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Anatomische Grundlagen und praktischer Leitfaden für den Umgang mit Patienten mit externer Ventrikeldrainage

Externe Ventrikeldrainage am Beispiel des HanniSet®

Jürgen Wucherpfennig

Externe Ventrikeldrainage am Beispiel des HanniSet®

Vorwort

Einleitung

1. Anatomie

2. Pathophysiologische Veränderungen
3. Ventrikeldrainage mit Transducer (HanniSet® mit Transducer)
4. Ventrikeldrainage ohne Transducer (HanniSet®)
5. Anlage einer Ventrikeldrainage
6. Pflegerischer Umgang mit Patienten mit Ventrikeldrainage
7. Gefahren - Komplikationen - Fehler
Schlusswort

Anhang
Vorwort

Als ich vor sechs Monaten mit der Literatursuche zum Thema "Umgang mit einer externen Ventrikeldrainage (Beispiel HanniSet®)" begann, hätte ich nicht gedacht, dass es so schwierig ist, Informationen über dieses Thema zu bekommen. Da das Ventrikeldrainagesystem von der Firma pvb medizintechnik vertrieben wird, hatte ich gedacht, detaillierte Informationen von dort zu bekommen. Dies erwies sich leider als Fehlannahme, da pvb nur eine sehr knappe Informationsbroschüre zu diesem Produkt erstellt hat. Diese Informationsbroschüre gab mir den Ansporn, eine informativere Broschüre zu entwerfen, um neuen Mitarbeitern den Umgang mit dem System zu erleichtern.

Jürgen Wucherpfennig, Juni 2001

Einleitung



Mit dieser Arbeit möchte ich einen Leitfaden für den Umgang mit einer externen Ventrikeldrainage am Beispiel des HanniSets® erstellen. Gerade für neue Mitarbeiter ist es schwierig, mit den verschiedenen Draiangesystemen zurechtzukommen. Diese Jahresarbeit soll den Umgang mit dem Drainagesystem (HanniSet®) erleichtern. Dabei gehe ich zuerst auf die anatomischen Strukturen des Schädels ein. Des Weiteren stelle ich dar, welche Erkrankungen einen Einsatz dieses Drainagesystems erforderlich machen und warum es gerade wichtig ist, sorgfältig mit dem Drainagesystem umzugehen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit bezieht sich auf den täglichen Umgang mit dem System und soll dem Leser darstellen, wie die Drainagesysteme (HanniSet® mit und ohne Trancducer) aufgebaut sind. Ich zeige auf, wie mit den Patienten und den Drainagesystemen umzugehen ist und welche Probleme und Komplikationen auftreten können. Des Weiteren gehe ich auf die Maßnahmen ein, die beim Auftreten von Problemen oder Komplikationen mit dem System getroffen werden müssen.

1. Anatomie

1.1 Anatomische und physiologische Grundlagen

Der Schädelinhalt eines durchschnittlich entwickelten erwachsenen Menschen besteht im wesentlichen aus 1400g Gehirn, 130ml Blut und 75 ml Liquor zerebrospinalis. Diese drei Komponenten werden vom knöchernen Schädel umgeben, der in den ersten Lebensmonaten nach Verschluss der Fontanellen einen starren Raum darstellt. Dieser Raum bietet bei Zunahme einer der Bestandteile des Schädelinnerens kaum Kompensationsmöglichkeiten.

Abb. 1
Abb.1

Jede Zunahme eines dieser Kompartimente kann aber durch Abnahme eines oder beider anderen Kompartimente kompensiert werden, ohne dass es dadurch zum Druckanstieg im Schädelinneren kommt.("Monroe-Kellie-Doktrin", formuliert von Burrows 1848)

Dieser Kompensationsraum ist aber begrenzt und kann bei schnell zunehmender Tendenz einer Raumforderung innerhalb der Schädelkalotte (Blutung, Tumor, nicht abfließender oder übermäßig produzierter Liquor) den Hirndruck nicht mehr durch die anderen Kompartimente ausgleichen. Nun kommt es zu einer Steigerung des Hirndruckes, der physiologisch bei ca. 5 - 10 mmHg (Faustregel: zentraler Venendruck (ZVD) + 5mmHG) liegt.

1.2 Hirnstoffwechsel

Das Zentrale Nervensystem (ZNS), vor allem die graue Substanz, hat einen einzigartig hohen Stoffwechsel. Dies führt zu einem extrem hohen Sauerstoff- und Glucosebedarf. Gleichzeitig verfügt sie über praktisch keinerlei Reserven (Glycogenvorrat nur für 3 Minuten). Bereits sechs bis zehn Sekunden nach einer vollständigen Unterbrechung der Hirndurchblutung wird man bewusstlos, nach drei bis sechs Minuten treten irreversible Zellschäden auf (Ausnahme: Hypothermie).

1.3 Anteil der Hirndurchblutung am Herzminutenvolumen

Das vergleichsweise kleine Organ Hirn mit etwa 2% des Körpergewichts, beansprucht nicht weniger als ca. 15% des Herzminutenvolumens und ca. 20% des gesamten Sauerstoffverbrauchs. Die Durchblutung in der grauen Substanz beträgt etwa 80 - 110 ml/100g/min und liegt fünfmal so hoch wie die der weißen Substanz (15 - 25 ml/100g/min).

Pauschal ergeben sich für das ganze Hirn (graue und weiße Substanz) etwa 50 ml/100g/min. Physiologisch werden die niedrigsten Werte im Non-REM-Schlaf, die höchsten bei Stress, Angst und Delir gemessen. Unter pathologischen Bedingungen (Koma) ist die Durchblutung stark reduziert (25 ml/100g/min). Exzessiv hohe Werte werden bei epileptischen Anfällen registriert (100 ml/100g/min) A.2.7

1.4 Blutversorgung des Gehirns

Die arterielle Blutversorgung des Gehirns erfolgt hauptsächlich über vier Arterien. Dazu gehören die beiden arteriae carotis internae (innere Kopfschlagadern rechts / links ) und die beiden Vertebralarterien (Wirbelschlagadern) arteriae vertebrales rechts und links. Die Blutversorgung der Hirnhäute erfolgt über Äste der äußeren Kopfschlagader, der arteria carotis externa.

Die beiden arteriae vertebralis, die von den arteriae subclaviae abgehen, vereinigen sich nach dem Durchtritt durch das Hinterhauptsloch zur Arteria basilaris (Grundschlagader). Die arteria basilaris steht mit den beiden arteriae carotis internae rechts und links durch die arteriae communicantes posteriores in Verbindung. Die arteriae carotis internae rechts und links stehen durch die arteria cerebri anterior (vordere Gehirnschlagader) und arteria communicans anterior (vordere Verbindungsschlagader) in Verbindung. Dadurch entsteht an der Hirnbasis ein zusammenhängendes System aus den zum Gehirn führenden Arterien, das als 'circulus arteriosus Willisii' bezeichnet wird.

