Familie

  • Folge uns auf

Appell mich nicht voll

von: Marie-Christin Spitznagel am: März 13, 2014 | KategorienFamilie, Freizeit & Spaß  | 0 Kommentare 0

Kind sagt nein

Foto: velazquez-fotolia.com

Eltern die nach 2008 geboren haben müssen sich vor allem mit einer Sache abfinden: Sie machen alles falsch!

Das sagen jedenfalls die Experten. Die Erziehungs-, die Familien- die ALLESexperten. Sie sind überall. Sie sind zahlreich. Sie sind erbarmungslos. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Lagern. Die „Experten“, die entweder keine eigenen Kinder haben oder deren Kinder schon so lange aus den Windeln sind, dass sie selber demnächst wieder welche brauchen, geifern und ereifern sich in Büchern und Talkrunden darüber, wie sehr die Eltern in diesen Tagen doch versagen. Die Definition von Versagen ist dabei so unterschiedlich wie die selbst ernannten Experten und Möchtegernmeinungsbilder.

Unsere Kinder sind zu dick, zu dumm, überbehütet, überfordert, überfördert und gänzlich um ihre Kindheit betrogen. Zu unserem und Ihrem Glück finden sich fast in einem wöchentlichen Rhythmus neue Erziehungsexperten, meist selbst ernannte Erziehungsexperten, die uns immer wieder auf unsere Fehler aufmerksam machen. Da brüllt uns dann im Feuilleton einer x-beliebigen Tageszeitung oder eines Wochenmagazins eine Überschrift entgegen mit den Worten: "Appell an Eltern: Lasst eure Kinder Kinder sein!" "EXPERTEN FORDERN:„Schluss mit der Watte-Erziehung!“ (sic!)

Die Experten fordern. Alles. Gleichzeitig.

Da regt sich eine (kinderlose) Dame der TAZ über „Latte Macchiatto Mütter“ auf, die Frauen die nach der Geburt zu Hause bleiben, ihre Kinder in teuren Wagen durch die Gegend schieben, besagtes Kaffeegetränk genießen und kleinere „Projekte“ haben, mit denen sie wenig bis gar kein Geld verdienen. Das hat sie speziell in Berlin beobachtet. Zwar hat ein Großteil der Zentralberliner Bevölkerung immer irgendwelche „Projekte“ statt Festanstellungen mit denen sie kein Geld verdienen, aber bei Müttern ist das ein großes Pfui Bäh. Eine andere Dame lässt sich über Mütter am Prenzlauer Berg generell aus und zieht dabei noch eine Kaffeehausbesitzerin dazu. Sie hat ja auch allen Grund sich über Frauen aufzuregen, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als Kaffee zu trinken. Außerdem ist es ja auch ne Frechheit, wie können die bitte in einem familienfreundlichen Stadtteil einer Großstadt wohnen, noch dazu als ZUGEZOGENE und sich da auch noch wohl fühlen? Glückliche, nette Menschen? IN BERLIN? Wo soll das noch hinführen?

Der plötzlich ultrakonservative Ex-Eliteinternatsdiktator schimpft, dass Eltern ihren Kindern keine Disziplin vermitteln und lobt selbige, obwohl er früher Reformpädagoge war. Aber man kennt ja das Phänomen, dass die Konvertierten meist die extremsten Verfechter sind. Sein Buch kann man getrost als grenzwertig bezeichnen.
Kinder sind in dieser Erziehungsratgebersprache keine Kinder, sondern Tyrannen, Trotzköpfe und Rebellen. Sie müssen gebändigt werden und geradegebogen. Autorität, Konsequenz und logische Folgen, sind da der Schlüssel. Und dann wird auch noch die Wehrpflicht abgeschafft. So kann aus den Kindern ja nichts werden.

In Talkshows und Büchern wird darüber diskutiert, ob Eltern ihre Kinder zu viel oder zu wenig fördern, ob sie zu besorgt sind oder nicht. Wird die Welt nun schlechter? Sind Eltern nicht schon per se schlechte Menschen, weil sie so egoistisch waren Kinder in die Welt zu setzen, nur weil sie Lust drauf hatten?
Dann erziehen sie ihre Kinder auch noch zu lasch, zu streng, zu konservativ oder nicht konservativ genug.

Ich hab es satt, ich bin es leid, ich will es nicht mehr hören.

APPELLT MICH NICHT VOLL.

Natürlich gibt es auch die anderen, die guten Bücher, die netten Menschen. Die tatsächlich helfen, weil sie beruhigen und unterstützen einen eigenen Weg zu finden. Ich finde es auch wichtig sich zu informieren. Aber leider gibt es inzwischen im Bücherwald so viele schreckliche Publikationen, die nicht nur verunsichern, sondern auch noch verurteilen und Eltern einfach als blöd hinstellen. Zuerst wollte ich an dieser Stelle dazu aufrufen, alle Erziehungsratgeber und Elterntadelbücher an kalten, nassen Tagen als Brennholzersatz zu nutzen, aber irgendwie ist Bücher zu verbrennen etwas zu stark historisch belastet. Also rate ich an dieser Stelle allen Müttern diese Bücher sinnvoll zu nutzen. Zum Pappmaché basteln oder bemalen oder Papierflieger falten.

Ähnliche Artikel

Kommentar eintragen