Ausstellungsort: Oberes Belvedere
Im Sinne der zentralen Aufgaben eines Museums – der Bewahrung, Erweiterung und Vermittlung der Sammlung – präsentiert das Belvedere seit 2009 die Ausstellungsserie Meisterwerke im Fokus. Im Rahmen dieser werden mehrmals jährlich spezielle Aspekte der österreichischen Kunstgeschichte hervorgehoben und der Fokus auf thematische Schwerpunkte, einzelne Künstlerpersönlichkeiten oder herausragende Meisterwerke gerichtet. Das zehnte Ausstellungs- bzw. Publikationsprojekt der Meisterwerke-Serie ist Michael Neder gewidmet, jenem eigenwilligen österreichischen Vertreter des Biedermeier, dessen Œuvre sich nur schwer in das stilistische und motivische Spektrum seiner bekannteren Zeitgenossen einordnen lässt. MICHAEL NEDER - Ohne Kompromisse macht es sich zur Aufgabe, anhand von rund 60 Arbeiten erstmals das bisher weitgehend unerforschte wie unbeachtete Werk dieses nüchternen Schilderers seiner Zeit aufzuarbeiten. Die in die Dauerausstellung des Oberen Belvedere integrierte erste museale Einzelpräsentation Michael Neders veranschaulicht anhand von Ölbildern und Zeichnungen die hohe künstlerische Qualität seines Schaffens. Im Vergleich von Früh- und Spätwerk und in der Gegenüberstellung von Porträts und Genredarstellungen wird verdeutlicht, wie er seinen persönlichen Stil entwickelte, die für ihn typische trockene Darstellungsform bewusst als Stilmittel einsetzte, Formen straffte, Bewegung reduzierte und auf diese Weise die optimale Ausdrucksform für seine ländlichen Sujets fand.
Aufgrund seines kompromisslosen Stils und seiner charakteristischen Motivwahl lässt sich Neders Werk nur schwer in die von bekannteren Zeitgenossen wie Peter Fendi, Friedrich von Amerling, Moritz Michael Daffinger oder Ferdinand Georg Waldmüller und Josef Danhauser entwickelte, für das Biedermeier maßgebende Malweise einordnen. Neders Schaffen nimmt vielmehr einen Platz am Rande ein und ist daher bis dato weitgehend unerforscht wie unbeachtet geblieben – ebendiese mangelnde Beachtung hat zur Entstehung der Ausstellung geführt und soll durch sie korrigiert werden. Michael Neder wollte nicht gefällig sein, sondern seine Umwelt so abbilden, wie er sie vorfand. Seine Werke zeigen Fakten, sie wollen Gegebenheiten nicht beschönigen oder literarisch ausschmücken und stellen so heute wertvolle Dokumente der Vergangenheit dar. Die Themen seiner Bilder sind Menschen im Wirtshaus, das fröhliche Beisammensein beim Kirtag oder in Heurigenschenken sowie Alltägliches, etwa die Mühsal der Mägde oder die Arbeit der Weinhauer. Im Laufe seines langen Schaffens zeigt sich Michael Neders beständige Tendenz, Formen zu komprimieren und Bewegungsabläufe auf das Notwendigste zu reduzieren, wodurch er sich immer mehr vom gängigen Geschmack seiner Zeit distanzierte. Seinen schablonenhaften Bildaufbau kontrastierte Neder mit der meisterhaften malerischen Modellierung der Figuren. Die Heimkehr der Herde, eines seiner Hauptwerke, erhielt durch die Reduktion der Form und die Flächenhaftigkeit des Raumes äußerst moderne Züge und wies ihn bereits im Jahre 1844 als frühen Vorboten aus, dessen Stil seiner Zeit weit voraus war und erst im Realismus der Zwischenkriegszeit eine moderne Entsprechung finden sollte.