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Hätten Sie einen
Moment Zeit, Signore Giorgio Cavazzano?
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Der Großmeister aus Italien
war so freundlich, mir ein paar Fragen zu beantworten. Ich war außerordentlich
überrascht über seine freundliche und natürliche Art. Ein Künstler,
dem der Erfolg und Ruhm in keiner Weise zu Kopf gestiegen ist. Ein Mensch wie du
und ich. (Stand: 01.03.2007)
Anmerkung: Einige Fragen des
Interviews wurden von Stefan Pfister und Florian Albert beigesteuert.
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Sicher werden Sie das immer wieder gefragt, wir hoffen Sie sind der
Antwort hierauf noch nicht müde geworden, da wir es gerne aus erster
Quelle wüssten:
Welche Vorbilder hatten Sie in Ihren Anfängen beim Zeichnen der
Disneyfiguren und überhaupt? Welche großen oder vielleicht auch
kleinen Künstler inspirierten Sie am meisten und tun dies vielleicht
selbst heute noch, wo Sie längst Ihren eigenen, typischen und
unverwechselbaren Stil entwickelt haben? |
Giorgio Cavazzano:
Meine Idole waren und sind Paul Murry und natürlich Romano Scarpa.
Murry hat mir schon immer gefallen, er hat es geschafft, sowohl mit
Micky als auch mit Donald auf Du und Du zu sein. Er war dynamisch
und originell in seinem Seitenlayout. Sein erster Micky ist grafisch
gesehen heute noch aktuell, auch nach 40 Jahren. |
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Paul Murry |
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Romano Scarpa |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Zu Beginn Ihrer Karriere arbeiteten Sie als Inker für den großen
Romano Scarpa. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Scarpa und
inwieweit hat Sie Scarpas Art beeinflusst?
Giorgio Cavazzano:
Das war eine unglaublich wichtige Erfahrung. Ich könnte heute nicht
über
Comic-Zeichnungen und Stil sprechen, wenn ich Romano Scarpa nicht
begegnet wäre. Teilhaber seiner kreativen Arbeit zu sein war etwas
ganz Besonderes, der Bleistift wirkte magisch in seiner Hand. Ich
erinnere mich an wunderschöne und unvergessliche Momente mit dem
großen Meister. Ihm gilt meine ganze Bewunderung und tiefe
Freundschaft. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de): |
Als ich auf der Suche nach dem ersten Design für unsere Fanseite
www.lustige-taschenbuecher.de war, fiel meine Entscheidung ziemlich
schnell auf das wunderschöne Gruppenbild, das Sie, soweit ich weiß,
für die französische Ausgabe der Mickey Parade Nr.1 von 1999
gezeichnet haben. Die Qualität der Zeichnung und auch die Seltenheit
eines so umfangreichen Gruppenbildes hat mich dazu bewegt. Ihnen
scheint es gleichermaßen zu liegen, sowohl Mäuse als auch Enten zu
zeichnen. Viele Künstler sind hier ja spezialisiert, bzw. sind in
einem der beiden nicht genauso gut. Welches Universum gefällt Ihnen
persönlich besser, bzw. welches zeichnen Sie lieber? Das der Mäuse
oder das der Enten? Welchen Charakter mögen Sie selbst am liebsten
(auch Nebencharaktere)? Gibt es bestimmte Genre, die Sie bevorzugen?
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Unser altes Seitenlogo |
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Giorgio Cavazzano:
Ich mag selbstverständlich alle Disney Charaktere. Ich finde sie
jeden Tag in meinem Bleistift wieder, in meinem Radiergummi, sie
entstehen auf dem Zeichenpapier. Sie gehören zu meinem Leben.
Natürlich sind die Ducks wandlungsfähiger, sie geben mir die
Freiheit, das Panel dynamisch zu gestalten und im Ausdruck manchmal
zu übertreiben; ich habe das Gefühl, die Geschichte entsteht so
freier. Mit Micky ist alles anders: jeder Ausdruck muss genau
berechnet und überlegt sein. Micky lässt keine Interpretationsfehler
zu, sie ist und bleibt eine wunderschöne, fast "poetische" Figur,
aber sie ist sowohl für den Zeichner, als auch für den Autor sehr
Komplex in ihrer Mimik und in ihrem Bewegungsablauf. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
In "Topolino e gli incontri falsificati" (I AT 262-A) wird man von
einem von Giorgio Cavazzano gezeichneten Giorgio Cavazzano begrüßt.
