Noch herrscht viel Unklarheit im Fall des Todes von Tugce A. Bringen Aufnahmen einer Überwachungskamera neue Erkenntnisse? Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil das Beweismittel bei der "Bild" landete - und damit an Wert verlor.
Ein Standbild des Überwachungsvideos, das veröffentlicht wurde.
In ihrer Online-Ausgabe zeigt die Zeitung ein etwa zweiminütiges Video. Darauf ist der Parkplatz des Offenbacher Fastfood-Restaurants zu sehen, auf dem Tugce A. den Tod fand. Das Video stammt von einer Überwachungskamera.
Die Aufnahme ist unscharf, viele Details bleiben unklar. Zu sehen ist, wie ein Mensch nach einer Attacke zu Boden fällt und liegen bleibt. Der Clip hielt auch fest, wie ein junger Mann zuvor versucht, einen anderen an dem Angriff zu hindern.
Video könnte Zeugenaussagen manipulieren
Laut Axel Kreutz, Sprecher der Zweigstelle Offenbach der Staatsanwaltschaft Darmstadt, ermittelt nun die Behörde in dieser Sache. "Es handelt sich um ein unmittelbares Beweismittel", so Kreutz. Und ein solches gehöre nicht in die Öffentlichkeit, sondern müsse vor Gericht analysiert und bewertet werden. Die Behörde will herausfinden, woher die Zeitung das Video bekommen hat. Sie ermittelt "gegen Unbekannt".
Durch die Veröffentlichung des Videos werde das Beweismittel zwar nicht wertlos für den Gerichtsprozess, allerdings bestehe die Gefahr, dass dadurch Zeugen in ihrer Aussage manipuliert werden könnten. "Man muss damit rechnen, dass sich Zeugen vor ihrer Vernehmung das Video anschauen und ihre Aussage dann damit abgleichen", so Kreutz. Dadurch könnten unter anderem subjektive Erinnerungen an das Geschehen eingefärbt werden.
Auch Interpretationen des Videos, die im Vorfeld eines Prozesses über die Medien verbreitet würden, könnten einen Einfluss auf Zeugenaussagen haben - womöglich auch auf die Schöffen in einem Gerichtsverfahren.
Eltern entsetzt
Die Eltern der toten Studentin zeigten sich entsetzt und verurteilten die Veröffentlichung auf ihrer Facebook-Seite als "bodenlose Frechheit". Der Film sei ohne ihr Einverständnis ins Internet gestellt worden. Die Bilder waren laut Staatsanwaltschaft weder autorisiert noch freigegeben.