1.5 venöser Blutabfluss des Schädels

Der venöse Blutabfluss aus dem Gehirn erfolgt hauptsächlich über die Sinus venosi, die eine Duplikation der Dura mater darstellen. Der wichtigste Sinus venosus ist der Sinus sagittalis superior. Dieser Blutleiter verläuft an der Oberkante der Hirnsichel, die in der Mitte unter dem Schädeldach verläuft. Der Sinus sagittalis vereinigt sich am Confluens sinuum mit dem Sinus rectus, der aus der Hirnbasisvene hervorgeht. Zum Herzen fließt das venöse Blut dann über den Sinus transversus, Sinus sigmoideus und über die Vena jugularis.

Abb. 2: die arteriellen Blutgefäße des Gehirns im Bereich der Hirnbasis - zum Vergrößern anklicken
Abb. 2: die arteriellen Blutgefäße des Gehirns im Bereich der Hirnbasis

1.6 Autoregulation der Hirndurchblutung

Die Hirndurchblutung ist bis zu einem gewissen Grade unabhängig vom arteriellen Mitteldruck, denn durch die Autoregulation bleibt die Hirnduchblutung bei arteriellen Mitteldrücken von 60 - 100 mmHg konstant. Es wird vermutet, dass es sich dabei um eine intrinsische Reaktion der arteriolären Muskelzelle auf Dehnung und Erschlaffung handelt. Bei einer rasch auftretenden Veränderung des Blutdruckes benötigt die Autoregulation ca. 1 - 2 Minuten zur Wiederherstellung der Ausgangswerte.

Abb. 3: Autoregulationskurve des Hirndrucks
Abb. 3: Autoregulationskurve des Hirndrucks

Es gibt Erkrankungen, bei denen die Autoregulation verändert ist. So findet sich z.B. bei einem Hypertoniker eine Rechtsverschiebung der Autoregulationskurve (siehe Abbildung 3). Aus diesem Grund benötigt der Hypertoniker einen höheren arteriellen Mitteldruck bzw. Perfusionsdruck, um eine normale Hirndurchblutung aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig ist der Hypertoniker aber unempfindlicher gegenüber höheren Blutdruckwerten und toleriert diese besser.

Der empfindliche Mechanismus der Autoregulation kann leicht durch eine Vielzahl von Schädigungen wie Hyperkapnie, Hypoxie, Ischämie oder Trauma beeinträchtigt oder sogar aufgehoben werden.

1.7 Hirnventrikelsystem

Die in einer Linie hintereinander angelegten Hohlräume der Hirnbläschen machen die komplizierten Verschiebungen und Faltungen der zugehörenden Hirnabschnitte mit. An einigen Stellen erweitern sich diese zu den Hirnkammern, an anderen Stellen werden sie bis auf einen engen Kanal oder Spalt eingeengt. Man unterscheidet vier Hirnkammern:
  • 1. und 2. Ventrikel als Seitenventrikel im Endhirn
  • 3. Ventrikel im Zwischenhirn
  • 4. Ventrikel im Rautenhirn


Diese vier Hirnkammern stehen miteinander in Verbindung.
Die Seitenventrikel liegen in den beiden Großhirnhemisphären und werden ringsum vom Endhirn umschlossen. Jeder Großhirnlappen enthält einen als Horn (Cornu) bezeichneten Abschnitt des Seitenventrikels. Beide Seitenventrikel stehen jeweils über das Zwischenkammerloch (Foramen interventrikulare) mit dem dritten Ventrikel in Verbindung.

Der 3. Ventrikel gehört zum Zwischenhirn und ist ein schmaler, senkrecht stehender Spalt, der größtenteils zwischen dem rechten und linken Thalamus liegt. Der 3. Ventrikel wird durch einen dünnen Kanal im Bereich des Mittelhirns, den Aquaeductus mesencephali ( Sylvii ), mit dem 4. Ventrikel verbunden.

Dieser 4. Ventrikel gehört zum Rautenhirn. Der Boden des 4. Ventrikels hat die Form einer Raute. Man nennt ihn deshalb Rautengrube. Der 4. Ventrikel setzt sich direkt in den Zentralkanal (Canalis centrali ) des Rückenmarks fort.

Das Hohlraumsystem des Gehirns wird durch die Hirn-Rückenmark-Flüssigkeit, den Liquor cerebrospinalis, ausgefüllt. Man bezeichnet daher dieses Hohlraumsystem auch als innere Liquorräume, die über drei Öffnungen im 4. Ventrikel mit den äußeren Liquorräumen (Subarachnoidalräume) in Verbindung stehen. Diese Öffnungen sind das beiderseits im seitlichen Fortsatz des 4. Ventrikels liegende Foramen Luschkae und das in der Mittellinie einzeln angelegte Foramen Magendii. Sind diese Öffnungen nicht angelegt oder verlegt, so kommt es zu einer krankhaften Erweiterung des Gehirns (Wasserkopf), die aber auch andere Ursachen haben kann. Der Liquor wird vom Adergeflecht (Plexus choroideus) gebildet, die ein zottenförmiges Aussehen haben und in die Ventrikel hineinragen. Solche Adergeflechte gibt es in den beiden Seitenventrikeln, am Dach des 3. Ventrikels und vor der Kleinhirnunterfläche im 4. Ventrikel." A.2.5

1.8 Liquor

Die Aufgabe des Liquors besteht darin, die Hirnmasse zu erleichtern und die Hirn- und Rückenmarkshäute vor Reibung und Druck zu schützen. Der Liquor ist eine klare und farblose Flüssigkeit, von der am Tag etwa 650 ml im Plexus choroideus gebildet wird.

