Samstag, 22.03.2014

22. März 2014

Russland und Ukraine

Ein Riss geht durch die Kirchen

Ein Riss geht durch die Kirchen
Der Evangelisch-lutherischer Bischof Otto Schaude ruft zum Brückenbauen und Friedenstiften auf. Foto: PR

Omsk (idea) – Angesichts des Krim-Konflikts geht ein Riss durch die Kirchen in Russland und der Ukraine. Die Christen sollten daher Brücken bauen und sich für Frieden einsetzen. Diese Ansicht vertrat der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten, Otto Schaude (Omsk), gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). Der 69-jährige schwäbische Pietist leitet seit 2010 das größte lutherische Bistum der Welt, das sich vom Ural bis zum Pazifik über sieben Zeitzonen erstreckt. Deshalb werde es von den Lutherischen Kirchen keine einseitigen Stellungnahmen geben. Man sei vielmehr dem grundlegenden Anliegen Jesu verpflichtet, nämlich Versöhnung zu praktizieren und für die politisch Verantwortlichen zu beten. Nach seinen Worten unterstützen die meisten Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche in Russland die Politik von Staatspräsident Wladimir Putin. Nur wenige russisch-orthodoxe Christen seien besorgt, dass durch den Konflikt um die Krim Schaden entstehen könne. Anders schätzten Protestanten - etwa Baptisten, Pfingstler und Charismatiker - die Lage ein. Manche sähen die Gefahr, dass die politische Konfrontation zu Spaltungen unter den Christen führen könne. Bei einer Gebetsversammlung in Moskau habe jemand gebetet: „Gott, erinnere uns daran, wie es war, als wir noch Brüder waren.“

Debatte wird sehr national und emotional geführt

Nach Einschätzung Schaudes argumentieren in Russland wie in der Ukraine viele Christen sehr national und emotional. In der Ukraine gebe es sowohl die nach Europa ausgerichtete ukrainisch-orthodoxe Kirche als auch die nach Russland orientierte russisch-orthodoxe Kirche. Von den Protestanten in der Ukraine seien viele stark pro-europäisch. Sie setzten ihre Hoffnungen vor allem auf den ukrainischen Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow, einem baptistischen Laienprediger. Für viele Evangelische sei dies wie ein Befreiungsschlag.

Putin hat in Russland an Ansehen gewonnen

Zur politischen Situation in Russland sagte Schaude, Putin habe durch den Anschluss der Halbinsel Krim großes Ansehen in der russischen Bevölkerung gewonnen. Viele Russen wollten nicht den Kommunismus zurück, erhofften sich aber eine Wiederherstellung der Sowjetunion. Russland sei eine Nation mit hohem Selbstbewusstsein und einem ausgeprägten nationalen Denken. Der Verlust von weiten Gebieten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 sei für viele schmerzlich gewesen. Für die Mehrheit des Volks verkörpere Putin die Größe Russlands. Schaude zufolge ist die Ukraine mit Russland geschichtlich eng verbunden. Die ukrainische Hauptstadt Kiew werde auch als „Mutter der Städte Russlands“ bezeichnet. Die Krim habe lange zu Russland gehört und sei erst 1954 der Ukrainischen Sowjetrepublik zugeschlagen worden. Für viele Russen sei die Krim lange Zeit ein Urlaubsort gewesen. Viele Betriebe hätten dort ihre Erholungsheime errichtet. Von den 142 Millionen Einwohnern Russlands gehört etwa ein Viertel einer Kirche an. Die russisch-orthodoxe Kirche hat rund 35 Millionen Mitglieder. Etwa 100 Millionen Einwohner bezeichnen sich als orthodox, weil sie die Volkszugehörigkeit mit der Konfession gleichsetzen. Daneben gibt es 500.000 Katholiken, 200.000 Lutheraner, jeweils 150.000 Baptisten und Charismatiker, 120.000 Pfingstler und 70.000 Adventisten. Der Anteil der Muslime wird auf zehn Prozent geschätzt.

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