BMW und Toyota steigen aus, Renault wackelt. Mercedes gibt Gas und steigt um. Wie auto motor und sport schon Anfang September exklusiv berichtete wechselt Mercedes nach 15 Jahren Ehe mit McLaren die Fronten und übernimmt insgesamt 75,1 Prozent an Brawn GP. Dabei teilen sich Mercedes und Aabar Investments PJSC, ein Staatsfonds aus Abu Dhabi, der mit 9,1 Prozent der größte Einzelaktionär des Stuttgarter Autokonzerns ist, die Lasten auf. Mercedes ist mit 45,1 und Aabar mit 30 Prozent der Anteile im Boot des englischen Rennstalls.
Mercedes GP mit silberner Lackierung
Aus Brawn GP wird bereits im nächsten Jahr Mercedes GP. Die silber lackierten Autos sind damit wieder echte Silberpfeile. Als Fahrer waren zunächst Weltmeister Jenson Button und Nico Rosberg eingeplant. Am Ende entschied sich der Weltmeister allerdings doch für McLaren. Mercedes finanziert den Kauf der Anteile aus dem Verkauf seiner 40 Prozent an McLaren. Die Anteilseigner Ron Dennis und Mansour Ojjeh nutzen ihr Vorkaufsrecht und lösen in den nächsten zwei Jahren die Mercedes-Anteile ab.
Der Deal ging nicht ohne Schmerzen ab, da der Vertrag zwischen McLaren und Mercedes bis Ende 2011 datiert war. Mercedes soll einen Preis von 200 Millionen Euro aufgerufen haben. Beim Einstieg 1999 mussten die Stuttgarter ungefähr die gleiche Summe bezahlen. Ron Dennis wollte dem Vernehmen nach die Anteile zunächst für einen Nuller zurückhaben, als Entschädigung für den vorzeitigen Ausstieg, der ihn nicht nur den Entwicklungszuschuss von Mercedes in der Größenordnung von rund 30 Millionen Euro pro Jahr sondern auch die Sponsorgelder von Mobil kostet, die mit Mercedes zu dem neuen Partner Brawn GP abwandern.
Trennung von McLaren
Doch Dennis hatte bei den Verhandlungen einen schweren Stand. Zu viele Dinge waren in den letzten zwei Jahren passiert, die eine vorzeitige Vertragsauflösung rechtfertigen. Die von McLaren verschuldeten Affären um die Spionage bei Ferrari 2007 und die Lügen von Lewis Hamilton bei einer Anhörung vor dem Sportkommissaren nach dem GP Australien 2009 kratzten auch am Image von Mercedes. Hätte Mercedes-Sportchef Norbert Haug nach dem Spionageskandal McLaren nicht zu einer kompletten Aufklärung des Falls und einer Entschuldigung bei der FIA gedrängt, wäre McLaren vermutlich für ein Jahr gesperrt worden.
McLaren kochte trotzdem weiter sein eigenes Süppchen und begann mit der Konstruktion eines Straßensportwagens, der im Revier des neuen Mercedes-Modells SLS wildern soll. Der McLaren MP4-12C soll 2011 auf den Markt kommen und wie der SLS in einer Preisklasse zwischen 150.000 und 170.000 Euro liegen. "Unsere Interessen haben nicht mehr 100 prozentig übereingestimmt", begründete Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche die Abspaltung.
McLaren geht nach der Trennung von Mercedes nicht ganz leer aus. Das Team erhält den Mercedes V8 für die nächsten zwei Jahre weiterhin kostenlos, danach - bis 2015 - kann McLaren optional weiter Motoren kaufen. Allerdings verliert verliert Ron Dennis die Entwicklungszuschüsse und den 50-prozentigen Beitrag zu den Fahrergehältern. Das Team aus Woking wird zunächst weiter unter dem Namen McLaren-Mercedes und in gewohnter Lackierung antreten.
Mercedes GP soll Profit erwirtschaften
Das Engagement bei Ross Brawn kostet Mercedes nach dem Gewinn des Konstrukteurstitels nur noch ein Viertel dessen, was bei McLaren aufgerufen wurde. Da Mercedes künftig Hauptaktionär des Teams ist, fließen Überschüsse aus dem Budget nach Stuttgart zurück. Als Marken-Weltmeister fließen nächstes Jahr rund 60 Millionen Dollar in die Teamkasse. Der Rennstall wird überdies durch Sponsoren bestens finanziert sein. Die Rede ist von Großsponsoren aus Abu Dhabi und Deutschland. Dazu kommt, dass das von den Teams verabschiedete Sparprogramm die Kosten ab 2011 auf 50 Millionen Euro pro Jahr plus die Fahrergehälter drücken wird. So kann aus der Formel 1 sogar ein Profitcenter werden.
Die Reduzierung der Ausgaben war für Mercedes in der finanziell angespannten Lage auf dem Automarkt ein wichtiges Argument für den Partnertausch. Teamchef von Mercedes GP bleibt Ross Brawn, dem zusammen mit Geschäftsführer Nick Fry die restlichen Anteile des Rennstall gehören. Der Meistermacher aus England berichtet direkt an Norbert Haug. Damit ist Stuttgart viel besser mit seinen Söldnern von der Basis Brackley vernetzt als es vorher der Fall gewesen ist.
Rosberg und Button für Mercedes GP?
Erstes Zeichen dafür ist die Verpflichtung von Nico Rosberg. Zum ersten Mal seit dem Bekenntnis von Mercedes zur Formel 1 im Jahr 1994 fährt ein deutscher Rennfahrer einen Silberpfeil.
Mercedes hat mit diesem Schritt Flagge für die Formel 1 gezeigt. Ein Schritt, der sich auszahlen könnte. Während BMW, Toyota und vielleicht auch Renault die größte Sportbühne verlassen und sich kleineren Rennserien zuwenden, genießt Mercedes als einziger Hersteller neben Ferrari deutlich mehr Aufmerksamkeit. Und mittelfristig werden sich Kosten und Einnahmen für die erfolgreichen Teams decken.