Die Zusammensetzung:
  • Wasser und Salze (eiweißarmes Blutplasma)
  • Eiweiß 15 - 30 mg%
  • Zucker 40 - 70 mg%
  • wenige (0 - 5 /mm3) Zellen


1.9 Hirn- und Rückenmarkshäute

Abb. 4: Hirn- und Rückenmarkshäute

Abb. 4: Hirn- und Rückenmarkshäute

Das Gehirn wird von mehreren Häuten umgeben dazu gehören:
  1. Weiche Hirn- bzw. Rückenmarkshaut ( Pia mater cerebralis bzw. spinalis), liegt als innerste Schicht direkt um die Nervensubstanz. Beim Hirn verläuft sie mit in alle Furchen, überzieht also die Hirnrinde. Beim Rückenmark liegt sie unmittelbar um die weiße Substanz
  2. Spinngewebshaut (Arachnoidea), liegt der Dura direkt an und reicht mit feinen Fäserchen bis zur weichen Hirnhaut und bildet mit ihrer Bauart den Subarachnoidealraum, welcher Liquor enthält. Kleine zottenartige Ausstülpungen der Arachnoidea im Hirnbereich werden Arachnoidalzotten genannt
    2a. Subarachnoidalraum, mit Liquor gefüllt, von Fäden der Spinngewebshaut durchzogen
  3. Harte Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Dura mater cerebralis bzw. spinalis), ist als äußerste härteste Schicht mit dem Periost des Schädelknochens verbunden. Im Wirbelkanal ist sie frei und von Venen umgeben
    3a. Subduralraum
A.2.6

1.10 Hirnnerven

Als Hirnnerven werden die direkt vom Gehirn abgehenden zwölf Nerven bezeichnet, die zum großen Teil den Kopfbereich versorgen. Dabei werden die Riechfasern (Fila olfactoria) in ihrer Gesamtheit als Riechnerv, und die Sehbahn (Fasciculus opticus), die eigentlich eine Hirnbahn ist, als Sehnerv bezeichnet. Die Austrittsstellen der Hirnnerven am Gehirn, ihre Namen und Nummern sowie die Erfolgsorgane sind aus Tabelle 1 ersichtlich.
Nr. Name Aus- bzw. Eintrittsstelle am Gehirn Erfolgsorgan Funktion
1. n. olfactorius Riechhirn an der Stirnhirnbasis Nasenschleimhaut Geruchsempfindung
2. n. opticus kein eigentlicher Nerv, sondern eine Gehirnbahn Netzhaut des Auges Sehen
3. n. oculomotorius vor der Brücke Augenmuskeln dmit Ausnahme der vom 4. und 6. Hirnnerven versorgten Bewegung des Augapfels, Pupillenspiel
4. n. trochlearis vor der Brücke m. obliquus superior Rotation des Augapfels nach aussen und unten
5. n. trigeminus Seitenrand der Brücke Gesicht sensible Versorgung der Gesichtshaut
6. n. abducens Seitenrand der Brücke m. rectus lateralis Rotation des Ausgapels nach aussen
7. n. facialis Kleinhirnbrückenwinkel Gesichtsmuskuslatur Mimik
8. n. statoacusticus Kleinhirnbrückenwinkel Bogengänge des Innenohrs / Schnecke des Innenohres Wahrnehmung der Stellung des Körpers im Raum / Hören
9. n. glossopharyngeus seitlich der Medulla oblongata Mund und Zunge Geschmack, Gaumenbewegeung (Schlucken)
10. n. vagus seitlich der Medulla oblongata Ohrmuschelrückseite, Gehörgang sensible Versorgung
Schlund, Zungengrund motorische Versorgung, Schluckakt
Herz, Lunge, Magen, Darm parasympathische Versorgung
11. n. accessorius seitlich der Medulla oblongata m. sternocleidomastoideus / m. trapezius Kopfnicken, Kopfdrehen, Hebung der Schultern
12. n. hypoglossus oberes Halsmark Zungenmuskulatur Zungenbewegung


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2. Pathophysiologische Veränderungen

2.1 Erhöhter Hirndruck durch eine Blutung
2.1.1. Intrakranielle Hämatome

Als Folge von Schädel-Hirn-Verletzungen können innerhalb des Kopfes Blutungen entstehen, die durch Erhöhung des Kopfinnendruckes lebensbedrohliche Komplikationen darstellen. Da sie - im Gegensatz zum Hirnödem - einer operativen Therapie zugänglich sind, ist ihre rasche Diagnose und Operation von entscheidender Bedeutung für die Prognose.

Alle sich innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen im Anschluss an eine Kopfverletzung entwickelnden intrakraniellen Hämatome weisen ähnliche Symptome auf: Ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen einer intrakraniellen Blutung ist das seltene freie Intervall, d.h. nach einem Unfall ist der Verletzte kurz bewusstlos und wacht später wieder auf. Stunden danach trübt sein Bewusstsein wieder ein, es wird also vorübergehend ein Intervall von Bewusstseinsklarheit durchlaufen.

Die erneute Bewusstseinstrübung ist Folge einer Mittelhirneinklemmung durch erhöhten Kopfinnendruck bei sich ausbreitender Blutung. Schwierig wird die Beurteilung bei Verletzten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma, deren primäre Bewusstlosigkeit durch den Unfall unmerklich in die durch die Blutung verursachte sekundäre übergeht; ähnliche Schwierigkeiten bestehen bei schlafenden oder alkoholisierten Patienten, die daher zur Überwachung in den ersten zwölf Stunden wenigstens stündlich geweckt werden müssen.

Eine weiteres Symptom für das Vorliegen einer cerebralen Blutung ist die einseitige Erweiterung der Pupille (Mydriasis) auf der Seite des intrakraniellen Hämatoms. Diese Mydriasis ist als diagnostische Hilfe gerade bei Bewusstlosen recht eindeutig. Sie beruht auf einer Einklemmung des Nervus oculomotorius am Tentoriumschlitz bei gleichzeitiger Mittelhirneinklemmung. Die Mittelhirneinklemmung ist die Ursache der auftretenden Bewusstlosigkeit und von Streckkrämpfen.

Weiter zunehmender Hirndruck führt dann zur Einklemmung des Hirnstamms im Hinterhauptsloch, damit zum Atemstillstand und bald danach zum zentralen Kreislaufversagen. Dazu kommen beim Auftreten intrakranieller Hämatome oftmals noch neurologische Ausfälle wie Lähmungen (Paresen) an der dem Hämatom entgegengesetzten Körperseite und ein positives Babinski‘sches Zeichen.

Alle Symptome können durch die primäre Hirnverletzung und ein gleichzeitig sich entwickelndes Hirnödem überlagert sein, so dass der Verdacht auf ein intrakranielles Hämatom schließlich durch die Erfahrung des Untersuchers bekräftigt und durch Computertomographie endlich bestätigt oder widerlegt werden muss.

