Am 11. Mai 2011 wurde der ehemalige Jusstudent Philipp Korotin von den Geschworenen am Wiener Landesgericht einstimmig wegen Mordes verurteilt. Er hat seine "Nebenfreundin" Stefanie Pagels in der Auhofstraße ermordet und zerstückelt, lautete der Urteilsspruch.
Doch das könnte ein Fehlurteil gewesen sein.
Zwei neue Zeugenaussagen, eine DNA-Spur und ein Gutachten des bekannten Gerichtspsychiaters Reinhard Haller – die dem KURIER und dem Nachrichtenmagazin News exklusiv vorliegen – deuten daraufhin, dass sich das spektakuläre Verbrechen womöglich ganz anders abgespielt hat. "Wäre das alles beim Prozess so vorgelegen, dann hätte ich einen Freispruch garantieren können", ist sich Korotin-Anwalt Nikolaus Rast sicher. Denn neue Details versprechen Spannung wie in einer Folge Columbo oder CSI Miami.
Korotin betonte im Prozess, dass er nicht wisse, wer die 21-jährige Pagels getötet habe. Er sei in der Früh aus einem Delirium aufgewacht und habe die mit mehr als 200 Stichen übersäte und zerteilte Leiche nur am Morgen im Müll entsorgt.
Eine der neuen Zeugenaussagen stammt ausgerechnet vom Nebenbuhler von Korotin um die Gunst der jungen Frau. Dieser sagt nun in einer von einer renommierten Detektei aufgezeichneten Gespräch, dass, kurz bevor die Polizei vor Ort war, ein Rucksack aus dem Wohnhaus geworfen wurde. Ein junger Mann und eine junge Frau ("die sahen wie Drogensüchtige aus") haben diesen an sich genommen und seien dann davon gelaufen.
Zwei DNA-Spuren
Das stimmt wiederum überein mit zwei Gummihandschuhen, die neben den Leichenteilen im Hausmüll gefunden wurden – auf diesen ist die DNA von Pagels sowie von einem unbekannten Mann und einer unbekannten Frau. Diese DNA-Spuren bekommen damit plötzlich ein ganz anderes Gewicht.
Doch was hätte das Paar in der Wohnung gesucht? Von Anfang an gab es Vermutungen, die Bluttat sei gefilmt worden. Dafür spricht auch, dass ein eckiger Teil der Matratze am Fußende nicht von Blut getränkt war. Dort war offenbar etwas gestanden. Vielleicht eine Kamera?
Damit kommt ein weiterer Zeuge ins Spiel, der bei dem Prozess im Jahre 2011 nicht ausgesagt hat. In einer vor wenigen Tagen unterschriebenen eidesstattlichen Erklärung gibt dieser an, dass Pagels eine Art Pornovideo für das Internet drehen wollte. Mitorganisator sollte ein Mann sein, der später als Kronzeuge ins Spiel kommt und vor Gericht angab, Pagels nicht gekannt zu haben. Sogar von einem angeblichen Tötungsplan an der jungen Studentin habe er vor der Tat gehört, behauptet der neue Zeuge. Er habe Pagels deshalb eindringlich gewarnt.
Tötung auf Video
Der merkwürdigen Zufälle nicht genug, ist im Internet mittlerweile ein Video aufgetaucht, das die Tötung eines Mannes zeigt. Die Details sind grauenhaft, aber fast ident mit jenen 200 Stichwunden, die Pagels aufweist. Die Messerschnitte und -stiche wurden gleich ausgeführt. Dieses so genannte Snuff-Video schaut echt aus. Vor Jahren hatte der Spiegel bereits berichtet, dass es in Deutschland eine Szene gibt, die für solche Videos bezahlt.
Der Kronzeuge, der Teile seines Lebens laut eigenen Angaben im Rotlicht in Norddeutschland verbracht hat, beschäftigt sich auf seiner Facebookseite auf jeden Fall noch immer mit der Bluttat. Erst vor einigen Monaten postete er dort: "Die ,Auftraggeber’ haben große Kasse gemacht und laufen frei rum, während einer den Rest seines Lebens in einem räudigen, abgefuckten Knast verbringen muss." Und: "Korotin ist das Werkzeug des Teufels, aber ihm alleine gebührt die Ehre nicht."
Am Freitag: Verschwundene Beweise und das neue Gutachten.