Ein doppelter Unglückstag oder gerade das Gegenteil? Hoch dazu im Monat März mit der magischen Zahl drei...Toi, toi, toi für Freitag, den Dreizehnten

von Gerhard Praust

Freitag, der 13.: Nur mit äußerster Vorsicht werden viele den Tag beginnen und ihn in der Furcht vor drohendem Unheil bestimmt nicht vor dem Abend loben. Denn nach altem Aberglauben, nach – wie Luther sagt – „irrsäligem Glauben“, der auch in unserem angeblich so wissenschaftlich-nüchternen Zeitalter noch weithin blüht, ist dies ein doppelter Unglückstag. Einmal wegen der Unglückszahl 13, vor der sich offenbar so viele Menschen fürchten, daß zum Beispiel die Lufthansa in ihren Maschinen die dreizehnte Reihe grundsätzlich fehlen läßt. Und dann wegen des Freitags, der in vielen Gegenden schon an sich als unheilvoll gilt.

Am Freitag fahren die Hexen aus, hieß es früher. Und an diesem Tag solle nichts Wichtiges begonnen werden. In Holland stechen noch heute die Schiffer am Freitag nur ungern in See, weil sie glauben, daß das Meer an jedem Freitag ein Menschenopfer fordert. Am Freitag geborene Kinder werden oft für Unglückskinder gehalten, die – so glaubte man in Tirol – im Leben viel zu leiden haben oder gar – so in Württemberg – bald sterben.

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Napoleon schlug freitags keine Schlacht, Bismarck, der so abergläubisch war, daß er Leute in Trauerkleidung am liebsten gar nicht ins Haus ließ, schloß freitags keine Verträge. In Süddeutschland heißt es, man solle am Freitag nicht umziehen, keine Reise beginnen, nicht säen und sich nicht die Haare schneiden lassen. In Norddeutschland ist das anders. Da wird der Freitag wegen des Anklangs an „freien“ als Hochzeitstag bevorzugt, womit zugleich an altrömische Vorstellungen angeknüpft wird. Bei den Römern hieß der Freitag (was sich im italienischen venerdi und im französischen vendredi erhalten hat) dies veneris, Tag der Venus. Das Althochdeutsche ersetzte den Namen der römischen Liebesgöttin durch den Namen von Odins Frau, Frija, was eigentlich „Geliebte“ hieß und woraus später Freia wurde.

Vom glückverheißenden Venus- zum unheilvollen Freitag wurde der sechste Tag der Woche erst in christlicher Zeit, und zwar durch die Karfreitagstrauer. Und die Kirche machte ihn zum Abstinenztag. Ein Freitag im Sinne von Frei- und Unbeschwertsein sollte er für Hirsche, Wildschweine, Hasen, überhaupt für alles Wild sein; denn aus Ehrfurcht vor dem Tode Christi ist frommen Jägern (aber gibt’s die noch?) freitags das Jagen und Töten verpönt.

Man sieht: Eigentlich kömmt alles nur auf Standpunkt und Perspektive an. Das gilt auch für die Dreizehn. Als Unglückszahl galt sie den Babyloniern, weil sie auf die heilbringende 12 folgt, die Schlußzahl des babylonischen Duodezimalsystems. Die 13 war die Zahl der babylonischen Unterwelt, die Entzweierin des Vollkommenen. Im Alten Testament hingegen wurde die 13 als Glückszahl angesehen. Also kann man auch sagen: der Tag der Liebesgöttin Venus, verbunden mit der alttestamentarischen Glückszahl 13, bedeutet doppeltes Glück.

Wem dies aber nicht genug Sicherheit bietet, der möge bedenken, daß der heutige Freitag, der 13., ja im dritten Monat liegt, im März, also noch an eine Drei gebunden ist. Die Drei war und ist bei sehr vielen Völkern in Mythos und Religion, im Rechts- und Privatleben eine geradezu heilige Zahl. Da stellen Göttliche Dreiheiten Himmel, Erde und Luft dar, in Ägypten Osiris, Isis, Horus, im Hinduismus Brahma, Wischnu, Schiwa. Das Christentum lebt im Zeichen der Dreifaltigkeit, und der christliche Kalender hebt drei besondere Dreiergruppen hervor: die Drei Marien, die Drei Könige und drei Nothelferinnen. Die Dreiheit spielt auch in der Philosophie eine Vollendung verheißende Rolle, bis hinaus über die Dialektik Hegels und den fortschrittsgläubigen dialektischen Materialismus (mit These Antithese Synthese). Und nach altem Volksglauben heißt es: „Aller guten Dinge sind drei.“

Also! Dreimal schwarzer Kater. Und: toi, toi, toi. Gerhard Prause

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  • Quelle DIE ZEIT, 13.3.1981 Nr. 12
  • Schlagworte Lufthansa | Aberglaube | Gerhard Prause | Hinduismus | MIT | Niederlande
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