Aufgrund der anatomischen Ausbreitung unterscheidet man

  1. Epidurale Hämatome (zwischen Dura mater und der Schädelkalotte )
  2. Subdurale Hämatome (Subduralraum )
  3. Intrazerebrale Hämatome (im Hirngewebe)


Abb. 5: Schematische Darstellung einer epiduralen Blutung (oberes Bild) und einer subduralen Blutung (unteres Bild)
Abb. 5: Schematische Darstellung einer epiduralen Blutung (oberes Bild) und einer subduralen Blutung (unteres Bild )

2.1.2. Erhöhter Hirndruck durch ein blutungsbedingtes Ödem

Das Hirnödem (vasogenes Hirnödem), welches u.a. durch eine Blutung (Schädel-Hirn-Trauma, spontane intrazerebrale Blutung) entstehen kann, erfolgt durch eine blutungsbedingte Minderperfusion, die eine Permeabilitätsstörung der Hirngefäße zur Folge hat (Blut-Hirn-Schranke).

Durch diese Permeabilitätsstörung gelangt vermehrt eiweißreiches Plasmaexsudat, das aufgrund der kolloidosmotischen Gesetze Wasser nach sich zieht, durch die defekten Kapillarwände in die Zwischenzellräume des Gehirnparenchyms. Durch die Freisetzung von biogenen Aminen (Serotonin, Bradikinin), Prostaglandinen, freien Fettsäuren und anderen Substanzen entsteht schließlich in den minderperfundierten Gebieten eine Vasoparalyse. Dadurch wird die Autoregulation der geschädigten Hirnareale aufgehoben. Der Hirndruck steigt nun nach dem Verbrauch der Liquorkompensationsräume durch die Aufhebung der Autoregulation (dadurch bedingte Zunahme des intrakraniellen Blutvolumens) und der Zunahme des Extrazellularraumes.

Die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Ausbildung eines Hirnödems werden in dieser Phase durch hämodynamische Faktoren entscheidend beeinflusst. Ein plötzlich ansteigender arterieller Mitteldruck kann zu diesem Zeitpunkt durch die aufgehobene Autoregulation in den geschädigten Gebieten zu einer dramatischen Zunahme des Hirnödems führen.

Weitere Ursachen für ein vasogenes Hirnödem sind:
  • Hirntumore
  • Hirnabszesse
  • Hirnoperationen
  • hypertensive Entgleisung
  • Hirninfarkte
  • Enzephalitiden
  • Vaskulitiden
2.2. Erhöhter Hirndruck durch ein zytotoxisches Hirnödem

Das Hirnödem entsteht durch eine Schädigung der Hirnzellmembran mit Störung der membranären Ionenpumpen und Osmoregulation. Der interstitielle Raum des Gehirns ist dabei zunächst durch die Einströmung der Flüssigkeit in die Zelle vermindert. Die Blut-Hirn-Schranke ist bei zytotoxischem Hirnödem primär intakt. Im weiteren Verlauf kommt es zu einem Hirndruckanstieg wodurch sekundär die Blut-Hirn-Schranke geschädigt wird.

Ursachen:
  • zerebrale Hypoxie
  • Hirnischämie
  • Generalisierte Hypothermie
  • Intoxikationen mit Blei
  • Intoxikationen mit Quecksilber
  • Intoxikationen mit organischen Lösungsmitteln
  • Strahlenschäden
  • Coma diabeticum
  • Coma hepaticum
  • Urämie
2.3. Pathologische ICP (Intracranial Pressure = Hirndruck)-Werte (Monroi-Höhe) in liegender Position
  • 05 - 10 mmHg: Normalwert
  • 15 - 20 mmHg: leicht erhöht
  • 20 - 29 mmHg: deutlich pathologisch
  • 30 - 39 mmHg: hochgradig pathologisch
  • 40 mmHg und mehr: im Regelfall vital bedrohlich
2.4. Verschiedene Arten der Hirndruckmessung Positionierungen der Drainagen im Schädel

Abb. 6: Methoden zur Messung des intrakraniellen Drucks (ICP). Im Seitenventrikel, subdural oder epidural (von links nach rechts).
Abb. 6: Methoden zur Messung des intrakraniellen Drucks ( ICP ). Im Seitenventrikel, subdural oder epidural ( von links nach rechts ).

1. Epiduraler Druckaufnehmer

Die epidurale Druckmessung ist abhängig von einer genügenden Ablösung der Dura vom Knochen. Dabei sind nach jeder Richtung mindestens 10, besser noch 15mm notwendig, um eine korrekte Hirndruckmessung ableiten zu können. Der Vorteil dieses Messverfahrens besteht in der niedrigen Komplikationsrate, die nach der Literatur im Promille-Bereich liegt.


2. Subdurale Schraube

Die subdurale ICP Messung erfolgt über eine Hohlschraube (oder über einen feinen Katheter). Diese Messung ist durch Obliteration (Lichtungsschluss eines Körperhohlraumes) relativ artefaktgefährdet. Die Verlässlichkeit bei einem komprimierten Subarachnoidalraum gilt als problematisch.



3. Ventrikeldruck



Der entscheidende Nachteil gegenüber den anderen Messverfahren ist laut Literatur A.2.7 die relativ hohe Infektionsrate ( Ventrikulitis-Rate um 6% ). Nach Aussage eines Neurochirurgen des Universitätsklinikums Münster ist die Infektionsrate jedoch sehr gering. Außerdem kann es bei sehr hohen ICP zu heimtückischen Fehlmessungen kommen, die mitunter ganz allmählich und zunächst kaum erkennbar ablaufen können. Der Grund für diese Fehlmessungen ist, dass die Katheter aus weichem Silikon bestehen und die Pulsationen des Gewebes übertragen.

3. Ventrikeldrainage mit Transducer (Beispiel HanniSet® mit Transducer)
3.1 Indikation für eine Ventrikeldrainage mit Transducer


Die Ventrikeldrainage wird hauptsächlich bei Patienten eingesetzt, bei denen ohnehin aus therapeutischen Gründen der Ventrikel punktiert werden muß:

  • Subarachnoidaleinblutungen
  • Ventrikeleinblutungen
  • Perioperativ bei Eingriffen in der hinteren Schädelgrube

    3.2. Einzelkomponenten der Ventrikeldrainage mit Transducer


    Abb. 7: Einzelkomponenten des HanniSet mit Transducer
    1. Injektionsort
    2. Drainageschlauchsystem
    3. 1-Weg-Hahn
    4. Druckaufnehmer
    5. 3-Wege-Hahn
    6. Schlauchklemmen
    7. Pumpgummi aus Latex
    8. Bakterienfilter
    9. Klettbänder
    10. Mischkammer - 100ml
    11. Entenschnabel-Ventil
    12. Überlaufschlauch
    13. Y-Konnektor
    14. Drainagebeutel - 500ml
    Abb. 7: Einzelkomponenten des HanniSet mit Transducer

    3.3. Nullabgleich des Systems


    Um bei der Ventrikeldruckmessung korrekte Hirndrücke zu erhalten, sollte bei jedem Schichtbeginn der Nullabgleich der Drainage zur Atmosphäre erfolgen.
    Wird dieses nicht durchgeführt können falsche Hirndrücke gemessen werden, die sich ungünstig auf die Erholung des Patienten auswirken können. Falsch niedrig gemessene ICP-Werte, die immer im Zusammenhang mit dem arteriellen Mitteldruck stehen (arterieller Mitteldruck - Hirndruck = Cerebraler Perfusionsdruck), lassen das Personal einen nicht korrekten cerebralen Perfusionsdruck (CPP) errechnen. Dieser CPP ist aber eigentlich niedriger, so daß das Gehirn schlechter als angenommen durchblutet wird.

