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Das musicline.de-Genrelexikon bietet Hintergründe zu den verschiedensten Stilen und Phänomenen in der Musik. In jedes Thema führt ein kurzer Text ein, der die wichtigsten Entwicklungen, einflussreichsten Künstler und besten CDs vorstellt. Das Genrelexikon erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern wird fortwährend erweitert und aktualisiert.

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Große Jazz-Sängerinnen
Blue Notes in den Stimmbändern

 

Die Sängerinnen des Jazz

Im Gegensatz zur Figur des Entertainers koppelt sich die Jazz-Stimme an enger gefasste musikalische Eigenheiten: Ma Rainey und Bessie Smith fischen noch in der Ursuppe aus Jazz und Blues, die der frühe Vocal Jazz ist. In der Zeit der Big Bands werden Sängerinnen wie Billie Holiday und Ella Fitzgerald zu Stars. Mit der Aufsplittung der Stile Jazz und Pop nach dem Zweiten Weltkrieg geht dann auch der Gesang ganz unterschiedliche Wege. Durchweg aber bleibt er dem Song verbunden. Anfang des 21. Jahrhunderts macht etwa eine Norah Jones von sich reden.

In der Musik ist die Stimme von besonderer Bedeutung. Nicht nur, da sie das erste Musikinstrument der Evolutionsgeschichte ist. Mit dem Singen kommt immer auch etwas ins Spiel, das auf den ersten Blick ein Fremdkörper ist: der Text. Gerade auch im Jazz, diesem nun bald 100 Jahre alten Konglomerat aus Musik- und Stilgeschichten, ist die Unterscheidung zwischen "mit" und "ohne" Gesang eine fundamentale. Wie stark sie ist, zeigt sich allein schon darin, dass man mit Jazz ohne den Zusatz "Vocal" gemeinhin seine rein instrumentale Variante versteht; erste Assoziation ist die kollektive Improvisation. Danach kommt das Tenorsaxofon, das sich als bedeutendstes Solo-Instrument des Jazz herauskristallisiert hat. Dennoch: schon frühe Sängerinnen wie Ethel Waters, Ma Rainey und Bessie Smith, vor allem aber die Stimmen der 30er und 40er Jahre, allen voran Billie Holiday und Ella Fitzgerald, gehören zu den populären Namen des Jazz.

Das liegt zum einen darin begründet, dass Sprache immer einen Faktor darstellt, der den Erinnerungswert eines Stücks Musik vergrößert. Und es liegt daran, dass in den meisten Fällen der Vocal Jazz sich einer musikalischen Form bedient, derer sich viele andere Musiken ebenso bemächtigen: Es liegt am Song. Sicher, schon die junge Billie Holiday bedient sich diverser Scatting-Techniken, jenen "dab-dab-dib-di-dus", deren sprachlicher Gehalt irrelevant ist. Jenen Entfaltungstechniken, deren Einsatz das Singen weit weg bringt vom Song.

Die Meisterin der Improvisation

Ebenso hat die Geschichte einige Sängerinnen hervorgebracht, die weit über zehn Minuten hinaus ganz und gar improvisieren konnten. Aus diesen punktuell auftauchenden Stimmen ist besonders Betty Carter hervorzuheben. Sie selbst versuchte nach eigenen Worten, ihr Publikum zu verängstigen - indem sie schluchzte und schrie, sich an die Grenzen aller bekannten Harmonien wagte. Deshalb wurde sie mit den Saxofonisten ihrer Zeit, der Ära des Bebop, verglichen. Doch die populärsten Sängerinnen des Jazz sind durchweg die Song-Interpretinnen.

In den Zwanziger Jahren fischen Ethel Waters, Ma Rainey und Bessie Smith noch in der Ursuppe von Jazz und Blues. Die große Ära des Jazz-Gesangs aber folgt bald. Die Big Bands spielen seit Ende der 20er Jahre die populäre Musik überhaupt, bevor es den Ausdruck "Pop" gibt. Sie spielen den instrumentalen Swing ebenso wie den Song. Sängerinnen wie Billie Holiday und Ella Fitzgerald werden mit Standards und Torch Songs (melancholischen Balladen) berühmt.

Es bleibt der Song

Und auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner völligen Neuordnung der Musikindustrie bleibt der Jazz-Gesang mittels des Songs populär: Mal wird er von außen völlig neu interpretiert, wie etwa in der Bossa Nova. Oder es können sich Sängerinnen wie Nina Simone und Carmen McRae Aufmerksamkeit verschaffen. Durch ihre Stimmen und die leicht erkennbare Art ihrer Song-Interpretationen. Diese Bindung des Jazz-Gesangs an den Song bleibt.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts etwa sind es Sängerinnen zwischen allen Stilen – Folk, Blues, Jazz, Pop – die prominent in Erscheinung treten. So fragt Ende 2003 das Zentralmagazin des Jazz, die US-amerikanische Jazz Times: "Are Vocalists Saving Jazz?" Und meint damit den großen kommerziellen Erfolg von Sängerinnen wie Norah Jones und Diana Krall.

Weitere Meister dieses Genres sind:

Dee Dee Bridgewater, Cassandra Wilson, Blossom Dearie, Etta Jones, Abbey Lincoln, Rosemary Clooney, Peggy Lee

Einige Schlüsselalben dieses Genres sind:

Ella Fitzgerald: Sings The Gershwin Songbook [1959]
Sarah Vaughan: With Clifford Brown [1959]
Carmen McRae: Great American Songbook [1972]
V.A.: Misty Blue [1999]
Billie Holiday: The Lady Sings [2001]
Norah Jones: Come Along With Me [2002]
Ethel Waters: 1929 - 1931 [2002]
Betty Carter: Finest Hour [2003]

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Im Genrelexikon bietet musicline.de noch mehr Informationen rund um die Musikstile an. Zum Beispiel in den Einträgen It Don't Mean A Thing... (Swing), Das Gedächtnis des Schlagers (Evergreen) oder Über den Folk hinaus (Singer/Songwriter). (cb)