Wessen Idee war das? Gibt es noch mehr Karikaturen von Ihnen oder
anderen Zeichnern und Autoren in Ihren Geschichten? Ist z.B. Bolson
in "Topolino sulla scena del crimine" (IS TL 2656-1) an Faraci
angelehnt oder ist Rasmus bei den "Dragonlords" eine
Eigenkarrikatur?
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Selbstkarikatur von Giorgio Cavazzano |
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Giorgio Cavazzano:
Das war meine Idee, ein Versuch den Leser in die Geschichte
einzubinden, nicht nur Selbstbestätigung. Sowohl Faraci als auch
mich werdet ihr in einer neuen Ausgabe von Kater Karlo, die ich
gerade zeichne, sehen. Der Zufall wollte, dass die eigentliche Idee
zur Geschichte ein lieber Freund von mir, Claudio Hintermann, hatte.
Ich habe ihn schon in "Drachenritter" karikiert (in der Erzählung
ist er der Magier, ein Freund von Brendon), während die Figur Rasmus
die Karikatur eines anderen Freundes ist, des Autors Carlo Chendi.
Es amüsiert mich, Freunde und Bekannte in meine Geschichten
einzubauen. Aber auch alle anderen Charaktere, die ich zeichne, sind
aus dieser Welt und nicht einfach Karikaturen. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Wie gestaltet sich der Arbeitsprozess zwischen Autor und Zeichner?
Bekommen Sie strikte Vorgaben oder gibt es einen gewissen Freiraum,
in dem Sie sich bewegen dürfen, wie z.B. vereinzelte Storyelemente
ändern? Halten sie stets Rücksprache mit dem Autor oder arbeiten Sie
nach Erhalt des Skripts autonom?
Giorgio Cavazzano:
Nun ja, ich bin ein Einzelgänger. Mein Zeichenstudio ist sehr klein
(3 mal 3 Meter groß) und ich bin von unzähligen Büchern, Geschenken,
Radiergummis, Stiften und Farben umgeben. Telefon und Radio sind
immer an und an den Wänden hängen viele Computerzeichnungen mit
Widmungen. Das Studio ist für mich ein intimer Ort, der mir die Ruhe
gibt, die ich zum Zeichnen brauche.
Ich halte mich so genau wie möglich an die Vorgaben der Autoren. Ich
mag keine Änderungen und wenn ich welche machen muss, dann mache ich
sie ungern. Das bedeutet, dass es kein Gleichgewicht gibt. Wer mit
mir arbeitet, weiß, dass ich mich streng an Inhalt und Text der
Geschichte halte. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Bekommen Sie vorgeschrieben, welche Storys Sie illustrieren müssen
oder dürfen Sie aus einem Pool bestimmte Storys auswählen?
Giorgio Cavazzano:
Nun, einige Privilegien habe ich schon. Ich glaube, die habe ich mir
in all den Jahren verdient. Manchmal habe ich auf Geschichten
verzichtet, weil ich sie für banal, uninteressant oder sogar dumm
hielt. Es hat mir dann Leid getan, dieselben Geschichten von anderen
Kollegen umgesetzt, veröffentlicht zu sehen. Ich frage mich, wie
sich ein Leser mit einer Erzählung unterhalten soll, die wir Autoren
für mittelmäßig halten. Verlagen kommen solche Fehler teuer zu
stehen. Einen Leser oder einen Fan zu verlieren ist ein Schaden für
alle, vor allem für jene, die sich für ihre Arbeit engagieren und
ihr Bestes geben. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Mit welchen Autoren arbeiten Sie besonders gerne zusammen? Gibt es
hier deutlich erkennbare "Kompatibilitäten"?
Giorgio Cavazzano:
Eine alte Weisheit besagt: "In der Autorenwelt gibt es viele
Verlobungen, aber keine Hochzeiten". Das bedeutet, dass es für uns
Autoren unglaublich wichtig ist, mit vielen verschiedenen Menschen
und Verlagen zusammenzuarbeiten. Das ist eine eiserne Regel um neue,
originelle Ideen und kreative Impulse zu erhalten. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Früher haben Sie selbst auch Geschichten geschrieben. Dürfen wir in
der Zukunft noch mal mit einer Geschichte aus Ihrer Feder rechnen
oder ist dieses Kapitel für Sie abgehakt?