    Umgekehrt schränken falsch hoch gemessene ICP-Werte das Ausmaß der pflegerischen oder physiotherapeutischen Handlungen ein, da bei erhöhten ICP-Werten die Maßnahmen nicht weiter oder reduziert ausgeführt werden.

    Der Nullabgleich des Transducers zur Atmosphäre kann nur dann erfolgen, wenn dieser eine direkte Verbindung zur Atmosphäre hat. Dabei muß das Schlauchsystem des Ventrikelkatheters entweder mit Liquor oder mit einer sterilen Natrium-Chlorid Lösung 0.9% (NaCl 0.9%) gefüllt werden (das Befüllen des Systems mit NaCl 0.9% ist eine ärztliche Tätigkeit).

    Um den Nullabgleich starten zu können, muß die Verbindung zum Ventrikel unterbrochen werden, indem der Ein-Weg-Hahn ( Nr. 3) umgestellt (='Verschlossen')wird. Im Anschluß ist der Drei-Wege-Hahn (Nr. 5) zu öffnen, am Monitor die entsprechende Taste für den Nullabgleich zu drücken und zu warten, bis der Monitor die Null anzeigt (Messen des Hirndrucks siehe 3.6). Da-mit der Liquor wieder abfließen kann, sollte zuerst der Drei-Wege-Hahn und anschließend der Ein-Weg-Hahn wieder in die vorherige Position gebracht werden.

    3.4. Kalibration des Systems


    Die Kalibration des Systems erfolgt durch die Grenzeneinstellung des Monitors. Je nach Größe der Differenz der beiden Grenzwerte wird die Ventrikelkurve unterschiedlich dargestellt:
  • große Differenz ? gerade Kurve
  • kleine Differenz ? stark schwankende Kurve

    Um zu kontrollieren, ob die Drainage korrekte Werte anzeigt sollte die Differenz zwischen den beiden Alarmgrenzen nicht zu groß gewählt werden.
    Die ICP-Pulswelle ist einer venösen Welle ähnlich und weist 5 kleine Peaks (P1-P5) auf; P1-P3 werden arteriell induziert, P4-P5 venös. Die ICP-Kurve ist weiter durch die Atmung moduliert, wobei die Amplitude zwischen 2 und 10mmHg beträgt.

    Abb. : 9  normale Hirndruckkurve><br><br>
    Abb. 9: normale Hirndruckkurve<br><br>
  <b><u><a name=3.5. Messen des Hirndrucks


    Merke: Es kann nur Liquor drainiert oder gemessen werden. Falls die Messung bei offener Drainage erfolgt, wird nur die Funktionstüchtigkeit der Drainage kontrolliert (z.B. Anstieg bei Verstopfung).

    Um den korrekten ICP ermitteln zu können, sollte zuerst der Transducer in die korrekte Höhe gebracht werden. (Arztanordnung / meistens 'Monroi-Höhe' ? Handbreit über dem äußeren Gehörgang).
    • Nullabgleich des Transducers
    • Kontrolle des Schlauchsystems damit keine Abknickungen vorhanden sind
    • Verschließen des Drei-Wege-Hahns (Nr. 5)
    • Einstellen der Alarmgrenzen (Kalibration)
    • Ablesen des Wertes
    • Öffnen des Drei-Wege-Hahns
    4. Ventrikeldrainagen ohne Transducer (Beispiel HanniSet® ohne Transducer)
    4.1. Indikation


    Die Indikation für einer Ventrikeldrainage ohne Transducer besteht dann, wenn es eine Abflußmöglichkeit für den Liquor geben muß und schon eine Möglichkeit zur ICP-Messung besteht. Außerdem wird die Ventrikeldrainage dort eingesetzt, wo eine Möglichkeit zum Liquorabfluß benötigt wird, aber keine ICP-Messung erforderlich ist, z.B. Meningitis, Hydrozephalus.

    4.2. Einzelkomponenten des HanniSets® ohne Transducer
    Abb. 10: Einzelkomponenten des HanniSet ohne Transducer
    1. Injektionsort
    2. Drainageschlauchsystem
    3. Schlaucklemmen
    4. Pumpgummi aus Latex
    5. Bakterienfilter
    6. Klettbänder
    7. Mischkammer - 100ml
    8. Entenschnabel-Ventil
    9. Überlaufschlauch
    10. Y-Konnektor
    11. 1-Weg-Hahn
    12. Linie (8cm)
    13. 3-Wege-Hahn
    14. Drainagebeutel - 500ml
    Abb. 10: Einzelkomponenten des HanniSet ohne Transducer

    5. Anlage einer Ventrikeldrainage
    5.1. Vorbereitung eines Patienten zur Anlage einer Ventrikeldrainage


    Die Anlage einer Ventrikeldrainage sollte unter sterilen Bedingungen im OP erfolgen. Zur Vorbereitung des Patienten gehört aber trotzdem eine ausreichende Aufklärung auf der Station, die dort vom Arzt erfolgen muß. Zur Vorbereitung des Operationsfeldes gehört die großzügige Rasur, die unmittelbar vor der Operation erfolgen sollte. Dabei ist darauf zu achten, daß Irritationen und Hautläsionen wegen der großen Infektionsgefahr vermieden werden. Aus diesen Grund erfolgt die Rasur des Schädels erst in der Einleitung vor der OP. Dabei werden dann oft elektrische Haarschneidemaschinen benutzt und die Haare vorsichtig mit einen Trockenrasierer nachrasiert.

    Der Patient wird für die Operation in eine flache Rückenlage gebracht und weiter zum Kopfteil des Operationstisches gezogen bis der Kopf in der Kopfschale (Kopf in Seitenlage) des Operationstisches liegt.

