Frage der Zeit. Im Jahre 1970 endete das wohl bedeutendste Stück Rockgeschichte mit dem Split der Fab-Four aus Liverpool. Für die Fans war klar, wer für das Ende der Beatles verantwortlich war: Yoko Ono. Über die wahren Gründe kann man nur spekulieren. Für die Plattenfirma EMI, die Apple-Records als Unterlabel betrieben, erwies sich der Split indes als wahrer Segen, denn in den folgenden Jahren, bis zum Ende von Apple, landeten John, Paul, George und Ringo mit ihren Singles und LP’s einen Hit nach dem anderen und die alten Platten der Fab-Four verkauften sich obendrein noch riesig. So konnte EMI aus dem Ende der Beatles gleich fünffaches Kapital schlagen (nach dem Ende von Apple-Records wechselten John und George zu Warner und Ringo zu Polydor, lediglich Paul blieb der EMI erhalten). Angesichts des nahenden Endes wirkt ihre letzte gemeinsame LP „Let It Be“ wie ein Vermächtnis und Abgesang zugleich. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Alben wirkt „Let It Be“ eher wie die lustlose Pflichterfüllung einer Supergruppe. Was bei den Beatles wie Pflichterfüllung klingt, wäre für andere Gruppen schon die Krönung ihres Schaffens. Obwohl sich John Lennon und Paul McCartney zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu sagen hatten und allenfalls noch eine geschäftliche Beziehung pflegten, haben die beiden mit „Get Back“, „Let It Be“ und „The Long And Winding Road“ noch einmal drei herausragende Stücke geschrieben. Allerdings muß man berücksichtigen, daß die Aufnahmen für dieses Album schon im Frühjahr 1969 stattfanden, 1970 wären sie wohl nicht mehr möglich gewesen. John und Paul waren zu diesem Zeitpunkt dermaßen zerstritten, daß Anfang 1970 eine vernünftige Zusammenarbeit der beiden wohl nicht mehr möglich gewesen wäre (Außerdem hatte John mit dem Kapitel Beatles schon abgeschlossen und bereits 1969 eine Solokarriere gestartet. Er baute gemeinsam mit Yoko Ono The Plastic Ono Band auf und mit den Singles „Give Peace A Chance“, „Cold Turkey“ und „Instant Karma“ fand er gleich Anschluß an die Erfolge der Beatles). Gerade in diesen drei Stücken („Get Back“, „Let It Be“ und „The Long And Winding Road“) ist alles vereint, was halt gute Titel der Beatles ausmacht. Und mit „Let It Be“ (auf der LP in einer etwas längeren Version als auf Single) haben sie einen der besten und schönsten Titel des Beatles-Gesamtwerks überhaupt geschrieben. Was das Album auszeichnet, ist einmal mehr die musikalische Vielfalt, auch wenn diese nicht mehr so zwingend ist, wie auf den vorangegangenen Werken. Mal klingen sie wie Simon & Garfunkel („Two Of Us“), rockig („I Me Mine“, „I’ve Got A Feeling“, „One After 909“), leicht bluesig („For You Blue“, „Dig A Pony“) und leicht schwülstig („Across The Universe“). Dazu kommen mit „Dig It“ und „Maggie Mae“ zwei Stücke mit einer Laufzeit von je unter einer Minute, die man eher als Füller bezeichnen kann. Alles in allen ist „Let It Be“ ein eher mittelprächtiges Album, das sich die Gruppe angesichts des bevorstehenden Endes hätte sparen können. Aber was heißt bei den Beatles schon mittelprächtig? „Get Back“, „Let It Be“, „The Long And Winding Road“ und –mit Abstrichen- „Across The Universe“ und „Two Of Us“ sind eh schon ein ganzes Album wert. Diese Stücke sowie die George Harrison-Komposition „For You Blue“ bewegen sich meines Erachtens im Bereich von 5 und 6 Sternen. Wie bei allem von den Fab-Four kann man „Let It Be“ entweder nostalgisch verklären oder verfluchen. Eine Bewertung von 5 Sternen halte ich für das Album für durchaus angemessen. |
| ****** Das zuletzt erschienene Studio-Album der Beatles wird meiner Meinung nach leider etwas unterschätzt. Es enthält vier ihrer absoluten Songklassiker, die auch dem nur durchschnittlich interessierten Popmusik-Freund bekannt sein dürften. 'Let It Be': Der Titelsong, ein gnadenloser, melodiöser Ohrwurm, der wohl zu den 5 meistgespielten Songs der Beatles zählen dürfte. 'Get Back':, Knackige unwiderstehliche 'Back to the Roots'-Nummer mit Gastmusiker Billy Preston an den Keyboards. 'The Long And Winding Road': ihre wohl sentimentalste Ballade überhaupt, wundervoll von Phil Spector mit Streichern arrangiert, wenn da Paul McCartney auch anderer Meinung ist. 'Across The Universe': von John Lennon stammender transzendentaler, träumerischer exzellenter Song.
Neben diesen bekannten Stücken gibt es eine Reihe weiterer Songperlen, die leider oft übersehen werden. Im einzelnen: 'Two Of Us': Sehr folkig, im Duett gesungen. Lennon/McCartney auf den Spuren von Simon & Garfunkel. 'I Me Mine': Georg Harrison-Komposition. Wundervolle weiche Melancholie in den Strophen, als Gegensatz dazu ein rockiger Refrain. 'I've Got A Feeling': rockige Nummer, die viel Leidenschaft ausstrahlt. 'I Dig A Pony': John Lennon's toller bluesiger Beitrag, Yoko Ono gewidmet. 'One After 909': Da singen Paul und John beseelt im Duett,feine Rock'n'Roll-Nummer. 'For You Blue': George Harrison-Song. Eher relaxt und beschaulich.
Für mich ein wenig außer Konkurrenz laufen die beiden jeweils nicht mal eine Minute dauernden Songfragmente 'Maggie Mae' und 'Dig It', die zwar andeuten dass darin Potential steckt, aber einfach zu kurz sind. Statt dieser beiden eher überflüssigen Tracks hätte man vielleicht auf George Harrison's 'All Things Must Pass' zurückgreifen können, das eigentlich für dieses Album vorgesehen war, letztendlich aber ein paar Monate später als Titelsong des immens erfolgreichen Solo-Albums des 'stillen' Beatles erschien. Bewertung: Auf jeden Fall 6*. |