DIE ASMAT-
BESCHNITZTE HOLZFIGUREN DIE LEBEN


Im Südwesten von Irian Jaya, dem indonesischen Teil von Neuguinea, liegt das Wohngebiet des Volkes der Asmat. Die Asmat-Region ist ein steinloses Schwemmland, das von dichten Tropenwäldern bedeckt und von zahllosen Flüssen durchzogen wird. Im Brackwasser des Küstenbereiches prägen ausgedehnte Mangrovendschungel das Landschaftsbild. Hier scheint es keine feste Grenze zwischen Land und Wasser zu geben. Die starken Gezeiten verändern oft die Strömungsrichtung der Flüsse. Etwa 40.000 Menschen, die sich selbst As-Asmat (wir, die Baummenschen) nennen, leben in dieser Region. Die einzelnen Gruppen unterscheiden sich durch verschiedene Sprachen und kulturelle Eigenarten.

Die Asmat galten zwar als kriegerisch und betrieben früher Kopfjagd, waren aber keine Kannibalen. Nach ihrer religiösen Vorstellungen kann neues Leben nur durch den Tod eines anderen Stammesangehörigen entstehen. Zu bestimmten zeremoniellen Anlässen war es notwendig, einen menschlichen Kopf zu erbeuten, um dessen magische Kräfte der eigenen Gruppe zuzuführen. Die auf einer Kopfjagt erbeuteten Schädel wurden dabei an der Seite geöffnet, um kleine Teile des Gehirns herauszunehmen, die dann rituell verspeist wurden.

Die religiösen Vorstellungen der Asmat beruhen auf einem vielschichtigen Geister- und Ahnenglauben. Die Asmat gehen davon aus, daß die Geister der Verstorbenen einen großen Einfluß auf die Existenz der Lebenden nehmen können. Die aus Holz geschnitzten Ahnenfiguren verkörpern bestimmte Familienmitglieder und ermöglichen eine Wiedervereinigung zwischen dem ruhelos umherschweifenden Geist und Körper. Für die Asmat hat der Tod keine natürliche Ursache, sondern wird durch schwarze Magie eines Feindes erwirkt. Bei verschiedenen Festen ehrt man die Toten, die in den Schnitzwerken der Asmat weiterleben, und erbittet ihre Hilfe. Die Feste bilden den Auftakt zu einem Kopfjagdzug, um die Verstorbenen zu rächen. Die Geister werden aufgefordert, das Dorf zu verlassen und ins Reich der Ahnen, das jenseits des Meeres liegt, zu gehen.

Aus den Hölzern ihrer Bäume gestalteten die steinzeitlichen Holzschnitzer der Asmat verschiedene Ahnenfiguren, Zeremonialgeräte, Haushaltsgeräte oder große Einbaumkanus. Früher verwendeten sie dafür Beile oder Dechsel mit Muschel- oder Steinklingen. Letztere mußten sie allerdings von den Hochlandpapuas eintauschen. Die stilisiert dargestellten und mit reichem Dekor versehenen Ritualobjekte wie Figuren, Trommeln oder Masken werden in großen Kulthäusern, den Yeus, die nur den Männern vorbehalten sind, aufbewahrt.

Es ist interessant, daß die Kultur der Asmat, die großartige Kunstwerke hervorgebracht hat, auf einer einfachen Wirtschaftsgrundlage basiert. Die Küsten-Asmat leben von der Jagd, vom Fischfang und Sammeln. Das wichtigste Nahrungsmittel ist die Sago-Palme, deren Mark sie essen.

Zur Sagogewinnung wird eine ausgewachsene Palme zunächst gefällt und entrindet. Das weißliche Palmmark wird mit dem Sagohammer zerschlagen und mit Wasser aufgeschlämmt. Das stärkehältige Wasser fließt über eine Rinne ab und wird in einem Behälter gesammelt. Das Sagomehl setzt sich dabei ab und wird dann zum Trocknen in speziellen Rindenblattbehältern zur Feuerstelle gebracht. Das Sagomehl kann auf diese Weise mehrere Monate als Vorrat aufbewahrt werden.

Die Inlandstämme, die im Oberlauf der Flüsse siedeln, besitzen dagegen kleine Felder, auf denen sie Taro, Zuckerrohr und Bananen pflanzen. Auch die Schweinehaltung haben sie von den Hochland-Papuas übernommen. Eine Besonderheit sind bei einigen Gruppen ihre Häuser, die sie zehn Meter über dem Boden auf Bäumen erreichten.

Eine Flotte von Einbaumkanus, die von den Männern mit langen und schön beschnitzten Paddeln fortbewegt werden, kehrt in das Dorf zurück. Die Wasserwege stellen im Küstenbereich die wichtigsten Verkehrsverbindungen dar.

Ein Asmat mit Nasenschmuck aus einem Eberzahn bläst ein Bambushorn, das früher als Signalinstrument für Kriegszüge verwendet wurde.

 

Die mehrere Meter hohen Mbis-Pfähle gehören zu den eindruckvollsten Schöpfungen der Asmat-Künstler. Die aus einem Baumstamm herausgearbeiteten und übereinander stehenden Menschenfiguren symbolisieren die durch Feindeshand umgekommenen Mitglieder des Dorfes. Die Jahreshornvögel, die bei einigen Pfosten zu sehen sind, gelten als Zeichen für einen bevorstehenden Kopfjagdzug, um die Ahnen zu rächen. Charakteristisch für diese Ahnenpfähle sind die am oberen Ende herausragenden "Fahnen", die aus den Brettwurzeln von Mangrovenbäumen reich beschnitzt werden. Diese "Flügel" symbolisieren das männliche Glied und damit die Fruchtbarkeit, die in Zusammenhang mit der Kopfjagd steht: Jeder erbeutete Kopf vermehrt die magischen Kräfte einer Dorfgemeinschaft.
Das Aufstellen der Mbis-Pfähle wird im Rahmen eines großen zeremoniellen Festes begangen.
Das Museumsbild zeigt einen Ausschnitt der Asmat-Sammlung, die einen guten Überblick über die materielle Kultur dieses Volkes bietet.

Der Nasenschmuck ist das Statussymbol der Asmat-Krieger. Die hier abgebildeten Beispiele werden aus Cymbium-Meeresschnecken in verschiedener Ausformung hergestellt und durch das Nasenseptum gesteckt.

Die Maskenkostüme bestehen aus kunstvoll geflochtenem Rotangewebe. An der Unterseite sind Sagopalmblattfasern angeknüpft.