    5.2. Durchführung


    Die Spitze des Ventrikelkatheters wird über ein frontales Bohrloch in das Vorderhorn eines der beiden Seitenventrikel implantiert. Das proximale Ende des Ventrikelkatheters wird mit dem ableitenden System verbunden ( z.B. Hanni-Set®). Zur Sicherung des Katheters wird dieser mit einer Subcutannaht an der Kopfhaut befestigt. Anschließend wird die Einstichstelle der Drainage mit einem sterilen Verband oder einen sterilen Pflaster versorgt.

    Um eine Hirndruckmessung (Liquordruckmessung) durchzuführen, muß ein Ableitungsystem mit einem integrierten Druckwandler (Trancducer) angeschlossen werden.

    Die Individualität des Patienten, die Grunderkrankung, sowie örtliche, personelle und technische Gegebenheiten dürfen trotz des standardisierten und zur Routine gewordenen operativen Eingriff nicht außer acht gelassen werden.

    6. Pflegerischer Umgang mit Patienten mit Ventrikeldrainage
    6.1. Grundpflege eines Patienten mit Ventrikeldrainage bei normalem Intracerebralen Pressure (ICP) (z.B. sedierter, intubierter Patient)


    Die Grundpflege eines Patienten mit normalem ICP nach einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) sollte unter Bobachtung des ICP und des arteriellen Mitteldruckes erfolgen. Dabei ist zu beachten, daß die Autoregulationsmechanismen für die Hirndurchblutung immer noch geschädigt sein können. Der Patient sollte je nach ICP 30° Oberkörper hoch und möglichst achsengerecht gelagert bzw. gedreht werden, um den venösen Rückfluß aus dem Schädel nicht zu behindern. (Gefahr des ICP- Anstieges) Mit dem zuständigen Arzt sollte abgesprochen werden, welche ICP-Werte für den jeweiligen Patienten akzeptiert werden. Die Pflege ist dem Patienten anzupassen, d.h. es sollte darauf geachtet werden, welche Maßnahmen einen positiven und welche Maßnahmen einen negativen Einfluß auf den ICP haben.

    Dabei sind ICP-Werte immer im Zusammenhang mit dem arteriellen Mitteldruck zu sehen.

    Der Cerebrale Perfusionsdruck ergibt sich aus arteriellen Mitteldruck minus intracerebralem Druck ? CPP = MAP - ICP

    6.2. Grundpflege bei einem Patienten mit einer Ventrikeldrainage bei erhöhtem ICP


    Die Grundpflege eines Patienten mit einer Ventrikeldrainage bei erhöhtem ICP sollte sich auf ein Minimum beschränken, da durch die Lagerung des Kopfes bzw. durch die Manipulation am Patienten der ICP noch weiter ansteigen kann und es zu einer Einklemmung des Hirnstamms kommen kann. In solchen Fällen ist es günstiger, das Gehirn zu schonen und sich erholen zu lassen.

    Es ist aber nicht möglich, Standards für alle Patienten zu erstellen, die pflegerischen Tätigkeiten müssen sich dem Patienten anpassen. So kann durch bestimmte pflegerische Tätigkeiten der Hirndruck auch sinken. Hierzu gehören oft Lagerungskorrekturen, die den venösen Abfluß aus dem Kopfbereich begünstigen. Dabei können oft schon minimale Lagerungsveränderungen eine große Wirkung erzielen.

    6.3. Lagerung eines Patienten mit einer externen Ventrikeldrainage


    Bei der Lagerung eines Patienten mit einer Ventrikeldrainage ist immer darauf zu achten, daß der Druckaufnehmer in der richtigen Höhe plaziert wird bzw. nach der Lagerung die Höhe des Trancducers korrigiert wird ('Monroi-Höhe'). Dasselbe gilt natürlich auch für die Mischkammer, da ansonsten entweder zuviel Liquor (verursacht Kopfschmerzen, Übelkeit, Gangunsicherheit) oder zu wenig Liquor (Hirndruckanstieg) ablaufen kann. Außerdem ist die Positionierung des Schädels besonders wichtig, da die Blutgefäße an ihrem Abfluß behindert werden können. Durch den Rückstau, der dann entsteht, steigt der ICP an. Oft sind schon kleinste Lagerungskorrekturen am Schädel hirndrucksenkend. Ein versehentliches Ziehen ist zu vermeiden, das Freiliegen des Schlauchsystems für den ungehinderten Abfluß des Liquors zu gewährleisten.

    6.4. Transport eines Patienten mit einer externen Ventrikeldrainage


    Beim Transport eines Patienten mit einer Ventrikeldrainage sollte immer der Filter der Mischkammer abgeklemmt werden, da dieser beim Kippen der Mischkammer feucht werden kann und es keinen Druckausgleich in der Mischkammer mehr gibt. Dies hat zur Folge, daß der Liquor nicht mehr abfließen kann und es z.B. zum Hirndruckanstieg mit Bewußtseinsverlust kommen kann. Falls es trotzdem dazu kommen sollte, dass der Filter der Mischkammer feucht geworden ist, muß dieser unbedingt gewechselt werden. Es gibt von der Firma PVB spezielle sterile Bakterienfilter als Ersatz.

    Es gibt Situationen, in denen ein originaler Ersatzfilter ('nicht bestellt') nicht vorhanden ist. Da die Verbindung des Filters mit der Mischkammer über einen 'Luer Lock' Anschluß besteht, kann man einen anderen sterile Filter mit 'Luer Lock' Anschluß verwenden. Es ist zu beachten, daß dieser Filter einen Porengröße von 5 µ haben sollte (z.B. 'Aufziehfilter' vom Ambisome®).

    Außerdem ist beim Transport das System zu sichern, so daß nicht versehentlich die Ventrikeldrainage gezogen wird.

    6.5. Entleeren der Mischkammer


    Beim Entleeren der Mischkammer sollte darauf geachtet werden, daß der rote Drainageverschlußklip aus Gründen der Patientensicherheit verschossen werden muß, da durch das Entleeren der Mischkammer ein Sog im System entstehen kann ( kann Hirngewebe verletzen). Der Inhalt der Mischkammer sollte nach Menge, Farbe, Aussehen und Beimengungen dokumentiert werden. Danach kann durch das Öffnen der Schlauchklemme unterhalb der Mischkammer der Liquor in den Beutel abgelassen werden. In den neueren Systemen sind die Schlauchklemmen durch einen 1-Wege-Hahn ersetzt worden. Dabei sollte dann beachtet werden, dass der 1-Wege-Hahn den Drainageschlauch komplett verschließt oder öffnet. Nachdem die Liquormenge aus der Mischkammer abgelaufen ist, sollte die Schlauchklemme unterhalb der Mischkammer verschlossen und die rote Verschlußklemme wieder geöffnet werden.