Giorgio Cavazzano:
Im Moment habe ich nicht vor, neue Geschichten zu schreiben. Derzeit
beschränke ich mich darauf, Autorenfreunden Ideen und Handlungen
zuzuspielen. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Wie müssen wir uns das Verhältnis von Ihnen zu anderen Zeichnern und
Autoren, also Ihren Kollegen vorstellen? Aufgrund der fehlenden
klassischen Arbeitsatmosphäre - Sie betreten morgens nicht ein Büro
und arbeiten acht Stunden lang - interessiert es uns, ob und zu wem
sie freundschaftliche Bande geknüpft haben.
Giorgio Cavazzano:
Ich habe natürlich viele Freunde, die in dieser Branche arbeiten.
Mit einigen gibt es dann richtige Familientreffen. Aber das ist
selten. Mit anderen trifft man sich, diskutiert und verbringt ein
paar schöne Stunden miteinander. Es gehört für mich dazu, mit
Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, gut auszukommen; ich könnte
nicht anders. Aber es ist nicht meine Art, Freundschaften mit
Menschen zu pflegen, die ich für langweilig oder gar für unehrlich
halte. |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Eine unserer Freizeitbeschäftigungen, das Lesen von Disneycomics,
ist Ihr Beruf. In Ihrer Freizeit werden Sie sich wohl weniger mit
Comics beschäftigen. Mit welchen Aktivitäten und Hobbys gelingt es
Ihnen, ein wenig Abstand zum Beruf zu gewinnen?
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Giorgio Cavazzano:
Auch ich lese Comics. Klar beobachte ich ganz genau, wie meine
Kollegen zeichnen. Kino, Theater, Musik, Lesen und Reisen gehören zu
meinen großen Inspirationsquellen. Im Allgemeinen mag ich auch
jegliche Art von Sport; in meiner Vergangenheit habe ich mehrere
Sportarten aktiv ausgeübt. Derzeit habe ich das Glück - wenn es
meine Rückenschmerzen erlauben - mich beim Golf spielen zu
entspannen, gleich in der Nähe meines Studios bei Venedig.
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Golfplatz bei Venedig |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Sicher hat es seine Vor- und Nachteile, solch internationalen Ruhm
als Künstler erlangt zu haben. Schränkt dieser hin und wieder Ihre
Lebensqualität ein? Gibt es unangenehme Situationen in Ihrem Alltag,
die mit Ihrer Berühmtheit zusammen hängen?
Giorgio Cavazzano:
Oh! Vielen Dank für das "berühmt". Als solcher bezeichnet zu werden
schmeichelt natürlich, aber ich bevorzuge es, an das Glück zu
denken, weiterhin durch meine Zeichnungen Freude zu schenken. Ich
möchte mich bei euch für eure Zuneigung bedanken. Ich habe in dieser
Welt das große Privileg einer Arbeit nachzugehen, die mir Spaß
macht; ich habe eine liebe Familie, erfreue mich guter Gesundheit
und habe einen Bleistift, der immer noch zeichnet. Ich habe Freunde,
die sich für meine Arbeit interessieren und mich um Interviews
bitten. Was kann man sich mehr wünschen? |
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Christoph Restel (lustige-taschenbuecher.de):
Zum Abschluss noch eine besondere Bitte. Es gibt keine Geschichte,
in der Indiana Goof und Doktor Tabea Trifftig gemeinsam auftreten,
obwohl sie sehr gut zusammen passen würden. Sie würden mir eine
große Freude bereiten, wenn Sie für mich persönlich eine Szene
anfertigen würden, die die beiden mit ihrem gemeinsamen Freund Micky
Maus zeigt. |
Giorgio Cavazzano:
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Ein echter Cavazzano!! |
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Der Abdruck, auch auszugsweise, ist nur nach vorheriger Genehmigung
unter Nennung der
Quelle und einem Link (bei Internetangeboten)
"lustige-taschenbuecher.de" erlaubt! |
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