Zwischen Katholiken und Lutheranern war 1999 die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre verabschiedet worden. Großmann vermutet, dass es zu den kritischen Rückfragen vor allem deshalb gekommen sei, weil das Dokument im Wortlaut in seiner Freikirche kaum bekannt ist. Wie er jetzt gegenüber der in Kassel erscheinenden Zeitschrift „Die Gemeinde“ erläuterte, wird aus einigen Zitaten des Dokuments aber deutlich, „dass die lutherische Auffassung weiter von der baptistischen Grundauffassung entfernt ist als die der katholischen Kirche“.
Unter anderem heißt es in dem Papier: "(20) Wenn Katholiken sagen, dass der Mensch bei der Vorbereitung auf die Rechtfertigung und deren Annahme durch seine Zustimmung zu Gottes rechtfertigendem Handeln 'mitwirke', so sehen sie in solch personaler Zustimmung selbst eine Wirkung der Gnade und kein Tun des Menschen aus eigenen Kräften." Zur lutherischen Position heißt es weiter: "(21) Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken, weil er sich als Sünder aktiv Gott und seinem rettenden Handeln widersetzt..."
Dazu erklärte jetzt Großmann: „Baptisten sehen es mit den anderen Kirchen als reines Gnadengeschenk Gottes an, dass ein Mensch zu einer Umkehr zu Gott findet. Aber sie betonen die Verantwortung, die der Mensch dabei selbst hat.“ Denn er könne sich der Rettung durch Christus verweigern, und er trägt eine Mitverantwortung dafür, dass das Heil in Christus, das ihm geschenkt worden ist, auch zu einem geheiligten Leben führt. Die Gemeinsame Erklärung zeige, dass Katholiken dies stärker betonten als Lutheraner.
Wie Großmann weiter ausführt, seien Baptisten eine evangelische Freikirche und ständen in der Tradition der Reformation: „Aber wir dürfen nicht verkennen, dass manche Entwicklungen in Teilen der protestantischen Kirchen, wie die Ablehnung der Verbindlichkeit der Bibel, zu Entfremdungen geführt hat.“ Dies sei gerade in „ethischen Fragen“ deutlich zu spüren, so der BEFG-Präsident. Er räumt ein, dass die Unterschiede zwischen Baptisten und Katholiken in anderen Bereichen viel größer seien und auch unüberbrückbarer erschienen, „etwa in der Frage der Gleichwertigkeit der Tradition gegenüber der Bibel oder dem Papstamt“. Doch gebe es beispielsweise in Fragen der Ethik eine Nähe, „die auch gemeinsames Handeln in der Gesellschaft möglich macht“.
Großmann wörtlich: „Ökumene heißt für mich, dass wir mit den Glaubenden aus allen Kirchen persönliche geistliche Gemeinschaft haben und im Kontakt der Kirchen als Institutionen im Gespräch sind, damit wir uns gegenseitig besser verstehen können und unsere Unterschiede nicht immer wieder zu gegenseitiger Feindschaft führen.“
Leiter der baptistischen Delegation war der Generalsekretär des Baptistischen Weltbundes, Denton Lotz (Falls Church bei Washington), die katholische Delegation leitete der Präsident des päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Walter Kaspar (Rom).
(22.12.03)