    6.6 Beutelwechsel


    Der Auffangbeutel der Ventrikeldrainage hat zwei Anschlüsse. Der eine Anschluß dient dem Druckausgleich (Anschluß mit Filter), der andere Anschluß der Verbindung mit dem Drainagesystem. Beim Wechsel sollte der Ein-Wege-Hahn oberhalb des Beutels abgeklemmt werden. Danach werden die weiße Klemme der Beutelbelüftung und die Sicherheitsklemme abgeklemmt. Anschließend wird der alte Beutel diskonnektiert und der Anschluß der Ventrikeldrainage sprühdesinfiziert (Alkohol 30 sec. Einwirkzeit). Danach kann der neue Beutel angeschlossen und der weiße Absperrhahn wieder geöffnet werden. Aus Sicherheitsgründen sollte die visuelle Kontrolle des Systems erfolgen.

    6.7. Verbandswechsel


    Der Verbandswechsel der Eintrittsstelle der Ventrikeldrainage sollte täglich unter sterilen Kautelen erfolgen. Der tägliche Verbandswechsel ist wichtig, um die Eintrittsstelle beurteilen zu können und um bei Entzündungszeichen (Rötung, Schwellung, Schmerz, Fieber...) rechtzeitig reagieren zu können. Bei Auftreten dieser Zeichen ist es sinnvoll, die Drainage zu ziehen, um das Risiko von Komplikationen wie z.B. eine Meningitis oder eine Ventrikulitis zu verringern (ärztliche Entscheidung und Tätigkeit).

    Der Verbandswechsel und die Besonderheiten sollten natürlich in der Patientenpflegekurve dokumentiert werden, um Veränderungen besser nachvollziehen zu können.

    6.8. Pflegerische Maßnahmen beim Entfernen der Ventrikeldrainage


    Nachdem die Ventrikeldrainage 24 Stunden abgeklemmt worden ist und über dem Foramen Monroi in Augenhöhe positioniert wurde, entscheidet der Neurochirurg, ob die Drainage gezogen wird (Hirndruck). Beim Ziehen wird zunächst die Einstichstelle desinfiziert (Sprühdesinfektion mit Kodan® 30 sec. Einwirkzeit). Anschließend entfernt die Pflegekraft die Annaht (dient der Fixation des Ventrikelkatheters). Anschließend wird der Katheter vorsichtig gezogen (ärztliche Tätigkeit) und ein steriler Verband angelegt.

    7. Gefahren, Komplikationen, Fehlerquellen
    7.1. Diskonnektion der Drainage vom HanniSet®


    Bei der Diskonnektion der Ventrikeldrainage sollte unbedingt ein Neurochirurg informiert werden, da durch die Diskonnektion Mikroorganismen in das Drainagesystem eindringen und z.B. eine Meningitis verursachen können. Die Kriterien ob die Ventrikeldrainage dann gezogen werden muß, hängt davon ab
  • wie lange die Drainage liegt
  • wo das System diskonnektiert ist ( evtl. reicht ein Systemwechsel)
  • wie lange das System diskonnektiert war
  • der Patient Hirndruck hat oder der Hirndruck normal ist
  • der Patient noch eine Ventrikeldrainage benötigt
  • Wenn der Patient die Ventrikeldrainage noch benötigt sollte durch die Neurochirurgie abgewogen werden, welches Risiko größer ist: neue Drainage (erneute OP) oder das Infektionsrisiko

    7.2. Versehentliches Ziehen der Drainage oder Dislokation der Drainage


    Falls bei pflegerischen Tätigkeiten die Drainage versehentlich gezogen oder disloziert worden ist, muß unbedingt die Neurochirurgie informiert werden. Die Neurochirurgie entscheidet dann, ob die Drainage erneuert werden muß.

    Zu den Kriterien, ob eine neue Drainage gelegt werden muß, zählen
  • wie lange liegt die Drainage?
  • benötigt der Patient noch eine Ventrikeldrainage?
  • fördert die Drainage noch (Dislokation)?

    Wenn die Drainage gezogen worden ist, sollte ein steriler Verband angelegt werden, um eine Infektion zu vermeiden.

    7.3. Infektionsgefahr bei liegender Ventrikeldrainage (Liegedauer)

    Da durch die Ventrikeldrainage das Infektionsrisiko relativ hoch ist, muß die Eintrittsstelle täglich kontrolliert werden. Nach Auskunft eines Neurochirurgen kann man keine allgemeinen Richtlinien für die maximale Lagedauer der Drainage angeben (nach Möglichkeit eine Woche nicht überschreiten), da immer individuell entschieden werden muß.

    Bei Entzündungszeichen sollte die Drainage aber durch die Neurochirurgie entfernt werden. Dabei wird die Drainage 24 Stunden abgeklemmt um danach entscheiden zu können ob der Patient noch eine neue VD benötigt. Die Katheterspitze wird nach Möglichkeit zur Mikrobiologie gesendet, um einen Keimnachweis zu bekommen. Nach Auskunft eines Mikrobiologen des Institut für Mikrobiologie des Universitätsklinikums Münster werden bis zu 80 - 90% Staphylokokken nachgewiesen, die aber zu einem großen Teil während des Ziehens der Drainage die Katheterspitze kontaminieren.

    7.4. Falsche Positionierung der Mischkammer (Höhe)

    Durch eine veränderte Positionierung der Mischkammer (Höhe) fließt entweder vermehrt oder vermindert Liquor ab. Bei einem verminderten Liquorabfluß kommt es dabei zu einem Druckanstieg im Schädelinneren, der Liquor verbleibt dort und nimmt Raum, der begrenzt ist, in Anspruch.

    Ein vermehrten Liquorabfluß kann zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen führen.

    7.5. Falsche Positionierung des Druckaufnehmers (Höhe)

    Durch eine veränderte Positionierung des Druckabnehmers zeigt der Monitor veränderte Werte des ICP an, die dem tatsächlichen ICP nicht entsprechen. Dabei können falsch hohe oder niedrige Hirndrücke gemessen werden. Die falsch niedrig gemessenen ICP-Werte, die immer im Zusammenhang mit dem arteriellen Mitteldruck stehen, können einen falsch hohen Cerebralen Perfusionsdruck ableiten lassen. Dieses bedeutet eine schlechtere Hirndurchblutung beim Patienten.

    Umgekehrt schränken falsch hoch gemessene ICP-Werte das Ausmaß der pflegerischen oder physiotherapeutischen Handlungen ein, da bei erhöhten ICP-Werten die Maßnahmen nicht weiter oder reduziert ausgeführt werden.
    Desweiteren können therapiebezügliche Entscheidungen falsch getroffen werden.

