Die Geschichte der Friesen

(Quellenangabe: Thomas Steensen "Wer sind die Friesen" Verlag Nordfriisk Institut Bredstedt 1994)



Seit wann gibt es überhaupt Friesen?
Wo lebten die Friesen?
Wo leben die Friesen heute?
Seit wann gibt es die Friesen in Nordfriesland?
Wie groß war, wie groß ist Nordfriesland?
Gott schuf das Meer – schuf der Friese die Küste?

Seit wann gibt es überhaupt Friesen?

Vom ersten Auftritt der Friesen im europäischen "Volkstheater" berichteten römische Autoren, insbesondere Plinius und Tacitus. Dieser Auftritt liegt jetzt ein paar Jahre länger als zwei Jahrtausende zurück. Bei diesen "Frisii" handelt es sich ursprünglich möglicherweise um ein nicht-germanisches Volk. Im Laufe der Jahrhunderte jedoch mischten sie sich mit eindringenden Germanen, wurde teils selbst germanisiert, haben ihre neuen Mitbewohner aber auch "frisiert". Es entbehrt nicht der Ironie, daß die zu gewissen Zeiten als Prototyp der Edelgermanen verherrlichten Friesen nach dieser Theorie ursprünglich gar keine Germanen waren. Weltruf – natürlich nur in der damals bekannten Welt – erlangten die Friesen vor allem als seefahrende Kaufleute; die Nordsee wurde noch im Hochmittelalter "Mare Frisicum" genannt: Friesisches Meer. Erst die Hanse lief den Friesen den Rang ab. Zuvor schon, anno 754, ließen Friesen die christliche Welt erschaudern, als sie bei Dokkum in Westfriesland den Missionar Bonifatius erschlugen.
 

Wo lebten die Friesen?

Die größte Ausdehnung des friesischen Lebensraumes erstreckte sich im frühen Mittelalter zwischen den Mündungen von Rhein und Weser, sogar fast bis an die Elbe heran. Die niederländischen Provinzen Nord-Holland und Groningen , die niedersächsischen Landstriche Butjadingen und Wursten sind wenigsten zum Teil ehemals friesische Gebiete. Allerdings spricht man dort seit Jahrhunderten kein friesisch mehr.  



Quellenangabe: Thomas Steensen "Wer sind die Friesen" Verlag Nordfrisk Instituut, Bredstedt 1994

Wo leben die Friesen heute?

Die meisten, nämlich etwa eine halbe Million, leben in der Provinz Friesland der Niederlande, die wir in Deutschland zumeist Westfriesland nennen, gelegen zwischen der Provinz Groningen und der Zuidersee. Dort sprechen etwa 400.000 Menschen friesisch und die Sprache hat dort als zweite Reichssprache einen Status erreicht, von dem die Nordfriesen allenfalls träumen können. Dann gibt es etwa 350.000 Ostfriesen im deutschen Bundesland Niedersachsen, wo die friesische Sprache allerdings schon lange ausgestorben ist. Niederdeutsch auf einer friesischen Grundschicht ist dort die Volkssprache. Das eigentliche Ostfriesisch wird paradoxerweise  nur noch außerhalb Ostfrieslands gesprochen, nämlich von rund 1500 Menschen im oldenburgischen Saterland südöstlich vom Leer. Weit im Norden im Bundesland Schleswig-Holstein leben sodann 50.000 Nordfriesen, deren heutiges Wohngebiet aus sechs Inseln und zehn Halligen, sowie einem Küstenstreifen auf dem Festland zwischen dem Fluß Eider und dem Flüßchen Wiedau an der heutigen deutsch - dänischen Grenze besteht. Es sind tatsächlich sechs Inseln , denn auch Helgoland, obwohl zum Kreis Pinneberg gehörig, ist sprachlich und historisch zu Nordfriesland zu rechnen.
Ansonsten gibt es Friesen natürlich "all over the world". In zwei Städten dieser Welt, so wird manchmal gesagt, leben mehr Föhringer als im größten Ort auf Föhr: in Petaluma, Kalifornien und in New York, an dessen Gründung übrigens auch Friesen beteiligt waren. Einer von ihnen, ein Westfriese, wurde viel später berühmt, als Werbestrategen eine Zigarettenmarke mit dem "Duft der großen weiten Welt" nach ihm benannten.


 


  Seit wann gibt es die Friesen in Nordfriesland?

Wissenschaftler haben herausgefunden, daß die ersten Friesen im 7. , 8. Jahrhundert in das damals ziemlich unbewohnte Gebiet eingewandert sind, das sie "Klein Friesland" und "Utland" nannten und für das sich erst später der heutige Name "Nordfriesland" einbürgerte. Um 700 wurden die Inseln Sylt, Föhr und Amrum, der westliche Teil Eiderstedts und auch Helgoland besiedelt, nach neuesten archäologischen Grabungen anscheinend auch schon besiedelbare Gebiete der Marsch. Im 11. Jahrhundert wurde die Marsch dann in einer zweiten Einwanderungswelle besiedelt. Darauf sind auch die unterschiedlichen sprachlichen Dialekte zurückzuführen.

Wie groß war, wie groß ist Nordfriesland?

Der Kreis Nordfriesland umfasst gut 2000 Quadratkilometer – und gehört im übrigen mit 73 Einwohnern je Quadratkilometer zu den am dünnsten besiedelten Regionen in ganz Deutschland.
Aber der friesische Siedlungsraum ist ungefähr ein Drittel kleiner als der heutige Kreis Nordfriesland. Andererseits war das friesische Siedlungsgebiet zur See hin früher viel größer. Die heutigen Wattflächen wurden größtenteils einst von Friesen bewohnt und bewirtschaftet, waren ein Teil Nordfrieslands und sind es letztlich auch heut noch. Sie gehören seit 1985 zum Nationalpark Wattenmeer und umfassen immerhin noch einmal gut 1000 Quadratkilometer. Durch die Jahrhunderte hat sich die Größe Nordfrieslands im ständigen Wechsel von Landgewinn und Landverlust immer wieder verändert. Dieser Prozess ist heute weitgehend zum Stillstand gekommen. Landgewinn im großen Stil wird aus ökologischen Gründen nicht mehr betrieben. Und die Nordsee verwandelt kaum noch Land in Watt. .
 

Gott schuf das Meer – schuf der Friese die Küste?

Die Friesen sind als Deichbauer und Küstenschützer bekannt. Als sie nach Nordfriesland kamen, machten sie es durch den Deichbau zu einer bewohnbaren Landschaft. Die ersten, niedrigen Deiche wurden um 1100 errichtet um das Land vor dem Meer zu schützen, der Meeresspiegel war angestiegen. Im Laufe der Jahrhunderte entstand ein riesiges Bauwerk. Die nordfriesischen Deiche allein ergeben schon einen mehrere Hundert Kilometer langen Erdwall. Die Auseinandersetzung mit der Nordsee ist einer der wichtigsten Teile der nordfriesichen Geschichte. Die beiden wichtigsten Geschichtsdaten sind nicht die Daten von Kriegen, großen Schlachten, sondern die von den beiden großen "Mandränken":  der Sturmflut von 1362, als die sagenumwobene Handelsstadt Rungholt zerstört wurde und der Sturmflut von 1634, in der die Insel Strand, ein Kerngebiet von Nordfriesland, zerrissen wurde. Diese beiden Sturmfluten gehören zu den großen Naturkatastrophen  Europas.