    7.6. Unabsichtliches Abklemmen der Ventrikeldrainage (VD)

    Durch das unabsichtliche Abklemmen (abgedrehter Drei-Wege-Hahn, Ein-Wege-Hahn, oder abgeknickte Drainage) wird der Liquorabfluß verhindert. Der Liquor, der nun nicht abfließen kann, von dem aber 500 - 650ml täglich gebildet werden, kann zu einem Hirndruckanstieg führen, da dieser Liquor einen gewissen Raum im Schädelinneren in Anspruch nimmt. Da die Ventrikeldrainage den Hirndruck beim abklemmen des Drei-Wege-Hahn nicht messen kann, wird der veränderte ICP (Intracerebralen Pressure) am Monitor nicht angezeigt.

    7.7. Probleme bei der Überwachung eines Patienten mit einer Externen Ventrikeldrainage mit Druckaufnehmer

    Problem Ursache Maßnahme
    Druck wird zu niedrig angezeigt
  • Kurve gedämpft, da Luftblase oder Gerinnsel im System
  • Katheterlage (Spitze wandständig)
  • Druckaufnehmer falsch hoch positioniert
  • Blut aspirieren, System spülen (Arzt)
  • ggf. spülen (Arzt)
  • Korrigieren (Pflege)
  • Druck wird zu niedrig angezeigt Fehlerhafter Druckabgleich Wiederholen (Pflege)
    Druck wird zu hoch angezeigt
  • Blut im Druckaufnehmer
  • Druckaufnehmer niedrig positioniert
  • Fehlerhafter Nullabgleich
  • Entfernen (Arzt)
  • Korrigieren (Pflege)
  • Wiederholen (Pflege)
  • Keine Druckkurve
  • Wahl des falschen Monitor-kabels
  • Offenes Überwachungssystem
  • Katheter verstopft
  • Druckaufnehmer defekt
  • Monitorkabel wechseln (Pflege)
  • Leckage beseitigen (Pflege)
  • Ursache beheben (Arzt)
  • Auswechseln (Pflege)
  • Nullabgleich nicht möglich
  • Falsche Stellung des blauen Dreiwegehahns
  • System nicht gefüllt
  • Transducer defekt
  • Korrigieren (Pflege)
  • System füllen mittels NaCl 0.9% oder Liquor (Arzt)
  • Auswechseln (Pflege)
  • Abb. 11 : Überwachungsprobleme

    Schlusswort

    Zuerst möchte ich mich bei allen bedanken, die mich bei meiner Jahresarbeit unterstützt haben.

    Ich hätte zuvor nicht gedacht, daß ich noch 'so viel' Informationen zusammentragen würde.
    Ich habe mich hauptsächlich mit dem täglichen Umgang mit dem Drainagesystem beschäftigt. Natürlich gibt es noch andere Systeme, über die der ICP ermittelt werden kann. Auf diese Systeme bin ich nicht eingegangen, da es mir wichtig war, ein Drainagesystem ausführlich darzustellen und weitere Ausarbeitungen den vorgegebenen Rahmen gesprengt hätten.

    Ich hoffe, daß ich mit dieser Jahresarbeit neuen Kollegen einen besseren Überblick über den Umgang mit Patienten mit externer Ventrikeldrainage ermögliche. Durch die Darstellung der Anatomie und der pathophysiologischen Veränderungen habe ich versucht, dem Leser ein abgerundetes Bild zu vermitteln.



    Anhang

    1. Abb.1: Schirmer, M: Neurochirurgie Eine Einführung. 8., neubearbeitete Auflage, Urban & Schwarzenberg, München (1994)
    2. Abb.2: von Brandis, H.-J., W., Schönberger: Anatomie und Physiologie für Krankenschwestern sowie andere medizinische und pharmazeutische Fachberufe. 8. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart (1991)
    3. Abb.3: Wigger, T., E. Knipfer: Pflegeleitfaden Anästhesie/Intensivpflege Urban & Schwarzenberg, München (1998)
    4. Abb.4: Jecklin, E., Arbeitsbuch Anatomie und Physiologie für Krankenschwestern Krankenpfleger und andere Medizinalfachberufe. 7. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart (1992)
    5. Abb.5/6 Schirmer, M: Neurochirurgie Eine Einführung. 8., neubearbeitete Auflage, Urban & Schwarzenberg, München (1994)
    6. Abb. 7: Larsen, R.: Anästhesie und Intensivmedizin für Schwestern und Pfleger. 5. Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg (1999)
    7. Abb. 8: Aus HanniSet® Gebrauchsinformationen (Seite 3)
    8. Abb.9: Latasch, L, K. Ruck, W. Seiz: Anästhesie Intensivmedizin Intensivpfle-ge. 3 Auflage, Urban und Fischer, München / Stuttgart (1999)
    9. Abb. 10: Aus HanniSet Gebrauchsinformationen (Seite 4)
    10. Abb. 11: Aus Pflegehandbuch 1/94 "Weiterbildung für Anästhesie und Intensivpflege" Universitätsklinikum Münster (um Aufgabenbereiche ergänzt)


    2. Literatur
    1. HanniSet® Gebrauchsinformation
    2. Schirmer, M: Neurochirurgie Eine Einführung. 8., neubearbeitete Auflage, Urban & Schwarzenberg, München (1994)
    3. Ullrich, L: Zu- und ableitende Systeme (Thieme Verlag)
    4. Larsen, R.: Anästhesie und Intensivmedizin für Schwestern und Pfleger. 5. Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg (1999)
    5. Anatomie und Physiologie für Krankenschwestern sowie andere medizinische und pharmazeutische Fachberufe, v. Brandis/ Schönberger )
    6. Jecklin, E., Arbeitsbuch Anatomie und Physiologie für Krankenschwestern Krankenpfleger und andere Medizinalfachberufe. 7. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart (1992)
    7. Aschoff, A.: Intrakranieller Druck und Hirndurchblutung, Eine Einführung in die Pathophysiologie, Klinik und Behandlung des gesteigerten ICP und erniedrigten CPP, 14.01.2002
      < http://www.ukl.uni-heidelberg.de/nch/aufsatz/aschoff01.htm >
    8. Wigger, T., E. Knipfer: Pflegeleitfaden Anästhesie/Intensivpflege Urban & Schwarzenberg, München (1998)




    Anschrift des Verfassers:
    Jürgen Wucherpfennig
    Zur Mariengrotte 13
    48155 Münster

    Emailadresse Autor:











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